Vorbemerkung: Nach einem Jahr als Austauschstudent in Ohio
machten ein deutscher Studienkollege und ich eine 6-wöchige Reise durch den
Westen der USA. Sie wurde im Zusammenhang mit andern Weltreisen ausführlich
beschrieben. Im Folgenden wird der Ausschnitt wiedergeben, der durch
Kalifornien führte. Die Reise erfolgte im eigenen PKW. Vom Grand Canyon und Las Vegas kamen wir übers Death Valley nach Los Angeles, fuhren zur
mexikanischen Grenze in Tijuana und dann nordwärts.
Spanische Missionsstationen in Süd-Kalifornien
Zwischen San Diego und San Francisco lag einst eine Kette von 21
spanischen Missionsstationen. Nur ein Teil von ihnen ist erhalten. Sie wurden
in der Zeit von 1769 (San Diego de Alcala) bis 1823 (San Francisco de Solano),
hinter einander von Süden nach Norden, von Franziskanern gegründet und dienten
der Missionierung der Indianerbevölkerung. Die Straße, die sie verbindet, heißt
Königsweg (El Camino Real). Wir besuchten zuerst San Juan Capistrano zwischen
San Diego und Los Angeles, danach San Luis Obispo nördlich von Santa Barbara,
und schließlich das Kloster Carmel bei Monterey. Später hatte ich Gelegenheit,
Missionsgründungen aus derselben Zeit in Texas zu besuchen, so in San Antonio.
Fast alle Anlagen sind nach demselben Plan gebaut. In einem großen ummauerten
Hof konnten sich die Indianer mit ihren Familien versammeln.
Abb. 1: San Juan Capistrano
An einer Ecke lag das Gotteshaus, in dem Messen abgehalten wurden. Der
Glockenturm stand oft in einiger Entfernung von der Kirche. Ein Flügel des
Gebäudes diente als Konvent der Patres. Unter überdachten Arkaden wurde
gegessen. Auch konnten hier Handwerker ihrem Gewerbe nachgehen. Als Kalifornien
von den USA übernommen wurde, mussten sich die spanischen Mönche zurückziehen.
Die missionarische Betreuung der Indianer wurde eingestellt. Aus einigen
Missionsstationen wie Los Angeles und San Francisco wurden Großstädte.
Abb. 2: Innenhof von Juan
Capistrano
Abb. 3: Glockenturm von San
Luis Obispo
Die erhaltenen Gebäude befinden sich eher in Kleinstädten. So hat die
Stadt Carmel-by-the-Sea etwa 5000 Einwohner. Die Missionsstation wurde im Jahre 1770 von Junípero Serra
errichtet. Er wurde im Jahre 1988 von Johannes Paul II. selig gesprochen. Das
Kloster gehört seit 1863 wieder der Katholischen Kirche. Die verfallenen
Gebäude wurden restauriert und dienen heute als Pfarrkirche für den Ort.
Außerdem gibt es darin ein Museum.
Abb. 4: Kloster Carmel
Landschaft an der Pazifikküste
Die Küstenstrecke von Los Angeles nach San Francisco gehört zu den
reizvollsten Landschaften der Erde. Es ist nicht nur die Geografie, die dafür
verantwortlich ist, also das Meer und die Berge. Die Vegetation trägt sehr
stark mit dazu bei. Es sind die Kalifornischen Zypressen, die mit ihren weit
ausladenden Ästen jedem Ausblick einen dramatischen Akzent verleihen. Während
es etwa bis Santa Barbara noch ausgedehnte Sandstrände gibt, verschwinden diese
fast völlig. Stattdessen dominiert die Steilküste. Die direkt an der Küste
entlang führende US Highway One ist sehr kurvenreich, bietet aber immer wieder
herrliche Ausblicke. Höhepunkte der Strecke sind die Landspitze von Big Sur
(Großer Süden) und die Halbinsel von Monterey.
Abb. 5: Steilküste bei Big Sur
Abb. 6: Felsen im Meer
Abb. 7: An der 17-Mile Drive
Einen geradezu legendären Ruf hat der so genannte 17-Mile Drive. Das ist eine Straße,
die entlang der Küste westlich von Monterey führt. Hier sind die vom Wind
zerzausten Zypressen am schönsten. Hier gibt es auch berühmte Golfplätze. Die
Straße befindet sich in Privatbesitz und das Befahren ist gebührenpflichtig.
Dass es in Monterey auch einmal eine Zeit gab, wo hier arme Fischerei-Arbeiter
mühselig ihrem Broterwerb nachgingen, davon erzählt John Steinbeck in seinem
Roman „Cannery Row“.
