Dienstag, 17. November 2015

Terror in Paris und die Flüchtlingsfrage

Die Zeit unkontrollierter Zuwanderung und illegaler Einwanderung kann nicht so weitergehen. Paris ändert alles‘. So meldete sich der Bayrische Finanzminister Markus Söder (CSU) nach den blutigen Anschlägen am 13.11.2015 in Paris per Twitter zu Wort. Merkel solle einräumen, ‚dass die zeitlich unbefristete Öffnung der Grenzen ein Fehler war‘, hatte er vorher gesagt.

Was war passiert?

Während des Fußballfreundschaftsspiels im Stade de France zwischen Frankreich und Deutschland hörte man zwei Explosionen in Stadionnähe. Nach der Halbzeitpause war Präsident François Holland verschwunden. Er hatte vorher neben Außenminister Frank Walter Steinmeier gesessen. In den nachfolgenden Nachrichten wurde von gleichzeitig erfolgten terroristischen Anschlägen an mehreren Stellen in der Stadt Paris berichtet. Es soll dabei Tote gegeben haben.

Außer dem Musiktheater Batacan waren mehrere Gaststätten überfallen worden. Mit Kalaschnikows bewaffnete junge Leute töten über 100 Zivilisten. Bei den 7-8 Tätern, die sich selbst töteten oder von der Polizei erschossen wurden, soll es sich nach dem derzeitigen Stand der Ermittlungen um in Frankreich geborene Kinder arabischer Einwanderer handeln. Ein mit den Tätern in Verbindung gebrachtes Auto war in Belgien zugelassen. Nach einem in Brüssel wohnhaft gewesenem Mann arabischer Abstammung wird von der Polizei gefahndet. Zumindest einer der Täter war vor Jahren beim IS in Syrien gewesen. Bei einem Weiteren wurde der Pass eines Syrers gefunden, der auf der Balkanroute dreimal registriert worden war. Seine Spur hatte sich in Österreich verloren. Außerdem wurde bekannt, dass einige Wochen vorher bei Rosenheim ein Auto durchsucht worden war, das einige Kalaschnikows und Sprengstoff geladen hatte und in dessen Navi das Ziel Paris eingestellt war.

Wie reagieren andere?

Von den vielen Kommentaren zu der Pariser Ereignissen greife ich einen Beitrag in der FAZ vom 17.11.2015 heraus. Als 'Verschleierungsversuche' bezeichnet Berthold Kohler die Bemühungen der Regierung zu vermeiden, dass ein Zusammenhang hergestellt wird zwischen Einwanderung und Terrorismus.

Es ist nicht überraschend, dass Politiker der großen Koalition in einer ans Verbieten grenzenden Tonlage davor warnen, die Themen Terrorismus und Flüchtlingskrise zu verknüpfen. Sie fürchten ein endgültiges Umschlagen der öffentlichen Stimmung. Die war schon vor dem Massaker in Frankreich äußerst angespannt. Die Selbstbegeisterung über die 'Willkommenskultur' ist in weiten Teilen der Bevölkerung der Sorge gewichen, dass Deutschland es nicht schaffe, mit den vielfältigen Herausforderungen durch die Masseneinwanderung fertig zu werden. Dazu zählt die Aufrechterhaltung der Rechtsordnung und der inneren Sicherheit. ...Es stimmt, dass viele Migranten, die nach Deutschland kommen, vor eben jenem Ungeheuer flüchten, das hinter dem Massaker von Paris und vielen anderen unfassbaren Bluttaten steht. Und dass man ihnen Schutz gewähren muss. Doch kamen nicht nur vor Krieg und Vergewaltigung flüchtende Frauen und Kinder ins Land. Es kamen und kommen, vielfach unregistriert, auch Hunderttausende von jungen muslimischen Männern, und nicht alle von ihnen sind Pazifisten.

Gedanken eines Pragmatikers

Das Risiko, dass sich zukünftige Terroristen mit dem Flüchtlingsstrom von Land zu Land bewegen, bestand von Anfang an und nicht erst jetzt. Der aufgefundene Ausweis kann dies bestätigen, es kann aber auch eine falsche Spur sein. Die Sicherheitskräfte müssen sich auch über Risiken Gedanken machen, die nur potentiell bestehen. Einen Brunnen sollte man abdecken, bevor ein Kinderspielplatz in der Nähe eingerichtet wird.

