Montag, 25. März 2019

Urheberrecht in der Diskussion (zusammen mit Enkel Marcus)

Wie kein anderes juristisches Thema haben Urheber- und Patentrecht mich immer beschäftigt. Es geht dabei um die Definition und den Schutz des geistigen Eigentums. Der Begriff des geistigen Eigentums entstand in Europa im 18. Jahrhundert. Davor gehörte alles, was jemand schaffen konnte, gleich ob mit den Armen oder dem Kopf, dem obersten Herrscher, also meist dem König. Immanuel Kant (1724-1804) sah es noch als ungeheuerlich an, dass Buchdrucker schonungslos bereits erschienene Bücher nachdruckten. Der folgende Beitrag beginnt mit einigen zurückliegenden Betrachtungen, um sich dann der aktuellen Diskussion des Urheberrechts (UrhG) zuzuwenden. Der Teil über die geplante EU-Reform stammt von meinem 21-jährigen Enkel.

Persönliche Erfahrung

Kurz nach  Erscheinen des Endres-Fellner-Buchs [1] im Jahre 2000 flatterte mir der Brief eines deutschen Unternehmens ins Haus. Er enthielt die Aufforderung, entweder das Buch wegen Urheberrechtsverletzung aus dem Verkehr zu ziehen oder 600 DM zu zahlen. Ich hätte auf Seite 51 des 400-Seiten umfassenden Buches ein Foto verwandt, auf das diese Firma ein exklusives Recht besäße. Als ich meinen Verleger über den Brief informierte, schlug dieser vor, die 600 DM zu zahlen, da jeder Widerstand erheblich höhere Anwaltskosten verschlänge.

 Echternacher Skriptorium

Ich erwiderte, dass ich nicht daran dächte zu zahlen. Ich schrieb einen Brief zurück, etwa mit dem folgenden Inhalt. Das Foto stellt eine Seite dar im Evangeliar Heinrichs III. Das Buchmanuskript wurde im Jahre 1040 erstellt. Das Original befindet sich heute in der Universitätsbibliothek Bremen. Das Foto, das ich benutzte, wurde von Paul Spang, dem früheren Leiter des Nationalarchivs Luxemburg, anlässlich einer Ausstellung des Originals in Luxemburg gemacht. Wer früher oder später Aufnahmen desselben Objekts gemacht hat, hat keinerlei Rechte an den Aufnahmen anderer Leute erworben. Das Originaldokument sei jedenfalls frei von Urheberrechten – nicht nur wegen seines Alters. Ich hörte nie wieder etwas in dieser Angelegenheit.

NB: Der lateinische Text über dem Gebäude im Bild lautet: ‚O König, dieser Ort, der Dir gehört, wartet Tag und Nacht auf Deine Gnade‘. Ohne die Huld  des Königs wären die Insassen des Klosters buchstäblich verhungert. Rund 20 Dörfer im Umkreis lieferten Naturalien und Geld.

Leistungsschutzrecht

Auf Drängen der Verlage wurde 2013 in Deutschland das Leistungsschutzrecht für Presseverlage im Urheberrechtsgesetz verankert. Es besagt, dass Verlage das ausschließliche Recht an der Veröffentlichung von journalistischen Beiträgen besitzen. Ausgenommen sind kurze Zitate. Suchmaschinen wie Google werden dadurch eingeschränkt, ausführlich aus Pressebeiträgen für ihre News-Aufbereitung zu zitieren oder sie gar in Gänze ins Netz zu stellen. Sie müssen dafür im Zweifel Geld an die Verlage zahlen.

