Am
10.4.2014 schrieb Hartmut Wedekind: ‚Sie werden das Thema Energiewende wohl
nochmals im Blog thematisieren müssen. Auch nach der EEG-Novelle sieht die
Sache wie zu erwarten übel aus. DIE WELT spricht
heute schon von Staatskraftwerken, d.h. wenn man in seiner selbsterzeugten
Ratlosigkeit nicht weiter weiß, geht
alles über den Haushalt. Das ist ordnungspolitisch eine Schweinerei ersten
Ranges‘.
Die EU kann sich nicht über Langweile
beklagen. Zuerst brachten die Südländer (Griechenland, Portugal, Spanien) sie ganz
schön auf Trab. Dort hatte man die gemeinsame Währung als Geschenk betrachtet.
An den Finanzmärkten waren Euros derart beliebt, dass jeder Staat günstige Kredite
bekam, der in Euros abrechnete. Dass Kreditgeber alle Euro-Länder für gleich
kreditwürdig hielten, war die Folge einer allgemeinen Täuschung. Gemeinsame
Währung hieße, alle Länder sind gleich solide und gleich erfolgreich. Inzwischen
wissen Geldgeber und Gläubiger, dass sie Wolfgang Schäuble und Angela Merkel
falsch eingeschätzt hatten. Wenn die ihren Wählern in Deutschland versprechen,
sie vor einer Schuldenunion zu bewahren, dann darf man das nicht einfach
ignorieren. Man kann nur hoffen, dass SPD und Grüne nicht ganz so
‚nationalistisch‘ denken. Leider gewannen Schäuble und Merkel die 2013er Wahlen
in Deutschland. Jetzt ist die SPD zwar mit am Hebel, aber es gibt noch die CSU
des Peter Gauweiler und die AfD. Ehe Eurobonds kommen, werden noch fünf Jahre vergehen.
Mit Wladimir Putin wollte Gerhard Schröder
eine besondere Beziehung pflegen. Putin wurde nicht nur hofiert, d.h. in die G8
aufgenommen, sondern auch zum ‚lupenreinen Demokraten‘ reingewaschen. In dem
Maße, wie Deutschland sich von Schröder abwendet, gibt Putin sein angelerntes
Verhalten auf. Er fletscht wieder seine Zähne und stochert in der Ukraine
herum. Die Krim hat er bereits heim ins Reich geholt. Die Oblaste Charkiv und
Donesk sind als nächste dran. Frau Merkel delegiert das Problem an ihren
Außenminister, der ja mal ein Adlatus des Putin-Freundes und Putin-Verstehers Schröder
war. Mal sehen, was er zustande bringt.
Energiepolitik in Europa
Jetzt zur dritten EU-Krise, auch Energiewende
genannt. Jedes Land macht die Energiepolitik, die es für richtig hält. Dieser
Sektor ist für die Wirtschaft eines Landes zu wichtig, als dass man ihn Brüssel
überlässt. Bei Kohle und Stahl spielte noch das Erbe des Zweiten Weltkrieges
hinein. Kanonen sollten Deutsche nur noch mit Franzosen zusammen bauen. Ehe ich
auf Zahlen eingehe, nur soviel: In Energiefragen ist kein Land, noch die EU als
Ganzes autark. Man muss einkaufen, und zwar nicht nur in politisch stabilen und
befreundeten Ländern. Es geht zunächst um fossile Energien wie Erdöl und
Erdgas. Die Liste der Lieferländer ist ein Politikum erster Ordnung. Die Frage
ist, wer kann mit wem. Hier die Namen: Algerien, Angola, Iran, Irak, Saudi-Arabien,
Libyen, Venezuela, usw. Sie sind in einem Club vereinigt, der OPEC heißt, auf
Deutsch: ‚Organisation Öl exportierender Länder‘. Darüber hinaus gibt es Länder
wie Russland, Aserbaidschan, Turkmenistan, usw. Da die Mehrzahl den Islam als
Staatsreligion besitzt, vermuten Gläubige, dass diese Verteilung der
Bodenschätze nur Allahs Gunst zu verdanken sei. Jedes europäische Land macht
separate Verträge mit seinem Energie-Lieferanten. Es optimiert die Verträge
abhängig von seiner Versorgungslage und seinen politischen Präferenzen.
