Es gibt Begriffe, die durch Übernutzung geradezu
ihres Sinns entleert werden. Sie verkommen zur Worthülsen. Jeder füllt sie mit
Inhalt, der ihm gerade passt. Leider kann ich nicht umhin, das Wort Bildung in
dieser Kategorie zu sehen. Mir ist es nämlich inzwischen zuwider, wenn Leute
immer nur mehr Bildung fordern und nichts gesagt wird über die Inhalte. Meines
Erachtens sollte es immer heißen 'Bildung zu etwas' oder 'Bildung in etwas'.
Man fordert doch auch nicht Änderung nur um der Änderung willen, von einigen
Berufsrevolutionären abgesehen. Zumindest muss gesagt werden, ob es nur um die
Anhäufung von esoterischem Wissen geht oder auch um praktische Fähigkeiten. Was
nützen Kenntnisse in Kirchenlatein oder in Altgriechisch, wenn man ein Auto reparieren
oder einen Blinddarm operieren will? Wer das Wort Bildung in den Mund nimmt, suggeriert
bei uns einen guten Zweck. Wer Geld für Bildung fordert ̶ insbesondere öffentliches Geld ̶ der sollte
sagen müssen für welche Art von Bildung.
Qualifikation statt Bildung
Man käme meiner Vorstellung näher, wenn
man statt Bildung das Wort Qualifikation verwenden würde, immer dann, wenn mehr
als Grundschulbildung gemeint ist. Hier ist die Frage des Wofür stets
impliziert. Niemand qualifiziert sich für alles. Bei jeder sportlichen
Qualifikation gibt es eine Norm, die erreicht werden muss. Das bekannteste
Beispiel ist die Olympia-Norm. Sie wird für jede Disziplin und für jede
Olympiade neu festgelegt. Seit der Aufklärung, also seit dem 18. Jahrhundert,
ist es nämlich unmöglich, in allem gebildet zu sein. Es gibt nur noch Spezialisten.
Viele deutsche Bildungspolitiker
scheinen zu glauben, dass der Preuße Wilhelm von Humboldt (1767-1835) alles zum Thema gesagt habe, was man wissen müsste. Ihm
reichte es, den Gebrauch des eigenen Verstandes
̶ oft mit der Vernunft gleichgesetzt ̶ zu lernen und
so viel Wissen über die Welt aufzusaugen, wie möglich. Eine Universität dürfe
sich nicht dafür hergeben, die Bedürfnisse eines Berufs oder die Wünsche der
Wirtschaft zu erfüllen. Was man dafür benötige, darum sollte sich der Einzelne oder
die Wirtschaft selbst kümmern. Es sei nicht Sache des Staates. Das war genau
passend für einen von vorwiegend adligen Beamten und Offizieren geleiteten
Staat. Es ist heute zum Glück anders. Aber der liebe Baron Humboldt wird weiter
bemüht.
Ich neige zu der geradezu konträren Meinung,
dass es den Staat primär ̶ wenn nicht
sogar ausschließlich ̶ interessieren
sollte, dass seine Bürger für berufliche und fachlich anspruchsvolle
Tätigkeiten vorbereitet (also qualifiziert) werden. Alles, was darüber
hinausgeht, wie das Erlernen von Hobbies oder künstlerischer Fähigkeiten, sollte
Privatsache sein. Oft hört man auch die Meinung, dass Bildung das ist, was man
selbst tut, alles andere wäre Ausbildung. Das entspricht teilweise meiner
Auffassung, sofern man Ausbildung mit Qualifikation gleich setzt. Nur schließt es
den Autodidakten aus, d.h. den Menschen, der ohne von andern geführt zu sein,
aus eigener Willenskraft sich dazu aufrafft, nützliche Fähigkeiten zu erlernen.
Lehr- und Lerninhalte
Idealisten und Utopisten träumen davon,
dass ein Mensch umso besser dran ist, je mehr er weiß. Sie betrachten nicht nur
die Kapazität unseres Gedächtnis als unbegrenzt, sie messen auch Wissen einen
Wert zu, unabhängig davon, um was es geht. Je mehr Wissen ein Mensch besitzt,
umso besser sei es für ihn. Schon die Bibel hat vor dieser Hybris gewarnt.