Das Leistungsschutzrecht hat sich in Deutschland als vollkommen wirkungslos herausgestellt. Die Kosten zur Durchsetzung der Ansprüche übersteigen bei Weitem die Einkünfte der Verlage daraus. Große Verlage wie Axel Springer hatten nichts Eiligeres zu tun, als Google zu versichern, dass man ihre Texte auch weiterhin kostenlos verwenden darf. Im Übrigen weist Springer daraufhin, dass die Gewinne aus Druckerzeugnissen längst von den vielen Internet-Diensten übertroffen werden, welche die Axel Springer AG inzwischen erworben hat. Die vier größten sind StepStone (Stellenbörse), Immonet (Immobilien-Portal), Idealo (Preisvergleichs-Portal) und KaufDA (Prospektdienst). Wie heißt es doch so schön: Wer bleiben will, muss sich ändern.

Demos gegen EU-Reform des UrhG

Am 23.03. demonstrierten bundesweit in rund 40 Städten Hunderttausende gegen die aktuelle EU-Urheberrechtsreform, über die voraussichtlich am 26.03. im EU-Parlament abgestimmt wird. Zuvor fand sie Ihren Weg durch die Trilog-Verhandlungen, es ist folglich die letzte Möglichkeit sie abzuwenden, bevor die Mitgliedstaaten sie binnen zweier Jahre in geltendes Recht umsetzen müssen. Allein in München und Berlin konnten je 40.000 Teilnehmer mobilisiert werden. Organisiert und unterstützt wurden die Demonstrationen unter anderem von der Piratenpartei, der FDP, den Grünen, den Linken sowie ihren zugehörigen Jugendorganisationen. Zuvor konnten in einer Online-Petition bereits fünf Millionen Unterschriften gesammelt werden.

Doch worum geht es? Auch wenn mittlerweile die Berichterstattung aufgeholt hat und sich Tagesschau und Zeitschriften dem Thema annehmen, ist der Diskurs noch nicht zu allen vorgedrungen. Ein Diskurs, der die Internetgemeinde schon seit Monaten beschäftigt. Ein Diskurs über eine Reform, die vor neun Monaten bereits abgelehnt aber nun reanimiert wurde. Die grundlegende Idee ist es, dass Urheber- und Leistungsschutzrecht an das 21. Jahrhundert angepasst werden. Das dies notwendig ist, dabei sind sich alle Parteien einig. Nur die Form der Umsetzung wird kritisiert, genauer die Artikel 11 bis 13 der Reform.



Demo in München am 23.3.2019

Anmerkung: In der endgültigen Abstimmungsvorlage, die am 20.3. veröffentlicht wurde, wurden die Artikel auf die Ränge 15-17 verschoben, inhaltlich gab es keine Änderungen. Um Kontinuität mit der allgemeinen Berichterstattung zu wahren, werden im Folgenden die ursprünglichen Bezeichnungen verwendet. Nachfolgend fasse ich die Artikel zusammen. Da dies nicht frei von meiner Meinung ist, sei jedem Leser ans Herz gelegt, das Original zu studieren:

Artikel 11 (S.116-118)

Artikel 11 ist im Grunde das zuvor schon erwähnte Leistungsschutzrecht für Presseverlage, nur eben auf europäische Ebene. Dass auch Spanien mit der Idee einer Link-Steuer bereits schlechte Erfahrungen gemacht hat, wurde hierbei ignoriert. Dort hat Google seinen News-Dienst in Gänze eingestellt, was den Verlagen Einbrüche in den Aufrufzahlen von 15-20% bescherte. Dieses 'Erfolgsmodell' soll nun also allen Mitgliedstaaten aufgezwungen werden. Kritiker befürchten, dass Google in Folge nur die Links als solche, ohne Vorschautexte und Bilder, anzeigen wird oder sie gänzlich aus dem Angebot nimmt.

Fake News und Klatschblätter hingegen, die auf ihr Leistungsschutzrecht verzichten werden, würden dadurch prominenter in Übersichten wie Google News auftreten, was die Flut an Desinformationen befeuern würde. Sollte Google seinen News-Dienst einstellen, wie dies auch in Spanien der Fall war, würde dies insbesondere kleinen Verlagen schaden. Zudem würden auch kleinere Plattformen mit weniger Verhandlungsmacht als Google unter diesen Auflagen leiden, denn wer alles unter den Begriff “Information Society Service Providers” fällt ist in der Richtlinie nicht klar definiert, es könnten also auch Blogs und Foren betroffen sein.

