Donnerstag, 27. Juli 2017

Dataismus löst Humanismus ab ̶ so sieht es Yuval Harari

Im Januar 2014 hatte ich den israelischen Autor Yuval Noah Harari (*1976) als Historiker vorgestellt. Sein 2011 erschienenes Buch hieß: Eine kurze Geschichte der Menschheit. Mein Blog-Eintrag war überschrieben: Der Hominiden Aufstieg zu Selfmade-Göttern. An einige seiner beeindruckenden Aussagen zur Rolle von Geschichtsschreibung sei erinnert.

Das Studium der Geschichte kann uns (nur) lehren, welche Möglichkeiten bestanden, die nicht ergriffen wurden. Historiker können Geschichte nicht erklären. Sie können nicht sagen, warum ein bestimmter Weg genommen wurde. Geschichte verläuft chaotisch. Sie wird durch Vorhersagen beeinflusst. Sie hat nicht den Zweck, dem Menschen zu nutzen. 

Hararis neuestes Buch heißt: Homo Deus. Eine Geschichte von Morgen. Es erschien Anfang 2017 und umfasst 576 Seiten. Da ich mehrfach abgelenkt wurde, las ich es in Stücken über die Zeit von zwei Monaten hinweg. Die Mühe und Ausdauer hat sich gelohnt. Ich stimme den Kommentatoren zu, die es als eines der wichtigsten Bücher des Jahres bezeichnen. Einige der Bemerkungen wurden von dem Interview ausgelöst, das Barbara Bleisch vom Schweizer Rundfunk (SRF) am 17.4. 2017 mit Harari führte.

Von der Vergangenheitsbewältigung zur Zukunft

Es mag auf den ersten Blick verwundern, wieso ein Historiker einen Zukunftsroman schreibt. Harari wehrt sich dagegen, d i e Zukunft vorherzusagen. Niemand könne dies, da sich die Zukunft als Folge einer Vorhersage verändern kann. Er will nur Möglichkeiten aufzeichnen. Dabei möchte er, mit den Kenntnissen und Hilfsmitteln eines Historikers ausgerüstet, nur große, also epochale Änderungen behandeln. Dass er dabei zum Apologeten von Big Data, Künstlicher Intelligenz (KI) und dem Internet der Dinge (engl. internet of things, Abk. IoT) wird, fasziniert mich als Informatiker in besonderer Weise. Nach meiner Meinung extrapoliert er etwas zu stark, aber dazu später mehr.

Von den Weltreligionen zum Humanismus

Schon im Vorgängerwerk bestach Harari damit, wie er große historische Trends herausarbeitete, uminterpretierte und divergierende Ereignisse einem Schema unterordnete. Seine jetzigen Aussagen sind oft derart überspitzt, dass man geneigt ist, ihren Wahrheitsgehalt zu überprüfen. Da noch niemand aufschrie, tue ich dies vorerst auch nicht. Wo ich allerdings ein ungutes Gefühl habe, sind seine Begriffe. Bei dem hier verwandten Ausdruck (Welt-) Religionen meint er nur die drei mosaischen Religionen Judentum, Christentum und Islam. Nicht dazu gehören ganz offensichtlich Buddhismus, Hinduismus und Jainismus. Auch das Wort Humanismus ist nicht mit dem üblichen Begriff gleichzusetzen wie er etwa bei Wikipedia definiert ist. Gemeint ist die Verallgemeinerung einiger eher politisch orientierten Ideologien wie Liberalismus, Sozialismus und Kommunismus. Gemeinsam ist allen der Wunsch und die angenommene Fähigkeit der Menschheit, zu einer besseren Existenzform zu finden.

