Spanien und Portugal waren immer wieder das Ziel unserer Reisen. Meist
waren es zwei- oder dreiwöchige Urlaubsreisen. Meine Frau und ich unternahmen
diese Reisen teils zu zweit, teils mit Kindern. Einmal brachte mich auch eine Dienstreise
nach Sevilla. Nachfolgend bringe ich Auszüge aus meinen Reiseberichten. Dieser
Teil umfasst im Original rund 60 Seiten mit über 100 Bildern. Alle meine Reiseberichte
sind auf der im Eigenverlag erstellten CD enthalten, die ich im Jahre 2009 im Familien-
und Freundeskreis verteilte. Ihr Titel lautet: Gunst und Kunst des Reisens. Näheres finden Sie auf meiner Homepage in der Sektion Media.
Costa Brava und Madrid (1961)
Im Jahr vor unsere Hochzeit unternahmen meine spätere Frau und ich eine
erste Autoreise nach Spanien. Von Frankreich aus führte sie zunächst nach
Lloret del Mar an der Costa Brava. Wir arbeiteten beide damals in Düsseldorf.
Rambla in Barcelona
In Barcelona bummelten wir über die Rambla, die Prachtstraße der Stadt,
und sahen anschließend einen Stierkampf. Über Valencia, wo wir im lauwarmen
Meerwasser badeten, fuhren wir nach Madrid. Wir besichtigten den Prado und aßen
im Freien abends an der Puerta del Sol. Von Madrid ging es nach Westen über die
Sierra de Guadarama. Hier lief der Motor meines Ford 12M heiß. Wir mussten eine
Pause einlegen.
Erfrischung aus Tonkrug
Über Avila und Saragossa ging es weiter. Einige Tage verbrachten wir
in dem baskischen Städtchen Lekeitio, unweit von San Sebastian, und beobachteten
die Fischerboote nach ihrer Rückkehr vom Meer und besuchten einen Pelota-Wettkampf.
In Biarritz konnten wir wieder im Meer baden und abends Hummer essen. Über Poitiers
und Orleans ging es, Paris umgehend, zurück nach Düsseldorf.
Ansicht von Avila
Sonneninsel Mallorca (August 1969)
Unser erster und einziger Urlaub auf Mallorca führte uns nach Cala
Rajada. Das liegt im Nordosten der Insel. Vom Flughafen in Palma de Mallorca
wurden wir mit einem Bus quer über die ganze Insel gebracht. Über 20 Busse
standen damals am Flughafen bereit, um Touristen in Empfang zu nehmen. Während
unsere beiden ältesten Kinder sich sofort im Meerwasser und Schwimmbecken wohl
fühlten, musste unsere jüngste Tochter erst dazu überredet werden, überhaupt
ins Wasser zu gehen.
Hotelstrand in Cala Rajada
Von allen Familienurlauben war dies der einzige, den ich aus
Firmengründen unterbrechen musste. Ich erhielt nämlich eine Einladung, oder
besser gesagt eine Aufforderung, zu einer wichtigen Veranstaltung nach La Gaude
bei Nizza zu kommen. Wir mieteten ein Auto, mit dem meine Frau mich zum
Flugplatz brachte. Da wir die Fahrzeit unterschätzt hatten, kamen wir erst nach
Abflug meines Fluges an. „No Show“ sagte die Fluglinie und ich musste einen
neuen Flugschein kaufen für einen späteren Flug. Damit kam ich zwar nach
Barcelona, hatte aber keinen Anschlussflug mehr nach Nizza. Deshalb fuhr ich
die Strecke von Barcelona nach Nizza per Bahn. Das Ergebnis war, dass ich
praktisch erst am nächsten Morgen ankam. Völlig übernächtigt ging ich zu der
Veranstaltung im IBM Labor in La Gaude. Es handelte sich dabei um die später
als historisch angesehene Ankündigung, dass IBM in Zukunft ihre Software getrennt
von ihrer Hardware (engl. unbundled) anbieten würde. Nur noch eine Nacht und
einen Vormittag konnte ich anschließend in einem der schönsten und teuersten
Hotels der Côte d’Azur verbringen, dem Eden Roc in Cap Antibes.
Wasserfreuden der beiden altesten Kinder
Auf Mallorca erinnere mich noch an Bootsfahrten entlang der Küste und
den Besuch einer Felsgrotte, die wir per Boot durchfuhren.
Torremolinos und die Costa del Sol (Sommer 1973)
Den ersten Familienurlaub auf dem spanischen Festland verbrachten wir
in Torremolines an der Costa del Sol. Unser Hotel lag in dem kleinen Ort Fuengirola.
Es hatte einen herrlichen Strand, sowie einen Dachgarten mit Schwimmbecken. Wir
haben beides sehr genossen.
Hotel Olimpio in Fuegorola
Für unsere Kinder war immer etwas los. Das Schwimmbecken auf dem Dach
verführte dazu, die Kopfsprung-Technik zu verbessern. Unsere älteste Tochter
hätte dabei jeden Wettbewerb gewonnen. Ich machte einen einzigen Kopfsprung und kam dabei
unten auf. Unser 8-jähriger Sohn hatte einen Versandhaus-Katalog dabei, den er
laufend studierte. Ihm gefiel die Hitze gar nicht. Er träumte lieber von Schnee
und Weihnachten. Er suchte im Katalog die Geschenke aus, die er haben wollte,
und quälte uns damit.
Wir machten einen Ganztagesausflug nach Granada. Wir besuchten das Grab
der katholischen Könige (Ferdinand und Isabella) in der Kathedrale, die
Zigeunerstadt und die Alhambra, die hinterlassene Residenz des letzten
nasridischen Sultans. Am Ende des Besuches herrschte große Aufregung. Unsere
jüngste Tochter war verschwunden. Nach langem Suchen fanden wir sie am Bus
einer anderen deutschen Reisegruppe.
