Freitag, 19. Juli 2013

Christoph Meinel über MOOCs, deren Durchführung und Bedeutung

Christoph Meinel gab im März 2011 das erste Interview eines Fachkollegen für diesen Blog. Er ist Informatik-Professor an der Universität Potsdam und leitet das Hasso-Plattner-Institut (HPI) für Softwaresystemtechnik. Er ist Autor von zehn Fachbüchern und 400 Fachpublikationen in den Bereichen Internet-Technologie, effiziente Algorithmen und Datenstrukturen und Komplexitätstheorie, sowie im Bereich Innovationsforschung. Er war Informatik-Professor an der Uni Trier und Leiter des dortigen Instituts für Telematik. Meinel hat an der Humboldt-Universität zu Berlin in Mathematik promoviert.



Bertal Dresen (BD): Als ‚Massive Open Online Course‘ (Abk. MOOC) bezeichnet man eine spezielle Form von Online-Kursen mit sehr vielen Teilnehmern. Die Anfänge lagen  ̶  wie so oft  ̶  in den USA. Zuerst engagierten sich die Universitäten Stanford und MIT. Sie erzielten Teilnehmerzahlen, von denen andere Kursformen nur träumen können. MOOC enthält das Versprechen, qualitätsvolle universitäre Bildung kostengünstig oder sogar kostenlos weltweit verfügbar zu machen. Seit einigen Monaten bietet auch Ihr Institut, das Hasso-Plattner-Institut in Potsdam, mehrere MOOCs an. Wie kam es dazu? Was sind Ihre Überlegungen und Ziele? Welche Art von Kursen bieten Sie an? Welche nachhaltigen Wirkungen erhoffen Sie für Ihr Institut, abgesehen vom Werbeeffekt und der Möglichkeit zu experimentieren?

Christoph Meinel (CM): Dank langjähriger Beschäftigung mit der Materie des Online-Lernens – Entwicklung des inzwischen von Dell lizensierten mobilen tele-TASK Technik zur Aufzeichnung von Vorlesungen, Betrieb des Vorlesungsportals, die Entwicklung verschiedener virtueller Labore (Tele-Lab, SOA-Security) und reguläre Vorlesungsübertragungen an die TU Peking – haben wir sehr schnell die Bedeutung des MOOC-Phänomens und die Kernpunkte der MOOC-Innovationen für das Online-Lernen erkannt: Synchronisation der Lernenden, häppchenweise Bereitstellung der Lehrmaterialien, Bereitstellung leistungsfähiger Feedback-Tools zur Selbst- und Fremdbewertung des Lernerfolgs und die Verkopplung mit einer sozialen Plattform, die den Lernenden hilft, sich als Teil einer (wenn auch nur virtuellen) sozialen Lerngemeinschaft zu erleben. Um diesen Ansatz selbst zu erproben und mit ihm das hoch gerankte Lehrangebot unseres Hasso-Plattner-Instituts (HPI) auch einer interessierten Öffentlichkeit über das Internet zugänglich zu machen, haben wir die interaktive Online-Bildungsplattform openHPI ins Leben gerufen.
BD: Die Planung und die Entwicklung eines MOOC stellt bestimmt eine Menge neuer Anforderungen an ein durchführendes Institut. Könnten Sie diese kurz beschreiben? Welche Lehr- und Lernstrategien stehen zur Wahl? Was machte Ihnen die größten Schwierigkeiten? Könnten Sie etwas zu dem Aufwand sagen? Ich gehe davon aus, dass der Lernstoff bereits vorliegt, z.B. in Form von Lehrbüchern, Skripten und Aufgabensammlungen.

CM: Tatsächlich ist ein solchen Unterfangen mit einigem Aufwand verbunden und verlangt ein besonderes Engagement auf verschiedenen Ebenen: Zunächst braucht es die Hardware, auf der solche interaktiven MOOC-Kurse laufen können, mit vielen Tausend Teilnehmern, die z.B. alle in der letzten Minute vor der Deadline die Hausaufgaben abgeben. Das ist z.B. die Statistik meines ersten Internetworking-Kurses vom Ende letzten Jahres:


Dann braucht es eine Plattform, auf der die Lernvideos und Kursmaterialien eingestellt, die Interfaces für die Selbsttests, Hausaufgaben und Abschlussklausur bereitgestellt und deren automatische Korrektur realisiert werden. Hier haben wir zunächst mit einem umgebauten Lernmanagementsystem Canvas gearbeitet, dessen Performance aber der massenhaften Nutzung nur ungenügend gerecht wird. Wir haben deshalb mit unseren hochmotivierten HPI-Studenten eine eigene Entwicklung gestartet und hoffen, diese Ende des Jahres in Betrieb nehmen zu können.

Schließlich müssen die Online-Kurse selbst konzipiert werden, die Lernmaterialien produziert, also die Lernvideos aufgenommen, Fragen für die Selbsttests, Hausaufgaben und Klausuren entworfen und dann, nach Start des Kurses, die Diskussionen im Forum begleitet werden. Natürlich wählen wir hier den Unterrichtsstoff nach unseren Erfahrungen in der Offline-Lehre aus – sowohl im Hinblick auf die Stoffauswahl als auch im Hinblick auf die didaktische Aufbereitung. Aber jedes Medium hat seine ganz eigenen Möglichkeiten und Anforderungen, und es ist spannend, diese zu erschließen.

 BD: Die Präsentation und Durchführung eines MOOC stellt natürlich weitere Anforderungen. Sofern Sie möchten, können wir uns im Folgenden auf den gerade zu Ende gegangenen Kurs ‚Web-Technologien‘ beschränken. Was sind die entscheidenden Software-Produkte und Plattformen, die zur Anwendung kamen? Spielte die Leistungskapazität oder die Zuverlässigkeit der benutzten Informatiksysteme eine Rolle? Welche Werkzeuge bewährten sich? Welche Dinge überraschten Sie?

CM: Ich hatte die Plattform schon erwähnt. Die ist wichtig in Bezug auf Fragen der Performance, aber auch der Interaktionsmöglichkeiten, z.B. bei den Selbsttests. Die zurzeit von uns noch genutzte, stark umgebaute Canvas-Plattform hat da ihre Grenzen. Das war ein Grund für unsere engagierten Informatiker, nicht nur über einen Neubau nachzudenken, sondern diesen auch in Angriff zu nehmen. Wir haben da viele Ideen, insbesondere wollen wir die Bildung virtueller (also über das Internet verteilt agierender) Lernteams unterstützen, die Selbstreflexion des Lernergebnisses nicht nur durch Faktenabfrage unterstützen sondern durch praktisches Arbeiten in virtuellen Laboren usw.

Bei den Aufnahmen können wir auf unser bewährtes tele-TASK System zurück greifen, mit dem wir mobil die Lernvideos aufzeichnen können, die synchron zwei Quellen einbinden: das Video des Dozenten und den vom Dozenten für seinen Unterricht genutzten Desktop. Bei Nutzung des zugehörigen tele-TASK-Browsers können dem Lernenden verschiedene neuartige Navigations-Features angeboten werden  ̶  dank des Einsatzes von am Lehrstuhl entwickelten semantischen Analysetools.

BD: Was lässt sich bisher über das erzielte Lern-Ergebnis sagen? Wie messen Sie es? Können Sie es mit den Ergebnissen traditioneller Lernmethoden vergleichen? Gab es konkretes Feedback, das es Ihnen erlaubt, das Angebot zu verbessern? Sind MOOCs primär als berufliche Weiterbildung zu sehen oder als Vorlesungsersatz, oder gar nur als Zeitvertreib für Jugendliche und Rentner? 