Um dieser als prekär angesehenen Situation
nicht völlig ausgeliefert zu sein, gab es überall, wo man es sich leisten
konnte, Autarkie-Bestrebungen. Abgesehen von Nordsee-Bohrinseln, die vor allem England
und Norwegen gehören, setzten die mittleren Mächte wie Deutschland, Frankreich
und Tschechien auf die Kernenergie.
Dann kam der 11. März 2011 und die dreifache Katastrophe
in Fukushima: Seebeben, Tsunami und Kernschmelze. Die Physikerin und
ehemalige Umweltministerin Angela Merkel, der Jahrzehnte lang die Warnungen der deutschen
Atomgegner in den Ohren lagen ̶ so wie die gleichzeitigen Beschwichtigungen
der Befürworter ̶ gab zu, dass es ein Fehler war, die Warnungen
nicht ernst genommen zu haben. Es gibt mindestens zwei Risiken, von denen ein
einigermaßen gebildeter Mensch sagen muss, dass sie nicht beherrschbar sind:
(a) eine Störung des Kühlsystem mit der unweigerlich folgenden Kernschmelze
(zuletzt in Fukushima eingetreten), (b) die Entsorgung radioaktiver Abfälle auf
dieser Erde innerhalb eines Zeitraums von weniger als 100.000 Jahren. Angela
Merkel machte ihre Honneurs in Richtung von Jürgen Trittin und befahl ‚Kehrt
marsch!‘. Ihre europäischen Nachbarn (Frankreich, Tschechien) hielten
Deutschlands Reaktion auf Fukushima entweder für übertrieben oder chancenlos. Mit
übertrieben meine ich, man muss ja nicht gleich alle Atommeiler verschrotten.
Die Alternative kann nur scheitern, sei es an den Kosten oder am Widerstand in
der Gesellschaft.
Drei Jahre nach Fukushima
Nichts von dem, was in den letzten drei
Jahren aus Fukushima zu uns herüberdrang, war geeignet, die vollkommene Abkehr
von der Atomenergie als übertriebene Reaktion erscheinen zu lassen. Schon die
rotgrüne Koalition hatte im Jahre 2000 ein Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG)
beschlossen. Es regelt seit über 12 Jahren die bevorzugte Einspeisung von Strom
aus erneuerbaren
Quellen und garantiert deren
Erzeugern feste Einspeisevergütungen. Lange wurde die Gewinnung von erneuerbaren
Energien als Nebenbeschäftigung für Landwirte und Gärtner angesehen. Mittels
vieler kleiner Experimente schaffte es eine alternative Industrie, die
technologische Seite der Energiegewinnung weiter zu treiben.
Obwohl der Großteil der Investitionen (auch
an den Börsen) in die Solartechnik ̶ auch Photovoltaik genannt ̶
floss, ging dieser Markt völlig an chinesische Firmen über. Die meisten
deutschen Nutzer, gleich ob private oder öffentliche, geben heute chinesischen
Lieferanten den Vorzug, da deren Produkte erheblich billiger sind als deutsche
Erzeugnisse. Es wurde zu einem glänzenden Geschäft für chinesische Firmen, die
lieber deutsche Kunden beliefern als chinesische und russische. Der einzige
Trost: Diese chinesischen Unternehmer leisten einen wichtigen Beitrag zum
Weltfrieden, indem sie sich international engagieren. Dass sie dabei auch die
Einkommen in China heben, ist ein nicht zu verachtender Nebeneffekt. Länder wie
Somalia und die Zentralafrikanische Republik sind noch weit davon entfernt, uns
mit Energie zu beliefern.
