Mittwoch, 5. März 2014

Ein neues Narrativ für das Europa-Projekt?

Das Europa-Projekt brauche eine neue Erzählung (engl. narrative). Andere Leute nennen es Vision. Kein Politiker hätte so etwas, auch Angela Merkel nicht. Sie sei ja eh fürs Durchwursteln statt für strategische Planung. So und so ähnlich lauten die Kommentare, und das schon seit einer Weile, zumindest ein oder zwei Jahre. Es sei deshalb kein Wunder, dass die deutsche Öffentlichkeit nur noch Desinteresse zeigt, und dass die bevorstehenden Europa-Wahlen nur eine geringe Wahlbeteiligung erwarten lassen. In einer Rede, die Bundespräsident Joachim Gauck vor fast genau einem Jahr hielt, legte er auch bereits seine Finger auf diese Wunde. Ich benutzte damals die Gelegenheit, um einige praktikable Vorschläge zu machen. Ich erlaube mir an sie zu erinnern. Leider hat sich in den letzten zwölf Monaten wenig in dieser Hinsicht bewegt.

Man sollte nach einfachen Erfolgen suchen. Für mich ist Schwäbisch Hall ein solches Beispiel. Sieben Journalisten aus Sevilla besuchten die schwäbische Kleinstadt. Eine Woche darauf gingen bei der örtlichen Arbeitsagentur 13.000 Bewerbungen aus Spanien und Portugal ein. …Wie viele Tausend Polinnen arbeiten in deutschen Haushalten? Sie nehmen Berufstätigen die Pflege ihrer Angehörigen ab. ...Auf meinem Fachgebiet bringt eine Organisation mit dem Namen Informatics Europe die Dekane europäischer Informatik-Fakultäten zusammen. Letztes Jahr sprachen sie über die Vergleichbarkeit der Promotionsleistungen. Vielleicht wurde auch über nicht-besetzte Lehrstühle gesprochen. …

Die Bundestagswahlen im September letzten Jahres waren primär von innerdeutschen Themen bestimmt. Die Energiewende und der Mindestlohn waren oben auf der Agenda. Nach der Wahl war es schwierig, zu einer Regierungsbildung zu kommen. Jetzt scheint jedoch die Zeit gekommen zu sein, um wieder über Europa nachzudenken und zu reden. Obwohl es noch zu früh ist, um zu sagen, dass die Diskussion um Europa wirklich Fahrt aufgenommen hat, will ich zwei Ereignisse kommentieren, durch die Angela Merkel beweist, dass das Thema Europa vielleicht neu angegangen wird. Interessant fand ich auch, was George Soros in seinem Interview mit dem SPIEGEL-Journalisten Gregor Schmitz Anfang 2014 sagte. Auch das Buch von Henryk M. Broder von 2013 mit dem Titel ‚Die letzten Tage Europas‘, das ich gerade las, enthält vieles zum Nachdenken.

Merkels Rede in London

Als Erstes will ich auf Angela Merkels Rede in London vor beiden Häusern des Parlaments am 27.2.2014 hinweisen. Merkel war nach Brandt und von Weizsäcker erst der dritte deutsche Politiker, dem diese Ehre zuteil wurde. Die Rede ist primär zu sehen als Hilfe für David Cameron gegen die Europa-Kritik in Großbritannien. Bekanntlich hat Cameron versprochen, dass er – sollte er 2016 oder 2017 noch an der Regierung sein – eine Volksabstimmung über den Verbleib Englands in der EU durchzuführen wird.

Merkel gab offen zu, dass der europäische Einigungsprozess keine Einbahnstraße sei. Jede Zeit müsste das Optimum neu definieren. Es könnten auch Verantwortungen von Brüssel zurück an die Mitgliedsstaaten transferiert werden. Entscheidend sei das Subsidiaritätsprinzip. Brüssel dürfte nur das an sich ziehen, was es besser tun kann als einzelne Länder. Wir bräuchten ein starkes Europa und gleichzeitig starke Länder. Brüssel müsse die Länder stärker machen, nicht schwächen. Deutschland sei auf England angewiesen und umgekehrt. Der Maßstab unserer Politik solle Europas Situation in der Welt sein. Die Bevölkerungszahl von heute 7% sei im Begriff auf 5% bis 2050 zu sinken, die Wirtschaftsleistung (BIP) von 25% auf 10%. Wir könnten nur vom Wachstum in andern Weltregionen profitieren, indem wie zusammenarbeiten. Mögliche Bereiche der Kooperation seien neben der industriellen Wettbewerbsfähigkeit die Finanzordnung, aber auch Klima und Umwelt, Datenschutz und Einwanderungspolitik. Mit andern Worten: Es wäre ein Jammer, wenn England die EU verlassen würde.