CM: Für uns ist es sehr überraschend zu sehen, mit welchem Engagement und mit welch hohem Einsatz die Kursteilnehmer unterwegs sind. Die Aktivitäts-Statistik zum gerade beendeten Kurs ‚Web-Technologien‘ sieht sehr ähnlich aus wie die des Internetworking-Kurses. Interessant ist die relativ hohe Erfolgsrate bei denjenigen, die einen Kursabschluss mit Zertifikat anstreben. Wir liegen da bei allen bisherigen Kursen in einem Bereich zwischen 15 und 20 Prozent, also weit höher als amerikanische Kurse, wo die Abschlussrate bei etwa einem Prozent liegt. Das gleiche gilt für den Anteil der aktiven Teilnehmer (mindestens jeweils eine Hausaufgabe und ein Diskussionsbeitrag), hier liegt die Rate bei über 50 Prozent.

Auch ist die Altersstruktur der Teilnehmer interessant: Das Gros der Teilnehmer ist 30 bis 40 Jahre alt. In den verschiedenen Altersgruppen ist der Anteil derjenigen, die mit Zertifikat abschließen, besonders hoch in der Altersgruppe der 40-50-Jährigen. Sie sehen: MOOCs sind kein Jugendphänomen.

Ein Vergleich mit traditionellen Lernmethoden ist schwer zu ziehen. Eher kann man die Erfolge traditioneller E-Learning Angebote vergleichen mit denen von MOOCs. Haben bei den Ersteren lediglich autodidaktisch veranlagte Lerner aus dem E-Learning-Angebot Nutzen ziehen können, so sprechen MOOCs einen vielen größeren Kreis an. Die Organisation einer virtuellen Lerngemeinschaft, in der sich interessierte Lerner einen neuen Lernstoff erarbeiten können, macht den großen Unterschied aus.

BD: Es interessiert mich sehr, etwas über die Teilnehmer des erwähnten Kurses zu erfahren. Außer Potsdamer Studierenden haben vermutlich viele Externe und Fachfremde teilgenommen. Mit wie vielen Teilnehmern begann der Kurs? Wie viele hielten die sechs Wochen bis zum Ende durch? Wo in der Welt befanden sich die Teilnehmer? Welche Vorbildung besaßen Sie, falls bekannt? Kamen Teilnehmer aus Ländern, die Sie nicht erwartet hatten? Wie hoch war der Anteil derer, die an den Selbsttests, den Hausaufgaben und der Klausur teilnahmen? Was schließen Sie daraus, sowohl für diesen Kurs als auch für MOOCs allgemein? Erkennen Sie erfolgreich absolvierte MOOCs als Studienleistung an?

CM: Hier die Statistik (Stand 18.07.2013) zum Web-Kurs, der gerade zu Ende geht und bei dem die Klausur noch geschrieben werden muss. Deshalb steht auch die Zahl der erlangten Zertifikate noch nicht fest.



Wir können weiter eindeutig feststellen, dass die Teilnehmer in diesem Fall aus insgesamt 58 Ländern kommen, was bei einem deutschsprachigen Kurs schon erstaunlich ist. Rechnet man alle bislang angebotenen Kurse zusammen, kommen wir auf mehr als 110 Länder, aus denen unsere Teilnehmer stammen.

Die Frage, inwieweit MOOCs im Studium einen Vorlesungsersatz bieten können, haben wir bei openHPI so beantwortet, dass wir keine Kreditpunkte vergeben. Andernfalls müsste man z.B. die Berechtigung zur Zulassung für ein Universitätsstudium kontrollieren oder die Klausuren unter physischer Aufsicht schreiben lassen. Wir zumindest streben das nicht an, sondern wollen aus der Lehre des HPIs Lernangebote für alle Interessierten anbieten. Natürlich freuen wir uns, wenn diese, wie die Zahlen zeigen, auch angenommen werden. Selbstverständlich: Auch wir wollen und müssen weiter lernen, das Angebot medien- und nutzergerecht aufzubereiten und interessieren uns als Informatiker in unserer Begleitforschung besonders dafür, mit welchen neuen IT-Features wir das Lernen im Netz weiter beflügeln können.

BD: Wie Sie wissen, habe ich als Lernender an dem oben erwähnten Kurs teilgenommen. Mich beeindruckten die Stoffmenge, deren Aktualität, die gute Organisation und der Praxisbezug. Ab und zu verfolgte ich auch die lebhaften Diskussionen zwischen den Teilnehmern und Ihrem Team. Nicht alle Themen lassen sich immer völlig ohne Emotionen und ohne Meinungsäußerung abhandeln. Mich selbst  ̶  und einige andere Teilnehmer  ̶  störte es etwas, dass Sie uns de facto zwangen, einen bestimmten Browser zu installieren. Was hat Sie als Lehrender beeindruckt bzw. enttäuscht? Was machte Ihrem Team am meisten zu schaffen? Welche allgemeinen Lehren haben Sie gezogen? Werden Sie diese Art von Kursen weiter anbieten?

CM: Zunächst vielen Dank für das Kompliment. Wir versuchen im Rahmen der begrenzten (Zeit-) Ressourcen, interessante und ansprechende Kursangebote zu konzipieren und zu „produzieren“. Im Verlauf eines Kurses sind dann allerdings die Diskussionen das Herzstück und machen diesen zu einem einmaligen (Lern-) Event. Da gibt es große Unterscheide zwischen den verschiedenen Kursen, je nachdem, wer mitmacht. Schade finde ich den manchmal etwas rauen Umgangston, wenngleich wir versuchen, den nicht zu persönlich zu nehmen. Es ist manchmal schon erstaunlich, mit welcher Robustheit ans Werk gegangen wird, ohne darüber nachzudenken, dass das alles kostenlos ist und dass die Mitglieder des Teaching Teams den mit der Durchführung eines MOOCs verbundenen immensen Vorbereitungs- und Durchführungsaufwand zusätzlich zu ihren eigentlichen Aufgaben am HPI leisten. Übrigens ist der Umgangston in den englischen openHPI-Kursen sehr viel höflicher als in den deutschsprachigen.

Zur Frage des Browsers: In Woche 2 des Kurses gab es tatsächlich ein Tutorial, in dem der Firefox-Browser benutzt wurde. Um bestimmte Lehrinhalte (Veränderung des HTTP-Headers) zu vermitteln, war das aus technischen Gründen notwendig, weil der Firefox-Browser im Unterschied zu anderen Browsern dies auf einfache Weise durch eine Browsererweiterung ermöglicht. Diese Erweiterung war dann auch notwendig, um eine Frage der Hausaufgabe in Woche 4 zu beantworten, wobei man für die richtige Beantwortung nur 4 von 180 Punkten erzielen konnte, die sich  bequem über die angebotenen Bonusaufgaben ausgleichen ließen. In einem anderen Tutorial haben wir dann bewusst einen anderen Browser eingesetzt, um solche Vorwürfe erst gar nicht aufkommen zu lassen.

BD: Vielleicht haben Sie sich auch Gedanken darüber gemacht, wohin MOOCs führen können. Einerseits gibt es die üblichen Sorgen wegen des Aufwands, der Kosten und der noch unbekannten Konsequenzen. Andererseits sind einige, vor allem amerikanische Kollegen, geradezu euphorisch. Neulich meinte jemand, dass man bald Kurse nicht nur für Millionen sondern für Milliarden Teilnehmer anbieten könnte. Das geht vermutlich zu weit. Was ist realistischer Weise für die nächsten fünf bis zehn Jahre zu erwarten? Gibt es für MOOCs ein Geschäftsmodell, mit dem sich Geld verdienen lässt? Erleben wir nach Radio, Film, Fernsehen und früheren computer-basierten Ansätzen mal wieder eine didaktische Revolution? Wird demnächst jede Schule in Deutschland begeisternde Kurse von Nobelpreisträgern anbieten?