Wer diese Idee sehr weit treibt, kommt allerdings in Schwierigkeiten. Einerseits wird er sehr verunsichert und lässt nichts mehr zu. Da Motorradfahren ein hohes Risiko mit sich führt, sollte man es eigentlich verbieten. Dasselbe gilt für das Rauchen. Anderseits können die Kosten ins Astronomische steigen, will man sich gegen alle Risiken absichern. Es ist daher vernünftig, jedes Risiko getrennt zu bewerten, d.h. abzuwägen, ob man es eingehen kann oder nicht. Ob die Abwägungen, die von Sicherheitsbehörden angestellt werden, veröffentlicht werden müssen, darüber wird bei uns im Lande gerne debattiert (Stichwort: Abhörskandale).

Manche Leute glauben, dass sich ihr Leben vereinfacht, indem sie die Wahrnehmung einschränken. Sie neigen oft dazu, nach der einzig entscheidenden Ursache für ein Problem zu suchen. Mal ist es die Dummheit der Zeitgenossen oder der Egoismus oder die Blindheit der Herrschenden. Es lässt sich dann besonders gut schimpfen. Die Geschichte ist voller Beispiele. Früher waren es die Aristokraten, dann die Juden, die an allem Übel schuld waren. Jetzt neigen einige Leute dazu – besonders in Ostdeutschland – die Ursache vieler Probleme bei den Einwanderern zu suchen. Ja, Flüchtlinge führen zu Problemen. Niemand sollte sie leugnen. Es sollte aber möglich sein, darüber ruhig zu diskutieren.

Wenn die Pariser Ereignisse dabei helfen können Versäumnisse zu erkennen, dann ist es vor allem folgender Punkt: Frankreich hat es offensichtlich nicht geschafft, den Kindern seiner Einwanderer eine gute Perspektive für ihr Leben zu vermitteln. Die Frage liegt daher nahe, ob wir uns dasselbe Problem geschaffen haben. In einer gestrigen Fernseh-Diskussion meinte Gesine Schwan, dass die Stadt Stuttgart hier einen besseren Job mache als etwa Berlin. Ganz neu war dies für mich nicht. Ich hörte es das erste Mal von einem Nicht-Stuttgarter. Vielleicht liegt es aber nur daran, dass die Wirtschaft im Ländle besser dasteht, als die in einigen anderen Teilen Deutschlands. Eine lahmende Wirtschaft verschärft fast immer die sozialen Probleme.

Wie immer: Wer weitere Ideen zu diesem aktuellen Thema beitragen möchte, soll sich melden. 

8 Kommentare:

  1. Tagträumer scheinen zu jeder Zeit Zuhörer bzw. Zuschauer anzulocken. Oder anders gesagt: Die Hoffnung stirbt zuletzt.

    ‚Nach der früher oder später zu erwartenden militärischen Niederlage des Islamischen Staats sollten möglichst rasch die sozialen und wirtschaftlichen Lebensbedingungen der Menschen verbessert werden. Ein «Marshall-Plan» für die Region könnte die Voraussetzungen dafür schaffen. Anhänger und Sympathisanten des radikalen Islamismus, die in den Sog von IS und Kaida geraten sind, müssen in das Programm einer «Kultur des Friedens» eingebunden werden. Hier könnte die EU gemeinsam mit anderen europäischen Ländern, die in der Region auf weniger Vorurteile stossen als die Vereinigten Staaten, die Initiative ergreifen. Wenn diese Massnahmen greifen, das Gerechtigkeitsdefizit abgebaut wird und neues Vertrauen in die internationale Zusammenarbeit entsteht, ist Frieden denkbar, der auch dazu führen würde, dass die Bedrohung durch Terrorakte in Europa weicht oder vermindert wird.‘ (Wolfgang von Erffa in der NZZ vom 15.11.2015)

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  2. In einem Interview im SDR machte Jürgen Todenhöfer gestern eine Reihe von Vorschlägen, wo man ansetzen könnte, um das Problem des IS zu lösen. Keiner ist einfach, keiner reicht allein aus, keiner ist in ein paar Monaten umzusetzen, Es gibt also wenige Politiker, die sich dafür interessieren. Ich wiederhole sie trotzdem.