Artikel 12 (S.119)

Artikel 12 findet in der Diskussion wenig Beachtung, entlarvt aber, wessen Interessen in der Reform vertreten werden. Der Artikel versucht umzukehren, was der europäische Gerichtshof im Jahre 2015 beschlossen hat und zwar, dass die Pauschalabgaben der Verwertungsgesellschaften (VG Wort, VG Bild, Gema) den Urhebern zustehen und nicht wie zuvor, zwischen diesen und den Verlagen aufgeteilt werden. Die Pauschalabgabe (auch Vergütung für Leerdatenträger oder Speichermedien genannt) wird auf jedes verkaufte, kopierfähige Medium (USB-Sticks, Festplatten, Smartphones) aufgeschlagen. Sie reichen von wenigen Cents für CD-Rohlinge bis zu 50€ im Falle von DVD-Recordern. Von diesen Geldern sollen Urheber für den Schaden kompensiert werden, der ihnen durch Privatkopien entstehen würde, diese sind im Gegenzug legal. Durch Artikel 12 sollen die Verlage in Zukunft wieder mit bis zu 50% beteiligt werden. Dies gibt dem propagierten Ziel, man würde die Urheber stärken wollen, einen faden Beigeschmack.

Artikel 13 (S.120-129)

Artikel 13 ist der umstrittenste Artikel und mittlerweile für Demonstranten bereits ein Kampfbegriff. Betroffen sind “Online Plattformen, deren Hauptzweck es ist, urheberrechtlich geschützte Werke zugänglich zu machen”, die vage Formulierung lässt abermals offen, wer alles davon betroffen ist. Es existieren jedoch explizite Ausnahmen, so etwa:

  • not-for-profit online encyclopedias
  • not-for-profit educational and scientific repositories
  • open source software-developing and sharing platforms
  • electronic communication service providers
  • online marketplaces
  • business-to-business cloud services and cloud services that allow users to upload content for their own use
Wikipedia, ebay und Dropbox konnten also ihren Kopf aus der Schlinge ziehen. Um zusätzlich Start-Ups zu entlasten, greifen für diese die Auflagen erst, wenn sie älter als drei Jahre sind, einen Umsatz von 10 Millionen Euro verbuchen oder mehr als fünf Millionen monatliche Besucher aufweisen (S.124). Da es bereits reicht einer der drei Auflagen nicht zu genügen, wird stark bezweifelt, dass nicht doch ein hoher Anteil an Start-Ups betroffen sein wird. Zwei grundlegende Dinge sieht der Artikel vor:
  • Die betroffenen Plattformen sollen mit sämtlichen Rechteinhabern Lizenzvereinbarungen treffen. Dies wird kritisch betrachtet, da jeder ein Urheber sein kann und es somit potenziell sieben Milliarden Rechteinhaber gibt, mit denen jede Plattform in Kontakt treten und Lizenzvereinbarungen schließen müsste.
  • Urheberrechtlich geschützte Inhalte, zu denen es keine Lizenzvereinbarungen gibt, dürfen nicht auf die Plattform gelangen. Zwar wird im Entwurf nicht vorgeschrieben wie dies realisiert werden soll, doch scheint an so genannten Upload-Filtern kein Weg vorbei zu führen.

Was bewirken Upload-Filter?

Upload-Filter sollen bereits beim hochladen urheberrechtlich geschütztes Material erkennen können und den Upload verhindern. Zuvor herrschte das Prinzip Notice- and Takedown. Sobald ein Rechtsbruch gemeldet wurde, die Plattform also davon wusste, musste sie den Inhalt entfernen. Nun sollen die Verhältnisse umgekehrt werden, denn es haften für diese Rechtsbrüche in Zukunft die Plattformen und nicht mehr die Nutzer. Ob also der Nutzer Bertal Dresen oder Youtube selbst einen Spielfilm hochlädt, macht somit formal keinen Unterschied mehr. Kritiker fürchten, dass es dadurch zu Overblocking kommen wird, Plattformen also im Zweifelsfall Inhalte sperren werden, auch wenn diese legal gewesen wären.