CM: Natürlich wecken wichtige neue Entwicklungen – und um eine solche handelt es sich ganz sicher bei den MOOCs – immer bei den Einen Euphorie und bei den Anderen Ängste. Wir selbst sind getrieben durch die Überzeugung, dass sich hier etwas ganz Wichtiges entwickelt, das E-Learning (zum ersten Mal) wirklich praxistauglich macht. Und diese Überzeugung motiviert uns alle, die wir bei Design und Implementierung der Plattform mitwirken, die Kurse inhaltlich konzipieren, vorbereiten, inhaltlich begleiten und in der Forschung untersuchen  ̶  die Teilnehmerzahlen lassen erstmals statistisch relevante Untersuchungen zu. Wir wollen als Pioniere diese Entwicklung im Bereich des Online-Lernens vorantreiben.

BD: Herr Meinel, haben Sie vielen herzlichen Dank für die schnelle und ausführliche Beantwortung meiner Fragen. Mit der Schnelligkeit sind Sie einsame Spitze. Aber auch die Detailangaben aus der Praxis sind sehr interessant. Neben vielen anderen ist sicher Ihre Erkenntnis bedenkenswert, dass deutschsprachige Kursteilnehmer in punkto Höflichkeit im Vergleich zu den englisch-sprechenden Teilnehmern schlecht abschneiden! Eine mögliche Erklärung für mich wäre, dass Ihre Englisch-Sprecher vorwiegend Asiaten sind (Chinesen, Inder und Japaner).

Dienstag, 16. Juli 2013

Der Fall Snowden und die Informatiker (mit Nachträgen)

Da der Eintrag zum Fall Snowden an Länge alle früheren übertrifft, habe ich mich entschlossen, einen neuen Eintrag zu eröffnen. Er soll sich speziell an Informatiker richten und sie daran erinnern, dass sie aufgefordert sind, aus fachlicher Sicht zur Aufklärung beizutragen. Ich beginne mit zwei Beiträgen von Kollegen. 

Am 16.7.2013 schrieb Rudolf Bayer aus München: 

Die Frage an uns Informatiker und Techniker ist doch: "Woher und wieso kommen die Geheimdienste an die illegalen Heuhaufen?" Diese dann nach Nadeln zu durchsuchen, daran kann man sie wohl kaum hindern, das ist ihr Job.. Leider haben wir Informatiker keine Techniken entwickelt - oder wollen sie nicht -, um das Einsammeln solcher Heuhaufen zu verhindern. Das Geschäftsmodell des Internets setzt ja geradezu darauf, alles über Werbung zu finanzieren, die Heuhaufen sind dann ein unvermeidbarer Kollateralschaden. Ich halte das für einen grundsätzlichen Geburtsfehler des Netzes. 

 Warum hat bisher niemand gefragt, warum die großen deutschen Provider wie Telekom, GMX etc. dieses Einsammeln von Verbindungsdaten erlauben oder gar unterstützen? Über deren Server läuft doch sehr viel und die müssen involviert sein oder fahrlässig handeln. 

Die Politiker tun so, als wüssten sie von nichts, das glaube ich ihnen sogar, aber warum schieben sie den schwarzen Peter nicht an die Provider, das wäre doch angebracht und sogar ehrlich und würde vielleicht sogar etwas bewirken. Interessant ist, sich mal anzusehen, über wie viele Server mit unbekannter Software eine E-Mail läuft (beim Thunderbird zu sehen mit der Einstellung Ansicht --> Kopfzeilen --> Alle), wo wird da angezapft? 

 Mich beunruhigt sehr, mit welcher Naivität vor allem die jungen Leute zu Googlemail gegangen sind und sehr viel in die Cloud stellen, eine perfekte Unterstützung der Daten-Sammelei, da nützen deutsche Gesetze wenig. Übrigens: die Idee von Gauweiler finde ich toll (vielleicht hätte sogar Obama insgeheim nichts dagegen), ob, wie und wie lang sich das juristisch aber machen lässt kann ich als Jura-Laie nicht beurteilen. 

Ebenfalls am 16.7.2013 schrieb Hartmut Wedekind aus Darmstadt: 

Es scheint auch in ministeriellen Kreisen Unklarheit zu herrschen, was Verkehrsdaten und inhaltliche Meta- und Objektdaten sind. Verkehrsdaten können von Geheimdiensten abgegriffen werden. Inhaltliche Daten nicht, wenn sie verschlüsselt sind. 

Verschlüsselungstechniken sind heute so brillant (eine Domäne der Mathematik), dass ein Knacken des Codes „nur mit unendlichem Aufwand“ möglich ist. Sarkastisch gesprochen: Diebstahl, wie wir ihn aus der Schweiz kennen, ist dann schon leichter. Ein Beispiel: „A sendet dem B vom Zeitpunkt X bis zum Zeitpunkt Y eine Nachricht" gefolgt von verschlüsseltem Text. 

Was da in Anführungszeichen steht sind Verkehrsdaten, die können abgegriffen werden. An den verschlüsselten Text kommt niemand von außen heran. Auch Metadaten, das sind im Wesentlichen Schemabeschreibungsdaten, werden verschlüsselt. Über Metadaten werden die eigentlichen Objektdaten erst verständlich und sind somit wesentlich. 

Wer seine Verkehrsdaten nicht abgegriffen haben will, sollte am Verkehr nicht teilnehmen. Ich befürchte bei der täglichen Zeitungslektüre, dass über die Begriffe „Verkehrsdaten, Meta- und Objektdaten“ eine Volksaufklärung stattfinden muss, mit ministerieller Beteiligung.

Noch am 16.7.2013 antwortete Rudolf Bayer:

Die Unterscheidung zwischen Verkehrsdaten, inhaltliche Meta- und Objektdaten ist zwar wichtig und wird von vielen sicher nicht verstanden, aber von der Verschlüsselung von Meta- und Objektdaten würde ich dringend abraten. Damit kommt man mit Sicherheit doch sofort in die höchste Risikoklasse, und noch schlimmer: alle mit denen man kommuniziert oder je kommuniziert hat, landen ebenfalls dort, ohne irgendetwas beizutragen oder zu bemerken.

Fazit: Das Standardverfahren der Informatik zur Geheimhaltung ist extrem kontraproduktiv. Auch das sehe ich als wesentliches Defizit der Informatik. Ich würde mich über einen konstruktiven Vorschlag freuen, da könnte die geballte Kompetenz der GI sich profilieren und das würde der Informatik sehr gut tun.


Nachtrag am 22.7.2013

Der Fall Snowden regt zweifellos zum Nachdenken an. Obwohl sie mit Worten sehr sparsam ist, nehme ich an, dass auch die Kanzlerin nachdenkt. Da man sie beschuldigt, ihren Amtseid zu verletzten, fängt es sicherlich auch bei ihr an innerlich zu rumoren. Um ihr Dilemma zu verstehen, habe ich mir die beiden relevanten Paragraphen des Grundgesetzes (GG) angesehen.