Europa-Tagung in Berlin

Das zweite Ereignis, das ich kommentieren will, ist eine Veranstaltung in Berlin am 1.3.2014. Geleitet wurde sie von Monika Grütters, der neuen Kulturstaatsministerin. An der Veranstaltung, deren Ziel es sei ein ‚Neues Leitmotiv für Europa‘ (engl. new narrative for Europe) zu schaffen, nahmen außer Angela Merkel auch EU-Kommissionspräsident José Manuel Barroso teil. Folgende Themen wurden als mögliche Leitmotive herausgestellt: Gemeinsame Werte; Frieden, Freiheit, Demokratie und Wohlstand. Die aktuellen Ereignisse in der Ukraine zeigten die Aktualität dieser Werte, meinte die Kanzlerin. Der Euro sei das ‚Symbol für die gelungene friedliche und demokratische Einigung Europas. Er sei mehr, als eine Währung‘. Folgende Fragen seien diskutiert und in einer Erklärung zusammengefasst worden:
  • Was können Kultur und Wissenschaft an Vorstellungen und Ideen zur Lösung der heutigen Herausforderungen beisteuern?
  • Welche Wege würden Künstler, Wissenschaftler und Denker einschlagen, um ein stärkeres europäisches Bewusstsein unter den Unionsbürgern und einen stärkeren Gemeinsinn zu erzeugen?
  • Wofür könnte das europäische Projekt eingesetzt werden?
Leider scheint diese Veranstaltungsreihe in Kunst und Wissenschaft eine größere Chance für einen Antriebsmotor zu sehen als in der Wirtschaft. Der Berliner Veranstaltung gingen ähnliche (von Steuergeldern subventionierte Ereignisse) in andern europäischen Städten voraus. Trauriges Fazit: Vermutlich wieder reine Geldverschwendung.

George Soros grübelt über Europa

Soros wurde 1930 in Budapest geboren und hat es in den USA durch Devisenspekulationen zu großem Reichtum gebracht. Bekannt wurde er durch eine erfolgreiche Spekulation gegen das britische Pfund. Inzwischen betätigt er sich als Philanthrop und hat über eine Milliarde US $ zur Förderung ‚offener demokratischer Gesellschaften‘ vor allem in Osteuropa gespendet. Gerade wegen ihrer Attraktion und ihres Beispielcharakters für Osteuropa dürfe die EU nicht scheitern.

Leider sei Europa keine Erfolgsgeschichte mehr. Es sei eine Illusion zu glauben, dass Griechenland je in der Lage sein wird, seine Schulden zurückzuzahlen. EZB-Präsident Mario Draghi habe zwar die Märkte beruhigt. Die Probleme seien jedoch nicht gelöst. Europa müsse seine Stärke gemeinsam zur Geltung bringen, etwa in Form von Eurobonds. Deutschland müsse zu einem ‚wohlwollenden Hegemon‘ werden. Das entspräche dem, was die USA mit dem Marshall-Plan bewirkten. Deutschland spiele sich in Europa auf wie die Tea Party in Amerika. Es schließe sich ab und denke nur an seinen Vorteil.

Deutschland müsse mehr in die marode Infrastruktur des eigenen Landes investieren, was dann auch den Partnern zugute käme. Die Provinzialität der politischen Klasse würde der wirtschaftlichen Bedeutung des Landes nicht entsprechen.

Henryk Broders Spötteleien

Broder (Jahrgang 1946) ist ein aus Kattowitz in Polen stammender Publizist, der in Berlin, Hamburg und Israel lebt. Broders Buch rechnet mit Europa als einem großen Fehlschlag ab. Broder lässt kaum ein gutes Haar an den Institutionen der EU (Parlament, Kommission, Direktorate) oder an den europäischen Politikern (Rats-, Kommissions- und Parlamentspräsident).

Das Parlament sei überdimensioniert (766 Abgeordnete), aber machtlos. Es rotiere wie ein Wanderzirkus zwischen Brüssel und Straßburg. Die Kommission sei ein bürokratisches Monster (50.000 Beamte), kümmere sich aber mehr um Nebensachen (z.B. Krümmung von Gurken) als um echte Probleme (z.B. Jugendarbeitslosigkeit in Südeuropa). Die Kommission wisse nicht, was sie wollen soll. Dabei bezögen über 4.000 Beamte ein höheres Gehalt als die deutsche Bundeskanzlerin.