    - Der Westen sollte den Einfluss, den er noch im Irak hat, dazu nutzen, dass Sunniten und Schiiten einen ‚Modus vivendi‘ finden. Versöhnung ist nach 1200 Jahren Streit ein zu hohes Ziel. Damit entfiele der Nährboden des Konflikts.
    - Man sollte die Geldflüsse des IS unterbinden. Nach einer Studie, die dem G20-Gipfel vorlag, sind folgende Länder als Geldquellen nachgewiesen: Saudi-Arabien, USA, Türkei, Algerien, Frankreich und Israel. Wieweit es sich bei den USA und Frankreich nur um freiwillige Spender handelt, sollte untersucht werden,
    - Man sollte die türkische Südgrenze für IS-Kämpfer schließen. Es ist dies die Hauptnachschublinie. Die EU sollte dabei helfen.
    - Man sollte die Geheimdienste verstärkt einsetzen. Das bedeutet Abhören, Abhören, Es ist das, worin die Amerikaner (NSA) gut sind.

    Mehr Bomben zu werfen, hält er für falsch, erst recht den Einsatz von Bodentruppen. François Hollande reagiere zu sehr emotional. Ein kühler Kopf sei gefragt.

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  3. Heute schrieb Peter Hiemann aus Grasse:

    Bei den Führungspersonen und Anhängern des Islamischen Staates und Pegida ist Hopfen und Mais verloren. Meines Erachtens haben sie kaum Aussicht, langfristig zu überleben.

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  4. Mase Sailer schrieb vor 11 Stunden:

    Sind Franzosen mehr wert, als Syrer?

    Bertal Dresen antwortete soeben:

    Natürlich nicht! Nur machen uns gerade die Syrer mehr Sorgen.

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  5. Mase Sailer schrieb vor 9 Stunden:

    Ich dachte es geht darum, was IS in Paris angerichtet hat. Und genau vor diesen Terroristen fliehen die Syrer doch. Geld haben wir genug, nur wird es leider von (und für) Politikern falsch ausgegeben. Schon mal die Sendung von Mario Barth gesehen? Und Angst, Terroristen könnten mit den Syrern eingeschleust werden? Lächerlich!!! Die kommen eh rein, wenn sie wollen / sind eh schon hier. Flüchtlinge sind wirklich nicht das Problem, aber wir haben heutzutage nur noch unfähige Politiker, egal in welcher Partei.

    Bertal Dresen antwortete:

    Wenn Ihre ursprüngliche Frage bedeutete, warum wird jetzt Rakka bombardiert und nicht Molenbeek (bei Brüssel) oder St. Denis (bei Paris), wo die Terroristen aufwuchsen und sich radikalisierten, dann ist die Antwort in der Tat schwierig. Sie scheint sogar einige französische und bayrische Politiker zu überfordern.

    Einfache Antwort: In Syriern bombardieren bereits Syrer, Amerikaner, Jordanier und Franzosen. Es geht schnell, ein paar Flugzeuge mehr zu schicken, die von Jordanien und den Vereinigten Emiraten aus starten. Den Flugzeugträger ‚Charles de Gaulle‘ zum Einsatz zu bringen dauert etwas länger, ist aber wichtig, um zu beweisen, dass Frankreich (noch) eine ernst zu nehmende Militärmacht ist.

    Komplizierte Antwort: Alle bisher identifizierten Attentäter wurden in Frankreich oder Belgien geboren. Einige von ihnen waren schon einmal in Syrien. Einer soll sich sogar dreimal auf der Balkanroute als Flüchtling registriert haben. Er traute den Behörden wohl nicht, dass die seine Daten austauschen würden, und behielt Recht. Es waren vermutlich Franzosen von der extremen Rechten, die in der Tat vorschlugen, statt Rakka Molenbeek zu bombardieren. Offensichtlich bekamen diese Leute kalte Füße, als sie merkten, dass sie dasselbe auch für St. Denis fordern müssten. Jeder mit der Geschichte des Landes vertraute Bürger weiß, dass sich in der Kathedrale von St. Denis die Gräber aller französischen Könige befinden, Es sind allerdings nur die erhalten, die 1789-1794 nicht von Revolutionären zerstört wurden. Erhalten blieben z. B. Chlodwig, der Gründer der Dynastie der Merowinger, und Bertrada, die Mutter Karls des Großen und die Gründerin des Eifelklosters Prüm.