GG § 5 garantiert das Recht, seine Meinung in Wort, Schrift und Bild zu äußern und zu verbreiten. Das kann hier wohl nicht gemeint sein. Es ist wahrscheinlich GG § 10. Der ältere Teil, oder Abschnitt 1, besagt: Briefgeheimnis sowie Post- und Fernmeldegeheimnis sind unverletzlich. Kritisch wird es mit Abschnitt 2. Er wurde in den 1968er Jahren hinzugefügt. Er besagt, dass Beschränkungen zum Schutze der demokratischen Grundordnung dem Betroffenen nicht mitgeteilt werden müssen. Einzelne Oppositionspolitiker, etwa die der Linken, meinen jetzt wäre es an der Zeit alle Geheimdienste zu dekuvrieren. Würde man das schlagartig machen, gingen bestimmt auch nützliche Investitionen der letzten 30 Jahre verloren. Die Verantwortlichen möchten also Zeit haben, um sich zu überlegen, auf was sie verzichten können. Ich kann ihnen das nicht verdenken.

Zwei Beiträge im aktuellen Heft 30 des SPIEGEL zeigen, wohin das Nachdenken über den Fall Snowden führen kann. Der Journalist Thomas Darnstädt meint, dass uns die Analogie zum Umweltschutz weiterhelfen würde. Es ginge nicht mehr um einen Schutz der Privatsphäre sondern um einen Schutz der Ökosphäre. So wie man die Umwelt schützt, indem man Dreckschleudern verbietet, so müsste man Datenschleudern verhindern. Da scheint er etwas danebengegriffen zu haben. Das Bla-Bla in der Blogosphäre beschäftigt schon lange die Karikaturisten. Der Autor fordert ein Gesetz, das festlegt, nach welchen Schlagwörtern im Netz gesucht werden darf. Außerdem solle es (wie im folgenden Beitrag gefordert) eine staatliche Kontrolle geben für Algorithmen, die Daten auswerten. Da sollten nicht nur Informatiker sondern alle freiheitsliebenden Bürger aufhorchen. Vielleicht findet er dafür großes Interesse in Weißrussland und China. Thomas Hobbes Leviathan und Immanuel Kants Buch 'Zum ewigen Frieden' von 1795 werden zitiert. In letzterem wird bereits die Zusammenarbeit aller Leviathane, also der einzelstaatlichen Überwacher, über die Grenzen hinaus gefordert.

Sehr anregend sind einige Gedanken, die Evgeny Morozow in einem Interview äußert. Er stammt aus Weißrussland, wo er als Blogger in Ungnade fiel. Er erinnert daran, dass wir es gewöhnt sind, überwacht zu werden. Es geschieht vor allem für  Werbezwecke beim Einkaufen oder Surfen. Durch Überwachung entsteht für Einzelne kein Schaden. Es sei ein opferloses Verbrechen. (Ob dann der Begriff Verbrechen zutrifft, sei dahingestellt).  Es gibt also keine Opfer, von denen tatsächlicher Schaden abzuwenden ist. Es ist quasi ein abstraktes Recht, das geschützt wird. Im Falle der polizeilichen oder geheimdienstlichen Überwachung werden konkrete Leute davor geschützt, zum Opfer zu werden. 

Wir geben immer mehr Informationen freiwillig preis, aus denen jemand Rückschlüsse auf unser Leben ziehen kann. Der Trend ist unumkehrbar. Intelligente Telefone, Lesegeräte, Häuser, Autos, Kühlschränke, Schuhe, Mülltonnen, Zahnbürsten, usw. wissen immer mehr Details über uns. Auch er habe 40,000 Followers bei Twitter, benutze Google zum Suchen und ein Mobiltelefon zum Telefonieren.

Das Internet war einmal der Traum von Utopisten und Anarchisten. Seit Mitte der 1990er sei diese Illusion Vergangenheit, seit große Unternehmen das Internet unter sich aufgeteilt haben. Es sind nicht zufällig nur US-Firmen wie Amazon, Apple, eBay, Google, Twitter, Youtube, Wikipedia und zuletzt Facebook. Wir bräuchten eine gesellschaftliche Diskussion über die optimale Nutzung von Information und deren Effekte. Das Internet wieder zurück zu entwickeln in seinen Urzustand, davon hält auch er nichts.

Ich selbst möchte noch hinzufügen, dass man das in § 5 GG garantierte Recht auf freie Meinungsäußerung nicht verwechseln sollte mit der Forderung nach kostenloser und weltumfassender Verbreitung seiner Werke. Ich freue mich, wenn mein Blog in Chile und Kasachstan gelesen wird. Ich käme allerdings nie auf die Idee zu fordern, dass die Gesellschaft dafür sorgen muss, dass dies geschieht.

Nachtrag am 25.7.2013:

In dem Beitrag in der FAZ vom 24.7.2013 legt Evgeny Morozow nach. Die falscheste Lösung wäre jetzt ein ‚rein deutsches‘ E-Mail-System, ein deutsches Google, iPhone oder iPad zu verlangen. Für China, Iran oder (Weiß-) Russland mag dies die Antwort sein. Für uns wäre es eine Katastrophe. Das heißt nicht, dass es nicht einige Vertreter der deutschen Industrie gern hätten, und zwar vom Staat finanziert.

Das Problem der Informationsfreiheit und der Privatsphäre ist nichts, was wir Herrn Pofalla oder der Piratenpartei allein überlassen dürfen. Nicht 4% sondern 96% der Bürger müssen sich damit befassen. Es wird uns auch nach der Bundestagswahl im September noch beschäftigen.


Nachtrag am 29.7.2013

Otto Schily, der frühere Justizminister in der rot-grünen Koalition, meinte im SPIEGEL-Interview (Heft 31), dass man nicht so tun solle, als ob die größte Gefahr für die Menschen in Deutschland von der National Security Agency ausgehe: "Die größte Gefahr geht vom Terrorismus und von der Organisierten Kriminalität aus. Ich finde manches Getöse, was da im Moment zu hören ist, nicht angemessen."

Schily sagte, die Furcht vor dem Staat trage "teilweise wahnhafte Züge, auch bei manchen Politikern von FDP und Grünen." Datenschutz sei wichtig. Aber man dürfe nicht überziehen. Die moderne Kommunikation im Internet habe eine neue Qualität gewonnen. Die Sicherheitsbehörden müssten sich darum kümmern, wenn das Internet zur Verabredung oder Vorbereitung von Verbrechen genutzt werde, sagte Schily: "Früher haben manche den BND wegen angeblicher Inkompetenz verlacht. Wenn er jetzt effizienter geworden ist, ist das doch nur zu begrüßen." Das hätten heute noch aktive Politiker auch längst sagen können. Schily lebt in der Toskana.

Am 31.7.2013 schrieb Hartmut Pohl aus Essen:

Hier ein Link zu einer von mir persönlich veröffentlichen Pressemitteilung durch die Firma SoftScheck. 

Vor über einem Monat hatte die Gesellschaft für Informatik (GI) bereits eine Ausarbeitung aus derselben Quelle veröffentlicht.


Nachtrag am 1.8.2013

Einige Zeitungen reden inzwischen  ̶  obwohl das nicht ihre Art ist  ̶  etwas weniger über das individuelle Schicksal des ‚Whistleblowers‘ Snowden als über die Sachfrage, um die es geht. Ich nenne sie mal ‚Terrorismus, Privatsphäre und Internet`.

Wir befinden uns in einem verrückten Abwehrkampf gegen verteilte Gruppen (früher nannte man sie Partisanen), die sich nicht an Landesgrenzen aufhalten lassen, denen weder mit Luftangriffen noch mit Bodentruppen beizukommen ist. Sie sind teilweise schon Jahre in unseren Stadtvierteln. Sie lassen sich durch Strafandrohung nicht abschrecken. Man kann sich nur schützen, indem man sie aufspürt, bevor sie zuschlagen. Glücklicherweise verabreden sie sich oft im Internet, genauer in IP-Netzen. Selbst wenn das nicht der Fall wäre, sind Nachrichtendienste die einzige verbliebene Waffe. 