Die europäischen Politiker würden oft ‚dummes Zeug reden, ohne sich dafür zu schämen‘. Dabei verfüge jeder der drei Spitzenpolitiker (van Rompuy, Barroso, Schulz) über einen Stab von etwa 40 Mitarbeitern. Brüssel erinnere ihn an Systeme, die kurz vor ihrem Verfall ihre eigene Propaganda als Wahrheit ansahen (wie die DDR oder die Sowjetunion). Er rät davon ab, neue Aufgaben an Brüssel zu übertragen oder die Union zu vertiefen. Eine Verschnaufpause oder Auszeit sei angebracht. Das Problem sei nur: Die nächste Krise kommt bestimmt und wartet nicht.

Ein bisschen eigener Senf

Der derzeit schwelende Konflikt zwischen Russland und dem Westen über die Ukraine dient vielen Kommentatoren dazu, über die außenpolitische Schwäche der EU zu lamentieren. Ich halte dies für etwas unüberlegt, um nicht zu sagen leeres Gerede. Nicht nur ist jede Krise anders. Jede Krise enthält vor allem eine Chance, darüber nachzudenken, wie man für ähnliche Situationen aufgestellt sein möchte. Eine politische Organisation ist wie jede Organisation ein Mittel zum Zweck (klingt durchaus nach Pragmatismus!). Die Frage ist, wäre eine anders organisierte EU in einer besseren Verhandlungsposition. Ich tendiere dazu, dies zu verneinen.

Die Länder, die direkt verhandeln (Deutschland, England, Frankreich und Polen), tun dies in Abstimmung mit der Kommission. Sie lassen sich allerdings nicht von Brüssel vorschreiben, ob, wann und wie sie aktiv werden. Ich bin überzeugt, dass Angela Merkel anders mit Wladimir Putin reden kann, als dies EU-Präsident Barroso tun kann. Das liegt nicht nur daran, dass Merkel und Putin sich beide sowohl in Russisch wie in Deutsch deutliche Worte sagen können. Barroso beherrscht keine der beiden Sprachen. Das ist aber nur ein oberflächlicher Grund. Ein mittelgroßes Land wie Deutschland kann anders gegenüber einem großen Land wie Russland auftreten als die EU. Nur dann, wenn die Zahl der Panzer entscheidet, ist die Stärke eines Partners von Vorteil. Das ist aber nicht (mehr) der Fall, auf den es ankommt. Anders ausgedrückt, meist ist eine Netzorganisation (engl. mesh, web) einer hierarchischen Struktur überlegen.

Die Regulierungswut sollte als Fehlentwicklung anerkannt werden und unnötige Vorschriften schnellstmöglich abgeschafft werden. Edmund Stoiber, der angeblich diesen Auftrag hat, scheint zu resignieren. Wenn dies der Fall ist, sollte jemand anderes einspringen. Ob es wirklich nötig ist, die Doppelspitze bestehend aus Rats- und Kommissionspräsident langfristig zu haben, sollte hinterfragt werden. Auch ein unpolitischer Kommissionspräsident könnte die Sitzungen der Länderchefs vorbereiten und leiten. Da alle Mitgliedsstaaten ohnehin Vertretungen vor Ort haben, könnte man die Zahl der Sitzungen der Regierungschefs sehr leicht auf 2-3 pro Jahr reduzieren.

Da es so schwer zu sein scheint, ein Narrativ, also eine emotional verbindende Erzählung zu finden, sollte man das Suchen nach ihr für die nächsten 10 Jahre einstellen. Man sollte sich im Gegenteil bemühen, die Verantwortung und die Funktion der Kommission einzuschränken auf solche Dinge, von deren Nutzen alle Mitgliedsstaaten überzeugt sind. Dabei könnte die pragmatische Herangehensweise der Briten als Richtschnur dienen. Die Schaffung von Institutionen oder die Einführung von Regulierungen sollten – genau wie die oben erwähnte Gestaltung von Organisationen – nie Selbstzweck sein, sondern nur Mittel zum Zweck. Man muss sie hin und wieder in Frage stellen dürfen.

Am 5.3.2014 schrieb Otto Buchegger aus Tübingen:
 
Ich habe vor einiger Zeit mir auch dazu Gedanken gemacht. Sie finden sie hier. Allerdings sehe ich keine Änderung in den Strukturen und wandle mich vom begeisterten Europäer zum skeptischen Europakritiker.