Dass Upload-Filter in der Lage sind, Parodien und Zitate zu erkennen darf zurecht bezweifelt werden. Wer hier vom Einsatz künstlicher Intelligenz spricht überschätzt diese maßlos. Ihm sei der Dokumentarfilm “the cleaners” empfohlen. Er handelt von Niedriglöhnern auf den Philippinen, die zu hunderten Facebook von gewaltverherrlichenden oder sexuellen Inhalten bereinigen. Zu entscheiden, welche Inhalte unter das Zitatrecht fallen, wäre selbst für jene schwierig, die unserer Sprache mächtig sind. Die Sorge der Demonstranten um ihre Meinungsfreiheit ist nicht unbegründet. Filter beinhalten auch finanzielle Risiken für Urheber, deren Inhalte zu Unrecht geblockt werden, denn bis diese wieder entsperrt werden haben sie stark an Aktualität eingebüßt, was das schnelllebigen Internet mit Irrelevanz straft.

Mit Overblocking hat die Netzgemeinde zudem bereits schlechte Erfahrungen gemacht. Das unter Heiko Maas verabschiedet Netzwerkdurchsetzungsgesetz (kurz: NetzDG), welches Plattformen in die Haftung für Hate-Speech und FakeNews nehmen sollte, führte binnen weniger Tage zur Sperrung des Twitter-Accounts des Satire-Magazins Titanic.

Ein weiteres Risiko von Upload-Filtern sieht der Bundesdatenschutzbeauftragte darin, dass es Großkonzerne wie Google oder Facebook sein werden, die die Mittel haben, entsprechende Filtertechnologie zu entwickeln und damit ihr Monopol ausbauen und andere Plattformen von sich abhängig machen können. Jeder Upload im Netz würde somit über Google laufen, die zusätzlich die Datenbank bereitstellen würden, in der Urheber ihre Werke zur Filterung hinterlegen müssten. Google verfügt nämlich bereits über Filtertechnologie. Dem sogenannten Content-ID System, dessen Entwicklung 60 Millionen US-Dollar kostete. Es filtert Inhalte auf Youtube oder leitet die Monetarisierung dieser direkt an die Rechteinhaber weiter.

Eine weitere Befürchtung der Kritiker ist es, dass durch solche Filter bereits eine Zensur-Infrastruktur geschaffen würde. In der Richtlinie wird angeführt dass es durch diese Filter nicht zu Zensur kommen dürfe, dieses Zugeständnis reicht Netzaktivisten jedoch nicht. Fairerweise sollte erwähnt werden, dass in der Richtlinie auch auf Verhältnismäßigkeit verwiesen wird. Darauf könnten sich kleinere Plattformen berufen, um den Erwerb von Filtertechnologie zu umgehen.

Das eigentliche Ärgernis

Die Urheberrechtsreform ist im Grunde gut, hat jedoch gewisse Makel. Das Hauptproblem, das den Konflikt befeuert ist jedoch, wie mit den Gegnern umgegangen wird. Die stärksten Befürworter der Reform sind der Axel Springer Verlag, die FAZ, die GEMA sowie die CDU/CSU-Fraktion im Europaparlament.

Statt auf die Sorgen der Kritiker oder deren Argumente und Gegenvorschläge einzugehen, wurde gegen sie geschossen. Man unterstellte ihnen Unwissenheit und dass sie sich von der Konzernlobby blenden ließen. Micki Meuser (bürgerlich Hans Georg Meuser) Aufsichtsratsmitglied der GEMA meinte am 9.3 in der Welt “Wer schon immer mal beobachten wollte, mit welcher Macht milliardenschwere Wirtschaftsmonopole einer Gesellschaft das Gehirn waschen und eine verlogene Debatte aufzwingen können, kann das zurzeit live tun.”