Einige Wahlkämpfer, unterstützt von der Presse, fordern, diese Waffe endlich aus der Hand zulegen oder mit stärkeren Beschränkungen zu versehen. Leider (aus Sicht der Polizei) wird das Internet auch von unverdächtigen Bürgern genutzt. Viele von diesen finden es unerträglich, dass nun die Polizeihunde auch ihre Koffer und Hosenbeine beschnuppern oder – um ein anders Bild zu benutzen  ̶  plötzlich Katzen in den Heuhaufen vor ihrer Tür nach Mäusen suchen.

Ich gehe davon aus, dass einige Regierungen der Welt (so die USA und Deutschland) zurzeit daran arbeiten, ihre Geheimdienste etwas umzuorientieren. Zumindest werden die Namen von einigen Programmen und Dateien geändert. Möglicherweise werden sie auch das Bewachen und Observieren etwas reduzieren und damit eine größere Gefahr für die Bevölkerung in Kauf nehmen. Ich hoffe, dass die Regierungen weiter dem Druck der Medien widerstehen, die verlangen, dass sie ihre Vorgehensweise ausplaudern. Die Sicherheitsbehörden der westlichen Welt dürfen auf keinen Fall ihre Zusammenarbeit reduzieren. Sie kann nur und muss intensiviert werden. Alles andere wäre nicht effektiv noch effizient. Derselbe Gegner bedroht nämlich mehrere Länder gleichzeitig. Die zehn Jahre rechtsradikaler Morde in Deutschland (durch die NSU) hat uns die bittere Lehre erbracht, dass die Kooperation zwischen den Staatsschützern verbesserungswürdig war. Es war dies eine ähnliche Form von Terrorismus wie der von den USA und ihren Partnern bekämpfte, allerdings nur von nationalem Ausmaß.

Das Aufbrausen der Blogosphäre und der Schreibschwall der Kommentatoren deuten darauf hin, dass die Regierenden die Balance zwischen Sicherheit und Freiheit anders gewählt hatten, als dies die Regierten für richtig hielten. Sollte es zu Änderungen in der Sicherheitsstrategie kommen, so hoffe ich, dass die Regierenden niemandem freiwillig verraten, wo jetzt die Durchlässe für die Angreifer sind. Auch ein Wahlkampf in Deutschland kann dafür keine Entschuldigung sein. Dass selbst die staatstragende SPD ihrem Pensionär Otto Schily rät den Mund zu halten, führe ich darauf zurück, dass er ihnen ein vom Himmel gefallenes Wahlkampfthema madig macht.

Nachtrag am 5.8.2013:

Die Verwirrung in der Öffentlichkeit wird immer größer. Die Bundesanwaltschaft prüfe – so berichteten die Medien – ob sie ein Ermittlungsverfahren eröffne müsse. Es könnte sein, dass deutsche Staatsbürger mit ausländischen Mächten kooperiert hätten und vertrauliche Daten ausgetauscht hätten. Mit der ausländischen Macht kann im Moment nur die USA gemeint sein. Wenn unsere Rechtslage so ist, ist  jeder Deutsche in Gefahr, der mit Ausländern zusammenarbeitet, auch wenn sie aus befreundeten Staaten stammen.

Das ZDF hat gestern  – auf Anfrage – vom BND erfahren, dass die Zusammenarbeit mit der NSA schon seit 50 Jahren besteht. Entweder hat das ZDF kein Gedächtnis oder man glaubte, die Zusammenarbeit zweier Geheimdienste beschränke sich auf gegenseitige Einladungen zu Betriebsfeiern.


Nachtrag am 8.8.2013:

Es ist teils beruhigend, teils alarmierend, dass keine der im Wahlkampf engagierten politischen Parteien vor Blödsinn immun ist. Die Hysterie des Wahlkampfes trübt allen gleichzeitig den Blick oder lähmt den gesunden Menschenverstand. Es ist für mich nämlich nicht anders zu erklären, dass die CDU ganze acht Wochen benötigte, um festzustellen, dass im Oktober 2001 Gerhard Schröder Bundeskanzler war und Herr Steinmeier sein Kanzleramtsminister. 

Gestern verkündigte nämlich der stellvertretende Regierungssprecher den während der Urlaubszeit in Berlin ausharrenden Journalisten der Weltpresse, dass auf der 2002 zwischen den USA und der Bundesrepublik abgeschlossenen Vereinbarung, die Zusammenarbeit von NSA und BND betreffend, Herrn Steinmeiers Unterschrift stehe. Die in Bad Aibling sich befindenden Gerätschaften gingen damals in deutsche Hände über. Wäre der Vertrag nicht zustande gekommen, wären die weißen Halbkugeln vermutlich abgebaut und in Polen wieder aufgebaut worden. 

Wenn etwas für mich alterativlos ist, dann ist es die Zusammenarbeit zwischen den USA und der Bundesrepublik (und zwischen ihren Geheimdiensten) bei der Terrorbekämpfung. Angesichts der Internationalität des Terrors dient alles, was zwischen zwei NATO-Partnern zum Schutz der Streitkräfte vereinbart wird, gleichzeitig dem Schutz der Zivilbevölkerung.

Eigentlich müsste die CDU voll des Lobes für die SPD sein. In Wahlkampfzeiten wäre das jedoch ein Unding. Stattdessen macht man heute der SPD und dem armen Herrn Steinmeier einen Vorwurf, weil er mit den Amerikanern Verträge abgeschlossen habe. Dieser kann sich nur verteidigen, indem er sagt, was uns Snowden vorwirft hat doch damit nichts zu tun.

Die von Snowden erwähnten 500 Mio. Datensätze, die pro Tag ausgetauscht werden, dienen der Presse als Maßstab für die Verfilzung der Geheimdienste. Dem Umfang nach ist es ein Bruchteil dessen, was täglich zwischen den Banken aller Länder im Rahmen von SWIFT ausgetauscht wird. Bisher sah sich kein Offizieller veranlasst, die Zahl in Zweifel zu ziehen. Ganz leise wird hin und wieder darauf hingewiesen, dass darunter keine Daten deutscher Fernsprechteilnehmer oder Internet-Nutzer seien. Das will aber die Presse nicht wissen. Schlimm wäre es, die Leute würden es sogar glauben. Hoffentlich füllt der Doping-Bericht über die Vergehen eines längst verstorbenen Dr. Josef Keul bald den Rest des Sommerlochs.
 

Nachtrag am 13.8.2013:

Kanzleramtsminister Pofalla hat gestern dem Parlamentarischen Kontrollgremium (PKGr) mitgeteilt, dass die amerikanische Regierung schriftlich erklärt habe, dass die NSA keine deutschen Staatsbürger observiert habe. Jetzt sei Alles eine Frage, wem man glaube, Herrn Snowden oder der US-Regierung, meint unisono die Opposition. Der Abgeordnete Ströbele (Grüne) bemerkte, um dies zu klären, müsste er nach Afghanistan reisen.

Anstatt dieses Risiko einzugehen,  ̶  so meine ich  ̶  hat Herr Ströbele noch eine andere Interpretationsmöglichkeit der obigen Aussage nicht in Betracht gezogen. Im Gebiet der Bundesrepublik leben neben Deutschen noch 6-7 Millionen (7,5 - 8,7 %) Ausländer. Dieser Auffassung auf den Grund zu gehen, ist allerdings politisch inopportun. Andere Oppositionspolitiker meinen, dass allein die Tatsache, dass die USA ihren Verbündeten jetzt den Abschluss eines ‚Non Spy‘-Abkommens anbiete, sei ein Grund zu glauben, dass doch etwas gewesen sein muss.