Nur die Windtechnik entwickelte sich
innerhalb Deutschlands systematisch weiter. Heute ist die Firma Siemens einer
der Akteure (durch eine dänische Tochter). Da in der Bevölkerung, außer in der
Küstenebene Niedersachsens und Schleswig-Holsteins, eine eindeutige Abneigung
gegen die ‚Verspargelung‘
der Landschaft bestand, konnten sogar große Offshore-Projekte in Angriff
genommen werden. Ein solches steht kurz vor seiner Fertigstellung, 100 km vor
der Nordseeinsel Borkum, also außer Sichtweite der Feriengäste. Nach Fukushima
änderte sich auch die Einstellung der Bevölkerung im Binnenland. Plötzlich
erhielt jeder Bauer in der Eifel oder im Schwarzwald die Genehmigung zum Bau
von Rotorparks.
Effekte der Marktmanipulation
Zwischen den Techniken, die für die Erzeugung
erneuerbarer Energie in Frage kommen, fand eine erste Marktbereinigung statt.
Diejenigen Techniken, die nur fixe, aber keine variablen Kosten haben, ziehen
davon. Das sind Windräder und Solarzellen. Da im Moment Kapitalzinsen nahe am
Nullpunkt liegen, fällt ihre relativ schlechte Energieauswertung kaum ins
Gewicht. Wie schon Klein-Fritzchen lernte, wenn der Umsatz groß genug ist,
spielt die Gewinnmarge keine Rolle mehr. Andere Techniken, so z.B. die
Stromgewinnung aus Bio-Masse, ziehen den Kürzeren. Dieselben Bauern, die gerade
umstellten, um Mais für Bio-Anlagen zu produzieren, werden jetzt Rotoren auf
ihre Felder stellen.
Die vor 12 Jahren erhoffte Anregung von
privaten Investitionen in die alternative Stromerzeugung durch feste
Einspeisevergütungen erwies sich als Bumerang, und zwar wegen ihres Erfolges. Da
die Vergütung höher ist als der Marktpreis, leiten alle Stromerzeuger ihren
selbsterzeugten teuren Strom ins Netz und beziehen ihren Verbrauchsstrom billig
aus den Netz. Andererseits steigt, wegen der hohen Einspeisevergütungen der
Strompreis für deutsche Endverbraucher ständig. Da Tausende großer
Energieverbraucher in der Industrie von dieser Steigerung, der so genannten EEG-Umlage, ausgenommen sind, kommt es zu einer umso stärkeren Strompreissteigerung für alle privaten
Verbraucher. Deren Verärgerung ist entsprechend groß.
Die durch die massive Förderung erzeugten
Mengen billigen Stroms drängen inzwischen auf den Markt und verändern diesen.
Den großen Energieversorgern Deutschlands (E-ON, RWE, EnBW und Vattenfall) läuten
die Sterbeglocken. Obwohl sie noch Betriebsgenehmigungen für mehrere Jahre
haben, schalten sie die verbliebenen Kraftwerke ab. Das gilt für Kern- wie für
Kohlekraftwerke. Das Energie-Geschäft geht in die Hände neuer, größtenteils
mittelständiger Firmen über. Für ihre Finanzierung stehen die Pensionsfonds der
Welt Schlange. Dank einer funktionierenden Strombörse drücken die neuen
Anbieter die Preise. Die alten Anbieter sind nicht länger konkurrenzfähig, egal
was sie tun. Sie können nur noch ihre Unternehmen abwickeln.
Ungelöste Probleme
Da Süddeutschland mit der Erzeugung von Strom
aus alternativen Quellen (Solar, Wind) etwa fünf Jahre hinterherhinkt,
verlangen norddeutsche Politiker den Ausbau der Stromtrassen zwischen Norden und Süden. Der Süden sieht diesem
Drängen gelangweilt zu. Bis dass neue Netze zur Verfügung stehen – so hoffen
sie – werden sie selbst genug Strom vor Ort erzeugen. Wie das Beispiel der
Stadt Schönau im Schwarzwald zeigt, ist eine Selbstversorgung durchaus in
Reichweite. Die Stadt betreibt seit 1991 ihre gesamte Energieversorgung ganz in
Eigenregie, hauptsächlich mit Wasserkraft, Solarenergie und Biogas. Auch der Eifelkreis Daun hat sich zum Energie-Selbstversorger entwickelt. Alle Haushalte und die
mittelständige Industrie werden aus Solar- und Biogas-Anlagen versorgt. Man ist
schon nicht mehr auf Strom von der Küste angewiesen.