Laut Harari forderte der (so verstandene) Humanismus etwa seit 1500 die Religionen heraus. Vorher suchten und fanden Menschen den Sinn des Lebens in der Religion. Gott oder die Götter bestimmten unser aller Schicksal. Kam es in der Natur oder im Leben eines Menschen zu einer Katastrophe, war ein Gott beleidigt und musste versöhnt werden. Dazu dienten Opfer und Gebete. Der Humanismus habe die Götter verdrängt und stelle den einzelnen Menschen in den Mittelpunkt. Man sucht alle Verantwortung bei ihm. Jeder einzelne besitzt dafür einen zwar unverstandenen Kern, der die letzte Richtschnur darstellt. Man nennt ihn Gewissen. Dem Menschen wird ein freier Willen eingeräumt, und er kann sich für das Gute oder das Böse selbst entscheiden. Diese Freiheit zu sichern und wahrzunehmen, wird als Sinn des Lebens angesehen.

Die großen Plagen der Menschheit waren immer Hunger, Krankheit und Krieg. Ihr Eintreffen ist nicht Gottes Plan, sondern Schuld der Menschen. Wir Menschen seien jetzt fast in der Lage, sie völlig auszumerzen. Dabei sind wir schon sehr weit. Heute leiden mehr Menschen an Übergewicht als an Unterernährung. Alle großen Epidemien haben wir im Griff, oder könnten es haben, sofern wir dies wollten (Beispiel Aids und Ebola). Es sterben heute mehr Menschen an Selbstmord als im Krieg oder von Terroristen und Verbrechern.

Vom Humanismus zum Dataismus, vom Homo Sapiens zum Homo Deus

Der (oben skizzierte) Humanismus sei gerade auf dem Rückzug. Ohne Himmel, Hölle und Reinkarnation kann das Jenseits nicht mehr als Sinn des Lebens herhalten. Sind Hunger, Krankheit und Krieg als Plagen erledigt, sucht sich der Mensch neue Herausforderungen. Es böten sich Glück, ewiges Leben und Gottähnlichkeit an.

Glück ist ein sehr vager Begriff. Er basiert auf Gefühlen und Emotionen. Diese seien nichts weiter als schnelle Kalkulationen. Die dazu gehörigen biochemischen Algorithmen wird man alsbald verstehen, und damit manipulieren können. Sterben wird von vielen Leuten, vor allem im Silicon Valley, als rein technisches Problem angesehen, das technisch zu lösen ist. Sie halten es lediglich für eine Frage der Zeit, wann dies der Fall sein wird. Was bisher die Evolution oder Gottes Wille nur langsam steuerten, kann der Mensch jetzt selbst in die Hand nehmen. Er kann sich selbst verändern, ja, er kann sogar verändern, was das Leben ist.

Der Homo Sapiens würde sich zum Homo Deus entwickeln. Für den Upgrade vom Sapiens zum Deus kämen drei Wege in Frage: (a) Bioengineering, d.h. bewusste Veränderung des Gencodes; (b) Cyborg-Technologie, d, h. Kombination von organischen und mechanischen Organen und Gliedern und (c) Erzeugung nicht organischer Lebewesen, etwa durch KI. Diese könnten sogar überall im Weltall existieren. Es ist schon mutig  ̶  ja waghalsig  ̶  wie Harari einen Zusammenhang dieser drei diametral verschiedenen Ansätze konstruiert. Auf einige seiner dabei benutzten Annahmen soll weiter unten eingegangen werden.

Leider kann nur die Oberschicht in wenigen Ländern besseres Wissen und bessere Medizin erwerben. Anstatt Armen, Kranken und Bedrängten zu helfen, sondern sie sich ab. Ihre Leitfiguren werden zu Übermenschen. Einige von ihnen streben nach Glück, Unsterblichkeit und Göttlichkeit. Eine neue Religion entsteht, dieses Mal im Silicon Valley. Eine Vorversion war der Techno-Humanismus, dem sogar Lenin anhing. Sein Motto war bekanntlich: Kommunismus = Sowjetmacht + Elektrifizierung.

Über Geist und Seele, über Wissen und Emotion

Der Geist ist so zu sagen das Werkzeug, das es dem Gehirn erlaubt, mit Symbolen und Abstraktionen zu arbeiten. Die Seele dagegen sei ein Strom von Erfahrungen (Erlebnisse, Gedanken, Emotionen), also Speicherinhalte, die sich während eines Lebens ansammelten. Ob sie sterblich oder unsterblich ist, darüber wird gestritten.