Unsere Busfahrt nach Malaga wurde zum Fiasko. Bei der Rückfahrt stiegen
wir zwei Kilometer zu früh aus und mussten diese Strecke im Gänsemarsch in
Badelatschen zurücklegen. Die Landstraße besaß nämlich keinen Bürgersteig. Den
Ausflug nach Marbella unternahmen wir daher im Mietwagen. Wir sahen mehrere
schöne Hotelanlagen am Strand, eine ganz in Weiß gehaltene Innenstadt und
schneeweiße Dörfer im Hinterland.
Costa Brava und Barcelona (Sommer 1981)
Diese Spanienreise unternahmen wir im Autozug. Wir fuhren bis
Karlsruhe, verluden unser Auto auf einen Zug und nahmen es in Narbonne in
Südfrankreich wieder in Empfang. Die Costa Brava ist zwar auch sehr auf
deutsche Touristen eingestellt, hat aber vorwiegend Steilküsten und nur einige
Sandbuchten. Hier ließ sich die ganze Familie in der Sonne braten.
Uferpartie in Lloret de Mar
Für Abwechslung sorgte diesmal ein Besuch der Stadt Barcelona mit der
Kirche der hl. Familie des Architekten Gaudi sowie der obligate Besuch eines
Stierkampfs. Das Schauspiel, das hier für mehrere Stunden geboten wurde, war
befremdlich und faszinierend zugleich. Unser Bedarf für diese spanische
Spezialität war damit für alle späteren Spanienbesuche gedeckt.
Stierkampf-Finale in Barcelona
Andalusien und Algarve (Mai 1984)
Im Frühjahr 1984 wurde ich eingeladen, bei einer IBM-Veranstaltung in
Sevilla einen Vortrag zu halten. Ich hielt ihn auf Englisch. Er wurde simultan
in Deutsch, Französisch und Spanisch übersetzt. Ich bat meine Frau, die mich
begleitete, sich die deutsche Version anzuhören. Sie meinte danach, dass die
nicht englisch sprechenden Zuhörer wohl wenig von meinem Vortrag gehabt hätten.
Zu meiner Entlastung kann ich nur vorbringen, dass einige der anderen Zuhörer
vermutlich dem Thema des Vortrags näher standen als meine Frau.
Jedenfalls war der Vortrag Anlass genug, schon mal im Frühjahr Urlaub
in Andalusien und der portugiesischen Mittelmeerküste, der Algarve, zu machen. Obwohl Sevilla als Stadt immer sehr attraktiv ist, kam dieses Mal
hinzu, dass unser Besuch noch in die Zeit des Frühlingsfestes (Feria de Abril)
fiel. Im Stadtteil Triana gab es einen großen Festplatz mit Verkaufsständen und
Zelten. Hier herrschte den ganzen Tag über Trubel. In fast allen Zelten wurde
gegessen und musiziert. Sehr oft wurde auch getanzt. Für einen Fotografen boten sich die herrlichsten Motive. Dazu gehörten vor allem die vielen jungen Mädchen in ihrer andalusischen Tracht. Aber auch die Männer zeigten sich von ihrer besten Seite, besonders wenn sie zu Pferde ritten.
Andalusisches Paar bei Feria da Abril
Mit einem Mietwagen machten wir zunächst einen Ausflug nach Cordoba und
Ronda, ehe wir in Richtung Portugal fuhren. Cordoba war einst der Hauptsitz der
westarabischen Kalifen. Nach der Reconquista wurde ihre große Moschee in eine
christliche Kathedrale umgewandelt. Die Arena von Ronda gilt als die älteste
Stierkampfarena in Spanien. Die Stadt selbst war im Mittelalter zweigeteilt in
einen arabischen und christlichen Stadtteil.
Auf dem Weg nach Westen machten wir Station in Jerez de la Frontera und
Cadiz. Jerez ist eine Stadt, die sich auf die Produktion eines einzigen Getränks
spezialisiert hat (so wie Cognac in Frankreich). Alle bekannten Marken haben
hier ihre Kellereien. Cadiz ist eine Gründung der Phönizier, die von hier aus
einst ihren Handel zu den britischen Inseln betrieben. Vor Cadiz fiel uns
damals der große Flughafen der Amerikaner in Rota auf.
Im Keller von Tio Pepe in Jerez
Ein besonderes Vergnügen war es für mich, nach Palos de la Frontera zu
gelangen. Von hier aus trat Christoph Columbus am 3.8.1492 seine Reise in
westlicher Richtung nach Indien an, in deren Verlauf er Amerika entdeckte. Er
kam am 15.3.1493 auch hierher zurück. In der Kirche des hl. Georgs wurden er
und seine Begleiter verabschiedet. Seine Kinder übergab er der Obhut der Mönche
des nahen Klosters von Rabida.
Hafen von Palos de la Frontera
Etwas gespannt waren wir, ob es uns ohne Schwierigkeiten gelingen
würde, mit einem in Spanien gemieteten Auto über die portugiesische Grenze zu
gelangen. Mit einer Fähre setzten wir über den Grenzfluss. Kein Mensch
interessierte sich für unser Auto.
