In den letzten Tagen hatte ich mal wieder Gelegenheit zum fachlichen Gedankenaustausch mit Karl Ganzhorn. Es ging dabei um das Thema Kommunikation in der Biophysik. Ich möchte hier einige Kernideen wiedergeben.
Ganzhorn geht von der Tatsache aus, dass Wasser (mehr noch als Blut) eine zentrale Rolle bei allen Lebewesen spielt. Es ist das Medium, das beim Stoffwechsel (Metabolismus) eine bedeutende Funktion ausübt. Es transportiert lebenswichtige Stoffe in die Zellen und in den Organismus und ist an der Entsorgung beteiligt.
Physikalisch besteht Wasser aus einer flüssigen Anordnung von H2O-Molekülen. Im ruhigen Zustand lehnen sich dabei O-Atome immer irgendwie an H-Atomen an. Es bilden sich so genannte Wasserstoffbrücken (H-Brücken). Die dabei wirkende Bindungsenergie ist etwa ein Zwanzigstel der intra-molekularen Energie. Im Falle von Turbulenzen, d.h. bei Bewegung des Wassers, wird ein Teil dieser H-Brücken zerbrochen. Das Wasser hat aber die Tendenz, diese Brücken schnellstmöglich wieder herzustellen. Wie schnell, und wie weit dies geschieht, hängt von der Temperatur des Wassers ab, sowie von den andern chemischen Elementen, die es gerade mit sich führt. Man kann das Ganze auch als Zwischenformen zwischen einer reinen Flüssigkeit und einem Kristall ansehen. Wasser kristallisiert bekanntlich bei null Grad zu Eis.
Das erstaunlichste aus Ganzhorns Sicht ist, dass es für diesen Prozess der (quasi-kristallinen) Neubindung ein Optimum gibt. Es liegt bei 37,5° Celsius. Das entspricht ziemlich genau der Körpertemperatur der meisten Lebewesen.
Durch den Vorgang der Neubindung auf einem niedrigeren Energie-Niveau werden Strahlungen im Mikrowellenbereich ausgelöst. Diese können von Zellen oder Organismen zur Kommunikation genutzt werden. Diese Strahlung hat die Tendenz, sich bezüglich Wellenlänge und Strahlungsmuster an zufällig vorhandenen Gegenständen, im Sinne von Antennen, selbst abzupassen (engl. self tuning). Ähnlich wie Röntgenstrahlen werden diese Strahlen bei ihrer Ausbreitung teilweise reflektiert, teilweise absorbiert.
Das Hauptproblem sei: Diese Strahlungen sind sehr stark verrauscht, d.h. von Hintergrundstrahlungen überlagert. Derzeitige Messgeräte reichen nicht aus, um das Rauschen zu unterdrücken. Einige Lebewesen (und Individuen) könnten dies offensichtlich. Es ist denkbar, dass Fischschwärme auch diese Art der Kommunikation verwenden.
Nach Ganzhorns Meinung ist diese Fragestellung von fundamentaler Bedeutung für die Kommunikation zwischen Lebewesen. Ihre wissenschaftliche Bearbeitung scheitert unter anderem daran, dass man 6-7 verschiedene Teilgebiete der Physik bemühen muss, um den Vorgang zu erklären. Solche Physiker gäbe es nur (noch) selten. Da das Ganze seinen Ursprung im submolekularen Bereich hat, handele es sich eindeutig um ein Problem der Biophysik und nicht um Biochemie.
Vielleicht fühlen sich Leserinnen oder Leser von diesen Ideen angesprochen. Ich bin gerne bereit, evtl. Kommentare an Karl Ganzhorn weiterzuleiten
Am 8.11.2011 schrieb Hans Diel aus Sindelfingen:
AntwortenLöschenda ich von diesem Thema relativ wenig verstehe, beschränke ich mich auf einige allgemeine Kommentare und detaillierte Kommentare nur zu Teilaspekten die die Physik betreffen.
Zu seltsamen Phänomen und Quantenphysik:
Die Quantenphysik ist an sich schon seltsam. Seit einigen Jahrzehnten weiß man, dass die Quantenphysik unter ganz bestimmten Bedingungen auch zu seltsamen makrophysikalischen Effekten (z.B. Supraleitfähigkeit) führt. Diese Effekte kann man auch unter dem Aspekt Synergie und Emergenz betrachten. Die Entdeckung dieser Seite der Quantenphysik hat dazu geführt, dass man über das Mitwirken derartiger quantenphysikalischen Prozesse bei einer Reihe von heute noch unerklärbaren Phänomen spekuliert hat.
Die Spekulationen oder Theorien in dieser Richtung sind unterschiedlich seriös. Daran beteiligt waren teilweise seriöse Wissenschaftler (z.B. R. Penrose), aber auch verschiedene "Esoteriker".
Es ist jedoch auch sehr schwierig, bei diesen Themen seriöse (= wissenschaftlich fundierte) Theorien zu erstellen. Nicht umsonst wurden für bestimmte Arbeiten, die spezielle, rein physikalische Aspekte (z.B. Supraleitfähigkeit) beschreiben, mehrere Nobelpreise vergeben. Wenn man von reiner Physik zu Biophysik übergeht stelle ich mir das noch viel schwieriger vor.
