Das 1898 erschienene Buch Der Krieg der Welten von Herbert George Wells (1866-1946)
gilt als ein Klassiker der Zukunftsromane. Eine Neuübersetzung erschien im
Jahre 2017. Ich las sie dieser Tage mit großem Vergnügen. Der Plot ist schnell
erzählt. Er regt allerdings zum Nachdenken an. Bekanntlich wurde das Buch 1938 von
Orson Welles als Hörspiel in Form einer fiktiven Reportage des Radiosenders CBS
ausgestrahlt, was zu heftigen Reaktionen in der Bevölkerung führte. Später gab
es mehrere Verfilmungen.
Zeitraum und Umgebung der Geschehnisse
Die Handlung umfasst knapp zwei Wochen. Sie spielt im Westen und
Süden von London. Die Hauptorte sind Woking, Byfleet, Weybridge und Leatherhead,
aber auch Kensington und Wimbledon. Da die Verbreitung von Nachrichten auf
Fernschreiben, Zeitungen und Zugreisende beschränkt war, wurde das Ereignis
zunächst nur lokal beachtet. Je weiter weg, umso ungläubiger reagierten die
Leute. Sie führten zunächst ihr gewohntes Leben fort. Am Schluss preist der
Autor London als die ‚großartige Mutter aller Städte‘ und freut sich, dass sie
überlebte.
Physikalische Grundlagen und Auslöser
Auf dem Planeten Mars werden an zehn aufeinanderfolgenden Tagen je
eine Explosion in einem seiner Krater beobachtet. Einige Tage später zischten
seltsame Meteoriten am Himmel und schlugen auf der Erde ein. Sie bildeten einen
großen Einschlagtrichter, in dem ein großes zylinder-förmiges Geschoss mit
Brandspuren zu erkennen war. Als es sich abgekühlt hat, entstiegen aus jedem Geschoss
mehrere bärengroße unförmige Gestalten. Sie hatten weder Kinn noch Hals. Auffallend
an ihnen waren große Augen, ein unförmiger Mund und eine Vielzahl von
Tentakeln. Mit diesen konnten sie geschickter umgehen als wir mit unsern
Fingern.
Es fehlte der bei irdischen Lebewesen abwärts der Schultern
anzutreffende Körperteil vollkommen. Anstatt pflanzliche oder tierische
Produkte zu zerkleinern und zu verdauen, ernährten sie sich nämlich von Blut [heute
würde man Infusionen oder elektrische Ladungen sagen]. Mit andern Worten: Sie
konnten auf Magen und Darm verzichten [also auf Chemie und Physik], dafür waren
Gehirn und Hände weiter entwickelt als beim Menschen. Sie kommunizierten
untereinander, auch ohne sich zu sehen [also per Telepathie oder Mikrowellen].
Marsianer in der Stadt
Im Vergleich zur Erde gilt der Mars als älter und früher erkaltet.
Er hat weniger Masse und daher weniger Atmosphäre und Nahrungsquellen als die Erde.
Seine Bewohner, im Buch Marsianer genannt, wissen dies und sehen die Erde als
mögliche Kolonie an, auf der sie länger existieren könnten als auf dem Mars.
Allerdings wiegen sie auf der Erde das Dreifache als auf ihrem Heimatplaneten,
ihre Muskelkraft ist aber die gleiche. Sie können sich also nur mit
Hilfsmitteln bewegen. Jeder der gelandeten Marsianer baute sich daher eine auf
10 Meter langen Spinnenbeinen ruhende Kampfmaschine. Räder gab es auf dem Mars keine
[gab es auf der Erde auch nicht überall].
Waffen und taktische Vorgehensweise
Jeder Marsianer verfügte über einen handgroßen Parabolspiegel, mit
dessen Hilfe er unsichtbare Blitze aussenden konnten [Laserstrahlen würden wir
heute sagen]. Damit brachten sie Blei und Glas zum Schmelzen, verdampften
Wasser und töteten Menschen und andere Lebewesen. Ferner verteilten sie tödliche
Rauchschwaden [eine Art von Giftgas]. Mit ihrer Hilfe konnten sie einzelne Menschen
oder Gruppen einschließen oder Flächen unbewohnbar machen.
Reaktion der Behörden und der Bevölkerung
Die englische Regierung schickte zuerst Husaren [also Kavallerie]
vor Ort, danach Artillerie. Dieser gelang es einen der Marsianer beim
Überqueren der Themse zu treffen. Er wurde von seinen Kollegen abtransportiert
und die ganze Artillerie-Einheit mittels Giftgas ausradiert.
Als nach 10 Tagen alle Zylinder [sprich Raketen] im Umkreis von London
gelandet waren und immer größere Landstriche in Beschlag genommen waren,
breitete sich Panik aus. Die Bevölkerung der Stadt floh mit Kutschen,
Pferdewagen oder Eisenbahnen in Richtung Norden. Andere, die es sich leisten
konnten, flohen auf Schiffen in Richtung Holland und Frankreich. Es kam zu
abscheulichen Szenen zwischen den Fliehenden.
Marsianer
an der See
Die Angst und Verwirrung erreichten einen Höhepunkt, als die
Marsianer damit begannen Fluggeräte zu bauen. Wohin soll man da noch fliehen?
Individuelle Reaktionen und Rettung
An zwei Romanfiguren veranschaulicht der Autor zwei extreme
Reaktionsweisen von Menschen. Das eine ist ein Vikar, mit dem zusammen der
Erzähler in einem eingestürzten Gebäude mehrere Tage lang gefangen war. Er sah die
Ereignisse als Strafe Gottes an und isst und trinkt sich zu Tode. Eine andere
Haltung vertritt ein Artillerist, der überlebt hatte. Der meinte, die Menschen
sollen sich geschlagen geben und sich der fremden Macht unterwerfen. Sie
könnten dann die Techniken der Marsianer lernen und selbst Kampfmaschinen bauen.
Wenn sich genug Mutige fänden, könnte man die Marsianer irgendwann bezwingen.
Das Buch hat ein Happyend, und zwar ein ganz überraschendes. Wo
immer die Marsianer waren, breitet sich anschließend eine Art von Efeu aus mit
roten Blättern. Nach wenigen Tagen wird das rote Unkraut von Bakterien befallen
und verdorrt. Unsere Erde ist nämlich voll von Mikroorganismen, die es auf dem
Mars nicht gibt. Auch die gelandeten Marsianer werden von Bakterien befallen,
gegen die sie keine Abwehrkräfte haben. In der zweiten Woche nach ihrer Landung
sind alle getötet.
Nachgedanken und heutige Lehren
Wells kämpfte gegen Zeitgenossen an, die außerirdisches Leben für
undenkbar hielten. Diese Meinung wird auch heute noch vielfach vertreten.
Sollte es fremdes Leben doch geben, wie würden wir heute auf eine Begegnung reagieren?
Es ist mein Eindruck, dass wir Menschen im Nachdenken nicht viel weiter
gekommen sind als einst H. G. Wells. Wir haben alle Mond- und Marsbrocken, die
zur Erde gelangten, einer Quarantäne unterzogen. Unsere Weltraumboten, etwa die
beiden Voyager-Sonden, sind so gut immunisiert, wie wir dies können. Die Frage
ist, ob dies reicht.
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