Über Faro gelangten wir nach Albufeira.. Der Ort liegt leicht erhöht
über einem breiten flachen Küstenstreifen. Unser Hotel lag direkt über dem
Strand. Das einzige, was uns störte, war eine Gruppe von Engländern, die sich
direkt vor unserem Hotel am Strand eingerichtet hatten. Sie tranken schon
vormittags Bier. Da wir uns von ihrem Treiben nicht anstecken ließen, bekamen
wir zu hören, dass Deutsche selbst im Urlaub ernst bleiben würden. Bei einem
Ausflug an der Algarve entlang nach Westen gelangten wir in Orte, die an die
große Zeit portugiesischer Seefahrer erinnern.
Heinrich der Seefahrer in
Lagos
Von hier starteten die Schiffe, die Anfang des 15. Jahrhunderts die
Westküste Afrikas erkundeten. Hier nahm der Sklavenhandel seinen Anfang. In
diesem Teil der Küste stießen wir auch auf die Felsformationen, für die diese
Küste berühmt ist.
Portugal von Norden aus (August
1995)
Für diese Reise flogen meine Frau und ich von München über Frankfurt
nach Porto. Wir hatten einen Mietwagen am Flugplatz und ein Hotel am Strand
reserviert. Während der ersten Urlaubswoche besuchten wir außer Porto noch die
beiden Städte Braga und Guimaraes. In der zweiten Woche fuhren wir Richtung
Süden.
Strand von Povoa de Varzim
Im Badeort Povoa de Varzim, wo
wir die erste Woche verbrachten, war an der Strandbestuhlung gut zu erkennen, dass
hier sowohl Schutz gegen Sonne wie gegen Wind gewünscht war. Obwohl primär auf
Touristen ausgerichtet, hatte der Ort ein Fußball-Stadium und eine
Stierkampf-Arena. Die Stadt Braga soll 300 v.Chr. von den Kelten gegründet
worden sein. Unter römischer Herrschaft hieß sie Bracara Augusta. Seit der Zeit
der Westgoten ist Braga ein Bischofssitz. Außerdem hat sie eine Universität.
Porto ist nach Lissabon zweitgrößte Stadt des Landes. Die Stadt ist der
Namensgeber für das ganze Land geworden (portus cale, lat., ruhiger Hafen). Die
Siedlungsstätte am Douro-Fluß war bereits in der Spätbronzezeit (8. Jh. v.
Chr.) gegründet worden. Das Stadtbild wird geprägt von der eisernen Brücke, die
1877 von Gustave Eiffel als Eisenbahnbrücke entworfen und gebaut wurde. In einem Kaffee in der Altstadt (Cafe Majestic) bewunderten wir die Ausstattung im Jugendstil.
Brücke über den Duoro bei Porto
Coimbra ist eine der ältesten Universitäten Europas. Ihre barocke
Bibliothek gehört zu den schönsten der Welt. Der goldene Beschlag der
Buchregale entstand zu der Zeit, als Portugals Könige auch über Brasilien
herrschten. Der Name Coimbra stammt von der römischen Stadt Conimbriga, deren
Ruinen sorgfältig restauriert wurden.
Universitätsbibliothek von Coimbra
Fátima ist der
wichtigste Wallfahrtsort in Portugal und einer der wichtigsten der Römisch-Katholischen
Kirche. Den arabischen Namen erhielt der Ort aufgrund einer Legende, wonach
sich Fatima, die schöne Tochter eines maurischen Fürsten – ihrerseits benannt
nach der Tochter des Propheten Mohammed – im 12. Jahrhundert, aus Liebe zu
einem christlichen Ritter, habe taufen lassen und dort ihre letzte Ruhestätte
gefunden habe. Berichtet wird, dass 1917 drei Hirtenkinder auf einem freien
Feld eine Erscheinung der Jungfrau Maria erfahren haben. Im Jahre 1930 wurden
die Erscheinungen durch den Bischof als „glaubwürdig“
erklärt und die öffentliche Verehrung Unserer Lieben Frau von Fátima begann.
Heute kommen täglich Hunderte, an manchen Tagen auch Tausende von Pilgern
hierher.
Vor dem Heiligtum von Fatima
Wie ein riesiges Museum im Freien mutet dem Besucher das
mittelalterliche Städtchen Obidos an. Der Stadtkern ist gut erhalten und sieht
aus wie ein Ansichtskartenbild mit seinen gewundenen Gassen und weißgetünchten
Häusern. Im Jahre 1282 soll König Dinis seiner spanischen Braut, Isabel von
Aragon, das Städtchen als Hochzeitsgeschenk überreicht haben. Das Königsschloss
aus dem 15. Jahrhundert ist heute eine Pousada (staatliches Hotel), in der wir
übernachteten.
Das Kloster von Alcobaça ist ein Zisterzienserkloster und stammt aus
dem 12. Jahrhundert. Die heutige Fassade der Kirche ist ein Beispiel des
manuelinischen Barock. Er ist nach König Manuel I (1469-1521) benannt und
verbreitete sich in ganz Portugal seit dem 16. Jahrhundert. Hinter der Fassade befindet sich ein Gebäude im nüchternen gotischen
Stil des 12. Jahrhunderts mit einem doppelstöckigen Kreuzgang.
Setubal mit Castilo Sao Filipe
Die Stadt Setubal wird überragt von der Burg von São Filipe. An Maria
Himmelfahrt (15.8.) fuhren Hunderte von kleinen Fischerbooten in einer
Prozession entlang der Küste. Die
Gegend von Sintra ist übersät von einer Vielzahl von Palästen und hat
heute den Status eines Weltkulturerbes. In der Innenstadt liegt das wuchtige
Nationalschloss (Palácio Nacional), in dem die portugiesischen Könige seit dem
14. Jahrhundert den Sommer verbrachten.
Palacio da Pena in Sintra
Mehrere andere historische Gebäude liegen auf einer Anhöhe (Serra de
Sintra), so eine maurische Fluchtburg. Sehr auffallend ist jedoch der Palácio
de Pena. Dabei handelt es sich um ein Märchenschloss ähnlich wie
Neuschwanstein. Es vereinigt verschiedene historisierende Baustile
(Neorenaissance, Neogotik, Neo-Manuelinik und maurische Bauelemente). Im Innern
ist es überladen mit Stuckarbeiten und monumentalen Malereien. Gebaut wurde es
von Ferdinand von Sachsen-Coburg-Gotha, der 1836 Königin Maria II. geheiratet
hatte. Sein Baumeister (Baron von Eschwege) soll auch an dem Bau von
Neuschwanstein beteiligt gewesen sein.