Jüngst geisterte das Gerücht, die Demonstrationen seien gekauft durch die Medien. 450€ pro Demonstrant sollen geflossen seien. Ich warte bis heute auf meine Bezahlung. Verbreitet wurde dieses Gerücht vom Vorsitzenden der CDU/CSU-Gruppe Daniel Caspary. Bild und FAZ griffen dies direkt auf. Es wimmelt von Aussagen, die von Doppelmoral triefen. So war es doch die Verlagslobby unter Axel Springer, die täglich in Brüssel verkehrte. Eine blanke Lüge von denen, die den Demonstranten unterstellten, sie würden von Desinformationen und Fake News fehlgeleitet. So etwa der Europa-Abgeordnete Axel Voss (CDU), der einer der Hauptakteure in diesem Konflikt ist und sich bereits zum Antagonisten dieses Dramas aufgeschwungen hat. Sein Kollege Sven Schulze stellte zudem die Vermutung auf, es würde sich bei den vielen Protesten im Internet um Bots handeln, was dazu führte, dass der Ausruf “Wir sind keine Bots” die Demos dominierte.

Unwissenheit zu unterstellen ist ein Affront für alle Experten, die sich bereits gegen Upload-Filter und die Reform aussprachen, wie etwa der Bundesdatenschutzbeauftragte, verschiedene Menschenrechtsorganisationen, Medienrechtsanwälte, sowie Wissenschaftler aus dem Fachbereich Medienrecht/Medieninformatik (darunter Dr. Stephan Dreyer, Prof. Dr. Matzner, Prof. Dr. Gallwitz, Prof. Dr. Gostmozyk, Prof. Dr. Hotho, Prof. Dr. Liwicki, Prof. Dr. Keber), aber auch die Piratenpartei, die FDP, die Grünen sowie jüngst die SPD. Es ist traurig, wenn ein Diskurs statt auf Fakten auf Verunglimpfungen beruht. So schrieb Micki Meuser am 22.2. auf Facebook über den Blogger, Journalist und Autor Sascha Lobo, dass dieser ein verdammter Lügner und entweder dumm oder von Google/Youtube gekauft sei. Man solle sich aussuchen, was schlimmer ist. Auslöser war dessen Kolumne gegen die Urheberrechtsreform auf Spiegel Online.

Eine weitere Desinformation, die gestreut wird, ist es, dass die Demonstranten gegen das Urheberrecht seien. Das wurde nie gesagt, doch Befürworter der Reform segeln unter dem Banner “Ja zum Copyright” und argumentieren für das Urheberrecht statt für Upload-Filter, da es offensichtlich der einfachere Weg ist. Zu Frust führte die Tatsache, dass die Reform hinter verschlossenen Türen verhandelt wurde. Ohne Julia Reda, die als einzige der Piratenpartei im EU-Parlament sitzt, wäre die Reform und deren Inhalt nicht an die Öffentlichkeit geraten.

Als daraufhin für den 23.3. die Demonstrationen in 40 deutschen Städten angekündigt wurden, stellte Manfred Weber von der CSU den Antrag, die Abstimmung vor diese Demos zu ziehen. Als Reaktion folgten Eildemos und innerhalb von 24 Stunden kamen in München, Köln und Berlin je 2000 Aktivisten zusammen, die sich gegen dieses undemokratische Verhalten stark machten. Besonders enttäuschend ist auch die Tatsache, dass sich die GroKo in ihrem Koalitionsvertrag explizit gegen Upload-Filter stellte, meinte dass es diese mit ihr nicht geben würde, aber auf europäischer Ebene zustimmte. Diese Verprellungen durch die CDU/CSU führten dazu, dass der Ausruf “nie wieder CDU” ebenfalls häufig mit den Demos einherging.