Engel, die mehr wissen wollten als Gott zuließ, landeten in der Verdammnis.
Heute kann man sich nur wundern, wie weit diese Form der Arroganz verbreitet
ist. Allwissenheit steht dem Menschen nicht zu. Dies nicht zu wissen, ist eine Dummheit.
Die Lehr- und Lerninhalte (auch als
Bildungsinhalte bezeichnet) sollten sich nur nach den Fähigkeiten richten, die
ein Mensch erwerben will oder soll. Will jemand Chemiker werden, muss er
Einiges über Chemie wissen. Will er Kaufmann werden, sollte er andere Dinge
wissen. Wissen zu erwerben hat keinen Sinn, wenn man es nicht braucht. Es ist
nicht Selbstzweck. Das Wissen eines Fachgebiets dient dazu entsprechende
fachliche Leistungen zu erbringen. Nur in Ausnahmesituationen muss ein Facharzt
auf einem anderen Gebiet aushelfen.
Begriff Wissen
Manchmal gerate ich an Kollegen, die
Wissen als Abstraktum begreifen. Sie klammern sich dabei an die Sprachtheorie
und glauben dort Verlässliches zu erfahren. Wissen ist meines Erachtens ebenso
wenig abstrakt wie Wasser oder Luft. Im Konkreten sind alle drei jederzeit
leicht zu bemerken und zu erfassen. Nicht nur das Vorhandensein (die Existenz)
lässt sich bestimmen, auch ihr Ausmaß (die Quantität) lässt sich messen. Im
Übermaß können sie sogar Schaden anrichten, bei Wasser und Luft etwa in Form
von Überschwemmungen oder Wirbelstürmen. Auch zu viel Wissen kann manchmal
schädlich sein (engl. considered harmful). Unter der Lupe betrachtet, bestehen
Wasser und Luft aus Atomen. Wissen besteht aus elementaren Aussagen der Art: ‚Vögel
nennt man Tiere, die fliegen können. Der Strauß kann nicht fliegen, ist aber
trotzdem ein Vogel, da es seine Vorfahren konnten.‘
Wissen ist eine Ansammlung für wahr
gehaltener Aussagen, über die einzelne Menschen oder die Menschheit als Ganzes
verfügen. Bei Wissen ist es wie bei Arzneien. Bei dem einzelnen Patienten kommt
es auf die richtige Dosis zum richtigen Moment an. Daneben zu greifen ist
leichter als zu treffen. Für die Menschheit als Ganzes kann es nicht genug
verschiedene Arzneimittel geben, am besten für jeden Menschen ein anderes.
Dabei ist ein einzelnes Medikament allein meist nicht ausreichend. Einen jungen Menschen
mit Wissensmüll zu belasten, sollte endlich verboten werden. Kein Kinderarzt
pumpt ein Kind voll mit Pharmazeutika.
Praktisches und anderes Wissen
Je mehr jemand um das tägliche
Sattwerden besorgt ist, je mehr praktische Dinge muss er beherrschen und
wissen. Ein Bauer musste früher nur den Boden bearbeiten können und den
Vegetationszyklus kennen. Heute muss er sich zusätzlich mit künstlichen
Düngemitteln, künstlicher Besamung und dergleichen auskennen, insbesondere aber
mit den gerade von der EU durchgeführten Fördermaßnahmen. Wer nicht an das
tägliche Überleben denken muss, sollte seine Fähigkeiten dafür einsetzen,
andere wichtige Aufgaben der Menschheit in Angriff zu nehmen. Welche Aufgaben
dies sind, sollte die so genannte höhere Bildung vermitteln. Das ist schwierig
und heikel, da man diese Information sich meist selbst erarbeiten muss. Wie im
nächsten Abschnitt ausgeführt, können manchmal andere Zeitgenossen uns helfen. Aristoteles
und Kant, aber auch die beiden Brüder Humboldt, haben dazu sehr wenig
überliefert.
