Einer der im Titel
genannten Begriffe kam schon in einem früheren Beitrag vor. Als Pionier des
Gebiets und früher Nutzer des Begriffs Virtuelle Realität in der Informatik ist uns Jaron Lanier begegnet. Die Erweiterte Realität ist eine andere Anwendungsform, die in den letzten
Jahren an Bedeutung gewonnen hat. Beide Gebiete sind nur durch die Benennung
miteinander verwandt. Beide sind technisch sehr reizvoll und verdienen daher eine bewertende Betrachtung.
Virtuelle Realität
Wie ich in einer
Nachbemerkung zu Laniers letztem Auftritt in Deutschland schrieb, ist Virtuelle
Realität (engl. virtual realitiy, kurz VR) an sich ein Oxymoron, ein Widerspruch
in sich, eine Contradictio in adjecto. Wie in einem früheren Beitrag definiert, ist virtuell das Gegenteil von
real. Es ist ein eklatantes Beispiel dafür, wie die natürliche Sprache schon
mal missbraucht wird, um den Bedürfnissen der technischen Welt gerecht zu
werden. In seinem Buch von 2010 [1] hatte Lanier beklagt, dass durch das
Internet diese Art von Anwendungsmöglichkeiten in den Hintergrund gedrängt
würde. Er war nämlich um 1980 überzeugt, dass durch die VR-Technik in ferner
Zukunft einmal neue Erlebniswelten, ja sogar auch neue Kunstformen entstehen
würden. Die Schuld dafür, dass dies nicht geschah, gab er dem alles überwältigenden Erfolg des
Internet. In der Besprechung dieses Buches hieß es:
Was entstanden ist, sei eine
massenhafte Verbreitung klassischer Informationen, also von Texten, Fotos,
Musik und Filmen. … Jeder kann heute Beitrage zu dieser unendlichen
Weltbibliothek leisten. Es sind keine Investitionen in teure Geräte mehr nötig.
Vor allem aber werden keine Spezialisten, also keine Experten mehr gebraucht.
Jeder kann ein Video erstellen und verbreiten, welches dann von Millionen
Menschen auf der ganzen Welt konsumiert werden kann.
Mittels eines VR-Systems wird einem Nutzer der Eindruck vermittelt, dass er sich in dem von einem Rechner projizierten Bild oder Raum aufhält und mit den dort befindlichen Objekten interagiert. Der stereoskopische Effekt wird erzielt, indem jedem Auge ein entsprechend modifiziertes Bild zugeführt wird. Dazu ist unter Umständen erheblicher Rechenaufwand erforderlich. Es sind aber auch mehrere Bildschirme nötig, von denen jeder nur von einem Auge gesehen werden kann.
Im Vergleich zu den vorher genannten klassischen Anwendungen erfordert VR schon durch den ‚Headmounted Display‘ einen unverhältnismäßig großen gerätetechnischen Aufwand gemessen an dem Wert der Anwendungen, die sich erschließen lassen. Von dem Software-Aufwand und der erforderlichen Rechnerleistung braucht man gar nicht erst zu reden. Entsprechende Anschaffungen und Entwicklungen scheinen daher bevorzugt für Hochschulen und Forschungseinrichtungen in Frage zu kommen. Auch psychologisch ist eine Schwelle zu überwinden, denn wer möchte schon den ganzen Tag in einer Art von Taucherglocke herumlaufen. Eine Alternative bieten Großbildleinwände.
Ein Großteil der VR-Forschung verschwand, als der so genannte KI-Winter ausbrach, der bekanntlich etwa 20 Jahre anhielt. Inzwischen versucht eine neue Generation von Entwicklern mit neuer Technik wieder langsam den Kopf zu heben. Ein Beispiel ist Oculus Rift, das bereits von Facebook aufgekauft wurde. Was daraus für die Milliarden von Facebook-Nutzern einmal entstehen soll, ist noch nicht abzusehen. Als potentielle Anwendungen von VR-Lösungen werden folgende Gebiete genannt: Bewertung von Prototypen, Ausbildung von Monteuren oder Piloten, Visualisierungen in Architektur, Chemie oder Medizin.
Im Vergleich zu den vorher genannten klassischen Anwendungen erfordert VR schon durch den ‚Headmounted Display‘ einen unverhältnismäßig großen gerätetechnischen Aufwand gemessen an dem Wert der Anwendungen, die sich erschließen lassen. Von dem Software-Aufwand und der erforderlichen Rechnerleistung braucht man gar nicht erst zu reden. Entsprechende Anschaffungen und Entwicklungen scheinen daher bevorzugt für Hochschulen und Forschungseinrichtungen in Frage zu kommen. Auch psychologisch ist eine Schwelle zu überwinden, denn wer möchte schon den ganzen Tag in einer Art von Taucherglocke herumlaufen. Eine Alternative bieten Großbildleinwände.