Manche Kommentatoren sehen ein gewisses
Risiko darin, dass die vom EEG-Gesetz geförderte Stromversorgung sehr leicht zum
Totalausfall führen kann, da in Deutschland die
Sonneneinstrahlung oder der Wind tagelang ausfallen können. Wen wundert es,
dass sich die bisherigen Energieversorger daher anbieten, wenigstens als Backup
im Geschäft zu bleiben, indem sie billige, auf Braunkohle basierende Kraftwerke
neu bauen. Die für die Speicherung und den Transport von Strom zur Verfügung
stehenden Technologien seien entweder zu primitiv, oder zu teuer. Neue
Pump-Wasserspeicher haben nicht nur eine sehr schlechte Rentabilität, außerdem
stoßen (auch) sie auf den Widerstand von Umweltfreunden.
Am 12.4.2012 legte Hartmut Wedekind nochmals nach.
Dabei bezog er sich auf einen Beitrag der FAZ vom April 2011:
Und das Paradies der FAZ wird es gar nicht
geben, weil hinter einer Wind-und Sonnenenergie genauso viel konventionelle Energie
im Backup stehen muss. Machen Sie mal eine Reservehaltungsrechnung auf, um
sagen wir die Blackout-Gefahr auf 100 - 99,99% zu bringen Das sind
6-Sigma-Werte, die von der Versorgungssicherheit verlangt werden. Das ist
teuer, und auch nicht exportierbar. Bei Kernenergie sind in Sachen GAU die
Sicherheitsbedingungen ähnlich. Blackout-Gefahr und GAU-Gefahr im Nuklearen
sind ja auch ähnlich desaströs. Es gibt reichlich Energie auf dieser Welt,
beliebig viel eigentlich. Das immerwährende Ingenieurproblem ist, nicht teure
,sondern billige Energie zu produzieren. Teure Energie, das ist einfach, das
kann jeder. Mit EEG geht das nicht. Und das ist sein Tod. Viel zu teuer, auch
in ‚the long run‘. In summa: ‚bad engineering‘.
Ich finde es geradezu skandalös, eine potentielle
Kernschmelze in Fessenheim mit einem Windstrom-Blackout zu vergleichen. Im
ersten Fall kann niemand den Elsässern und den Badenern helfen (siehe Fukushima
und Tschernobyl). Im andern Fall gibt es Betriebsferien oder kalte Küche im
Teil des Landes.
Sonne als Energiequelle
Es steht außer Frage, dass die Erde über eine
unvergleichbare Energiequelle verfügt. Es ist unsere Sonne. Sie ist die Ursache
allen Lebens auf der Erde. Die von ihr bereitgestellte Energie ist
kostengünstig und so schnell nicht verbraucht. Kein Wunder, dass die Sonne in
vielen Kulturen eine besondere Verehrung genoss. Die fossilen Energien, die nur
in den letzten 100 Jahren eine so große Rolle spielten, sind ein Neben- oder
Folgeprodukt der bisherigen Sonnenaktivität. Sie stellen von Pflanzen
umgewandelte Sonnenenergie dar. Obwohl sie das Ergebnis von Prozessen sind, die
einige Milliarden Jahre in Anspruch nahmen, sind sie limitiert. Dass sie Zuneige
gehen, davor wurde bereits öfters gewarnt, bis dann neue Quellen oder neue
Fördermethoden (wie z. B. das Fracking) für neuem Auftrieb sorgten.
Die Sonnenergie ist nicht immer gleichmäßig verfügbar. Da sie in Form einer Strahlung zur Verfügung steht, spielt die relative Position von Erde und Sonne eine Rolle. Es sind die tägliche Drehung der Erde um ihre Achse und der jahreszeitliche Abstand zwischen Erde und Sonne, die zählen. Die Menge an aufgenommener Energie ist proportional zur Fläche, die zur Sonne hin geboten wird. Ein Land, das über mehrere Zeitzonen hinweg Sonnenenergie sammeln kann, kann effektivere Lösungen entwickeln als ein Kleinstaat wie Luxemburg oder ein Stadtstaat wie Honkong.