Abb. 8: Bucht von Carmel
Abb. 9: Abendstimmung
Stanford − das Herz des Silicon Valley
Die Gegend um San Jose hat heute den Beinamen Silicon Valley. Von einer
Computer- oder Chip-Industrie war damals noch nicht die Rede. Umso mehr
beeindruckte uns damals der Ort, wo diese Entwicklung ihren Ausgang nahm,
nämlich die Universität Stanford.
Abb. 10: Eingangstor zum Campus
Abb. 11: Hauptgebäude mit
Bemalung
Die Gebäude sind dem Stil der spanischen Missionsstationen
nachempfunden, strahlen aber einen Reichtum und eine Großzügigkeit aus, die
ihresgleichen sucht. Die Bibliothek der Universität ist hier tatsächlich als
Kathedrale gebaut und hat einen Glockenturm mit einem Kreuz drauf. Als
Privatuniversität konnte sich Stanford ihre Studenten aussuchen. Sie hat auch
die besseren Professoren.
Abb. 12: Universitätsbibliothek
Abb. 13: Campus-Ansicht mit
Studenten
NB: Meine damalige Begeisterung für das amerikanische Bildungssystem
fand hier eine besondere Form der Bestätigung. Ihre Ausstrahlung auf die
amerikanische Wirtschaft ist enorm. In unserem Fachgebiet, der Informatik, muss
man nur an die Namen William Hewlett und David Packard erinnern, die als
Absolventen in einer Garage die Weltfirma HP gründeten. In neuerer Zeit waren
es die Studenten Serge Brin und Jerry Page, die im Rahmen ihrer Studienarbeiten
einen Suchalgorithmus erfanden und von ihrer Universität zum Patent anmelden
ließen, auf dessen Basis später die Firma Google entstand. Mein einziger Besuch
in den Innenräumen von Stanford im Jahre 1980 hat mich etwas ernüchtert. Ich
besuchte einen weltbekannten Kollegen (John Mc Carthy), fand ihn in einem winkeligen,
schlecht beleuchten Zimmer zwischen Bergen von Papier. Ich lud ihn zu einem
Vortrag nach Deutschland ein. Er nahm die Einladung sofort an. Über den
Vortrag, den er hielt, waren alle Zuhörer sehr enttäuscht.
Stadtlandschaft von San Francisco
Viele Menschen sehen San Francisco als die schönste Stadt der Welt an.
Sie hat sich diesen Ruf durch mehrere Besonderheiten verdient. Einerseits liegt
sie auf einer Landzunge, so dass man von vielen Stellen aus sowohl den Pazifik
als auch die Bucht von San Francisco sehen kann. In der Stadt gibt es mehrere
Hügel, von denen aus ein schöner Überblick über die Stadt und ihre Umgebung
geboten wird. Die Stadt verfügt aber auch über Bauten und Einrichtungen, die
ziemlich einmalig sind, so die Brücke über die Einfahrt zur Bucht, das Golden
Gate (Goldenes Tor), oder die historische kabelgezogene Straßenbahn (Cable
Cars). Schließlich muss man die Bevölkerung der Stadt erwähnen. So hat sie
eines der größten und bekanntesten Chinesenviertel (Chinatown) der Welt.
.
Abb. 14: Kabelgezogene
Straßenbahn
Die
Stadt war aber auch immer das Ziel westlicher Abenteurer und Aussteiger, die
auf dem Weg nach Westen hier eine Endstation fanden. Von der Hippie-Bewegung,
die erst Ende der 1960er Jahre in San Francisco ihre Hauptstadt etablierte, war
bei unserem Besuch noch nichts zu merken.
Abb. 15: Im Chinesenviertel
Bei einem Aufenthalt von nur drei Tagen (10. bis 12. September) konnten
wir natürlich nur einen Ausschnitt der vielen Sehenswürdigkeiten in Augenschein
nehmen. Dazu gehörte natürlich die Fahrt mit einem Cable Car. Alle drei
Strecken, die es noch gibt, verbinden die Stadtmitte mit einem Hügel der Stadt.
Am Ende jeder Strecke wird der Wagen umgedreht. Die Produkte der
Großsee-Fischerei kann man am Fischerkai (Fisherman’s Wharf) besichtigen und
beriechen. Bevor man zur Golden-Gate-Brücke gelangt, muss man zuerst einen
großen Park durchlaufen, in dem unter anderem japanische Bauwerke zu sehen
sind.
Abb. 16: Am Fisherman’s Wharf
Abb. 17: Golden Gate Brücke
Aufgrund seiner Lage in der Nähe einer Bruchstelle zwischen zwei
Erdschollen (Sankt-Andreas-Verwerfung) wurde San Francisco mehrmals von
Erdbeben erschüttert. Bei dem Beben von
1906 kamen etwa 3.000 Menschen ums Leben und die halbe Stadt brannte ab.