Nicht nur Menschen, auch die meisten Tiere hätten Sinnesempfindungen und Emotionen. Sie seien keine Automaten, wie es Descartes glaubte und auch noch viele Zeitgenossen, die keine Bedenken haben, Tiere leiden zu lassen. Emotionen werden wie Wissen erzeugt und gespeichert. Nur mit dem Begriff Bewusstsein tut sich jede wissenschaftliche Erklärung noch schwer. Je besser wir das Gehirn verstehen, umso präziser werden diese Begriffe. Jede Erinnerung oder Emotion kann eine Aktion auslösen, ohne dass aktuelle Sinneseindrücke nötig sind.

Wissen war einst definiert als Schriften x Logik, dann als empirische Daten x Mathematik. Heute sage man, Erfahrung x Sensibilität. Erfahrungen sind Sinneswahrnehmungen, Emotionen und Gedanken. Sensibilität drückt sich darin aus, dass sie Erfahrungen zulässt oder nicht. Sie entwickelt sich mit den Erfahrungen. So wie früher als Analogie des Lebens die chemischen Prozesse einer Dampfmaschine herhalten mussten, so dienen heute Computer und Algorithmen (gemeint sind Programme) als Erklärung für alles, was in der Welt, und speziell in der Biologie passiert. Wenn Gedanken und Emotionen Algorithmen sind, erfordern sie kein Bewusstsein, da Algorithmen keines erfordern  ̶  so schlussfolgert Harari.

Bedeutung intersubjektiver Realitäten

Die Realität habe drei Formen: objektiv, subjektiv und intersubjektiv. Ein Wesen ist real, wenn es leiden kann. Fiktionen leiden nicht. Beim Sapiens nahm die Bedeutung von intersubjektiven Geschichten laufend zu. Die Fähigkeit in Massen zu kooperieren, ist beim Menschen flexibler als bei Ameisen. Intersubjektive Geflechte beherrschen die Welt.

Der Glaube an fiktive Wesen (Götter, Nation, Unternehmen) schade den tatsächlich Lebenden und deren Gefühlen. Die Wissenschaft hilft auch denen, die nicht an sie glauben. Religion ist alles, was übernatürliche Gesetze und Werte legitimiert. Unter Spiritualität verstehe man das Suchen nach Sinn. Die Wissenschaft kann nicht alle Fragen beantworten (Wert, Ursprung). Moderne Menschen verzichten auf Sinn, dafür erhalten sie Macht. Sie können tun, was sie wollen. Kein Gott kann es verhindern.

Zukunftstechnologien, auf die es ankomme

Das Wissen, auf das es in Zukunft ankommt, liefern Nanotechnik, Gentechnik und KI. In Fabriken werden Arbeiter durch Roboter ersetzt. In der Wirtschaft zählen nicht die Zahlen von Käufern, sondern das Wissen um Märkte und Gefühle. In Kriegen kämpfen Drohnen anstatt Massenheere. Dadurch verliert das Individuum an Bedeutung für die Wirtschaft und die Politik. Nicht mehr die Landfläche, die Rohstoffe oder die Bevölkerungszahl machen eine Nation stark, sondern seine Technik. Es ist die vom Silicon Valley ausgehende ‚Kognitive Revolution‘, die den Menschen zum Supermenschen macht, den Herren der Erde zum Herren der Galaxie.

Für die Humanisten war das Gewissen die Quelle allen Sinns, aller Autorität. An seine Stelle treten jetzt die Daten, und zwar in großen Mengen (Big Data). Dadurch können Demokratie und Liberalität verlieren. Wozu noch Wahlen durchführen, wenn die vorhandenen Daten ausreichen, ja verlässlicher sind.