5 Kommentare:

  1. Am 5.3.2014 schrieb Hartmut Wedekind aus Darmstadt:

    Ich glaube man muss nach den Bindungskräften fragen, man kann auch gemeinsame Interessen sagen. Meinetwegen auch "What do we share?" Die wichtigste Bindungskraft in den Vereinigten Staaten ist die dominante Sprache "Englisch". Unvorstellbar wären die USA mit einer Sprachvielfalt wie in Europa.

    Als "lingua franca europaea" bleibt in der EU doch nur Englisch, als Kommunikationssprache. Die Kultursprachen mögen bleiben, was sie sind. Bloß das allen klar zu machen. Wenn einer sagt, ich spreche Europäisch, dass er dann Englisch meint. Europa ist ein "mental problem". Zu lösen nur von oben nach unten.

    Ein weiter Weg. Narratives, aber da gibt es ein "Kannitverstaan" und erzählt wird nicht über Sprachgrenzen hinweg.

    Demnächst fahre ich mit dem Rotary Club Nürnberg zu unserem Partnerclub nach Paris. Erster Punkt der Tagesordnung: Einladung in Familien. Ich fahre mit. Meine Frau bleibt hier. Die ist es leid, das Radebrechen im Französischen. Die Franzosen sitzen da wie die Paschas. Kein Wort Deutsch. Kein Wort Englisch. Ich krieg ja noch ganze Sätze heraus, wenn ich sie mir vorher zusammenbauen kann. Bei rücksichtslosem schnellen Reden bin ich natürlich vollkommen überfordert und brauche einen Übersetzer.

    Sie sehen, was ich meine. Was soll Europa, wenn wir uns noch nicht einmal unterhalten können? Der Unterschied zwischen Kommunikationssprache (z.B. Englisch) und Kultursprache (das ist die jeweilige Muttersprache) müsste doch eigentlich jedem klar sein.

    In dieser Sache müssten Vorschläge aus dem Politischen kommen. Ist es denn so schwierig, am Anfang eines langen Prozesses z.B. Englisch (meinetwegen auch Französisch) als eine gemeinsame, zweite Parlamentssprache in allen EU-Parlamenten einzuführen? Antwort: Ja, das ist schwierig, oder anders formuliert: Noch nicht einmal das können die Europäer. Ohne gemeinsame Sprache wird aus Europa nichts. Was im Mittelalter ging, geht heute nicht mehr. Eigentlich erstaunlich. Und dabei reden die Europäer von ihrem hohem Bildungsniveau. Große Worte mit wenig Substanz.

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  2. What I miss today in discussions about Europa as a political entity is the initial driving force behind it - suppression, perhaps elimination of war between highly experienced battle adversaries that ran over hundreds of years. England, France, Spain, Germany, Austria, Netherlands, Germany, Italy, Russia. Not long ago "Erbfeind" characterized the relations between shifting alliances of the group. The attempt to make an end of that started around the core of France & Germany in a time when the majority of each population remembered massive destruction of lands, cities, people, history, and culture. It requires enormous powers of imagination to even slightly call that period back into sight. After the German/French start, the effort expanded to include the other countries (and more!) at different levels except Russia.

    I fear that the effort has gone beyond what can be permanently achieved, and puts at risk what has been achieved.

    I feel that Germany has a special responsibility (as Geldgeber) to maintain fiscal discipline of the apparatus of Europa. The Union nearly fell apart over Greece.

    The diversity of European States poses a big challenge to the Union - a challenge, like racial disparity in the USA - that must be addressed successfully every new generation.

    "The United States of Europe" is WAY WAY OFF, if at all, in the future: A Fata Morgana that obstructs view of the necessities of the moment.

    Calvin Arnason

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  3. Am 5.3.2014 schrieb Peter Hiemann aus Grasse:

    ich kann mich des Eindrucks nicht erwehren, dass von den für die europäische Situation Verantwortlichen gehäuft Aussagen gemacht werden, die man getrost unter der Kategorie „Rhetorik“ ablegen kann. All die schönen Worte über europäische „Leitmotive wie gemeinsame Werte, Frieden, Freiheit, Demokratie und Wohlstand“ werden Europa als handlungsfähige Einheit kaum voranbringen. Ich bezweifle auch, dass die „beruhigenden“ Aussagen ihren Zweck erreichen werden, die Europäer im Mai zu motivieren, an den Wahlurnen über die schönen Leitmotive abzustimmen.

