Die obigen drei Worte bildeten den Titel der
Theodor-Heuss-Gedächtnis-Vorlesung, mit der Bundespräsident Joachim Gauck am
12.12.2013 des 50. Todestags seines ersten Amtsvorgängers gedachte. Er hatte
rund 900 Zuhörer in die zwei großen Hörsäle der Universität Stuttgart gelockt. Gauck
hatte vorher zusammen mit Politikern aller Couleur das Grab von Theodor Heuss auf
dem Stuttgarter Waldfriedhof besucht. Auch war er im Theodor-Heuss-Museum
gewesen, das sich in Heuss‘ früherem Wohnhaus in Stuttgarter Hanglage (‚dem Heuss
seinem Häusle‘, wie der Schwabe sagt) befindet.
Volksabstimmungen
gibt es nur in einigen Landesverfassungen, nicht jedoch auf
Bundesebene. Den Verfechtern einer Einführung auf Bundesebene
legte er nahe, sich über die Gründe klarzuwerden, die Heuss und seine
Zeitgenossen bewogen, von diesem Verfassungsmittel Abstand zu nehmen.
Bei einem Quorum von 20% können bereits 10% der Stimmberechtigten eine
Entscheidung bestimmen. Eine solche Zustimmung ist leicht zu gewinnen, vor allem wenn
es um emotional belegte Themen geht. Heuss stand unter dem Eindruck der
Volksabstimmungen, die Hitler arrangiert hatte, etwa zum Austritt
Deutschlands aus dem Völkerbund. Das Thema Euro kann heute damit sehr gut verglichen
werden. Selbst in der Schweiz, wo Volksabstimmungen zur demokratischen Tradition
gehören, mehren sich die Stimmen, die darauf hinweisen, dass Demagogen
es lieben, Themen, für die sie im Parlament keine Mehrheit bekommen können,
dem Volk direkt vorzutragen.
Würde die Wahl des Bundespräsidenten direkt durch das Volk geschehen,
würde dies – zumindest indirekt – ihm mehr Macht verleihen, als er aufgrund
unserer Verfassung besitzt. Das Volk fühlte sich sogar mit Recht betrogen. Auch
wenn er nicht die Richtlinien der Politik bestimmt, kann er wichtige
Diskussionen anstoßen und beeinflussen. Genau so sieht auch Gauck dieses Amt.
Im Hauptteil der Rede ging er ̶ bildlich gesprochen ̶ mit Theodor Heuss zusammen durch unser Land.
Er erinnerte daran, dass es heute eine Vielzahl von direkten Beteiligungsmöglichkeiten
gibt, die Heuss und seine Zeitgenossen nicht kannten. Auch der aktuelle
Koalitionsvertrag spricht von ihnen (Seite 151). Die Beteiligung der
Öffentlichkeit an umweltpolitisch relevanten Entscheidungen und an
Verkehrsinfrastruktur- und Zukunftsprojekten ist schon fast selbstverständlich
geworden ̶ nicht zuletzt dank der Stuttgarter
Erfahrungen. Die neuen Medien bewirken, dass insbesondere die Jugend sich
besser informieren und einbringen kann.
Die Parlamentarier wie die Regierung können mit einer
Schnelligkeit und in einem Umfang mit ihren Wählern interagieren, die man
früher nicht für möglich gehalten hatte. Die repräsentative Demokratie hat sich
ohne Zweifel bewährt. Es besteht kein Grund, ihre Vorteile nicht auszunutzen.
Sie kann den Volkswillen sehr gut zum Ausdruck bringen. Vor allem aber ist ein Parlament in der Lage Kompromisse auszuhandeln. Ohne Kompromisse kommt eine Demokratie nicht aus. Sie leidet unterm 'ohne mich' und lebt vom 'mit uns', so drückte es Heuss einst aus.
Inhaltlich war diese Rede nicht ganz auf dem Niveau seiner Europa-Rede vom Februar 2013. Er hatte ja auch ein anderes Publikum vor sich.
Die ungewöhnlichen Sicherheitsvorkehrungen, die das Bild der
Veranstaltung bestimmten, waren etwas gewöhnungsbedürftig. Nicht neu war jedoch, dass
man anschließend bei Wein und Brezel mit dem Referenten noch diskutieren
konnte. Nur dass es diesmal unser Staatsoberhaupt war, dem die Rolle eines
Bürgerpräsidenten nicht ungelegen zu sein schien.
Inhaltlich war diese Rede nicht ganz auf dem Niveau seiner Europa-Rede vom Februar 2013. Er hatte ja auch ein anderes Publikum vor sich.
Ein Tipp noch für Gehbehinderte: Es reicht nicht, wenn Sie einen Taxiunternehmer bitten, Sie am Ende einer vielbesuchten Veranstaltung wieder abzuholen. Ein gestriges Erlebnis hat mich klüger gemacht. Unser Taxi war zwar pünktlich nach Ende der Veranstaltung am verabredeten Ort. Als ein anderes Ehepaar das Taxi in Anspruch nehmen wollte, und nach unserem Namen gefragt wurde, nahm es diesen kurzerhand an. Als der Taxifahrer fragte, wieso die Richtung der Fahrt nicht dem entsprach, was ihm gesagt wurde, hieß es, man habe umgeplant. Nach gut einer halben Stunde durfte der inzwischen aufgeklärte Fahrer ein zweites Mal vorfahren. Ohne Handy hätte man noch länger gewartet.
AntwortenLöschenAm 13.12.2013 schrieb Otto Buchegger aus Tübingen:
AntwortenLöschenDas erste Thema für eine Volksbefragung wäre für mich: Die Funktion des Bundespräsidenten jeweils für ein halbes Jahr durch rotierende Ministerpräsidenten ersetzen und ihn selbst abschaffen! Welch unnützes Amt und welch peinliche Vertreter!
Am 15.12.2013 schrieb Hartmut Wedekind aus Darmstadt:
AntwortenLöschenIch habe vom Bau von international-vernetzten Großbahnhöfen streng genommen keine Ahnung und könnte zu Entwurf, Planung und Durchführung so gut wie nichts beitragen; Infantiles schon, wie Herr Geißler. Aber so etwas mache ich nicht, vielleicht aus Demut oder aus Angst vor einer Blamage, als arroganter Dummkopf dazustehen. Denn ich müsste mich mindestens ein ganzes Jahr mit dem Problem befassen, um auch nur eine ganz kleine, gehaltvolle Aussage machen zu können, obwohl ich seit Studienzeiten über technische Grundlagen verfüge. Die Beteiligung inkompetenter, unbelehrbarer Bürger, die aus dem Bauch heraus argumentieren und den Krawall suchen, ist ein teures Vergnügen und ist abzulehnen. Es sei denn, die Inkompetenten bezahlen den Schaden und nicht der Steuerzahler. Demokratie verlangt ein transsubjektives Problembewusstsein, das aufgeklärte Bürger sich erarbeiten müssen, und kein rohes subjektives Gefühl. „Es ist so bequem, unmündig zu sein“ sagte Kant in seiner auch von Herrn Geißler nur in pathetischer Absicht zitierten Schrift „ Was ist Aufklärung“(1784).