Hieronymus-Kloster in Belem
Belem ist ein Vorort von Lissabon und liegt südwestlich der Kernstadt
am Fluss Tejo, der die Verbindung zum Meer bildet. Mit vollem Namen heißt der
Ort Santa Maria de Belém,
wobei Belem die portugiesische
Bezeichnung für Bethlehem ist. Hier liegen sowohl das Hieronymus-Kloster wie der
Turm von Belem. Letzter war ein Wachturm über dem Tejo-Fluss und diente dem
Schutz der Stadt Lissabon. Das Hieronymus-Kloster gilt als Meisterwerk der
manuelinischen Architektur und besitzt das Grab von Vasco da Gama und Luís de
Camões.
Grab Vasco da Gamas
Eine weitere Attraktion von Belem ist das Denkmal der Seefahrer. Es
wurde im Jahre 1960 zum 500-jährigen Todestag von Heinrich dem Seefahrer
errichtet. Es zeigt in lebensgroßen Figuren Könige, Poeten, Seeleuten und allen voran Heinrich den Seefahrer bei ihrem Aufbruch in die Neue Welt.
Lissabon (portugiesisch Lisboa) ist Hauptstadt und der Haupthafen des
Landes. Die Stadt zerfällt in klar getrennte Stadtteile.. Die Baixa
(Unterstadt) liegt direkt am Ufer des Tejo und wird vom Burgberg mit dem
Castelo de Sao Jorge, der Alfama und dem Hügel des Bairro Alto (Oberstadt) eingerahmt.
Blick in Richtung Tejo-Brücke
Lissabon erstreckt sich entlang des rechten Tejos-Ufers. Das
Stadtzentrum von Lissabon, die Baixa, liegt in dem im 18. Jahrhundert
errichteten Gebiet um Rossio. Östlich der Arkade Praça do Comércio liegen die
mittelalterlichen Viertel Alfama und Mouraria, gekrönt von dem herrlichen
Schloss St. Georg (Sao Jorge). Westlich davon liegen Bairro Alto und Madragoa
mit ihren typischen Gassen.
Das Erdbeben von 1755 hatte Lissabon fast
vollständig zerstört.. Es forderte fast 100.000 Todesopfern und gehört damit zu
den verhehrendsten Naturkatastrophen der europäischen Geschichte.
Wir gondelten durch die engen
Gassen der Stadt mit einer sehr altmodischen Straßenbahn. Dabei war die Abfahrt
entlang einer kurvenreichen Strecke besonders spannend. Auf den
Aussichtsplattformen Santa Lucia und San Vincente sahen wir nicht nur die Unterstadt
und die Alfama, sondern auch eine spezielle Kunstform, die man überall in
Portugal findet. Es sind dies die blauen Kacheln (Azuelas), mit denen ganze
Wände ausgefüllt sind. Diese hier stellt die Eroberung Lissabons im Jahre 1147
dar.
Azuelas an der Terrasse Santa Lucia
Dies geschah während des zweiten Kreuzzuges, als die Schiffe aus
Frankreich, England und Holland hier einen Zwischenstopp einlegten und dem
portugiesischen König zur Hilfe kamen. Für die Kreuzritter ergab die
anschließende Plünderung der von Arabern bewohnten Stadt eine reiche Beute. Das
portugiesische Königsreich dehnte sich danach bis zur Algarve aus. Dass
Schmierfinken sich an den Azuelas auslassen, ist ärgerlich. Allerdings besteht
die Hoffnung, dass diese Kacheln sich leichter abwaschen lassen als eine
Sandstein- oder Betonwand. Von Lissabon aus flogen wir zurück nach Deutschland.
Von Madrid nach Almeria (Sommer 2004)
Schon einmal hatten wir versucht, mit unserer ältesten Tochter und deren
Familie zusammen nach Spanien zu reisen. Doch dann ergab es sich, dass ich mich stattdessen ins Krankenhaus legte. Vier Jahre später holten wir die Idee nach.
Dieses Mal ging es von Madrid nach Almeria.
Unser Hotel lag in der Nähe des Bahnhofs Antocha. Dieser hatte durch die
Terror-Anschläge vom 11. März 2004 Berühmtheit erlangt. Die Bomben, die in den
Vortortzügen explodierten, hatten 192 Menschen getötet. Wir konnten keine
Spuren mehr sehen. Dafür bewunderten wir umso mehr die Wartehalle dieses
Bahnhofs. Zu diesem Zwecke hatte man den Jugendstilteil des Bahnhofs in einen
tropischen Park verwandelt.
Bahnhof Antocha in Madrid
Da wir den Prado bereits bei einem früheren Aufenthalt in Madrid
besucht hatten, lockten uns zwei andere
Musen an, das nach der Königin Sofia benannte und das Thyssen-Bornemisza. Das erstere liegt in dem Gebäude einer früheren Schule und besitzt als Hauptattraktion das Gemälde Guernica von Picasso. Das Thyssen liegt nicht weit davon entfernt in einem ehemaligen Stadtpalast. Sein Schwerpunkt ist die nicht-spanische und die moderne Malerei. Für die Sammlung der Baronin wurde ein Neubau hinzugefügt. Sehr bequem war die Stadtrundfahrt im offenen Oberdeck eines Busses.