    Ja, unser wahres Problem liegt in den Vorstädten europäischer Metropolen und nicht in Syrien. Und auch nicht nur in Belgien und Frankreich. Wer hat schon mal von Duisburg-Marxloh oder von Berlin-Neukölln gehört? Die CSU hat dort keine Wähler.

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    1. In Rakka bomdardieren nicht vier sondern sechs Nationen gleichzeitig. Ich hatte Engländer und Russen vergessen. Es ist schon ein logistisches Problem dafür zu sorgen, dass die sich nicht in die Quere kommen.

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  6. Soeben schrieb Hartmut Wedekind aus Darmstadt:

    Jeder weiß, dass ein Im- und Export nebst Aufzucht von Terroristen in Europa stattfindet. Der Import und auch Re-Import ist nicht zu leugnen. Wer das tut, wie die Vielen, ist an Wahrheitsfragen, d.h. an allgemeinen Geltungsfragen nicht interessiert. So etwas gibt es bis in höchste Regierungsspitzen.

    "Terrorist" ist wie eine Handelsware anzusehen, mit Im- und Export und Bestand. Man kann eine Buchhaltung über Terroristen als Ware einführen, mit "Soll" (deve dare) und "Haben" (deve avere) als Spalten einführen. Man kann sogar an Terroristenkonten denken und die am Ende des Jahres dann saldieren, d.h. Bestände feststellen. Warum soll man in einer aquinischen Auflösung so etwas nicht tun. Die Buchhaltung mit "Soll" und "Haben" gibt es seit Luca Paccioli (1445-1514), der lebte aber nach Thomas von Aquin (1225-1274). Das war schon Renaissance und nicht mehr Hochmittelalter.

    Ob man meinen Hohn und Spott da drüben auf der anderen Seite [wer damit genau gemeint ist, wird offen gelassen] überhaupt noch merkt und vielleicht auch versteht? Kaum zu glauben. Ist mir auch mittlerweile egal. Was soll man mit "les incorrigibles" machen?

    Was interessiert den an Wahrheits-(Geltungs-)fragen Uninteressierten denn? Ganz einfach. Seine eigene Verschönerung (embellishment), man kann auch Ideologie sagen, damit er ruhig und bequem mit ein bisschen Herummaulen (unaufgeklärt, not enlighted) weiter leben kann. Unsere Werte der Aufklärung werden natürlich verraten. Das wissen die Verräter aber auch, wenn sie aufhören, in einem einseitigen Willkommenswahn sich selbst nur zu verschönern, und das dann aber auch merken.

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  7. Einige Gedanken zur Jauch-Diskussion vom letzten Sonntag:

    - Günther Jauch sagte, dass Mitglieder der Bundesregierung sich bei ihm beklagten, dass die deutsche Bevölkerung es ihnen übel nehmen würde, wenn sie mit Putin, Erdogan und Assad reden würden, um den Syrienkrieg zu beenden. Das ist Lüge, Angabe ober beabsichtigte Provokation von Seiten des Moderators der Sendung.

    - Die Antwort von Sonja Mikich: Im WW2 verbündeten sich Churchill und Roosevelt mit Stalin, um Hitler loszuwerden. Was war das anders? Den Teufel mit Belzebub austreiben, so heißt dies in der Bibel.

    - Nicht Deutschland sondern die EU-Kommission verhandelt zur Zeit mit der Türkei über die Flüchtlingsfrage, inkl. der Kontigente, die Europa übernimmt.

    - Den jungen Verirrten im eigenen Land zu helfen, ist sehr schwierig, aber unbedingt nötig. Die Zahlen sind hinreichend bekannt: Salafisten 9.000, davon gewaltbereit 3.000. Selbst Namen und Adressen gibt es. Nur BND und BKA besitzen sie, nicht jedoch die Kirchen und die Sozialämter. Die müssten sie auch haben.

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