Das Individuum wird durch Daten repräsentiert. Sie beschreiben seinen Gesundheitszustand und seine Vorlieben, sein genetisches Erbe und seine persönliche Geschichte. Sie beeinflussen die elektro-chemischen Vorgänge im Gehirn, die das ersetzen, was früher als freier Willen angesehen wurde. Wenn immer Algorithmen nicht ausreichen, kommt der Zufall zur Anwendung. Determinismus und Zufall teilen sich die Welt auf  ̶  so laute die Grundannahme heutiger Wissenschaft.

Über den Sinn des Lebens

Wo Leben besteht, muss Information fließen. Quasi im Umkehrschluss folge daraus, wenn Leben gut ist, dann ist auch Informationsverarbeitung gut. (!!) Das gilt nicht nur auf der Erde, sondern im ganzen Universum. So gesehen sind Menschen nur Mittel zum Zweck, um das Internet aller Dinge (IoT) im Universum auszudehnen. Menschen unterscheiden sich von anderen Tieren (z.B. Hühnern) dadurch, dass sie pro Kopf mehr Daten und Algorithmen verbreiten, also Gedanken und Gefühle. Bei allen Lebewesen hört im Falle des Todes der Informationsfluss auf. Über 70.000 Jahre war der Mensch der beste Datenverarbeiter auf Erden, jetzt hat er Konkurrenz bekommen durch Maschinen.

Die heutige Jugend legt weniger Wert als frühere Generationen auf den Besitz von Gütern (z.B. Autos), dafür aber möchte sie Teil des weltweiten Informationsflusses sein. Nur dann ist man Teil des Systems. Es ist dies der neue Sinn des Lebens. Erfahrungen, die nicht geteilt sind, gelten als wertlos. Information sei kein Recht des Menschen, deshalb müsse sie frei sein.

Offene Fragen und Kehrseiten des Dataismus

Harari erweckt den Eindruck, dass er besser als wir alle weiß, wie die von uns losgetretene technische Entwicklung weitergeht. Dem ist sicher nicht so. Nur ist er mutiger als andere im Extrapolieren (ausgenommen Ray Kurzweil). Die Vorstellung, dass alle Lebewesen oder Organismen Algorithmen (genauer Daten und Programme) sind, ist einfach zu plump. Wenn es nicht der Fall ist, dann können Lebewesen mehr als Computer. Auch ist es eine Illusion zu glauben, dass wir nahe daran sind, alle möglichen Geisteszustände (Gedanken, Emotionen) aller Lebewesen zu verstehen.

Die Dataisten scheinen zu glauben, dass es den Menschen überfordert, Daten in Information, Information in Wissen und Wissen in Klugheit zu überführen. Sie mögen sogar Recht haben. Das erinnert mich an das berühmte Zitat von T. S. Eliot (1888-1965), der 1934 schrieb:

Wo ist die Weisheit, die wir im Wissen verloren haben? Wo ist das Wissen, das wir in der Information verloren haben?

Wer glaubt, diese (semantische) Zuordung könnten Maschinen besser bewerkstelligen als Menschen, geht davon aus, dass es sich dabei um ein Problem handelt, das sich mit roher Gewalt lösen lässt. Wer daran denkt, dass Informatiker weltweit sich noch nicht einmal auf einen brauchbaren Informationsbegriff einigen konnten, denkt da bescheidener. Viele von ihnen vermeiden sogar den Begriff Information ganz und reden lieber wieder von Daten (natürlich Big Data). Zwar benutzt Google sehr ausgefeilte Algorithmen, um bei seinen Anfragen Präferenzen des Benutzers zu berücksichtigen, daraus folgt nicht, dass Google diese Information für alle Nutzer aufbewahrt und laufend auswertet.

Die Angst, dass Computer Menschen Arbeit abnehmen, ist so alt wie die Computer selbst. Wenn jetzt das IoT den Homo Sapiens verdrängen soll, ist das eine neue Variante. Dass Menschen gewisse Tierarten ausrotteten und andere millionenfach züchteten, ist ein Vergleich, der hinkt. Dass Computer und Algorithmen stetig verbessert werden, lässt sich nicht übersehen. Bekanntlich wurden die Entwicklungen auf unserem Fachgebiet von vielen Kollegen unterschätzt. Warum sollen sie nicht von Laien überschätzt werden?