Mit Toledo verbinden sich 2000 Jahre spanische Geschichte. Nach den Römern
kamen die Westgoten. Diese wurden 711 von Arabern besiegt. Um 1120 wurde Toledo
kastilisch und war die Hauptstadt Spaniens, bis Philipp II nach Madrid umzog.
Der Parador Conde de Orgaz liegt gegenüber der Stadt auf einem Hügel. Er bietet
eine unvergleichliche Ansicht der Stadt. Gotische Bauwerke gibt es keine mehr.
Dafür gibt es ein Museum für gotische Kunst in einer von Arabern gebauten Moschee.
An der Kathedrale bauten französische, holländische und deutsche
Bauleute. In der Sakristei hängen Bilder von El Greco, Tizian und anderen.
Ansonsten ist die Kathedrale eine lärmende Baustelle. In einem Nebenraum der
Iglesia Sao Tomé befindet sich das berühmteste Bild des Griechen Theodoropulos,
auch El Greco genant. Es ist das Begräbnis des Conde de Orgaz mit den
ausdrucksvollen Gesichtern seiner Zeitgenossen. In der ehemaligen Kirche Sao Marcos ist heute das Stadtmuseum. In Schaukästen und Filmen wird die Geschichte
der Stadt illustriert. Die Ausstellung belegt, warum die ganze Stadt zum
Weltkulturerbe wurde.
Der Alcazar
Sehr ins Auge fallen die Spuren der jüdischen Bevölkerung der Stadt.
In ihrem Viertel liegt nicht nur die zur Marienkirche (Santa Maria la Blanca)
umgebaute frühere Synagoge, sondern auch das Haus des griechischen Malers. In
der Synagoge el Transito ist ein Museum der sephardischen Juden. Es zeigt die
jüdische Geschichte in Spanien zwischen der Römerzeit und der Vertreibung im
Jahre 1492. Im Alcazar regierten einst die spanischen Könige. Im Kloster Santa
Cruz gibt es außer mehreren El Grecos auch eine Ausstellung von Kacheln
(Azuelas).
Santa Maria la Blanca (ehemalige Synagoge )
Im Kloster San Juan de los Reyes wollten die katholischen Könige
Ferdinand und Isabella ursprünglich begraben werden. Später entschlossen sie
sich für Granada.
In der Mancha denkt man an Don Quijote und Sancho Pansa. Wir fanden
nicht nur viele Denkmäler, die an sie erinnerten, sondern auch die berühmten
Windmühlen (in Campo de Criptana), gegen die Don Quijote gekämpft haben soll.
„Es un lugar de la Mancha“, so beginnt nicht nur das berühmte Werk von Miguel
de Cervantes, so werben auch mehrere Orte der Provinz im Internet. Als
Reisender lernt man vor allem eines: Die Mancha ist das größte zusammenhängende
Weinbaugebiet der Erde.
Diego de Almagro
Aus Almagro stammt Diego. Er war mit Pizarro in Peru, hat Chile
entdeckt und wurde von Pizzaros Sohn in Cusco geköpft. Der Ort gehörte einst
den Fuggern. Sie hatten das Recht, das Silbervorkommen der nahe gelegenen
Sierra Morena abzubauen. Heute gibt es noch ein Handelshaus der Fugger, einen
sehr schöner Hauptplatz (Plaza mayor) und viele Kirchen. Mit seinem
geschlossenen mittelalterlichen Ensemble gilt Almagro als das Rothenburg
Spaniens. Durch die Schlucht der bestraften Hunde (Desfiladero des
Depenoperros) und an Naves de Tolosa vorbei durchquerten wir die Sierra Morena.
Bald erreichen wir Ubeida.
Unser Parador ist in einem Stadtpalast aus dem 16. Jahrhundert. Einen
solch schönen Innenhof sahen wir zuletzt in Merida in Yucatan. Nach der Siesta
konnten wir die Erlöserkirche besuchen. Über der arabischen Mauer der Stadt
liegt das Hotel Blanquillo. Eindrucksvoller als das Essen war der Mondaufgang
über den gekämmten Bergen, d.h. den Oliven-Plantagen.
In Jaen denkt man an König Ferdinand als den Befreier von der arabischen
Herrschaft. In der Kathedrale der Stadt erinnern Gedenkplatten an über 100
Priester, die während des Bürgerkrieges ermordet wurden. Der Parador von Jaen
liegt in einer alten Festung über der Stadt. Auch hier überwältigt die
umgebende Landschaft.
Schloss Calahorra
Im Höhlenviertel (Barrio de Cuevas) von Guadix wohnen mehrere hundert
Zigeunerfamilien in Erdhöhlen. Diese sind teilweise recht komfortabel
eingerichtet. Sie sind im Sommer kühler und im Winter wärmer als einfache
überirdische Bauten. Ein Priester aus Jaen betrieb hier von 1890 bis 1920 eine
Schule mit Nähunterricht für die Einwohner des Viertels. Ein sehr bekanntes
Photomotiv in der Nähe ist das Schloss von Calahorra.
Almeria ist eine Hafenstadt an der südöstlichen Spitze Spaniens. Von
hier fahren Fährschiffe nach Oran in Algerien und nach der spanischen Enklave
Mellila. Die Araber hatten in Almeria die zweigrößte Festung Andalusiens nach
der Alhambra in Granada. Die Alcazaba ist sehr eindrucksvoll. Sie besteht aus
drei übereinander liegenden Festungen. Das daneben liegende Tal ist durch eine
Mauer geschützt.
