Der gemeinsame Markt beinhaltete - neben vielem anderem - das Versprechen gleicher Lebensbedingungen in allen Ländern. Obwohl dies in keinem der Vertragsdokumente erwähnt ist, hielt die Bevölkerung dies für selbstverständlich. In der Verfassung der Bundesrepublik ist dies ein zentrales Versprechen. Im Falle des Eurolands war dies jedoch ein Traum an ein mögliches Wunder. Man strengte sich an, es wahr werden zu lassen.
Die Länder, die dies ökonomisch nicht hinbekommen würden, sahen den Weg dorthin dennoch offen dank der gemeinsamen Währung. Die starken Länder würden die schwachen mitziehen. Die schwachen Staaten konnten nämlich zu denselben Bedingungen Geld leihen wie die starken Länder. Sie bauten damit Autobahnen und Flugplätze, hoffend dass sie den Verkehr und damit das Geschäft anlocken würden. Gefördert wurde das Ganze durch den Glauben an die Botschaft des Herrn Keynes. Erst als Zweifel aufkamen, dass diese staatlichen Investitionen sich lohnen und die schwachen Staaten ihre Schulden überhaupt zurückzahlen würden, fiel das System auseinander. Hätten sich alle gleich stark entwickelt, wäre das Problem nicht entstanden. Bekanntlich gibt es drei Auswege aus dieser Situation:
- Transfers von den Starken zu den Schwachen. Das ist der Weg, der innerhalb der Bundesrepublik zwischen den Ländern gegangen wird. Auch Italien praktiziert ihn zwischen dem starken Norden und dem schwachen Süden des Landes.
- Forcierte Anpassung der Schwachen an die Starken. Das könnte durch Investitionen in die Produktivkräfte - und nicht nur in die Infrastruktur - gefördert werden. Gemeint sind Maschinen und Fabriken statt Strassen und Parkplätze. Der Marshall-Plan diente einst diesem Zweck.
- Trennung der Finanzmärkte. Die ehemalige Tschechoslowakei ging diesen Weg, ebenso das frühere Jugoslawien. Heute wäre dies eine Reduzierung der politischen Ziele Europas, ein Rückfall.
Die von den Politikern in den diversen Meetings zur Euro-Rettung beschlossenen Massnahmen passen nicht in diese drei Gruppen. Im Grunde wird versucht, den augenblicklichen Status zu retten. Es ist dies ein Status des Ungleichgewichts. Die Krise, die durch das Ungleichgewicht ausgelöst wurde, wurde nicht gelöst, sondern festgezurrt. Zum Glück wird Schuldenmachen auch nicht erleichtert, wie von den Schwachen erhofft, etwa durch Eurobonds.
Es ist offensichtlich, dass nur Deutschland, Holland und Finnland dieses Ziel wirklich verfolgen. Frankreich ist zwar in einer anderen Situation, lehnt sich aber an Deutschland an. Als wirtschaftlich stärkstes Land ist Deutschland auf einmal für das Schicksal Europas verantwortlich. Andere richten sich nach ihm. Frau Merkel rutscht in die Rolle Bismarcks. Diese Situation musste zu Spannungen führen. Als Erstes zeigten sie ich im Falle Großbritanniens. Als Bruchstelle ergab sich die Finanztransaktions-Steuer. England sieht dadurch seine wichtigste Branche, den Finanzsektor, bedroht. Sollte sich England ganz zurückziehen, so wird sich Europa verändern. Das Thema freier Handel und Rechtsstaatlichkeit hat einen Unterstützer weniger.
Für die sogenannten armen Länder ändert sich durch die letzten Beschlüsse nichts. Ausser im Falle Griechenlands bleiben sie auf ihren Schulden sitzen. Dabei haben sich mehrere Länder in einem Masse verschuldet, das nicht vertretbar ist. Wie bei Griechenland betragen auch bei Irland und Portugal die Schulden ein Vielfaches des jährlichen Steueraufkommens. Wenn überhaupt, so können sie erst in Jahrzehnten beglichen werden. Da man im Falle Griechenlands die Geldgeber gezwungen hat, ("freiwillig") auf die Hälfte ihrer Forderungen zu verzichten, wurde der Rubikon überschritten. Die Unschuld ist dahin. Europa ist in die Gesellschaft von pleite gegangenen Unternehmen gerückt. Jeder noch so hohe Zinssatz hat nur noch einen spekulativen Wert. Man muss durch Zinsen soviel Geld einnehmen, dass man am Schluss auf das eingesetzte Kapital verzichten kann.
Aber selbst Deutschland und die USA sind in einem Masse verschuldet, dass man sich fragen muss, ob man Politikern überhaupt noch sein Geld anvertrauen kann. Von staatlichen Schuldverschreibungen, die bisher generell als mündelsicher galten, sollte man Eigentlich die Finger lassen. Selbst die Rating-Agenturen, die bisher im Verdacht standen, mit den Darlehensgebern in einem Boot zu sitzen, haben damit begonnen, Staaten geringer zu bewerten als Unternehmen.
Wer im Moment uneingeschränktes Vertrauen geniesst, sind die Zentralbanken, also die EZB, die Europäische Zentralbank, und die Fed, die amerikanische Notenbank. Das besondere an ihrer Situation ist, dass sie nicht mit dem Geld umgehen müssen, das von anderen Banken in Form von Darlehen geschaffen wird. Sie definieren das Geld an sich. Sie erhöhen oder reduzieren die Geldmengen, die im Umlauf sind. Zumindest nimmt man das an. Wird mal erkannt, dass sie das kaum noch tun, ist auch ihr Ruf dahin. Fast erscheint es, dass sie eine übermenschliche Aufgabe zu bewältigen haben. Erst wenn der Glaube an die Macht der EZB erschüttert wird, gerät der Euro wirklich in eine Krise.
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