Kommentar von Peter Hiemann vom 26.5.2017

Harari ist der Ansicht, dass individuelle Werte und Gefühle die Gesellschaften schon immer geprägt haben. Dementsprechend gibt er in dem Interview [mit Barbara Bleisch] zu erkennen, dass für ihn wohl sozial orientierte politische und ökonomischen Fragen weniger wichtig sind. Vielleicht will er das lieber Soziologen überlassen und mag sich später wundern, dass am Ende Soziologen die besseren Erklärungen für historische Situationen liefern können. Hararis Aussagen, dass Technik schon immer den menschlichen Alltag geprägt und verändert haben, sind keine neuen Einsichten. Die Ansicht, dass die Technik des 21. Jahrhunderts die Verhaltensweisen des Menschen so verändern wird, dass Homo Sapiens in eine neue Phase der Evolution eintritt, in der eine neue Art Homo Deus neben Homo Sapiens existieren wird (ähnlich wie Homo Neandertalis neben Homo Sapiens), darf mehr als bezweifelt werden. Entweder reduziert Harari leichtfertig die Komplexität der natürlichen Evolution (komplexe genetische Replikations-, Selektions- und Vererbungsprozesse in menschlichen Populationen) oder er benutzt das Wort 'Evolution' auf leichtfertige Weise, um seinen Glauben an technischen Fortschritt hervorzuheben.

Mich überzeugten Barbara Bleischs Fragen mehr als Hararis Ansichten. Das wurde besonders deutlich als Bleisch nachhakte, um mehr über dessen profunde Vorstellungen zu Bewusstsein, zum selbstbezogenen Ich oder zum Tod wissen wollte. Der Gipfel der leichtfertigen Aussagen war erreicht, als Kurzweil in einem Einspieler vorschlug, den Tod deshalb abzuschaffen, weil man Lösungen anbieten kann, die Langeweile vermeiden. Die offensichtliche natürliche Erklärung, dass Tod und Geburt  zur Evolution gehört, wie das Amen in der Kirche, scheinen Kurzweil und Harari zu übersehen.

Yuval Harari schätze ich als erfolgreichen Geschichtenerzähler ein, den ich als Mitläufer betrachte, weil er leichtfertig Vorstellungen technischer Gurus auf den Leim geht und verbreitet. Er übersieht entscheidende wissenschaftliche Erkenntnisse und scheint zu ignorieren, wie sich Menschen organisieren und orientieren. Mit anderen Worten: Harari betrachtet ein Gesellschaftswesen als 'atomistische' Ansammlung von Individuen, die sich lediglich auf einen gemeinsamen Satz von gesellschaftlichen Werten einigen müssen, um stabile Strukturen zu bilden. Hararis Vorstellungen über mögliche zukünftige Gesellschaftsordnungen werden deutlicher in seinem Kommentar zu Mark Zuckerbergs “audacious manifesto on the need to build a global community”. Vielleicht vertritt Harari die schöne Illusion, mit der einst Pierre-Joseph Proudhon berühmt wurde und Anhänger fand: „Anarchie ist Ordnung ohne Herrschaft.“

Bill Gates hat Harari auf seine diesjährige Liste der fünf empfohlener Bücher gesetzt: 'Homo Deus' prophezeie dem 21. Jahrhundert einen radikalen gesellschaftlichen Wandel. Er stimme zwar nicht mit den Schlussfolgerungen des Autors überein, so Gates, "aber er hat einen klugen Blick darauf, was die Zukunft möglicherweise für die Menschheit parat hat."