Nur noch wenige Häuserreihen stammen aus der Zeit vor diesem Beben.
Abb. 18: Im Golden Gate Park
Mein Auto hatte ich unweit des YMCA, in dem wir wohnten, geparkt. Da die
Straße eine ziemliche Steigung hatte, hatten wir vorschriftsmäßig die
Vorderräder so eingeschlagen, dass der Wagen sofort am Bordstein hängen blieb,
sollte sich die Bremse von selbst lösen. Das half uns doch nicht dagegen, dass
wir mehrere Protokollzettel erhielten, da wir drei Tage lang an einer Stelle
parkten, an der man nur ein bis zwei Stunden hätte parken dürfen.
Abb. 19: Vorschriftsmäßig
geparkt
Da man nicht zu Fuß über die Golden-Gate-Brücke gehen kann, machten wir
eine Autofahrt darüber. Diese führte in den Stadtteil Sausalito, der auf der
gegenüber liegenden Halbinsel liegt. Dieses Viertel ist nicht nur als exklusive
Wohngegend beliebt, es bieten sich von hier auch phantastische Sichten der
Stadt und der Bucht. Mitten in der Bucht liegt die Gefängnisinsel Alcatraz.
Obwohl berüchtigt durch die Ganoven, die hier einsaßen, ist eine Besichtigung
möglich. Wir hatten jedoch keine Zeit dafür.
Abb. 20: Blick von Sausalito
Mit umso größerem Interesse widmeten wir uns den beiden Stadtteilen
Oakland und Berkeley auf der Ostseite der Bucht. In Berkeley befindet sich eine
staatliche Universität, die University of California. Sie ist ein Zweig des
Systems der kalifornischen Staatsuniversität. Andere Zweige sind zum Beispiel
in Los Angeles, San Diego, Santa Barbara und Santa Cruz. Auch dieser Campus
machte einen sehr gepflegten Eindruck. Die Universität konkurriert mit Stanford
um den wissenschaftlichen Ruf. Berühmt wurde Berkeley dadurch, dass hier 1968
die Studentenunruhen ausbrachen, die sich über die ganzen USA und auch über
Europa fortpflanzten. Ich habe San Francisco und auch Berkeley später noch
mehrmals besucht. Ich empfand die Atmosphäre in diesem Teil Kaliforniens immer
als besonders angenehm. Das mag sowohl am Klima liegen, aber auch an der Nähe
zum Meer, und nicht zuletzt an den Menschen.
Abb. 21: Campanile der Universität Berkeley
Die Hippies haben nach meiner Meinung diese Atmosphäre nicht erst
geschaffen. Sie fühlten sich jedoch von ihr besonders
stark angezogen. „If you are going to San Francisco,“ so sang später Scott McKenzie, “be sure to wear some flowers in your hair.“
Yosemite National Park
Fast
alle Nationalparks der USA sind einen Umweg wert. Eindeutig in diese Kategorie
fällt der Yosemite-Park. Er ist der älteste der von der US-Regierung
ausgewiesenen Nationalparks. Er liegt etwa 300 km östlich von San Francisco,
nahe an der Grenze zu Nevada. Er ist ein Teil der Sierra Nevada, jener alpinen
Gebirgskette, die diese beiden Staaten trennt. Die Sierra Nevada hat nicht nur
dem Nachbarstaat Kaliforniens (Nevada) seinen Namen gegeben; sie ist auch der
Grund, dass kein Regen dorthin gelangt. Es zieht jedes Jahr mehrere Millionen
Besucher in den Park, von denen der größte Teil nur das Haupttal besucht.
Abb. 22: Einfahrt in Yosemite
Park
Abb. 23: Yosemite Falls
Abb. 24: Baumriese
Abb. 25: Waiwona-Baum
Zu den Hauptattraktionen dieses Parks gehören einerseits mehrere
Wasserfälle, die bis zu 700 m hoch von der Hochebene der Sierra ins Tal
stürzen, sowie die Jahrtausende alten Sequoia-Fichten. Die Sequoia, auch
Riesenmammutbaum genannt, ist die älteste Baumart der Welt. Sie ist seit der
letzten Eiszeit in Kalifornien vorhanden. Ein anderer Park, bei dem diese Bäume
im Mittelpunkt stehen, ist der Muir Wood, nur 15 km nördlich von San Francisco.
Hier gibt es Bäume, die über 100 m hoch sind.