    Die wirklich wichtigen europäischen Themen, die in europäischen Staaten unterschiedlich bewertet werden, betreffen ökonomische Situationen und Fragen zur Sicherheit. Konkret handelt es sich um die Lösung von existierenden Problemen wie Arbeitslosigkeit, Finanzsystem, Migrationen, Korruption und potentielle Terrorismusängste.

    Ich kenne niemanden, der dem europäischen Parlament oder dem europäischen administrativen Apparat zutraut, Lösungen für real existierende Probleme zu liefern oder gar durchzusetzen. Auch die Einrichtung einer europäischen diplomatischen Vertretung hat sich meines Erachtens nicht bewährt. Die EZB ist die einzige europäische Institution, der eine wichtige Funktion zukommt. Vielleicht erfüllt der Europäische Gerichtshof eine wichtige Rolle als Instanz, internationale Rechtsstreitigkeiten zwischen EU-Staaten zu verhandeln.

    Es lohnt sich sicher, auch Einschätzungen zur Diskussion zu stellen, ob und wie spezielle deutsche Interessen von der Regierung in Berlin mit Zielsetzungen der EU in Einklang gebracht werden, oder nicht.

    Dass sich Frau Merkel nicht dafür einsetzen will, zum Ausgleich ökonomischer Ungleichheiten in EU-Staaten federführend beizutragen, wird sich langfristig als Fehleinschätzung erweisen. Ich habe den Eindruck, dass Frau Merkel den Unterschied zwischen Schulden und moralischer Schuld von EU Staaten nicht ausreichend berücksichtigt.

    Die derzeitige europäische außenpolitische Ohnmacht gegenüber Putins außenpolitischen Plänen beruht nicht nur auf dem Mangel europäischer Handlungsoptionen. Mir scheint, dass die Ohnmacht der deutschen Aussenpolitik in der derzeitigen Ukrainekrise vorhersehbar war. Letztlich haben Putins Pläne gravierende Konsequenzen für deutsche ökonomische Interessen.

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  4. Noch am 5.3.2014 schrieb Hartmut Wedekind aus Darmstadt:

    Ich treib so meine Spielchen. Erschreckend ist es trotzdem, über das europäische Babylon nachzudenken. Daher: Ein numerisches Plädoyer für eine Kommunikationssprache mit Übersetzungen in diverse europäische Kultursprachen in Brüssel.

    Haben wir zwei Kultursprachen (n=2), so brauchen wir zwei Übersetzertypen (ü=2). Hinein in eine Kultursprache und heraus aus einer Kultursprache.

    Bei n=3 ist ü = 6. Bei n=4 ist ü =12. Und allgemein bei n=N ist ü = N(N-1) = N hoch 2 - N. Die Zahl der Übersetzertypen wächst quadratisch O(N hoch 2).

    Nehmen wir an, wir hätten In Brüssel N= 20 europäische Sprachen, so sind 20(20-1) = 380 Typen von Übersetzern erforderlich. Hätten wir eine Kommunikationssprache, in die die Übersetzer hinein und heraus übersetzen, so lautet die Entwicklung:

    n=1 , ü=2. n=2, ü=4. n=3, ü= 6. Und allgemein für n=N , ü = 2N. Die Zahl der Typen wächst linear O(N)

    Bei N=20 sind in Brüssel nur 40 Übersetzertypen erforderlich. Wir sparen 380-40 = 340 Typen. Hinzu kommt, dass mit jeder Übersetzung Semantik verloren geht (unvermeidbare Übersetzungsverluste).

    Mein Argument: Es sind die Sprachen im kommunikativen Bereich, die zur Stagnation führen.

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  5. Das Buch von Broder ist, wie gesagt, voll lustiger Geschichten. Eine möchte ich nachtragen. Die hat selbst Broder beeindruckt, weil hier jemand ehrlich seine Meinung sagt. Er fragte den (inzwischen verstorbenen) Ex-Kommunisten, Ex-Philosophen und Ex-PDS-Vorsitzenden Lothar Bisky, damals 72, wie es ihm im EU-Parlament gefalle. Die Antwort ‚Wunderbar. Kein Krach, keine Blessuren, ein schöner Abschied von der Politik‘. Er plapperte nichts von europäischen Werten oder Verantwortung für die Zukunft. Sein Job wurde mit 8000 Euro plus Spesen vergütet, pro Monat. Ganz ordentlich für jemanden, der in Schildau wohnte. Schildau ist übrigens der Ort in Nordsachsen, wo die berühmten Schildbürger einst Politik betrieben haben sollen.

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