Immer wieder überrascht die Biologie mit neuen Erkenntnissen. Wie keine andere Wissenschaft beeinflusst sie derzeit unser Weltbild. Wer glaubte, die Mechanismen und die Wirkungen der Evolution verstanden zu haben, muss immer wieder umdenken. Die kleinsten Organismen, die wir kennen, sind die Viren. Stellt man sich einmal eine Zelle als Fußballfeld vor, dann haben Bakterien die Größe eines Fußballs. Viren sind dann so groß wie die sechseckigen Lederstücke, aus denen ein Ball besteht. Ob sie zu der lebenden oder toten Materie gehören, hängt davon ab, wie man Leben definiert.
Retroviren sind eine Familie von Viren, deren Erbinformation in Form von Ribonukleinsäure (RNA) vorliegt. Anders als bei „normalen“ RNA-Viren aber muss die RNA von Retroviren zunächst einmal mittels reverser Transkription umgeschrieben werden, bevor sie in das Genom der Wirtszelle eingebaut und dort aktiv werden kann.
Am 6.3.2013 schrieb Peter Hiemann aus Zarzis in Tunesien:
Retroviren sind eine Familie von Viren, deren Erbinformation in Form von Ribonukleinsäure (RNA) vorliegt. Anders als bei „normalen“ RNA-Viren aber muss die RNA von Retroviren zunächst einmal mittels reverser Transkription umgeschrieben werden, bevor sie in das Genom der Wirtszelle eingebaut und dort aktiv werden kann.
Am 6.3.2013 schrieb Peter Hiemann aus Zarzis in Tunesien:
Hier eine
Zusammenfassung der neuen Erkenntnisse über Retroviren, die ich der Scobel-Webseite sowie der letzten Sendung entnommen habe:
„Eine entscheidende Rolle spielten
Viren in der Evolution. Sie sind überall: im Meer, im Boden und in der Luft.
Wir kennen noch nicht einmal einen Bruchteil. Der gesamte Planet ist eingehüllt
in ein Netzwerk genetischer Wechselwirkungen. Welche Rolle spielen Viren dabei?
Waren sie die erste Lebensform, jener Übergang von Chemie zur Biologie oder
sind sie nur marodierendes Erbmaterial, parasitäre Großmoleküle im Reich des
Lebendigen? Am Robert Koch-Institut forscht
Norbert Bannert über Retroviren. Das sind Viren, die nur ein einfaches
RNA-Genom haben und sich in das Erbgut ihres Wirtes einschreiben können. Es war
eine Überraschung, als man eine große Anzahl von Retroviren im menschlichen Genom
fand. Bannert sagt: "Die Erbinformation von endogenen Retroviren im
Humangenom macht etwa 8,2 Prozent des gesamten Genoms aus und das ist etwa 20
mal so viel, wie wir an Genen haben."
Neben den
rund 20.000 Genen des Menschen vereint unsere DNA also noch rund eine halbe
Million Abschnitte aus Viren, die sich im Laufe der Evolution ins Erbgut
geschrieben haben. Unsere DNA ist tatsächlich eine Art Virenmuseum. "Dieser Einbau zieht sich wahrscheinlich
durch die gesamte Evolution hindurch. Die ältesten Sequenzen, die man noch als
solche erkennt, sind etwa 100 Millionen Jahre in unserem Genom. Solche, die
noch einigermaßen gut erhalten sind, sind etwa 40 Millionen Jahre alt",
so Norbert Bannert. „Möglicherweise waren
diese Retroviren der Motor der Evolution“
Wenn ich
richtig verstanden habe, haben viele die von Joachim Bauer beschriebenen
Transpositionselemente viralen Ursprung. Diese Elemente (auch Transposons
genannt) bewirken die Verschiebung und Verdopplung genetischer Information,
d.h. Veränderung des Genoms. Die wichtigste Erkenntnis für mich ist die
Tatsache, dass die bei Manturana und Luhmann postulierte „Strukturkopplung“
Gestalt angenommen hat. Retroviren als unabhängige Strukturen der Außenwelt
haben auf direkten Weg DNA Strukturen verändert.