Immerhin hat Herr Pofalla seinen Amtsvorgänger Steinmeier etwas in Schutz genommen. Die Abkommen, die dieser bereits vor dem 11.9.2001 zwischen dem deutschen und dem amerikanischen Geheimdienst abgeschlossen habe, seien an sich zu begrüßen gewesen. Steinmeiers Wunsch, ebenfalls vor dem PKGr auszusagen, wurde bisher nicht honoriert. Wie er der Presse mitteilte, möchte er sagen, dass zwischen den Verträgen von damals und den jetzigen, von Snowden behaupteten Übergriffen kein Zusammenhang bestünde. Der Wahlkampf geht (nur) noch sechs Wochen weiter. Danach bekommen – so vermute ich  ̶  zumindest in Berlin wieder andere Themen die Oberhand.

Eine Konsequenz für den amerikanischen Arbeitsmarkt hatte Edward Snowden wohl nicht vorhergesehen. Schlagartig stehen 900 System-Administatoren auf der Straße. Mit diesem Allerweltstitel bezeichnete die NSA diejenigen  Mitarbeiter von Fremdfirmen, die wie Snowden Zugang zu den an sich geheim zu haltenen Systemen hatten.

Samstag, 6. Juli 2013

Michael Kohlhaas und Edward Snowden – zwei selbsternannte Rechtshelfer

Michael Kohlhaas, das ist eine Novelle von Heinrich von Kleist, und gehörte in meiner Jugend zur Schullektüre. Es ist die Geschichte eines Pferdehändlers aus dem 16. Jahrhundert, dem vonseiten der Obrigkeit Unrecht geschah, der daher zur Selbstjustiz griff. Ein moderner Nachfahre von Kohlhaas heißt Edward Snowden. Er war Mitarbeiter des US-Geheimdienstes NSA und ist überzeugt davon, dass er dazu berufen ist, das Unrecht, das diese Institution tagtäglich vollbringt, an die Öffentlichkeit zu zerren. ‚Whistleblower‘ nennt man solche Leute, auf Deutsch Verpfeifer. Es ist ein Stoff, aus dem einmal Weltliteratur entstehen kann. Bei solchen Stoffen sind das Dilemma des Helden und die Spannung vorgegeben. Das Dilemma im Falle Snowden drückt sich in der Redewendung aus, die auf Julius Cäsar zurückgeht: ‚Jeder liebt den Verrat, aber niemand den Verräter‘. Spannend ist es zuzusehen, ob und wie es die Weltmacht USA schafft, mit ihrem früheren Bediensteten fertig zu werden.

Der Fall Snowden ist ein Volltreffer für alle Medien so kurz vor der Sommerpause. Er ist einerseits Gegenstand der politischen Kontroverse. Andererseits kann sich die Volksseele abreagieren. Ein paar Bemerkungen zur politischen Reaktion. In Deutschland ist Wahlkampf. Deshalb ist es vor allem für die Opposition verständlich, dass sie sich aufregt. Auffallend ist, dass nur Grüne und Linke dafür sind, dem Dissidenten Asyl zu gewähren. Auf Regierungsseite hat nur der Abgeordnete Gauweiler  ̶  der auch sonst gern den Eigenbrötler spielt  ̶  sich zu dieser Frage geäußert. Er ist nicht für Asyl, sondern schlägt stattdessen vor, Snowden einreisen zu lassen und unter Zeugenschutz zu stellen. Sowohl SPD wie CDU sind erstaunlich zurückhaltend. Auf die FDP komme ich noch zurück. Die Piraten, die für das Thema eigentlich sehr kompetent sein sollten, sind erstaunlich ruhig. Vielleich haben sie das Thema noch nicht ausdiskutiert, weil sie gerade sehr mit sich selbst beschäftigt sind.

Zunächst richteten sich alle Kritiken gegen die USA. Seit jedoch herauskam, dass auch England und Frankreich in gleicher Weise schnüffeln, war es nicht mehr möglich, einen Gegensatz zwischen Europa und den USA herbei zu diskutieren. Wir mussten die deutsche Sonderrolle bemühen. Das ist nicht einfach. Wir haben es im Libyen-Konflikt versucht. Es ist uns aber nicht sehr gut bekommen. Wir können nur  ̶  mit Verweis auf unsere Geschichte  ̶  mit der neu erworbenen Sensibilität der deutschen Bevölkerung gegen staatliche Bevormundung argumentieren. Es darf uns Deutsche nicht überraschen, dass viele Länder, die vor 50 Jahren Opfer des Nazi-Terrors waren, uns dies nicht abnehmen. Im Gegensatz zu den Europäern werfen uns die USA keine Scheinheiligkeit vor. Vermutlich erinnerten sie sich an Gerhard Schröders Versprechen der ‚uneingeschränkten Solidarität‘ und fragten ganz bescheiden: 'Solltet Ihr nicht in der Lage sein, uns gegen Terroristen zu schützen, die aus Deutschland kommen, dürfen wir dann wenigstens versuchen, herauszubekommen, wer sich bei Euch herumtreibt? Wir sagen Euch auch Bescheid, sollten wir etwas finden.' Jetzt sagen alle Offiziellen, sie seien total überrascht. Würden sie etwas anderes sagen, könnte das der sonst für so mündig gehaltene Wähler missverstehen. Das ist Logik zweiter Ordnung bzw. falsch verstandene Psychologie. Um es einfacher auszudrücken: Manchmal täuschen Leute Unwissenheit vor oder erfinden Märchen, wenn sie etwas nicht sagen wollen.

In den USA wirkte der 11. September 2001, kurz 9/11 genannt, als großer Schock. Es war, was die Planung und Durchführung anbetraf, ein massiver Angriff auf das Land. Es ging dabei nicht um die territorialen Grenzen, sondern um die Rolle als Weltpolizist. Man kann darüber streiten, ob die USA diese Funktion zu Recht wahrnehmen und ob sie ihr gewachsen sind. Über zehn Jahre nach 9/11 ist es offensichtlich, dass die USA entschlossen sind, diese Verantwortung zu reduzieren. Dass andere Länder entsprechend mehr Verantwortung übernehmen müssen, ist die Folge.

Wir dürfen nicht vergessen, dass der 9/11-Angriff in Hamburg vorbereitet wurde. Das jahrelange Treiben islamistischer Gruppen war den deutschen Behörden offenbar entgangen. Dasselbe galt später für die so genannte Sauerland-Gruppe. Bekanntlich haben wir außer den international ausgerichteten Islamisten noch die primär inländisch operierenden Gruppen. Ein Beispiel ist der Nationalsozialistische Untergrund (NSU). Nur der linke Terror ist nach dem Untergang von Sowjetunion und DDR heimatlos geworden und verkümmert. Wir streiten uns, was Bundesländer (wie Bremen, Hamburg und Saarland) tun können, und was der Bund tun muss. Während wir stritten, haben die USA gehandelt. Die USA hörten dabei gleich unseren gesamten Telefon- und Datenverkehr mit ab. Von einem amerikanischen Offiziellen stammt der Ausspruch: ‚Wer eine Nadel in einem Heuhaufen sucht, muss zuerst den Heuhaufen haben‘. Hätten wir die Amerikaner überzeugt, dass wir alle Heuhaufen stets im Blick haben, hätten sie sich weniger angestrengt.

Nach 9/11 erfuhr Sicherheit in den USA eine regelrechte Hochkonjunktur. Vielleicht haben die Amerikaner sogar überreagiert. Das Land besitzt zurzeit 16 Behörden, deren Aufgabe die Sicherheit des Landes ist. Darüber hinaus gibt es bestimmt noch einige, deren Existenz geheim ist. Sie alle müssen etwas tun, um ihr Budget zu rechtfertigen. Manche Amerikaner, die etwas für ihr Land tun wollen, ‚kämpfen‘ lieber am Computer oder am Telefon als in der eisenhaltigen Luft Afghanistans. Ich kann es ihnen nicht verdenken.