Neben den Kritikern der Energiewende fallen
die Scharen von Journalisten aus aller Herren Länder auf, die derzeit unsere
Nordseeküste (und vor allem die Insel Borkum) besuchen. Alle wollen sehen, was hinter
der Änderung des europäischen Strommarkts steckt. Die Gruppen aus China, Japan
und Korea fotografieren mal wieder am eifrigsten. Im Falle der Solartechnik
hatte Europa auch einmal Fabriken und Installationen, wo sich Besichtigungen
lohnten. Was daraus wurde, habe ich weiter oben bereits erwähnt.
Deutscher Sonderweg oder (doch) gemeinsame
Lösungen für Europa?
Es ist erstaunlich, dass von dem Moment an,
als der deutsche Weg zur alternativen Energiegewinnung erste Erfolge zeigt,
einige europäische Länder den deutschen Sonderweg kritisieren. Bisher hatten sowohl
Frankreich wie Tschechien gehofft, im Winter als dankbare Lieferanten von
Atomstrom in die Bresche springen zu können. Die erwarteten Engpässe und
Ausfälle fanden bisher nicht statt. Der milde Winter 2013/14 hat diese Hoffnungen nicht
befördert. Andererseits machen die niedrigen Preise an der Strombörse auch
unsern Nachbarländern mehr und mehr zu schaffen. Selbst französischer und
tschechischer Atomstrom gerät unter Preisdruck.
Statt aufeinander mit Kritik los zu ziehen,
und den jeweils eigenen Weg der Klima schonenden Energieversorgung zu
verteidigen, könnten die EU-Politiker in der Energie-Politik eine Chance für echte
Kooperation sehen. Ihnen sollte lokales oder nationales Denken zuwider sein. Man
muss nicht einmal global denken, regionales Denken reicht vollkommen. Warum
hört man so wenig von den andalusischen Solarparks, oder von Desertec? Leider sind die Staaten in oder südlich der
Sahara noch weniger beliebt als die OPEC-Staaten.
Ganz offensichtlich bestehen echte
Transportprobleme. Wenn für den Stromtransport nur ein Teil des Aufwands
betrieben würde als für den Gütertransport, kämen vielleicht die Dinge in
Bewegung. Elektronen statt Atome zu bewegen, das sollte alle Elektroingenieure
Europas herausfordern. Vielleicht sind alle notwendigen Erfindungen bereits
gemacht. Es muss ja nicht gleich eine Verbindung zwischen den Azoren und Zypern
sein. Ein einheitliches Stromnetz, das Portugal und Polen umfasst, wäre als
Anfang ausreichend. Als weiteres Gebiet liegt die Stromspeicherung im Argen.
Meine Freude an Smartphones und Tablet-Rechnern wird immer wieder vergällt,
wenn ich die Lektüre von Büchern oder das Schauen von Fernsehsendungen und
Filmen unterbrechen muss. Die Energie-Speicherung ist innerhalb der ganzen
Energietechnik das Gebiet, wo nur bahnbrechende Erfindungen weiter zu helfen
scheinen.
Ich möchte nicht verhehlen, dass
Riesen-Windräder mich an Dinosaurier erinnern. Wieso wachsen diese modernen
Maschinen noch wie Monster, wo doch alle Welt von Miniaturisierung spricht,
oder gar von Nanotechnik? Die Riesen auf der Hochebene der La Mancha, gegen die
Don Quichote einst gekämpft haben soll, waren exakt derselbe Stand der Technik.
Nur die Baumaterialien waren andere. Ich bin ziemlich sicher, dass man in 50
Jahren diese Riesen als Ruinen der Technik besichtigen wird, so wie die Bunker
des Westwalls und die Hochöfen an der Ruhr.