Auf dem Jakobsweg (Mai 2005)
Unter den Wallfahrtszielen des Mittelalters hatten drei eine
herausragende Bedeutung: Jerusalem, Rom und Santiago de Compostela. Letzteres
Ziel liegt in der spanischen Provinz Galicien, im äußersten Westzipfel Europas.
Wegen der damaligen Reisemöglichkeiten bedeutete eine dieser drei Pilgerfahrten
für einen Mitteleuropäer, dass er sich für Monate von zuhause verabschieden
musste und erhebliche Risiken für sein Leben und seine Gesundheit einging. Oft
machte man deshalb vor einer solchen Reise sein Testament. Die Pilgerfahrt nach
Santiago hat eine besonders ausgeprägte Tradition. Hier wird das Grab des
Apostels Jakobus des Älteren verehrt. Nach seinem Märtyrertod im heiligen Land
soll der Legende nach sein Leichnam von seinen Anhängern in sein früheres
Missionsgebiet gebracht worden sein. Nach dem „Wiederauffinden“ des Grabes um
das Jahr 800, also zur Zeit Karls des Großen, zogen jedes Jahr auf festgelegten
Routen, dem so genannten Jakobsweg, Hunderttausende aus allen Teilen Europas
in die Nordwestecke Spaniens. Hier liegt auch das bekannte Kap Finisterre, das
im Altertum als das Ende der Welt galt. In der Folge von Reformation und
Aufklärung flaute das Pilgerwesen als Massen-Phänomen ab. In den letzten
Jahrzehnten hat das Interesse für eine Fuß- oder Radwanderung nach Santiago
wieder deutlich zugenommen.
In der Zeit vom 24. April bis 9. Mai 2005 haben wir
die historische Pilgerfahrt nach Santiago mit
Hilfe von modernen Verkehrsmitteln nachempfunden. Durch diverse Reiseführer
sowohl aus dem Mittelalter [2]
wie aus neuester Zeit [3,4]
waren wir gut vorbereitet. Sowohl in den Reiseführern des Mittelalters als auch in denen aus der
Neuzeit sind alle jene Orte, Flüsse und Landschaften beschrieben, die von
Franzosen, Deutschen und anderen Mitteleuropäern berührt werden, wenn sie nach
der Überquerung der Pyrenäen, zu Fuß oder zu Pferde, ihren Weg durch die
Provinzen Aragon, Navarra und Kastilien nehmen. Zur Abgrenzung der Wege, die
Spanier, Portugiesen oder zu Schiff anreisende Engländer nahmen, ist dies der
Franken- oder Franzosenweg.
Nach einem frühen Direktflug von Stuttgart nach Bilbao und einer kurzen Autofahrt erreichten wir mit Najera unseren ersten Ort am Frankenweg bereits im Laufe des Vormittags. Najera war einst die Hauptstadt des Königreichs Navarra und hier rief im Jahre 1218 Ferdinand III., der Heilige, sich nach seinem grandiosen Sieg über die Araber bei Las Navas de Tolosa zum König von Kastilien und León aus. Alsbald erkannten wir die ersten Pilger auf den Straßen, entdeckten die erste aus Messing gegossene Jakobsmuschel auf dem Gehweg und eine modern wirkende Pilgerherberge.
Santo Domingo de la Calzada
Der nächste geschichtsträchtige Ort in westlicher Richtung ist Santo Domingo de la Calzada. Dieser Ort wurde von dem Heiligen gleichen Namens gegründet und mit einer heute noch bestehenden Pilgerherberge ausgestattet. Bekannt ist der Ort auch wegen des von hier berichteten Hühnerwunders. Dies ist
eine der vielen Geschichten um den Jakobsweg und wert, erzählt zu werden. Als
einmal ein Ehepaar aus Xanten am Niederrhein mit ihrem herangewachsenen Sohn
durch den Ort pilgerten, machte eine einheimische Magd dem jungen Mann (der
wohl so aussah wie Jung-Siegfried, der ja auch aus Xanten kam) Offerten, die
dieser aber nicht erwiderte. Darauf verbarg das enttäuschte Frauenzimmer einen
silbernen Becher im Rucksack des Jungen. Sie zeigte ihn wegen Diebstahls an, er
wurde gefasst und zum Tode verurteilt.
Spanische Pilger auf dem Jakobsweg
Als auf der Rückreise die Eltern nach dem Grab suchten, fanden sie ihren Sohn noch lebend am Galgen hängen. Der hl. Jakob habe ihn die ganze Zeit hochgehalten, meinte er. Die Eltern gingen zum örtlichen Bischof, um ihn zu bitten, ihnen ihren Sohn zu überlassen. Dieser saß gerade bei Tische und hatte je einen gebratenen Hahn und eine gebratene Henne vor sich. „Eher fliegen diese davon, als dass ihr Sohn lebt“
meinte der Bischof. Als beide Tiere sich plötzlich durch das Fenster davonmachten,
blieb dem Bischof nichts anderes übrig, als den Jüngling vom Galgen zu nehmen.
Statt seiner wurde dann die Magd gehängt. Zur Erinnerung an dieses Wunder
werden heute noch ein lebender Hahn und eine lebende Henne in der Dorfkirche
gehalten. In diesem Ort begegneten wir mindestens 8-9 Pilgern, die einzeln oder
in Zweiergruppen, teils zu Fuß, teils per Fahrrad in Richtung Santiago
unterwegs waren.
Stadttor Santa Maria in Burgos
In Burgos werden alle Besucher von der mächtigen Kathedrale angelockt.