6 Kommentare:

  1. Eine für Laien ziemlich irrelevante Klarstellung sei erlaubt: Ein Programm ist etwas Konkretes, d.h. es kann Fehler haben, z.B. Division durch Null oder endlose Schleife. Ein Algorithmus ist etwas Abstraktes, d.h. er ist per Definition immer richtig. Sollte er falsch sein, ist er kein Algorithmus mehr. Es gibt sie im wahren Leben eigentlich nicht, außer in der Mathematik. Ein Zwischending sind abstrakte Programme. Es gibt zwar keine Computer, auf denen sie laufen würden, aber falsch können sie trotzdem sein.

    Übrigens, geometrische Figuren wie Quadrate und Kugeln sind in gleicher Weise abstrakt. Man kann sie weder exakt zeichnen, noch modellieren. Nirgendwo im Weltall gibt es sie. Man behilft sich bestenfalls mit Approximationen.

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    1. Klaus Küspert meint: Da sollte eigentlich auch mit dem bekannten Kohl-Zitat gearbeitet werden: "Entscheidend ist, was hinten rauskommt".

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    2. Nach meinem Verständnis hat das Wort Algorithmus fast immer die Bedeutung von Lösungsweg. Es gibt einen Algorithmus oder nicht, ist gleichbedeutend mit 'es gibt einen/keinen Lösungsweg'.

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  2. Peter Hiemann aus Grasse schrieb:

    Ihr Blog-Eintrag über Harari zeigt deutlicher als das Interview mit Barbara Bleisch, dass Hararis Vorstellungen weit ab von realistischen Einschätzungen von Universum, Natur und Mensch sind. Ich bin der Ansicht, dass ein Homo Deus ein Hirngespinst ist. Hararis Aussagen, wie Homo sapiens 'Sinn' erfährt und festhält, entsprechen nicht wissenschaftlichen, also neurobiologischen Erkenntnissen, wie es zu Vorstellungen kommt, die Sinn machen. Manche glauben an Unsinn und sind überzeugt, dass es Sinn macht.

    Derzeit finden Allmachtsfantasien im Silicon Valley leichtgläubige Befürworter, die glauben, dass Maschinen mittels ihrer künstlicher Intelligenz (KI) den technischen Fortschritt derart beschleunigen werden, dass sie früher oder später menschliche Intelligenz überflüssig machen. Hoffentlich geht diesen 'Gehörnten' des 21. Jahrhunderts bald ein Licht der Aufklärung auf.

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    1. Man sollte das Silicon Valley nicht mit den 2-3 Tranhumanisten gleichsetzen, die besonders kühn im Extrapolieren sind. Einen Nutzen haben diese Leute: Sie regen hoffentlich genug andere zum Denken an und verhindern so, dass die Masse einer möglichen Hysterie zum Opfer fällt. Sicher ist dies jedoch nicht.

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    2. Peter Hiemann erwiderte: Ich setze "Silicon Valley nicht mit den 2-3 Tranhumanisten gleich". Im Gegenteil beobachte ich, wie erfolgreich Google, Facebook, Amazon, Airbnb oder Uber sind, die Welt ohne Transhumanismus zu verändern. Ich beobachte jedoch auch, dass Kurzweils leichtfertige Vorstellungen weite Kreise erreichen. Kurzweil verbreitet seine Thesen in seinen erfolgreichen Büchern und in Kursen der von ihm mitgegründeten Singularity University, die anscheinend Manager großer Unternehmen anziehend finden. Kurzweil erhielt von Präsident Clinton die National Medal of Technology. Bill Gates spricht von ihm als „führendem Experten im Bereich der Künstlichen Intelligenz“ (Wikipedia Eintrag 'Technologische Singularität').

      Meine Überlegungen haben durchaus das Ziel "andere zum Denken anzuregen und so zu verhindern, dass die Masse [Techniker, Unternehmer, Politiker, Philosophen] einer möglichen Hysterie zum Opfer fällt". Der Historiker Harari verfolgt natürlich auch das Ziel, andere zum Denken anzuregen. Aus der mir verfügbare Information hatte ich den Eindruck, dass Harari eine eigene spirituell orientierte Agenda hat. Ich konnte nicht erkennen, dass er Kurzweils 'weltumfassende' Vorstellungen kritisiert.

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