Auch unsere Geheimdienste brüsten sich gerne mit ihrem Erfolg und ihrer Effizienz. Wie Leyendecker und Obermaier in der Süddeutschen Zeitung schrieben, war es der  Bundesnachrichtendienst (BND), der als erster Dienst ein Telefonat Osama bin Ladens abfing, in dem sich dieser zu den Anschlägen auf das World Trade Center bekannte. Der BND habe damals zu den drei oder vier besten Diensten der Welt gehört. Heute sei es an der Spitze der elektronischen Aufklärer ziemlich unübersichtlich geworden. Befragt, ob sie bezüglich der Abhörmaßnahmen der Engländer im Bilde sei, antwortete die Bundesjustizministerin Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) am 6.7.2013 mit verblüffender Offenheit. Sie habe dieser Tage beim britischen Innenminister nachgefragt, ob alles rechtens sei, was er mache. Hier die Antwort der liberalen Bürgerrechtsvorkämpferin: ‘Er hat leider nur geantwortet, die Rechtsgrundlage sei da und alles geschehe nach Recht und Gesetz. Über die britische Praxis verliert er kein Wort.‘ Warum sollte er auch, vor allem am Telefon oder in der diplomatischen Post.

Wir werden noch einige Zeit benötigen, ehe wir wieder die richtige Balance zwischen Freiheit und Sicherheit gefunden haben. Jede Technologie verlangt, dass die Gewichte neu festgelegt werden. Im Zweifelsfalle halte ich es für besser, sich in Richtung übertriebener Sicherheit zu irren als in Richtung falsch verstandener Freiheit. Verbrecher und politische Extremisten können wir nicht ignorieren. Sie nutzen die beste Technik, die ihnen hilft. Am Geld mangelt es ihnen meistens nicht. Generell ist es als Illusion anzusehen, den Menschen verbessern zu wollen. Es wird nicht gelingen, alle Islamisten zu frommen Muslimen zu machen oder alle Ganoven zu fleißigen Beamten. Wir müssen die Menschen so akzeptieren, wie sie sind. Es gehört eine gewisse Lebenserfahrung dazu, dies einzusehen.

Ein Wort noch zu meinen Fachkollegen. Informatikerinnen und Informatiker, die sich über die Schnüffeltätigkeit der Geheimdienste aufregen, beweisen ihre Naivität bzw. ihre fachliche Unbedarftheit. Jeder Informatiker und Ingenieur weiß, dass man keinen Zugang zu einem Rechner haben muss, um seine Eingabe zu erfassen oder seinen Datenverkehr. Kaum jemand besitzt Rechner, die gegen Abstrahlung gesichert sind. Wenn man Nachrichtendienste haben will, muss man ihnen auch erlauben zu arbeiten und die bestmögliche Technik zu benutzen. Alles andere ist Schizophrenie. Informatik gehört halt zu den Technologien, für die eine duale Nutzung nicht auszuschließen ist. Dual heißt hier, sowohl zum Vorteil wie zum Schaden.

Wenn einmal jemand Informatik nicht in der Weise einsetzt, dass nur Gutes herauskommt, ist dies noch kein Grund, aus der Technik auszusteigen. Das gilt auch, wenn demokratisch gewählte Regierungen dies tun. Informatikerinnen und Informatiker sollten weiter den Nutzen ihrer Technik betonen, ohne den Schaden zu verheimlichen. Es wurden bisher viele Millionen in die Sicherheitsforschung investiert. Obwohl es schwer ist, hierfür den Ertrag nachzuweisen, wäre es fatal, würde man die Bemühungen jetzt reduzieren. Jeder Fall enthält neue Lehren. Diese zu erkennen und dem Fachwissen, das weitervermittelt wird, hinzufügen, ist das Gebot der Stunde.

Wie das Drama Snowden enden wird, ist noch völlig offen. Zurzeit bieten Nicaragua und Venezuela Asyl an. Wie er sich entscheiden wird, ist unklar. Ob er von den weltweiten Sympathisanten die Unterstützung bekommt, die er benötigt und erhofft, ist ebenfalls fraglich. Wer auf jeden Fall gewinnen kann, ist das Fachgebiet Informatik und die Gesellschaft allgemein  ̶  vorausgesetzt, man ist bereit zu lernen.

Nachtrag vom 8.7.2013:

Mit Interesse lese ich nicht nur viele Essays zum Falle Snowden, sondern auch viele Lesermeinungen. Das Netz quillt geradezu über davon. Abgesehen davon, dass jetzt die Mäuse frohlocken, weil die Katzen eins auf die Nase kriegen, überwiegen bei den Kommentatoren die Anhänger Ronald Reagans (‚Government is not the solution; government is the problem'). Lange sah es so aus, als ob die Liberalen auf dem Rückzug seien, jetzt bekommen sie tröstlichen Zuspruch von Leuten, von denen sie es nicht erwartet hatten. Plötzlich ist Deutschlands Jugend nicht mehr für den starken und vorsorgenden Staat.

Außer mir zweifelt übrigens noch jemand an der Unwissenheit unserer Politiker. Es ist der Historiker Josef Foschepohl, Autor des Buches ‚Überwachtes Deutschland‘ von 2012. Er zitiert eine geheime Verwaltungsvereinbarung von 1968, also aus der Zeit von Kanzler Kurt Georg Kiesinger, die unsere Geheimdienste verpflichtet, mit den Partnerdiensten der drei Westalliierten zusammenzuarbeiten. Auf Anfrage eines Abgeordneten habe die Bundesregierung noch vor kurzem geantwortet: ‚Die Vereinbarungen sind noch in Kraft, haben jedoch praktisch keine Bedeutung mehr‘. Die im Nachsatz enthaltene Bewertung ist natürlich eine reine Ermessenssache. Wie Kanzlerin Merkel inzwischen sagt, ist Alles nur eine Frage der Verhältnismäßigkeit. Zuviel Überwachung ist schlecht, zu wenig auch. Wer was macht, ist sekundär.    

Nachtrag vom 13.7.2013

Snowden hat sich entschlossen Putins Bedingungen zu akzeptieren und in Russland zu bleiben. Bekanntlich hatte Putin verlangt, dass Snowden aufhören müsse, den USA zu schaden. Was das genau bedeutet, darüber darf gerätselt werden. Jedenfalls wird Putin mal wieder zum Verhandlungspartner der USA. Der ist diesen wahrscheinlich lieber als Morales (Bolivien), Ortega (Nicaragua) oder Maduro (Venezuela).

Es ist beeindruckend, was unsere Presse plötzlich über die Geheimdienste der Welt zu berichten weiß. Es fiel ihr plötzlich ein, dass vor einem Geheimdienst immer nur die Bürgerrechte von Bürgern desjenigen Landes geschützt sind, von dem ein Geheimdienst bezahlt wird. Deutlicher lässt sich die Formel ‚Geld regiert die Welt‘ nicht veranschaulichen. Wenn jetzt einigen Leuten ein Licht aufgeht und einige damit zusammenhängende Vorstellungen jetzt wie Lebenslügen erscheinen, dann hat Snowden schon Gutes bewirkt. Manche Leute belügen sich zu gerne selbst.