Kleine Zahlensammlung (nur angedacht)
Obwohl in der ganzen Energiedebatte
emotionale, politische und technische Argumente eine große Rolle spielen, ist
es durchaus sinnvoll sich einige Zahlen anzuschauen. Sie können ein Gefühl für
die Größe der Aufgabe vermitteln, die eine Volkswirtschaft oder die
Weltwirtschaft zu bewältigen hat.
Da ich kein Experte bin, habe ich nur die Art
der Zahlen angegeben, die man meines Erachtens studieren sollte. Ich habe (mit
einer Ausnahme) noch keine Werte angeführt, da ich nicht in der Lage bin,
überall gute Schätzungen anzugeben, die sich auch verifizieren lassen. Vielleicht tue ich es noch. Wer solche
Zahlen parat hat, sollte sich melden.
Nachtrag am 15.4.2014:
Die in der obigen Tabelle eingetragenen Zahl von 0,005 GWh soll den 5.000 kWh entsprechen, welche die hiesigen Stadtwerke mir für das Jahr 2013 in Rechnung stellten. Als zusätzliche Kundeninformation fügte man zwei Tortenbilder bei, aus denen einerseits hervorgeht, woher der Strom stammte, den man mir im Jahre 2012 lieferte, und andererseits ein Vergleich für ganz Deutschland.
Nachtrag am 15.4.2014:
Die in der obigen Tabelle eingetragenen Zahl von 0,005 GWh soll den 5.000 kWh entsprechen, welche die hiesigen Stadtwerke mir für das Jahr 2013 in Rechnung stellten. Als zusätzliche Kundeninformation fügte man zwei Tortenbilder bei, aus denen einerseits hervorgeht, woher der Strom stammte, den man mir im Jahre 2012 lieferte, und andererseits ein Vergleich für ganz Deutschland.
Am 19.4.2014 schrieb Hartmut Wedekind aus Darmstadt:
Austausch zwischen Hartmut Wedekind (HW) und Bruno Hake (BH):
HW (18.4): Ihr letzter Aufsatz in t&m zur Energiewende hat
mich tief beeindruck, so dass ich mich selber mal dran machen will, Rechnungen
zur Reservehaltung vorzunehmen.
Reservehaltungs-Rechnungen habe ich intensiv in der Lagerhaltung
praktiziert. Einige Erfahrungen liegen also vor. Sie geben die Verhältnisse
„Wind : Reserve = 4:1“ und „ Sonne : Reserve =
9:1“ an. Dazu möchte ich gerne
Literatur studieren. In der Lagerhaltung berechnet man einen
„Sicherheitsbestand“ (safety stock)
durch ein z-Faches der Streuung Sigma.
z= 2 ist hier üblich. Man liegt dann so bei 95% Stock-out Sicherheit.
Bei der Blackout-Sicherheit muss man sicherlich auf z = 6 gehen, um an die
99.9% heranzukommen. In der Lagerhaltung produziert man mit z= 6 gewaltige Sicherheitsbestände. Das
befürchte ich auch bei der Reservehaltung. Ahnliches geben sie ja auch mit
ihren Verhältnissen an. Das bedeutet. Wir ersetzen Kernkraft durch konventionelle
Reserve-Kraftwerke. Das wäre der Tod der
Energiewende und ein Husarenstück von Dilettanten.
BH
(19.4.): ich habe die Jahresnutzungszahlen errechnet aus
Angeboten der Anbieter von Solar- und Windkraftanlagen sowie aus Berichten über
existierende Anlagen. Die als ‚Grundlast‘ erforderliche Arbeit wäre
Leistung der Anlage x 365 Tage x 24 Stunden. Setzt man diese ins Verhältnis zur
tatsächlich gelei8steten Arbeit, dann erhält man für Windkraft an Land etwa 20
%, Fotovoltaik etwa 10 %. Das sind die
technischen Verhältnisse. Berücksichtigt man, dass bei Spitzenleistung ein Teil
der Arbeit (kWh) an Dritte abgegeben, d.h. exportiert werden muss zu Zeiten des
Stromüberflusses und entsprechend niedrigen Preisen, dann sieht es
wirtschaftlich gesehen schlechter aus.