Das Luhmannsche Evolutionsmodell (Kommunikationsmodell) kann also erweitert werden, um direkte
Einflüsse von außerhalb existierenden Strukturen zu berücksichtigen. Das so
erweiterte Modell erlaubt auch, die individuelle geistige Evolution durch
kulturelle Einflüsse des individuellen Gehirns zu verstehen. Wenn ich das
erweiterte Modell auf gesellschaftliche Institutionen anwende, stellt sich die
Frage, was wirkt außerhalb dieser Institutionen auf die Gesamtgesellschaft, den
Staat? Ich wage die Behauptung: Es sind die Weltanschauungen, die auf
Mysterien, Religionen, Märkten (unsichtbare Hände) oder Wissenschaften beruhen.
Vermutlich haben wissenschaftliche und handwerkliche Erkenntnisse den größten
Einfluss. Man denke nur an die Durchdringung der Gesellschaften aller
geschichtlichen Epochen mit Technologien. Insbesondere mit Technologien, die
der menschlichen Kommunikation und Verbreitung von Information dienten:
Schrift, Buchdruck, Radio, Fernsehen, Computer, Internet, individualisierte
Kommunikationsnetzwerke.
Vielleicht
ist Ihnen auch das kürzliche Spiegelgespräch mit dem Ameisenforscher Edward O. Wilson aufgefallen (Spiegel 8/2013). Während er (und auch ich) nichts von
Dawkins „egoistischen Genen“ und daraus folgend von „Verwandtenselektion“ hält,
scheint seine Evolutionshypothese sehr plausibel zu sein. Wilson ist überzeugt,
dass die biologische und soziale Evolution des Homo Sapiens mit
„Gruppenselektion“ erklärt werden kann. Wilsons Arbeitshypothese (wie auch
Luhmanns) beruht auf der Fähigkeit zur Kommunikation. Bei Ameisen auf der
relativ einfachen Sensibilisierung von Pheromonen. Wilsons Hypothese bedeutet
aber auch, dass die direkte Durchdringung von biologischen, geistigen und
sozialen Strukturen eine entscheidende Rolle bei evolutionären Entwicklungen
des Lebendigen gespielt hat und spielt.
Am
7.3.2013 schrieb ich (Bertal Dresen):
...tolle
Vorstellung: Sie sitzen am [nordafrikanischen] Strand und überlegen wie die Viren die Evolution
steuern. Interessant finde ich es, dass Biologen jetzt immer mehr Sinn in den
90% der DNA erkennen, die sie zuerst als 'Schrott' ansahen. Mediziner suchen
nach schädlichen und nützlichen Viren, nicht nur bei Zeitgenossen sondern auch
bei Vormenschen. Gut zu wissen, dass es die so genannten Zivilisationskrankheiten
wie Krebs und Alzheimer schon im alten Ägypten gab.
Ebenfalls am
7.3.2013 schrieb Hans Diel aus Sindelfingen:
das sind interessante neue
Forschungsergebnisse und interessante Schlussfolgerungen, die Sie daraus ziehen.
Bei einer Ihrer
Behauptungen habe ich eine nur leicht unterschiedliche Meinung. Bei dem "was
wirkt außerhalb dieser Institutionen auf die Gesamtgesellschaft" sehe ich eher die Technik
als die Wissenschaft, insbesondere die Techniken, die die
Kommunikationsmöglichkeiten (Buchdruck, Radio, Telefon, Internet) und die
Mobilität (Motoren für Schiffe, Autos, Flugzeuge) erhöhen. Interessant
(zumindest für mich) ist, dass bei der Entwicklung der meisten dieser Techniken
die Wissenschaften eine relativ kleine Rolle gespielt haben.
NB (Bertal Dresen): Die Meinung von Herrn Diel wird vermutlich nicht unwidersprochen bleiben. Gestern erst las ich bei einem bekannten deutschen Autor, dass es ohne geisteswissenschaftliche Forschung das deutsche Wirtschaftswunder nicht gegeben hätte.
NB (Bertal Dresen): Die Meinung von Herrn Diel wird vermutlich nicht unwidersprochen bleiben. Gestern erst las ich bei einem bekannten deutschen Autor, dass es ohne geisteswissenschaftliche Forschung das deutsche Wirtschaftswunder nicht gegeben hätte.
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