Manchmal
sind es die trivialsten Dinge, die am schwersten zu erklären sind. Das was wir
als Geld bezeichnen und mit dem wir täglich umgehen, gehört zu diesen Dingen.
Früher war alles einmal ganz einfach, heute ist dies nicht mehr der Fall. Ein
Versuch die Dinge zu erklären, sei dennoch gewagt. Ich gebe zu, Einiges war
dabei auch für mich neu.
Vergangenes
und Exotisches
Ganz
früher hatte Geld etwas mit Gold zu tun. Staatsoberhäupter entlohnten oder
beschenkten ihre Untertanen mit Gold und Silber. Sie ließen Münzen prägen,
damit der Handel und der Warenaustausch florierten. Jede Generation hatte ihre
Münzen. Sie stellen heute Grabfunde dar, die uns bei der Datierung helfen.
In
Gegenden, die kein Gold hatten, dienten andere rare Gegenstände demselben
Zweck. Auf Pazifikinseln sind es Kauri-Muscheln. Das sind die
Muscheln einer seltenen Schneckenart. Im Nachkriegs-Deutschland waren es
Zigaretten. Auch sie waren wertvoll, nicht leicht zu besorgen oder zu fälschen.
Rolle
des Geldes
Wie
bereits an den historischen Beispielen erkennbar, so hat Geld mehrere Aufgaben.
Es vertritt andere Handelsgüter dadurch, dass es einen klar zu bestimmenden
Wert darstellt. Es ist leichter transportierbar als andere Güter und wird
begehrt. Es ist haltbar.
Umgekehrt
wird es dank Geld erst möglich, konkret über den Wert von Sachen zu reden. Wert
ist hierbei als wirtschaftlicher Wert zu verstehen. Es gibt für alles stets
auch einen ideellen Wert oder gar einen emotionalen Wert. Das ist nicht
gemeint. Allerdings kann der individuell einem Artikel beigemessene Wert seinen
Preis bestimmen. Das erlebt man bei allen Auktionen, egal ob es um Schoßhündchen
oder um Gemälde geht. Es gibt allerdings Leute, die stört es, dass Wert fast
immer mit Preis gleichgesetzt wird.
Papiergeld
Es
waren wohl organisierte und fortschrittliche Staaten, die früh Papiergeld einführten. Im Altertum waren dies
die chinesischen Kaiser. Das Papiergeld wurde akzeptiert, weil man dem emittierenden Staat
glaubte, dass er seine Macht dazu einsetzen würde, um seinen Wert zu sichern. Die
amerikanische Zentralbank druckte früher auf jeden Dollarschein das Versprechen, ihn in
Gold umzutauschen, sofern gewünscht. Die Amerikaner trennten sich 1933 von der Golddeckung, weil sie nur so ihre Währung retten
konnten.
Da
Papiergeld meist von einem Bankinstitut herausgegeben wird, spricht man auch
von Banknoten. Anstatt Gold oder Münzen horten viele Menschen auf der ganzen Welt jetzt
Banknoten.
Vom
Bargeld zum Buchgeld
Aus
Sicht von Laien unterscheidet man Bargeld und Buchgeld. Als Bargeld wird
angesehen, was in Form von Münzen oder von Banknoten vorliegt. Beides sind
gesetzliche Zahlungsmittel, d.h. man muss sie annehmen, wenn jemand eine Schuld
tilgen will. Abgesehen vom Gewicht besteht der wesentliche Unterschied darin,
dass man Papiergeld in unbegrenzter Menge annehmen muss, bei Münzen kann man
dies auf 50 Stück begrenzen. Bargeld in großen Mengen kommt im normalen
Geschäftsverkehr nur beim Kauf eines Gebrauchtwagens vor. Das hängt mit seiner
Nähe zur illegalen Wirtschaft (Rauschgift, Terror) zusammen. Deutschland gehört
zu den Ländern, die bargeldaffin sind. ‚Nur Bares ist Wahres‘ ist ein Leitspruch,
den man öfters hört. Auch die Islamische Republik Iran gehört zu dieser
Ländergruppe. Daher räumt sie gerade ihre Bankkonten in Europa ab und lässt
sich eine Flugzeugladung voll mit Euroscheinen (350 Mio.) nach Teheran bringen, sofern dies die
Amerikaner nicht in letzter Minute verhindern können.
Buchgeld
ist das Geld, das nur als Zahl auf einem Konto existiert. Buchgeld ist gerade dabei
Bargeld zu verdrängen. Zu den Ländern, die wesentlich weiter sind als
Deutschland gehören Schweden, Norwegen, England und die USA. Auch bei uns
flammt hin und wieder eine Diskussion darüber auf, ob wir überhaupt noch
Bargeld brauchen. Noch verstummt diese Diskussion so schnell, wie sie startet.