HW (19.4.): Aus der Lagerhaltungslehre kommend, habe ich meine
eigenen Überlegungen angestellt (siehe Anlage).
Auch aus dieser Perspektive sieht das EEG nicht sehr positiv aus. Wenn man das
Ganze mal simulativ durchrechnet, mit allen Klimadaten, wie ich am Ende vorschlage,
kommt man u.U. zu dem gleichen Ergebnis. Wie kommt das bloß, dass die
Öko-Institute und die Ministerien schweigen? Auch von Universitätsinstituten
ist nichts zu hören. Ich muss mich offensichtlich noch mehr bemühen. Dass es sich
hier um eine zentrale Frage handelt, scheint den meisten Menschen entgangen zu
sein. Die Politiker spielen Kasino, als hätte sie das G8/G9 der
Schulen als Problem vor sich. Ernsthaftigkeit jedenfalls, die dem Problem
gebührt, kann ich nicht feststellen. Man ist zu Ernsthaftem unfähig. Ich werde
Ihren Ansatz weiter verfolgen
Am 16.4.2014 schrieb Hartmut Wedekind aus Darmstadt:
AntwortenLöschenAber: Ihre Vergrößerung eines Kern-Gaus und Ihre Verkleinerung eines erneuerbaren Blackouts zeigen deutlich, in welcher Verschönerungskiste Sie sitzen. "Crainte et terreur" (Furcht und Schrecken) von nur drei Worten "Hiroshima, Tschernobyl und Fukushima", haben ihr deutsches Ziel erreicht, ohne zu fragen, wieso und warum es dazu kam. Ein rationaler, d.h. transsubjektiver Model-Mix darf in Energiefragen in dogmatischer Absicht in Deutschland nicht mehr diskutiert werden. Die klassische Philosophie nach der Aufklärung kommt so an ihr Ende. Im Englischen sagt man :"Fear is a bad adviser". Im Deutschen heißt das "Angst ist ein schlechter Ratgeber". ( "the german angst" ist ein Terminus).
Und so folgte dann 2011 Hals über Kopf und unüberlegt eine hektische Wende. Man vergaß, wie man Kernkraftwerke auch juristisch einwandfrei stilllegt, was 100te von Millionen kostet (Biblis A und B). In seiner Gier und Angstabneigung gegenüber Kernkraft erhob man Steuern auf Kernbrennstäbe, die verfassungswidrig sind. Reines Abschöpfen von Gewinnen (2 Milliarden) auf Produkte, nicht etwa auf Unternehmensaktivitäten! Man kann Produkte umsatzbesteuern, aber nicht gewinnbesteuern, was jedes Kind weiß, wenn es nicht verängstigt ist. Aber: Wir können die Milliarden ja öko-umlegen, dann macht es nichts.
Drei Worte gibt es auch, für das, was in Deutschland grassiert: Ironie (Verstellung), Sarkasmus (beißender Spott) und Zynismus (vernichtender Spott). Ich glaube, wir sind beim Sarkasmus angelangt. Falls sich die Aporie steigert, kommen wir in Deutschland auch noch zum Zynismus. Eigenartigerweise nur in Deutschland. Das alleine schon müsste zu denken geben, weil dahinter der Satz steht "Die andern sind alle doof und blöde". Und das sind sie nicht, die anderen. Das kann ich bezeugen! Ich bin viel in der Welt herum gekommen.
Ich will versuchen, die Essenz meiner Aussagen nochmals zu formulieren. Indem ich dafür andere Begriffe benutze, habe ich vielleicht eine Chance bei weiteren Lesern Verständnis zu gewinnen.
AntwortenLöschenIn der betrieblichen Materialwirtschaft plant man die Verfügbarkeit von Rohstoffen und Hilfsstoffen. Man schätzt den Bedarf, macht Lieferverträge und überlegt sich, wie der Abruf erfolgen kann. Früher hatte man eigene Lager pro Betrieb, heute gibt es für Mitteleuropa nur noch ein zentrales Lager. Das ist das deutsche Autobahnnetz. Sowohl bei den Lieferanten wie im Lager kann es zu Anomalien kommen, also Abweichungen vom Plan. Die Frage ist, wie jeder Betrieb oder jedes Land mit diesen Anomalien umgeht.