Nördliches Kalifornien und die Sierra Nevada
Kommt man von der Pazifikküste ins Landesinnere, wird deutlich, dass
Kalifornien an sich ein riesiger Garten ist, in dem alles wächst. Die
Voraussetzung dafür ist jedoch meist die künstliche Bewässerung. Dass kein
Mangel an Wasser besteht, dafür sorgen die schneebedeckten Berge der Sierra
Nevada im Osten des Staates.
Abb. 26: Cathedral
and Unicorn Peaks
Abb. 27: Mammoth Peak
Die Landschaft der Sierra Nevada erinnert sehr an die europäischen
Alpen. Die Spanier, die zuerst hier waren, erinnerte sie an die Bergkette
südlich von Granada, deren Namen sie übernahmen. Die Gipfel überragen die
Waldgrenze. Die Wälder sind von großen Almwiesen unterbrochen. Nur das Klima
ist freundlicher als in den Alpen.
Abb. 28: Kalifornische
Landwirtschaft
Abb. 29: Viehzucht in der Sierra
Nevada
Im Norden Kaliforniens beginnt, unabhängig von der Sierra Nevada, eine
Kette von Vulkanen, die sich durch Oregon bis in den Staat Washington
fortsetzt. Den Beginn dieser so genannten Kaskadenkette bilden einige herrliche
Kraterseen, so der Lake Tioga und der Lake Tahoe. Beim Lake Tahoe ist das
Wasser blau wie der Himmel darüber, seine Ufer sehen aus, als wären sie mit
einem Messer herausgeschnitten und spiegeln sich im glasklaren Wasser. Nicht
weit davon entfernt ist das Skigebiet Squaw Valley, wo 1960 die Olympischen
Winterspiele stattfanden.
Abb. 30: Lake Tioga
Abb. 31: Lake Tahoe
Uns zog es damals zunächst wieder über die nahe Staatsgrenze nach
Nevada. Hier liegt eine weitere Goldgräberstadt, die an eine der Pionierphasen
des Westens erinnert. Sie heißt Carson
City und ist nach jenem Kit Carson benannt, der einst die Navajos im Canyon de
Chelly eingeschlossen hatte. Die Autofahrer, die sich bereits an der Staatsgrenze
drängten, hatten allerdings ein anderes Ziel. Sie wollten sich dem Glücksspiel
widmen, das in Kalifornien verboten, aber in Nevada legal ist. Es ist in Reno,
der Hauptstadt des Staates Nevada, genau so eine unentwegt sprudelnde
Einnahmequelle wie in Las Vegas.
Abb. 32: Spielerparadies Reno,
Nevada
Der Lassen Peak, auch Mount Lassen genannt, ist 10.000 Fuß (3000 m) hoch
und erscheint auf meinem Bild höher als der Mount Shasta mit seinen 14.000 Fuß
(4.200 m). Beides sind im Winter Skigebiete und laden im Sommer zu Wandertouren
und Camping-Aufenthalten ein. Der Mount Lassen ist neben dem Mount St. Helens
der einzige Vulkan in der Kaskadenkette, der während des 20. Jahrhunderts
aktiv war. Seine letzte Phase der eruptiven Aktivität dauerte von 1914 bis
1917.
Abb. 33: Lassen Peak
Am Mount Shasta befindet sich ein großes Sägewerk, das Holz für die
Möbel- und Bauindustrie liefert. Wie ich bisher noch nicht erwähnte, wohnen
Amerikaner typischerweise in Holzhäusern. Sie halten sie für gesünder als
Steinhäuser. Außerdem sind sie schneller zu errichten und können beim Umzug
sogar mitgenommen werden
Abb. 34: Mount Shasta
Indianer des Nordwestens
Kaum hatten wir die Grenze zu Oregon überfahren, als wir zum ersten Mal
auf Indianer aus dem Nordwesten trafen. So sind die Klamath-Berge nach einem
Stamm benannt, der hier schon seit Urzeiten zuhause ist. Sie gehören zur athabaskischen Sprachfamilie, die von Alaska bis nach
Kalifornien reicht. Die Indianer des Nordwestens lebten in Dorf- oder
Stammesgemeinschaften, teils in Holzhütten, teils in Zelten (Tipis).
Abb. 35: Tipi der
Klamath-Indianer
An der Küste ernährten sie sich vom Fischfang, im Landesinnern von der
Jagd auf Rotwild (Wapitis) und Bergziegen. Sie ergänzten ihr Nahrungsangebot
durch das Sammeln von Beeren, Wurzeln und Knollengewächsen. Bekannt sind die
ausdrucksvollen Holzschnitzereien. Dazu gehören die so genannten Totempfähle.
Darunter versteht man große bemalte und mit Schnitzereien versehene Baumstämme,
die bestimmte Vorfahren eines Clans oder mythologische Gestalten darstellen.
Abb. 36: Totem-Pfahl
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