Sie ist ein Riesenbauwerk bestehend aus 27 verschiedenen Kapellen. Sie enthält
das Grab Ferdinand III. und seiner Frau Beatrix von Hohenstaufen, sowie das des
Rodrigo Diaz, genannt El Cid, des spanischen Nationalhelden. Er stammte aus
westgotischem Adel, ist in der Nähe von Burgos geboren und kämpfte mal für die
christliche, mal für die muselmanische Seite. Die Türme der Kathedrale aus dem
15. Jahrhundert gehen auf einen Kölner Baumeister (Juan de Colonia) zurück, der
die Pläne des Kölner Doms kannte. Von den erhaltenen Stadttoren ist Santa Maria
mit seinen Kaiserfiguren das eindrucksvollste. Sehenswert ist auch das Kloster
Las Huelvas am westlichen Stadtrand von Burgos. Weniger bekannt als Burgos,
aber nicht minder sehenswert ist das etwa 180 km westlich gelegene León.
Pilgerhospital St. Marcos in León
Es war einst römischer Legions-Stützpunkt und verfügt heute mit
Kathedrale und Isidor-Basilika über zwei monumentale kirchliche Bauwerke. In
der Kathedrale überraschen die riesigen bunten Glasfenster, die teilweise noch
in ihrer ursprünglichen Ausfertigung erhalten sind. In der Isidor-Basilika
liegt der bekannte Kirchenlehrer Isidor von Sevilla begraben. In einem
Nebenbau, dem Pantheon de los Reyes, stehen Steinsarkophage von 21 Königen und
23 Königinnen. In der Bibliothek der Isidor-Kirche gibt es einige sehr wertvolle
Handschriften, so die Kommentare zur Apokalypse von Beatus von Liébana aus dem
achten Jahrhundert. Dieses Buch spielt in Umberto Ecos Roman „Der Name der
Rose“ eine zentrale Rolle. Alle anderen Bauten Leóns in den Schatten stellt das
Pilgerhospital St. Marcos, heute als Parador genutzt. Es besitzt eine Fassade
in spanischem Barock, dem so genannten Plateresk-Stil. Dahinter befindet sich
heute ein modernes Hotel mit etwa 200 Zimmern.
Bischofspalast in Astorga
Ähnlich wie man sich über die amerikanische Prärie den Rocky Mountains
nähert, so ragen über der kastilischen Hochebene die kantabrischen Kordilleren
auf. An ihrem Fuße liegt die Stadt Astorga. Hier hat der berühmte Architekt
Antonio Gaudi mit dem 1913 fertig gestellten Bischofspalast ein kurioses
Denkmal hinterlassen. Das Gebäude erinnert an ein Loire-Schloss und könnte aus
dem Stundenbuch des Duc de Berry entnommen sein. Die darin gezeigte Ausstellung
über den Jakobsweg ist interessant.
Über Pässe, die im Winter nur schwerlich passierbar waren, zogen die
Pilger weiter nach Westen. Wir benutzten jedoch die Autobahn und waren in einer
guten halben Stunde in Ponferrada, der nächsten größeren Stadt am Jakobsweg.
Sie ist nach einer eisernen Brücke benannt, die einst über den Fluss Sil
führte. Überragt wird die Stadt von der düster wirkenden Templerburg, die den
gesamten Osthang des Flusses einnimmt. Diese Burg spielt eine besondere Rolle
in Paulo Coelhos mystischem Reisebericht [1]
über den Jakobsweg.
Etwa 50 km in südwestlicher Richtung liegt eine Art von Mondlandschaft,
Las Medulas genannt. Hier wurde seit der Römerzeit im Tagebau Gold gewonnen. Um
das Gestein zu lockern, setzten die römischen Ingenieure große Mengen von
Wasser ein, das sie mittels Aquadukten vom oberen Lauf des Duero über 100 km
weit herbeischafften. Die Landschaft erinnert an Arizona.
Endlich in Santiago angekommen, suchten wir, so wie vermutlich alle
Pilger vor uns, als Erstes die Kathedrale mit dem Apostelgrab auf. Die Türme
der Kathedrale sind weit sichtbar und bestimmen ähnlich wie in Burgos das
Stadtbild. Dieses Bauwerk hat im Laufe seiner über tausendjährigen Geschichte
viele Wandlungen erfahren und ist von vielen Menschen besucht worden. Neben dem
Petersdom in Rom ist die Kathedrale von Santiago zweifellos eines der
imposantesten Bauwerke der Christenheit. Nicht nur seine Größe ist
überwältigend, auch die stilistische Einheit und viele Details sind
ungewöhnlich. Von besonders hoher Qualität sind die Steinmetz-Arbeiten an den
beiden Hauptportalen.
Während an der Westseite, zum Plaza Obradoira hin, die barocke Fassade
das dahinter liegende romanische Tympanon verdeckt, ist dieses an der Ostseite,
der Porta de las Platerias, frei sichtbar und in gutem Zustand. Einmalig ist
das geschlossene bauliche Ensemble bestehend aus der Kathedrale und den zwei
großen, nach allen vier Seiten abgeschlossenen Plätzen. Im Osten ist dies der
Plaza Quintana, im Westen der Plaza Obradoiro. Letzterer Name (Goldene Werke)
rührt daher, dass diese Fassade im Abendlicht in goldenem Glanz erscheint.
Das angebliche Jakobsgrab
Das Apostelgrab befindet sich in einer Krypta unter dem Hauptaltar.