Wissenschaftler möchten zuerst rechnen, ehe sie etwas tun. In der Mikro-Ökonomie gibt es den hier anzuwendenden Begriff der Substitutions-Elastizität. Sie wird mit dem griechischen Buchstaben Sigma bezeichnet. Dasselbe Sigma wird auch für acht oder zehn andere Größen verwendet, etwa die Ausfall- oder Fehleranfälligkeit eines Prozesses. Was auch immer zur Diskussion steht, die Schlussfolgerung ist immer dieselbe. Je nach der Höhe des Wertes von Sigma muss man eine Sicherheitsreserve anlegen. Hat man einen Wert ermittelt, bleibt weiterhin noch die Frage, wer dies tut – ein Betrieb, eine Branche, ein Bundesland oder die gesamte EU.
Ich wollte in meinem Beitrag klar machen, dass eine rein betriebliche Denkweise fehl am Platze ist. Selbst die nationale, also die volkswirtschaftliche Betrachtungsweise führt zu nichts. In der Energie-Wirtschaft sind kleine und mittlere Länder, sogar die ganze EU, nicht länger autark. In jeder Krisensituation (wie jetzt im Falle der durch die Ukraine führenden Pipelines) wäre es zwar wünschenswert, möglichst autark zu sein. Aber leider geht auch das nicht. Man muss den Begriff der Globalisierung hier nicht einmal bemühen. Dann könnte man eventuell sagen, wann es kostengünstiger ist zu importieren statt selbst herzustellen. Aber das ist bei der Energie-Politik wirklich nur ein Nebenaspekt.
Im konkreten Fall der Reserve für Windstillen und Wolkentage schlug ich vor, in Richtung einer geografischen Verbreiterung des Auffanggebiets von Sonnenenergie zu denken, wohlwissend, dass wir so schnell keine adäquaten Speicher- und Transporttechniken haben werden.
Wenn ich mich noch nicht für geschlagen gebe, dann liegt das daran, dass ich die Annahmen, die dem gewählten mathematischen Modell zugrunde liegen, nicht verstehe. Ich habe sogar den Verdacht, dass zwei typische Denkfehler vorliegen könnten.
AntwortenLöschen(1) Es wird auf unzulässige Weise verallgemeinert, oder anders gesagt, es liegt ein Mangel an Differenzierung vor. Es geht hier nicht um erneuerbare Energien generell, sondern nur um die beiden flukturierenden Varianten Wind und Sonne. Rechne ich Wasser, Erdwärme und Biogas zu den Erneuerbaren Energien dazu, dann ist zurzeit eine stabile Basis vorhanden. Dass sich deren prozentaler Anteil im Laufe der Zeit verändern mag, ist nicht ausgeschlossen.
(2) Es wird ein ungeeignetes Modell für die Formalisierung (oder Simulation) benutzt. Die Berechnung stellt eine Reduktion auf einen lokalen Punkt dar. Für Inseln wie Malta und Zypern mag dies statthaft sein. Für einen Flächenstaat wie Deutschland oder gar die ganze EU müsste meines Erachtens eine Art von Integralrechnung über die aktuelle Wetterkarte vorgenommen werden, und zwar über eine Karte, die die augenblickliche lokale Windaktivität zeigt. Sollte in Ostfriesland Windstille herrschen, aber in Vorpommern genug Wind vorhanden sein, bestünde insgesamt in Deutschland keine Angebotslücke. Ob es solche Karten gibt, konnte ich nicht feststellen.
Nicht nachzuvollziehen ist für mich die Ausfallrate für Wind von 20% und die für Sonne von 10%. Sollte es sich dabei um den Ausfall einzelner Geräte (Rotor oder Solardach) handeln, kommen mir die Zahlen niedrig vor. Ist ein geografisches Gebiet (Deutschland oder Europa) gemeint, müsste dieses angegeben werden.
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