In Deutschland sind rund 500 Milliarden Euro als Bargeld im Umlauf. Das sind 12%
des BIP. Für Bargeld wird seine Anonymität ins Feld geführt sowie die Möglichkeit der Inklusion
Minderjähriger. Es ist technikfrei und verursacht keine Zusatzkosten. Gegen
Bargeld sprechen der hohe Zeitaufwand und große Kosten, die sich für Erstellung, Verteilung, Lagerung, Nutzung und Entsorgung ergeben. [Hier drängt sich der Vergleich mit Papier- und eBüchern auf]
Jede
Bank, die Kredite vergibt, schafft neues Geld, sofern sie mehr Geld ausleiht
als sie besitzt. Kontrolliert wird dies über die Eigenkapitalrate. Indem Banken
gezwungen werden, ihre Eigenkapitalrate zu erhöhen, steuert die Politik das
Geld, das in die Wirtschaft fließt. Banken haben sich weitgehend von einer
Service-Funktion der Realwirtschaft emanzipiert, und betreiben längst enorme
Finanzgeschäfte auf eigene Rechnung.
Euro
als Währung mit Gewicht
Politiker
wie Helmut Kohl, Theo Waigel und François Mitterand glaubten, dass man die
Vereinheitlichung der Währungen dazu benutzen könnte, um die Einigung Europas
zu beflügeln. Zwanzig Jahre später wissen wir, dass dies auch zu Problemen
führen kann. Die politische Einigung lässt sich nicht erzwingen. Einige der
Probleme, die als Euro-Probleme diskutiert werden, haben nur indirekt mit der
gemeinsamen Währung zu tun. Oft sind es Probleme der Länder, die den Euro
benutzen. Ein Beispiel hierfür ist Griechenland.
Auf
jeden Fall verleiht die einheitliche Währung Europa ein währungspolitisches
Gewicht, das es vorher nicht hatte und das es in die Nähe der USA und Chinas
bringt. Eine Tabelle zeigt die relevanten Zahlen. Es handelt sich immer um
Billionen (also 1012) von US-Dollars. Gezeigt sind
Bruttoinlandsprodukt (BIP) als Maß für die Wirtschaftsleistung sowie zwei
Geldmengen-Aggregate M1 und M2, die weiter unten vorgestellt werden.
Bruttoinlandsprodukt
und Geldmengen, Stand 2017 (Quelle
Wikipedia)
Zu erkennen sind mehrere Zusammenhänge. Je größer das BIP, umso
mehr Geld ist im Umlauf. Bezüglich des BIP liegt das Euroland, also die
Gesamtheit der den Euro benutzenden Länder, hinter den USA, aber vor China. Was
die Geldmengen betrifft, ist China einsamer Spitzenreiter.
Der Euro wird nicht nur im Euroland als Zahlungsmittel akzeptiert.
Er wird weltweit benutzt für die Anlage von Vermögen und die Aufnahme von
Krediten. Er folgt als Reservewährung dem Dollar. Dieser hat einen Marktanteil
von 64%. Es folgt der Euro mit 26%. Das englische Pfund hat 4%. Die folgenden
Zahlen überraschten mich. Nur 10% der von der Bundesbank emittierten Banknoten
gehen in Deutschland in Umlauf; 20% werden in Deutschland gehortet; weitere 20% innerhalb
des Euro-Währungsraums und 50% außerhalb. Die Erklärung für die letzte Zahl lautet: So schützt man sich
gegen die Inflation der Heimatwährung.
Geldmengen-Aggregate
Will
man erfassen, wieviel Geld (Bar- und Buchgeld) irgendwo im Umlauf ist, muss man
genau sagen, was man als Geld ansieht. Da sind sich die Experten alles andere als
einig. Einig ist man sich nur in der Benutzung des Buchstabensymbols M (wie
money) als Messgröße. Die von der Europäischen Zentralbank (EZB) verwendete
Definition lautet:
M0 = Bargeld
(Banknoten und Münzen), das sich im Umlauf außerhalb des Bankensystems befindet
plus dem Zentralbankgeldbestand der Kreditinstitute;
M1 = M0 plus
Sichteinlagen der Nichtbanken;
M2 = M1 plus Einlagen
mit vereinbarter Laufzeit bis zu zwei Jahren und Einlagen mit gesetzlicher Kündigungsfrist
bis zu drei Monaten;
M3 = M2 plus Anteile
an Geldmarktfonds, Repoverbindlichkeiten, Geldmarktpapieren und
Bankschuldverschreibungen mit einer Laufzeit bis zu zwei Jahren.