Wissen, das sich nicht in Können ausdrückt,
hat nur akademischen Wert. Aber auch ein Könner, der nicht willens ist sein
Können praktisch anzuwenden, ist im Grunde ein Parasit. Er belastet den Rest
der Gesellschaft. Ob jemand sich das Recht herausnehmen darf, nützliche
Fähigkeiten brachliegen zu lassen, ist eine ethische Frage. Ich erspare mir die
Beantwortung. Für manche Menschen ist es eine Überforderung, lebenslang lernen
zu müssen. Sie möchten möglichst schnell ein Plateau erreichen, von dem aus das
Leben leicht zu bewältigen ist. Sie möchten nicht ewig die Schulbank drücken.
Dies nicht anzuerkennen, ist ein Fehler.
Kanon des Wissens
Im April 2013 hatte ich zuletzt in diesem Blog über
konkrete Inhalte von schulischen Bildungsplänen diskutiert. Der unglaubliche
Erfolg, den der Englischlehrer Dietrich Schwanitz (1940-2004) mit seinem Buch ‚Bildung - Alles, was man wissen muß‘ hatte, stand
noch im Raum. Er hatte seinen Leserinnen und Lesern empfohlen sich auf
Literatur, Kunst, Musik und Philosophie zu beschränken. Natur- und
Ingenieurwissenschaften seien eh langweilig und für die gesellschaftliche
Konversation ungeeignet. Versuche, dem Schwanitzschen Erfolg literarisch etwas
entgegen zu setzen, schlugen fehl.
Jede Zeit muss die Diskussion neu
führen, was zum Kern des Wissens gehört, das von einer Generation an die
folgende weitergegeben werden sollte. Sie muss den Kanon, also die Richtschnur,
neu festlegen. Ich bin mir sicher, dass dabei Autoren wie Schwanitz nicht das
letzte Wort haben. Nicht zuletzt dank Schwanitz haben sich nämlich Naturwissenschaftler
und Techniker dazu aufgerafft, sich mehr an der öffentlichen Diskussion zu
beteiligen. Die Abkürzung MINT (für Mathematik, Informatik, Naturwissenschaft
und Technik) erscheint immer öfter in den Medien. Das sollte allerdings nicht
zur Folge haben, dass jetzt Ökonomie und Medizin sich übergangen fühlen.
Festzuhalten ist, dass nicht die Verbraucher den Markt strukturieren, sondern
die Anbieter, so wie überall in der Wirtschaft. Jeder heutige Beruf wirbt mit
Vorliebe nur um Nachwuchs für seinen Beruf. Ein Bäcker wirbt für den
Bäckerberuf, ein Jurist für das Jurastudium. Kein Berufsfremder ist authentisch.
Lehr- und Lernmethoden
Wie man am besten Fähigkeiten und das
dazu gehörige Wissen erwirbt, variiert sehr stark von Individuum zu Individuum.
Dennoch ist es sinnvoll, nach Methoden zu suchen, die bei möglichst vielen
Menschen Erfolg haben. Oft wird in der Aus- und Weiterbildung Technik der
Technik wegen propagiert. Das ist genauso falsch, wie jede neue Technik, die
Menschen ersetzt oder seine Möglichkeiten erweitert, zu verteufeln.
Es kommt darauf an, Wissen und Können
zeitnah, bedarfsgerecht und kostengünstig zu vermitteln. Wenn dies Menschen
besser können als Maschinen, sollen es Menschen tun. Wo Maschinen, also
Computer, dies um Klassen besser tun können als Menschen, sollen Maschinen dies
tun dürfen. Natürlich sollte jeder sich die Methode des Lernens und das Tempo
selber auswählen können. Das artet möglicherweise in einen Luxus aus und sollte
dann bezüglich der Kosten nicht auf die Allgemeinheit umgelegt werden. Es
sollten weder privilegierte Methoden noch privilegierte Empfänger geben. Ein
privater Hauslehrer war früher in Adelskreisen die Regel. Heute kann sich ihn
kaum noch jemand leisten. Ein physisch anwesender Lehrer für kleine lokale
Gruppen wird bald genauso selten sein. Wer ihn trotzdem haben will, sollte
bereit sein, dafür die Mehrkosten zu übernehmen.