Zur Theorie von Karl Ganzhorn:
Dass Materie bei jeder Art von Abkühlung, und damit auch bei Phasenübergängen, Strahlung emittiert, ist bekannt. Dass bestimmte Stoffe bestimmte Strahlungsfrequenzen besonders stark absorbieren oder reflektieren, ist auch bekannt (z.B. schwarze Körper absorbieren sichtbares Licht sehr stark).
Die Theorie, welche erklärt, warum bestimmte Atome bestimmte Strahlungsfrequenzen gut absorbieren bzw. reflektieren, hat man vor ungefähr 90 Jahren gefunden (N. Bohr). Eine Theorie welche erklärt, dass Wasser die von der H-Brückenbildung ausgesandte Strahlung besonders gut reflektiert, halte ich für sehr viel schwieriger.
Ebenfalls am 8.11.2011 schrieb Peter Hiemann aus Grasse:
AntwortenLöschenGanz allgemein ist mein Verständnis, dass biologische Prozesse vorwiegend auf dem "Schlüssel-Schloss"-Prinzip beruhen. Es gibt etwa 100 000 Proteine, von denen jedes eine spezielle Form besitzt. Die Faltung eines Proteins entscheidet über dessen Funktion. Dabei spielen Zellmembranrezeptoren, die bestimmte Passformen für kleine Moleküle oder Teile größerer Moleküle besitzen, eine entscheidende Rolle. Bei den Funktionen eines Proteins kann es sich zum Beispiel um eine Signalübertragung innerhalb einer Zelle, von Zelle zu Zelle oder dem Import oder Export von Substanzen in die bzw. aus der Zelle handeln.
Die von Karl Ganzhorn angeführten H-Brücken spielen eine entscheidende Rolle für Moleküle, die für Lebewesen unabdingbar sind. In Proteinen dienen H-Brücken der Stabilisierung von Sekundärstruktur-Elementen sowie der Tertiärstruktur und Quartärstruktur (es treten bei Proteinen aber auch andere Bindungstypen auf). In RNA-Molekülen sorgen H-Brücken für komplementäre Basenpaarung innerhalb von ncRNA-Molekülen (non coding RNA) oder zwischen RNA- und DNA-Molekülen. In DNA-Molekülen sorgen H-Brücken für komplementäre Basenpaarung innerhalb der Doppelhelix; die beiden DNA-Stränge werden von den Wasserstoffbrückenbindungen zusammengehalten. Sie lassen sich jedoch (beim Kopiervorgang durch Helikasen) lösen („Reißverschluss“-Prinzip). In biologischen Wirkstoffen (Hormone, Neurotransmitter) hängt die Bindungsaffinität von Wirkstoffen an ihre Zielstrukturen maßgeblich von den gebildeten Wasserstoffbrücken ab.
Thermoregulation biologischer Organismen ist nach meinem Verständnis Teil des homöostatischen Funktionssystems, das dem Überleben eines Organismus und der Anpassung eines Organismus an dessen Umwelt dient. Bei Säugetieren und Vögeln reguliert dieses System die Körpertemperatur auf einem konstant hohen, gleichwarmen Niveau. Bei Fischen, Amphibien, Reptilien und wirbellosen Tieren folgt die Körpertemperatur mehr oder weniger der Außentemperatur. Sie wechselt je nach Umgebungstemperatur.
Die Regulation des Temperatursollwerts bei Säugetieren (und beim Mensch) erfolgt durch ein sehr komplexes sensorisches/neuronales System. Nicht eine einzelne Region des Nervensystems fungiert als alleiniges Thermoregulationszentrum sondern hierarchisch aufeinander aufgebaute Strukturen: Schon das Rückenmark und der Hirnstamm können grob Änderungen in der Körpertemperatur wahrnehmen und Regulationen veranlassen. Jedoch erst Bereiche des zentralen Nervensystems, die mit der präoptischen Region des Hypothalamus verbunden sind, wird die Thermoregulation präzise. Temperaturänderungen der Umgebung und Körperkerntemperaturänderungen bei körperlicher Anstrengung werden direkt und präzise wahrgenommen.
Mein Verständnis von Schwarmverhalten beruht auch auf Kommunikationsprozessen, die auf neuronalen Interaktionen beruhen. Die physiologische Basis, die es den Individuen eines Schwarm ermöglicht, sich in der beobachtbaren Synchronizität zu bewegen, wird in den Spiegelneuronen vermutet. Ein Schwarm scheint sich nach folgenden Regeln zu bewegen:
(1) Jedes Individuum bewegt sich in Richtung des Mittelpunkts derer, die in seinem Umfeld sichtbar sind (Kohäsion).
(2) Jedes Individuum bewegt sich weg, sobald ihm jemand zu nahe kommt (Separation).
(3) Jedes Individuum bewegt sich in etwa in dieselbe Richtung wie dessen Nachbarn (Alignment).
Die Wirksamkeit dieser Regeln konnte in Computersimulationen verifiziert werden (wie auch sonst möglich?). In der Natur scheinen Schwärme von Fischen und Vögeln alle drei Regeln zu befolgen zum Zweck der Verteidigung. Ein Bienenschwarm scheint sich zumindest entsprechend Regeln 1 und 3 zu verhalten. Der Schwarmtrieb der Bienen dient nicht der Verteidigung sondern dem natürlichen Bestreben, ihre Staaten einmal im Jahr durch Teilung zu vermehren. Mücken und Fliegen „beherzigen“ zumindest Regel 2.