Im SPIEGEL 44/2020 wird eine kürzlich vorgelegte Studie des Kieler Instituts für Weltwirtschaft besprochen. Die Besprechung ist überschrieben ‚So schlecht wirtschaften Populisten - Das Bunga-Bunga-Zeitalter‘. Die Autoren heißen Christoph Trebesch, Manuel Funke und Moritz Schularik. Sie haben alle bekannten populistischen Systeme der letzten 100 Jahre analysiert. Ihnen ist gemeinsam, dass Versprechen gemacht wurden, nach denen es dem ‚kleinen Mann‘ besser gehen soll. Ob sie Juan Peron, Silvio Berlusconi, Recep Tayyip Erdogan oder Donald Trump heißen, in allen Fällen bezahlte das Volk mit einer deutlichen Abnahme seines Wohlstands. Das krasseste Beispiel sei Argentinien, das einmal zu den reichsten Ländern der Welt gehörte. Heute kann sein Staat kaum noch bestehen. Ich finde diese Art von Studie gehört zu den dringend benötigten politischen Augenöffnern.
Trump als großer Desillusionator
Wenn es ein Land gibt, dass gerade nachdenkt und sich neuausrichtet, was der Maßstab für eine ehrliche und dem Interesse des Volkes dienende Regierung sein müsste, dann ist gerade das Musterland der Demokratie an der Reihe, die USA.
Mehrmals beschäftigte ich mich in diesem Blog mit dem Phänomen Donald Trump. Was Peter Hiemann (1935-2020) und mir zuerst als Eigenschaften eines unreifen Menschen erschien, haben wir später verstärkt als Nationalismus eingestuft. Seinen Slogan des ‚Amerika first‘ ahmten später andere Staaten nach, und trieben damit die Kooperation und den Interessenausgleich in eine bis dahin ungewohnte Richtung. Dass er, der wie ein Berserker wütete, jetzt isoliert ist und keine Freunde mehr hat, ist eine Strafe der Geschichte. Trump hielt sich nicht nur für klüger als die meisten seiner Amtsvorgänger, er hielt sich sicher für klüger als die meisten seiner Landsleute. Vielleicht sind seine Amtsnachfolger ihm gegenüber gnädig, und gewähren ihm eine Begnadigung oder Strafmilderung, angesichts der besonders fordernden Umstände, unter denen er agieren musste.
Corona, die zähe Ernüchterung
Während die Welt sich gerade auf die Einführung eines Impfstoffes gegen die Corona-Infektion vorbereitet, können wir versuchen uns klarzumachen, was wir durch die lange Wartezeit gelernt haben. Nicht nur die Kliniken und Intensivstationen einzelner Städte fühlten sich überfordert. Was können wir tun. um unsere Kinder zu beschützen? Diese Frage war in aller Munde. Ist das Schließen von Schulen überhaupt eine Lösung, wenn das Funktionieren der Wirtschaft und des öffentlichen Verkehrs nicht in Frage gestellt werden dürfen. Eine ehemalige Lehrerin an einer Mittelschule schrieb mir:
Ein hohes Ansteckungsrisiko sehe ich in Schulbussen. Was bringen alle Vorsichtsmaßnahmen, wenn Schüler vor und nach dem Unterricht wie Heringe in der Dose transportiert werden? Man bedenke, dass die Schulwege auf dem Land oft länger als eine Stunde dauern.
Mich dünkt es, dass wir solche Fragen, sobald einige Leute sich vorbeugend impfen können, sehr schnell wieder vergessen werden.
Erzwungene Folgen eines Neuanfangs
Trump werden wir alsbald vergessen haben, Corona und das Schlagwort Pandemie auch. Dann diskutieren wir wieder über Bundesliga und Milchpreise. So ist das Leben. Gewisse Dinge sind uns nah. Diese werden wiederkommen. Andere waren ja nur wie auf Besuch. Oft hinterließen sie nicht einmal Spuren.
Einen richtigen Neuanfang erlebten wir Deutsche fast alle einmal pro Generation. Mal sagten Könige und Kaiser ade. Dann verabschiedete sich der Gröfaz – oder wie Sie den Postkartenmaler aus Braunau am Inn heute nennen. Den Frauen und Männern, die es danach an die Spitze ihres Volkes schafften, setzte man nur in wenigen Fällen eigene Denkmäler. Wir haben ja noch einige vom alten Herrn Bismarck übrig, dem mit der Blechbüchse anstatt einem Hut auf dem Kopf. Papa Heuß gab sich für viele zu sehr als Zivilist aus.
Vielleicht sollten wir Neuanfänge stärker ins Gedächtnis rufen. Dreißig Jahre nach dem Mauerfall in Berlin darf man doch behaupten, dass dies für die Mehrzahl der anliegenden Staaten und die meisten Deutschen kein Unfall war. Den paar Ausnahmen, den Uneinsichtigen, die damit Schwierigkeiten haben, sollten wir mit Nachsicht begegnen. Der Preis der Meinungsfreiheit ist ja eine gewisse Unschärfe der Erkenntnis und Bewertung.
Das Bedürfnis, Denkmäler zu hinterlassen ist nicht unbedingt ein Gütezeichen einer Regierung. Tun sie es trotzdem, denke ich dabei heute zu allerletzt an Reiterstandbilder. Gewisse Industrieanlagen wie Flugplätze oder Seehäfen, Müllverbrennungen oer Kläranlagen machen eher Sinn. Auch dabei kann man sich blamieren, anstatt für den Zweck werbend in Erscheinung zu treten. Mögen dies die Ausnahmen bleiben.
Peter Mertens aus Erlangen schrieb: Haben Sie Hitler bewusst nicht genannt? Er und die Nazi-Populisten allgemein hatten doch den Deutschen auch so viel versprochen. Außerdem Walter Ulbricht ff.
AntwortenLöschenNeben Argentinien ist Venezuela zu nennen. Am Ende der Herrschaft von Hugo Chavez hatte das (m. W. pro Einwohner) ölreichste und sehr wohlhabende Land der Erde Benzinmangel.
In der besprochenen Rezension kam Nazi-Deutschland nicht vor. Ich weiß nicht, warum.
AntwortenLöschenHans-Jürgen Hoffmann aus Darmstadt schrieb: Danke für diese Mitteilung. Ja, Ankündigen Ihrer Blogs ist ein toller Service! Bisher habe ich immer nur gelegentlich nachgeschaut und doch vieles überschlagen, jetzt werde ich dann auf Neues aufmerksam und kann zeitnah entscheiden, ob ich mich in einen Blog vertiefe, danke also.
AntwortenLöschenAuch daß Sie über die doch gerade auch für Ältere (ich bin 85 inzwischen) gefährlichen Zeiten gut hinweg gekommen sind, war eine erfreuliche Nachricht. Nur in einem mehrere Generationen zurück und hinauf gab es eine Coronaerkrankung (die leider tödlich verlief). Wir sind bisher auch verschont.
Weiter so, keine Ansteckung, sonst gesundheitlich altersgemäß wohlauf, das wünsche ich Ihnen mit einem freundlichen Gruß.