Private oder öffentliche Verantwortlichkeiten
Wo und wann die Vermittlung bestimmter
Qualifikationen bevorzugt behandelt wird, das sollte offen diskutiert werden.
Es sollte sich danach richten, welche Qualifikationen für die Gesellschaft wichtig
sind. Individuen dürfen sich jedoch frei entscheiden, welche Qualifikation sie
erwerben möchten. Es besteht freie Wahl des Berufes sowie der Hobbies.
Wird gefragt, wer für Bildungsausgaben
zur Kasse gebeten werden soll, dann sind bei uns die Meinungen ziemlich
eindeutig. Nachdem eine Weile lang auch die Meinung Gehör fand, dass dafür der
Einzelne oder das Elternhaus eine gewisse Verantwortung trage, ist diese
Meinung derzeit eher unpopulär. Wenn es Eltern trotzdem tun, ist die
Gegenpropaganda sehr aggressiv. Bildung ließe immer noch zu sehr das Elternhaus
erkennen, heißt es. Jugendliche, die in bildungsfernen Elternhäusern
aufwüchsen, seien benachteiligt. Ich kann mich des Eindrucks nicht erwehren,
dass sich viele Eltern zwar ihrer Rechte bewusst sind, ihre Pflichten jedoch
gerne der Gemeinschaft zuweisen.
Wenn ein Staat sagt, er weiß besser als
die Eltern, was den Kindern nützt, dann ist die Gefahr groß, dass sich Eltern
wenig Mühe mit der Erziehung der Kinder geben. So liegt der Unterschied zwischen
Deutschland und den USA unter anderem darin, dass Familien in den USA einen
signifikanten Teil ihres Einkommens in die schulische Ausbildung der Kinder
investieren. In vielen asiatischen Ländern ist es ebenso. In Deutschland neigen
manche Jugendliche eher dazu zu sagen, was nichts kostet, kann auch nicht viel
wert sein. Es kommt darauf an, dem entgegen zu steuern. Wenn sich der Staat zu
sehr um die Bildung junger Menschen kümmert, müssen wir Deutsche immer an die Nazis
oder an Margot Honecker denken. Es war eine Erlösung, als wir beide loswurden. Ein
Staat, der Qualifizierung anbietet, aber keine dem auch entsprechenden Jobs
schafft, schafft sich ein Problem. Es sucht sich Lösungen durch Auswandern oder Aufstand. Einige arabische
Länder wie Ägypten und Tunesien sind in genau dieser Situation.
Sicht der Sprachphilosophie und
Wissenschaftstheorie
Im Zusammenhang mit einer Diskussion
über die Integration arabischer Flüchtlinge in unser Wertesystem verwies mein Konstanzer Kollege
Erich Ortner auf die besondere Relevanz der Bildungsvorstellungen deutscher
Sprachphilosophen und Wissenschaftstheoretiker. Er warb dabei unter anderem für
Paul Lorenzen
(1915-1994), den Mitbegründer des Erlanger Konstruktionismus und dessen Buch Logische Propädeutik - Vorschule des
vernünftigen Redens (3. Auflage, 1996). Was in diesem Buch vermittelt
würde, sei die Ausbildung im richtigen Denken und Argumentieren. Das sei
schließlich die Grundlage jedweder Bildung. Unter anderem forderte er:
Ob Politiker, Bürger, Manager,
Software-Entwickler oder Wissenschaftler: Für alle sollten dieselben Regeln
einer "vernünftigen Argumentation", die sich ein jeder Mensch als
(Grund-)Bildung zunächst selbst aneignen muss, als Argumentationskultur gelten.
Man bildet sich (ein Leben lang) selbst, aber wird von anderen ausgebildet. Das
ist der entscheidende Unterschied. Sagen wir bis 30 sollte es für jeden
Menschen für diese (Selbst-)Bildung ein bedingungsloses Grundeinkommen geben. So
kämen wir auch zu emanzipierten Bürgern und Bürgerinnen in einer
"E-Demokratie mit "E-Partizipation".