Vereinfacht
gesagt, Geld sind alle die Finanzmittel, die sich innerhalb von zwei Jahren
verflüssigen lassen. Edelmetalle wie Gold oder Silber sind nur Geld, wenn sie
als Münzen geprägt und von einer Bank emittiert wurden. Auch
Unternehmensbeteiligungen (Aktien) und Privatschulden sind kein Geld. Ihr Wert
kann natürlich in einer Währung ausgedrückt sein.
Interessant
ist es zu sehen, dass die im Umlauf befindlichen Geldmengen stetig wachsen. Das
hat nichts mit Inflation zu tun, sondern drückt das Wachsen der Wirtschaft aus sowie
die zunehmende Monetarisierung. Die beigefügte
Grafik zeigt das Anwachsen der Geldmengen im Euroland. Für den US-Dollar ist
der Verlauf eher etwas steiler.
Wachstum der
Geldmengen im Euroraum (Quelle: Wikipedia)
Politik der EZB
Für alles, was mit unserem Geld passiert, trägt inzwischen die EZB
die Verantwortung, also die Schuld. Die nationalen Notenbanken, existieren
weiter, sind aber zu Erfüllungshilfen degradiert. Sie lassen Geld drucken und
versorgen die Banken in ihrem Land. Auch ziehen sie unbrauchbar gewordene
Münzen und Scheine aus dem Verkehr. Allein der Metallwert der von der Deutschen
Bundesbank im
Jahre 2016 verschrotteten Münzen betrug 285 Millionen Euro.
Die Hauptaufgabe der EZB ist laut Satzung die Erhaltung des
Geldwerts. Das entsprang der Erfahrung und dem Wunsch Deutschlands. Politiker
anderer Länder möchten der EZB auch andere Aufgaben zuweisen, etwa die
Bekämpfung der Arbeitslosigkeit oder die Ankurbelung der Wirtschaft. Die
Geldwertstabilität wird als Stabilität der Verbraucherpreise verstanden. Zur
Messung dienen gesammelte Felddaten. Die EZB hat sich entschlossen, den
Harmonisierten Verbraucherpreisindex (HVPI) als Messlatte zu verwenden. Da eine
Deflation als unerwünscht gilt, wird eine leichte Inflation von maximal 2%
akzeptiert. Die im Umlauf befindliche Geldmenge ist ein Werkzeug, um dieses
Ziel zu erreichen.
Ein weiteres Werkzeug ist der Zinssatz (Leitzins), mit dem die Notenbank Geld
an andere Banken verleiht. Es ist ein schwaches Mittel. Einerseits sind Banken nicht dazu verpflichtet, dieses Geld zu nehmen, andererseits schwimmen sie in Geld. Selbst bei einem extrem
niedrigen Zinssatz, kommt nicht viel mehr Geld bei den Verbrauchern an. Auch
Buchgeld wird gehortet.
Vollgeld – eine Schweizer Initiative
Dass Schweizer Bürger sich Gedanken darüber machen, was mit ihrem
Geld passiert, überrascht niemanden. Eine Initiative wollte verhindern, dass
jede Bank selbst Geld schaffen kann. Sie wollten erreichen, dass nur die Nationalbank,
also die Notenbank, Geld schöpfen kann. In einer Abstimmung Anfang Juni erlitt
man eine krachende Niederlage: Denn 70% aller abstimmenden Bürger folgten der
Argumentation der Groß-, Genossenschafts-, Regional- und Privatbanken, die sich
bedroht fühlten.
Alternativen zum Geld
Kurz erwähnen möchte ich, dass es auch Alternativen zum Geld gibt.
Das bekannteste Beispiel sind Krypto-Währungen von Typ Bitcoin. Diese möchten
nicht nur Banken aus dem Währungsgeschäft herausdrängen, sondern auch Staaten.
Heute ist eine Banklizenz daran gebunden, dem Staat behilflich zu sein bei der
Aufdeckung von Geldwäsche und Terrorfinanzierung.
Literatur
Dieses Mal will ich die Bücher, aus denen ich Material entnommen habe,
am Schluss erwähnen. Sehr vielversprechend ist ein Buch von Dieter Verbeck mit
dem Titel Einführung in die Bargeldökonomie
der Bundesrepublik Deutschland (2017, 284 S.). Es enthält alles, was Leute über Bargeld wissen. Es sagt recht wenig zu meiner Titelfrage. Etwas älter, aber
trotzdem sehr lesenswert ist das Buch von Otmar Issing.
Es heißt Der
Euro. Geburt – Erfolg – Zukunft (2008, 220 S.). Issing weiß
alles, was die ersten acht Jahre des Euro betrifft. Die Geschichte des Euro ist inzwischen doppelt so lang. Auch im zweiten Teil ist einiges passiert.