Buchbesprechung von Hartmut Wedekind zu „Prozessgesteuerte
Anwendungen, entwickeln und ausführen mit BPMN“ von Volker Stiehl. dpunkt Verlag,
2012.
Wie definiert man Neues? Am besten, indem man Altes aufzählt. Also
zählen wir Altes auf, um das neue Buch zu charakterisieren: Was ist das Buch
von Volker Stiehl „Prozessgesteuerte Anwendungen mit BPMN“ nicht.
Erstens: Es ist kein BPMN-Buch, davon gibt es einige. Zweitens: Es ist
kein SOA-Buch, denn von SOA grenzt sich Stiehl methodisch drastisch ab. Kein
Bottom-up-, sondern wie bei einem echten Anwendungszentrierten, eben ein
Top-down-Ansatz, also von den Anwendungen zur möglichen Implementierung, und
nicht umgekehrt. Drittens: Es ist kein SAP-Buch, obwohl NetWeaver als Implementierungsumgebung
herangezogen wird. Aber eine technologische Basis ist unumgänglich, will man
aus einer technischen Unverbindlichkeit herauskommen.
Stiehls neues Buch ist ein Methoden-Buch zur Entwicklungslehre von
Geschäftsprozessen, dringend erforderlich in dieser explodierenden, aber
methodenarmen Zeit. Wenn das Wort „Paradigma-Wechsel“ nicht mittlerweile
inflationär benutzt würde, wäre man versucht, es zur Beschreibung
heranzuziehen. Wir unterlassen Inflationäres.
In Ingenieurfächern, insbesondere im Maschinenbau, ist das Phänomen
eines vollkommen methodischen Neuansatzes nach vielen Einzelforschungen
bekannt. Wir erinnern an die Konstruktionslehren von R. Koller und Pahl/Beitz.
Man besann sich im Maschinenbau der 80-iger und 90-iger Jahre, dass
Konstruieren im Kern aus dem großen Gebiet des „problem solving“ stammt. Es ist
ein Vorgehen, das interdisziplinär angelegt, sich erst langsam in vielen
Einzelschritten einer technischen Realisierung nähert. Es gibt nämlich nur
eine, und nicht die technische Lösung schlechthin, die es zu konstruieren gilt.
Wie soll man das Buch von Stiehl nennen? Ist es ein Lehrbuch, ist es
eine Monographie? Beides wäre ungenau. Nennen wir es einen Fokus, auf den man
sich in Zukunft in der Prozesswelt konzentrieren sollte. Die Amerikaner müssen
Deutsch lernen, oder man übersetzt das Buch ins Englische, damit man auch
jenseits des Atlantiks davon profitiert.
Nachtrag (Bertal Dresen):
BPMN
heißt ‚Business Process Model and Notation‘; auf Deutsch 'Geschäftsprozessmodell
und -notation'. Es ist eine grafische Spezifikationssprache in der Wirtschaftsinformatik.
Sie stellt Symbole zur Verfügung, mit denen Fach- und Informatikspezialisten
Geschäftsprozesse und Arbeitsabläufe modellieren und dokumentieren können. So
viel ich sehe, basiert das Buch auf der Dissertation von Volker Stiehl. Diese war
das Thema eines früheren
Eintrags in diesem Blog, weshalb ich mich dem Wunsch des Kollegen Wedekind,
erneut etwas Werbung zu betreiben, nicht widersetzen konnte.
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