Darauf erwiderte ich, natürlich leicht
überspitzend:
Ihre Ausführungen erinnern mich an Karl
den Großen, der glaubte, alles was er
̶ außer dem Schwertführen ̶
lernen müsste, sei die Rhetorik. Also richtiges Argumentieren.
Schreiben, Rechnen und dergleichen machen ja andere für ihn. Karl der Große
hatte damals vermutlich die gleiche Einstellung wie sein Zeitgenosse Harun al
Rachid und einige der heutigen arabischen Potentaten (oder einige syrische
Studenten). Wir im Westen sind inzwischen (teilweise) etwas anderer Ansicht. Es
hat uns auch über 1000 Jahre gekostet, um dahin zu gelangen.
Dieser kurze Austausch zeigt, wie
schwierig auch heute manchmal die Diskussion über Bildung sein kann, selbst
unter Kollegen desselben Fachgebiets. Dass man aneinander vorbeigeredet habe,
ist nur eine höfliche Umschreibung einer tiefer liegenden Problematik.
Sicht der ökosozialen Marktwirtschaft
Hartmut Wedekind schrieb:
AntwortenLöschenBei Ihnen steckt der Wittgenstein drin (siehe Philosophische Untersuchungen):
"§ 132. Die Verwirrungen, die uns beschäftigen, entstehen gleichsam, wenn Sprache leerläuft, nicht wenn sie arbeitet".
"§150. Die Grammatik des Wortes 'wissen' ist offenbar eng verwandt der Grammatik der Worte 'können', 'imstande sein'. Aber auch eng verwandt der des Wortes 'verstehen'. (Eine Technik 'beherrschen'.)"
Bemerkung: Wittgenstein benutzte den Begriff "Grammatik" u.a. auch im Sinne von "Wortfeld". Also in §150 kann es dann auch heißen: Das Wortfeld "wissen" ist offenbar eng verwandt dem Wortfeld "können", "imstande sein".
Es ist die klassische Dichotomie der Two Cultures von C P Snow, hie Wiss./Technik, hie Geisteswissenschaft (das schöne deutsche Wort)!
LöschenDer deutsche Wikipedia-Artikel sagt es prägnant:
Quote: Snow zufolge stehen sich die beiden intellektuellen Denkwelten so diametral entgegen, dass eine Verständigung nicht mehr möglich sei. Dabei schreibt Snow den Geisteswissenschaftlern eine pessimistische, der Vergangenheit zugewandte und „im tieferen Sinne antiintellektuelle“ Geisteshaltung zu, der eine vorausblickende, optimistische Naturwissenschaft gegenüber stehe. Diese Dichotomie zwischen Naturwissenschaft (Erklären) und Geisteswissenschaft (Verstehen) spielt auch im Methodenstreit eine Rolle. In seinem Werk Die dritte Kultur (1995) verneint John Brockman den Optimismus Snows, dass eine effektive Kommunikation zwischen den beiden Kulturen in Sicht sei.
„Der Punkt, an dem zwei Themengebiete, zwei Disziplinen, zwei Kulturen - zwei Galaxien, könnte man auch sagen - zusammenstoßen, sollte kreative Gelegenheiten erzeugen. In der Geschichte der geistigen Tätigkeit war dies immer der Ort, an dem es zu einem der Durchbrüche kam. Nun gibt es solche Gelegenheiten. Aber sie existieren sozusagen in einem Vakuum, denn die Angehörigen der zwei Kulturen können nicht miteinander sprechen.“
– C. P. Snow 1959 im englischen Originaltext von The Two Cultures.
Quote Ende.
Aber als MINT-Optimist sehe ich, ob man will oder nicht, zwei Brücken durch Informatik/Software
Praktisch: Durch die durchgehende Anwendung der IT in allen
"geistig-wissenschaftlichen" Bereichen
Fundamental: Durch die Übertragung klassischer philosophischer
Konzepte in die Technik (z.B. "Wissen", "Onthologie",
"Bewusstsein" etc.), und schliesslich sogar mit dem
Bau solcher eigentlich auch "geistiger" Systeme.