Nachtrag am 16.7.2013

Manchmal ist es erhellend, was Außenstehende zu dem Sommertheater sagen, das derzeit in Deutschland aufgeführt wird. Die Neue Zürcher Zeitung (NZZ) vom 15.7. drückte es so aus:

Zu konstatieren ist, dass die Welt nicht so ist, wie sie sein sollte, und dass daran nichts zu ändern ist, trotz deutschen Gesetzen und Mängelrügen. …. Sicher hat die Opposition recht, wenn sie sagt, Friedrich sei rüde abgespeist worden. Nur glaubt ihr kein Mensch, wenn sie unterstellt, ihr selber wäre Besseres widerfahren.

Wenn der SPD-Kandidat jetzt behauptet, dass die Kanzlerin ihren Amtseid gebrochen habe, kann das genauso zum Bumerang werden wie seinerzeit die Höhe des Kanzlerinnengehalts. Es muss nur jemand nachweisen, dass SPD-Kanzler vor Merkel über genau dieselbe Information bezüglich der Tätigkeit der NSA verfügten. Es ist schon eine sehr legalistische Auffassung, Informationen, die Leben retten können, nicht zu nutzen, wenn sie nicht aus deutschen Quellen stammen. Oppositionsparteien mögen von mir aus dieses Prinzip vertreten, aber bitte nur so lange sie in Opposition sind.

NB: Für fachliche Fragen, was die Informatik in der Situation beitragen kann, habe ich einen weiteren Eintrag eröffnet.

Montag, 1. Juli 2013

Die 30 Monate dieses Blogs – statistisch gesehen

Die junge Tradition fortsetzend bringe ich heute wieder einige Statistiken zu diesem Blog. Wie in der Vergangenheit so gebe ich im Folgenden einen Auszug für das letzte Halbjahr, zusammen mit einigen Erklärungen, die mir plausibel erschienen. Die Daten basieren auf dem Stand von 30.6.2013.

Besucherzahlen und Herkunft

Die Zahl der Besucher (Seitenaufrufe) des Blogs stieg weiter. Diese Zahl hat sich von 15.328 im zweiten Halbjahr 2012 auf 19.151 im ersten Halbjahr 2013 erhöht. Das sind noch rund 25% mehr. Insgesamt stieg die Zahl der bisherigen Besucher von 34.708 auf 53.859. In den letzten Monaten hatten wir täglich über 100 Besucher, im Schnitt etwa 3.200 pro Monat.



Besucher und deren Herkunft

Die Verteilung der Leser auf Länder hat sich, was die ersten zehn Länder anbetrifft, stabilisiert. Die USA, Irland, Russland und die Ukraine haben weiter kräftig zugelegt. Das größte Wachstum erfolgte in Irland, Russland und der Ukraine. Die Gesamtzahl der Leser aus den nicht benannten Ländern ist von 2.727 auf 4.398 gewachsen. Das ist fast eine Verdopplung. Immer wieder wundert es mich, wo in der Welt plötzlich ein Leser auftaucht. Chile, China, Lettland, Niederlande und Kasachstan fielen mir in einer der letzten Wochen auf. Es würde mich nicht wundern, wenn Bertals Blog zu einem Organ der Vereinten Nationen aufgewertet würde.

Themen und ihre Beliebtheit

Bei den Themen haben sich die zwei Spitzenreiter der Vergangenheit weiter verbessert. Deren Zugriffszahlen erhöhen sich auch jetzt noch laufend. Sie stellen echte Renner dar. Auf den Plätzen dahinter gibt es laufend Änderungen. Große Anerkennung finden weiterhin meine Tipps zur Berufswahl, zur Industrie-Praxis und zur Lebensführung. Alles, was ich im Hinblick auf meine Enkel geschrieben habe, wird auch von andern Menschen als nützlich angesehen. Sogar meine historischen Essays sind weiter auf dem Vormarsch. Inzwischen haben es fünf von ihnen unter die ersten 20 geschafft. Das hatte ich nicht erwartet. Auch meine Berichte über Auslandsaufenthalte finden Anklang. Dabei liegt New York vor Nizza. 

In allen diesen Fällen bietet dieser Blog offensichtlich originelle Informationen aus erster Hand, die es in dieser Form anderswo kaum gibt. Diese Information hat auch kein Verfalldatum. Ihr Wert nimmt im Laufe der Zeit eher zu als ab. Das Medium Internet kommt dem sehr entgegen. Wer etwas Bestimmtes sucht, wird per Google oder Bing fündig, unabhängig vom Erscheinungsdatum. Vielleicht gibt es auch Mund-zu-Mund-Werbung.


Spitzenreiter nach Themen

Hartmut Wedekind hat mit dem ‚Billionen-Poker‘ besser gepunktet als mit allen fachlichen oder kulturellen Beiträgen, die er lieferte. Meine fachlichen Sticheleien über die Rolle der Abstraktion in der Informatik scheinen zumindest Neugier zu wecken. Einer von drei Beiträgen zu diesem Thema hat es innerhalb eines Quartals von Null auf Platz 16 geschafft. Eine breite Diskussion haben meine Beiträge leider nicht hervorgerufen. Man will jedoch gerne wissen, was ich zur Geschichte von Mathematik und Geometrie zu sagen habe. 

Die Gedanken zu Karl Popper, die Hans Diel und Peter Hiemann Anfang letzten Jahres zu Papier brachten, haben im letzten Halbjahr fast 100 neue Leser gewonnen. Für Fragen der Biologie hat man uns als Quelle noch nicht so richtig entdeckt. Es kann noch werden. Von allen Beiträgen, die sich mit einzelnen Fachkollegen befassten, fanden meine Worte zu Karl Ganzhorns 90. Geburtstag nicht nachlassende Aufmerksamkeit. Das freut mich besonders. Ganzhorn hat vor über 50 Jahren das Böblinger Labor der IBM gegründet.


 Zugriffshäufigkeit aller Beiträge

Die Zugriffshäufigkeit aller 264 Beiträge zeigt weiterhin den bekannten langen Schwanz (engl. long tail). Die oben zitierten Spitzenreiter sind als Zacken gut zu erkennen. Die durchschnittliche Zugriffhäufigkeit liegt inzwischen bei 126,5 Seitenaufrufen, der niedrigste Wert bei 18.

Kommentare und Feedback

Was Kommentare anbetrifft, so hat sich die Aktivität in diesem Jahr etwas belebt. Die 37 Beiträge zogen bis jetzt 63 Kommentare an. Das sind 1,7 Kommentare pro Beitrag. Ein einzelner Beitrag im letzten Monat bekam sogar acht Kommentare. Das muss an dem Thema gelegen haben, nämlich der Informatik in allgemeinbildenden Schulen. Sogar mein 16-jähriger Enkel äußerte sich. Zu den Kommentaren hinzurechnen muss ich einige der Nachträge, die aus Formatgründen nicht als Kommentar sondern als Ergänzung des ursprünglichen Textes veröffentlicht wurden.

Am meisten Feedback bekomme ich immer noch von Freunden und Kollegen. Diese wohnen in Deutschland, Europa oder den USA. Einen Sonderfall bildete ein Kommentator, der offensichtlich aus Hyderabad in Indien stammt. Zu meinem Beitrag vom 30.7.2011 über das Buch von Ian Morris schrieb jemand fast zwei Jahre später, und zwar am 12.3.2013, kurz und bündig:

Nice post, thanks!

Auch das erfreut eines Bloggers Herz. Da der Link zur Homepage einer Firma angegeben wurde, darf ich mich sogar revanchieren und für ihre Produkte werben. Sie stellt Blister-Folien her und beliefert vermutlich unsere Pharma-Industrie. Ich stieß rein zufällig auf diesen Kommentar. Schön wäre es, ich wüsste wie man erfährt, was sich an dem im Netz verfügbaren Material so tut.

Nochmals vielen Dank allen Beitragenden, allen Lesern und allen Kommentatoren.