Ein Großteil der VR-Forschung verschwand, als der so genannte KI-Winter ausbrach, der bekanntlich etwa 20 Jahre anhielt. Inzwischen versucht eine neue Generation von Entwicklern mit neuer Technik wieder langsam den Kopf zu heben. Ein Beispiel ist Oculus Rift, das bereits von Facebook aufgekauft wurde. Was daraus für die Milliarden von Facebook-Nutzern einmal entstehen soll, ist noch nicht abzusehen. Als potentielle Anwendungen von VR-Lösungen werden folgende Gebiete genannt: Bewertung von Prototypen, Ausbildung von Monteuren oder Piloten, Visualisierungen in Architektur, Chemie oder Medizin.
Erweiterte Realität
Bei dem deutschen
Begriff der Erweiterten Realität ̶ mit
großgeschriebenen Attribut ̶ (engl.
augmented reality, kurz AR) vermied man die Schaffung eines einprägsamen Wortpaares,
was große Nachteile hat. Man benutzt daher meist das englische Wortpaar, um
überhaupt eine Chance zu haben, verstanden zu werden.
AR ist eigentlich keine Informatik, also keine Computergrafik, im engeren Sinne. Man versteht darunter die Ergänzung von Bildern oder Videos mit computererzeugten
Zusatzinformationen oder durch Einblendung oder Überlagerung mit zusätzlichen
Objekten. Ein bekanntes Beispiel sind Fußball-Übertragungen, bei denen bei Freistößen
die Entfernung zum Tor eingeblendet wird. AR-Anwendungen sind meist sehr
praktisch und erfordern nur geringe Mehrkosten. Andererseits sind auch futuristische
Anwendungen vorstellbar, wo Geräte oder Personen eingeblendet werden, die in
der Realität nicht existieren.
Eine typische
technische Anwendung ist die Steuerung von Montagearbeiten durch das sukzessive
Einblenden des nächsten zu montierenden Bauteils. Auch in der Medizin gibt es
Anwendungen in der Form, dass einem Chirurgen Daten, die von Tomographie- oder
Ultraschallgeräten gewonnen wurden, während einer Operation eingeblendet
werden. Das von Google vor kurzem vorgestellte Produkt mit dem Namen Google
Glass besitzt limitierte AR-Funktionen. Auch Smartphone können entsprechend
eingesetzt werden.
Lob der Computergrafik
Generell kann AR
dazu verwandt werden, geometrische Planungsdaten mit der geometrischen Realität
zu vergleichen und beide aufeinander abzustimmen. Wie Jose Encarnaçao in einem
Interview in diesem Blog schon vor Jahren sagte, ist der Mensch ein
‚Augentier‘. Deshalb, so fährt er fort:.
… werden Visualisierung sowie
interaktive, multimediale und multimodale Kommunikation immer wichtiger, wenn
es um Benutzbarkeit, Bedienbarkeit und Akzeptanz von rechner-unterstützten
Leistungen und Dienstleistungen in unserer vernetzten, allgegenwärtigen
Informationsgesellschaft geht. Dieses Arbeitsgebiet ist deshalb eine
Basistechnologie und ein Ermöglicher (engl. ‚enabler‘) für viele Erfindungen,
sowie für neue Entwicklungen und neue Anwendungen, die uns auch für die Zukunft
bevorstehen.
Außer der visuellen
Wahrnehmung besitzt der Mensch noch den akustischen und haptischen Sinn, mit
denen Informatikanwendungen ebenfalls interagieren können. Insgesamt erfolgt
jedoch über 70% unserer Interaktion mit der Umwelt durch visuelle
Kommunikation.
Zusätzliche Referenz
- 1. Lanier, J.: You Are Not a Gadget. New York: Knopf 2010. Rezension von A. Endres im Informatik-Spektrum 33,3 (2010), 332-333
Soeben schrieb Hartmut Wedekind aus Darmstadt:
AntwortenLöschenengl. to augment = u.a. auch ergänzen.
Das wäre eine genauere Übersetzung und sicher besser als „erweitern“. Beispiel: Putin hat sein Land durch die Krim erweitert. Hat er sein Land auch ergänzt? Er behauptet das sicherlich.
„Erweitern“ ist schlicht extensional, „ergänzen“ eben nicht. In „ergänzen“ steckt „Intensionalität“ und auch „Intentionalität“. Erweitern kann jeder, weil es schlicht ist. Ergänzen kann aber noch lange nicht jeder. Zum Ergänzen braucht man Kenntnisse über den Gegenstand, der ergänzt wird. Ist das zu subtil? Sprache ist halt ein wundersames Ding.
NB (Bertal Dresen): Deshalb wundert es mich auch, dass es Leute gibt, die sich 'wissenschaftlich' mit Sprache beschäftigen. Aus Küchenabfällen kann man mindestens so viel über ein Volk lernen. Das gilt insbesondere dann, wenn es sich um ein älteres Volk handelt.