Vielleicht gestatten Sie mir, lieber Blog-Owner und Ex-Kollege, das schamlose Self-Marketing:
Das ist eine Quintessenz meines Buchs "Wechselwirkung: Wie Prinzipien der Software die Philosophie verändern". Springer, Heidelberg, März 2016.
Wenn Walter Hehl für sein Buch wirbt, muss ich auf meine Besprechung des Buches in diesem Blog verweisen.
Löschenhttp://bertalsblog.blogspot.de/2016/03/ein-physiker-verklart-die-software-welt.html
Erich Ortner aus Konstanz schrieb:
AntwortenLöschenMit "emanzipatorischen Demokratie-Systemen"(eDS) meine ich solche IT-unterstützten Demokratie-Systeme, die aufgrund ihrer technischen Konstruktion (MINT-Fächer) und inhaltlichen Unterstützung der Bürger (PSÖJ-Fächer), bei Argumentations-, Koordinations- und Integrations-Aufgaben, diese in eine weitestgehende Selbständigkeit entlassen (Emanzipation) können. Das Akronym PSÖJ steht dabei für Psychologie, Soziologie, Ökonomie und Jurisprudenz und ist als Vorrang (Primat) gegenüber den MINT-Fächern aufzufassen.
Der Entwurf eines solchen "eDS" liegt uns - von der Computerwissenschaft aufwärts (Basissysteme) konstruiert - inzwischen vor und könnte, beispielsweise nach dem Brexit-Happening vom 24. Juni 2016, gut bei einem Neustart "Gründung der vereinigten Staaten von Europa" zum Einsatz gebracht werden.
Peter Hiemann aus Grasse schrieb:
AntwortenLöschenes lassen sich zwei Bildungsperspektiven unterscheiden: Wissen erwerben und nutzen, um Geld zu vermehren oder/und Geld erwerben und nutzen, um dabei Wissen zu vermehren. Alexander von Humboldt vertrat vermutlich die letztere Position. Alexander war durch Tod seiner Mutter zu einer Erbschaft gelangt und in der Position, Geld nicht einmal erwerben zu müssen.
Es ist schade, dass Wilhelm und nicht Alexander von Humboldt das 'Wissen' über ein sogenanntes Bildungsideal zugesprochen wird. Alexander wusste wovon er sprach: Von seinen Entdeckungen in Südamerika und seinem Wissen, das er letztlich in seinem Buch „Kosmos“ darstellte. Alexander von Humboldts Vorstellung, Wissen in einem übergeordneten Rahmen (in seinem Fall eines kosmischen Rahmens) zu berücksichtigen (zu bedenken), ist nach wie vor lebendig. Es bedeutet heute, vielfältiges Spezialwissen unter vielfältigen Rahmenbedingungen zu betrachten bzw. zu verstehen. Wie diese Denkweise Schülern und Studenten zu vermitteln ist, ist eine gute Frage.
Rul Gunzenhäuser aus Stuttgart schrieb:
AntwortenLöschenDer Begriff "Bildung" hat mir noch nie gefallen, er ist ja auch relativ jung (spätes 18. Jahrhundert) und von Goethe, Pestalozzi und manchen "Aufklärern" geprägt. Insbesondere gefallen mir von den Komposita mit "Bildung" nur wenige. Auf keinen Fall "Allgemeinbildung" oder "Bildungsforschung", weil Forschung immer etwas mit dem Erschaffen neuer "Bilder" (Begriffe, Modelle, Systeme, etc.) zu tun hat.
Beruflich habe ich oft "Education" verwendet, weil hier das (Hin-) Führen zu wichtigen Fakten, Methoden, Fertigkeiten und Fähigkeiten - und neuerdings Kompetenzen - deutlich wird. Es gibt keine 'Education' ohne Inhalte und Ziele. Aber das ist jetzt schon wieder Pädagogik, die ich vor vielen vielen Jahren an einen Nagel gehängt habe.