Täglich um 12 Uhr findet eine Messe für Pilger statt. Als wir am Sonntag, den
1. Mai, die Pilgermesse besuchen wollten, fanden wir kaum Platz. Zu Beginn der
Messe wurden alle Pilgergruppen begrüßt. An diesem Tage waren neben spanischen
und portugiesischen, mehrere französische, deutsche, italienische und sogar
US-amerikanische Gruppen anwesend. Die in Spanisch gehaltene Predigt war zwar
temperamentvoll, aber für uns leider nicht verständlich.
Pilgermesse (mit Botafumeiro)
Bei der abschließenden Weihrauch-Zeremonie war der Ausdruck des
Erstaunens unüberhörbar. Von sechs Männern gezogen wurde der etwa 50 Kilo
schwere Kessel (Botafumeiro genannt) durch das ganze Querschiff geschleudert
und änderte jedes Mal nur kurz vor der Hallendecke seine Richtung. Eine
Darstellungsform des hl. Jakobus, die uns immer wieder begegnete, ist die des
Maurentöters (spanisch: Matamoros). Diese Vorstellung knüpft an einer Legende
an, wonach Jakobus in einer entscheidenden Schlacht gegen die Muselmanen den
Christen tatkräftig zu Hilfe kam.
Obwohl früh in der Jahreszeit, war die Stadt Santiago von Pilgern und
anderen Besuchern durchaus belebt. Das Souvenir-Geschäft hielt sich in Grenzen.
Die Sauberkeit von Straßen und Plätzen war wohltuend. Das Angebot an guten
Restaurants ist reichlich. Neben verschiedenen anderen Kirchen bietet die Stadt
mehrere sehr interessante Museen an. Direkt neben der Kathedrale sind Kreuzgang
und Schatzkammer besonders zu empfehlen. Sehr gut gefallen hat uns das von der
Kathedrale nicht sehr weit entfernte Pilgerschafts-Museum. In ihm werden
mehrere Aspekte des Pilgerwesens durch Exponate und Filme veranschaulicht.
Gerade gab es eine Sonderausstellung über indianische Pilgerriten in den
Anden. Auch sind mittelalterlichen Reisebeschreibungen mit Bildern und Texten
ausgestellt.
Die Städte wie La Coruna, Oviedo and Gijon, die alle zur Biskaya hin
liegen, haben relativ wenig zu bieten, was historische oder künstlerische
Ansprüche erfüllt. Deshalb ist ein Reisender froh, dass es gut ausgebaute
Autostraßen gibt, die einen schnell nach Santander oder Bilbao bringen.
Höhlenzeichnung in Altamira
In der
Nähe von Santander gibt es eine Attraktion, die man nicht übersehen sollte. Es
ist die Höhle von Altamira bei Santillana. Hier haben vor etwa 14.000 Jahren
eiszeitliche Jäger ihre Jagdobjekte verewigt. Die Büffel, Wildschweine, Pferde
und Hirschkühe, die in leuchtendem Rot die Decken bevölkern, gehören zu den
ältesten Kunstwerken, die von Menschenhand mit artistischer Perfektion erstellt
wurden. Den Sprung zu der Kunst unserer Zeit verdeutlicht die gewagte
Architektur, die der Amerikaner Frank Gehry mit dem Gebäude des Guggenheim-Museum
in Bilbao in die Welt gesetzt hat. Dieses Kunstwerk allein ist manchen Leuten
eine Reise wert.
Guggenheim-Museum in Bilbao
Eine individuelle Reise wie diese zu planen, ist dank des Internets
kein Problem. Alle Flüge, Leihwagen, Paradores und Hotels konnten im Voraus
gebucht werden. Probleme gab es in den beiden größeren Städten Burgos und
Santiago. Selbst nachdem wir unser Hotel gefunden hatten, benötigten wir fast
eine halbe Stunde bzw. eine weitere Stadtrundfahrt, bis wir einen Parkplatz für
unser Auto besaßen. Die vom spanischen Staat unterhaltenen Paradores sind in
dieser Hinsicht besser. Entweder liegen sie außerhalb dicht bebauter
Stadtviertel oder sie verfügen über einen eigenen Parkplatz. Von der Landstraße
aus in enge Altstadtgassen einzubiegen, kann abenteuerlich werden. Man freut
sich dann mitunter, dass alle Autos über einen Rückwärtsgang verfügen. Obwohl
es heute von Burgos bis Ponferrada eine Autobahn (spanische Bezeichnung:
Autovia Camino Santiago) gibt, benutzten wir diese nur, sobald die Landstraße
durch die Berge führte. Benzin ist in Spanien erheblich billiger als bei uns.
Die galizische Sprache, das Galego, weicht stark vom Spanischen, genauer
gesagt, dem Kastilischen ab. Deshalb sind in Galicien, ähnlich wie im Baskenland,
Straßenschilder oft zweisprachig. Die lokale Küche ist eher deftig und kann
Überraschungen bereit halten. In Asturien und Kantabrien kann man statt Traubenwein
auch Apfelwein (spanisch: Sitra) bestellen. In Galicien muss die Sonne nicht
„bei Tag und bei Nacht“ scheinen. Hin und wieder hängen die Wolken sehr tief
und manchmal regnet es auch. Deshalb mangelt es auch nicht an saftigen Wiesen
und dichten Wäldern.
Literatur
- Coelho,
P.: Auf dem Jakobsweg. Zürich: Diogenes 1999
- Haebler,
K.: Das Wallfahrtsbuch des Hermannus
Kuenig von Vach und die Pilgerreisen der Deutschen nach Santiago de Compostela. Straßburg: Heitz Mündel 1899
- Herbers,
K.: Jakobsweg. Tübingen: Narr 1998
- Höllhuber,
D., Schäfke, W.: Der Spanische Jakobsweg. Dumont Kunstreiseführer. Köln: Dumont
2004