Bewertung

Wenn Trumps Rhetorik, Gegenstimmen als Lügner und Fake News zu bezeichnen und Verschwörungstheorien zu verbreiten, gerügt wird, dann aber dieselbe Rhetorik genutzt wird, sobald es sich im eigenen Kontext anbietet, spricht Sascha Lobo zu Recht von Bigotterie. Wenn fünf Millionen Stimmen in einer Petition und über 100.000 Demonstranten auf den Straßen keine Wirkung zu scheinen haben, außer dass diese abgewertet werden oder sich hämische Kommentare der Volksvertreter zuziehen, dann ist eine frisch politisierte Jugend zu Recht desillusioniert. Wenn dies das Gesicht ist, das Europa seinen Freunden und stärksten Unterstützern zeigt, dann ist das zu Recht furchtbar schade.

Referenz

1. Endres, A., Fellner, D.F.: Digitale Bibliotheken. 2000

8 Kommentare:

  1. Das EU-Parlament in Straßburg hat heute die neue Richtlinie ‚durchgewunken‘. Es wurden keine Veränderungen vorgenommen.

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  2. Edward Snowdon meldete sich gestern auf Twitter zu Wort. In holprigem Deutsch schrieb er: ‚Vergiss nie, was sie hier gemacht haben. Da die @CDU_CSU_EP gestimmt hat für nie mehr Internetfreiheit, muss das Internet für nie mehr @CDU_CSU_EP stimmen. #nieMehrCDU‘.

    Mit Recht erinnert Snowdon seine deutsche Fan-Gemeinde daran, dass Mehrheiten in Parlamenten nicht durch Demos, sondern durch Wahlen verändert werden. Vermutlich täuscht er sich, wenn er glaubt, dass es sehr viele deutsche Wähler sind, die von Moskau aus gesteuert werden, selbst wenn dies ein Amerikaner versucht.

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  3. Lothar Monshausen aus Bitburg schrieb: Ich finde persönlich die Entscheidung der EU gut. Es werden in Zukunft hoffentlich die gesetzlosen Zustände leicht in ihre Schranken gewiesen, die ja analog sowieso gelten. Es wird viel "Wind" durch Demonstrationen veranstaltet, wobei noch niemand weiß, wie es sich auswirkt. Download-Filter kann man ja später wie Werbefilter durch diverse Programme selbst einstellen. Raubkopien wird es immer geben, ob mit oder ohne Filter....

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  4. Mein Enkel Marcus schrieb: Der SPD-Europa-Abgeorndete Tiemo Wölken hat kundgegeben, dass die korrigierten Ergebnisse nun festgestellt wurden. Es haben sich wohl ein paar Abgeordnete vertan und somit verhindert, dass über Teilartikel der Reform abgestimmt werden kann:

    https://twitter.com/woelken/status/1110657088177487877

    Dass das bitter ist und ein schlechtes Licht auf das Parlament wirft, muss nicht erwähnt werden, auch wenn es vermag mich zu belustigen.

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  5. Gerhard Schimpf aus Pforzheim schrieb: Ich denke, dass Snowden nicht ganz unrecht hat. Dass sich Wähler neu entscheiden werden, das haben die etablierten Parteien in den letzten Wochen ganz alleine geschafft. Besonders die CDU, die FDP und wahrscheinlich auch die SPD haben Teile der politisch interessierten Jugend verloren. Diese Herrschaften haben nicht verstanden, dass mit den Gymnasiasten, die gegen die Klimapolitik und Informatikern, die gegen Teile des Urheberrechts protestieren, unsere zukünftige Elite auf der Straße steht.

    Die haben in Mathe, Physik und Chemie aufgepasst und sind in der Lage selbständig die Arbeiten des Weltklimarats zu lesen. Sie verstehen die Hauptrisiken für unsere Welt, die das Weltwirtschaftsforum indentifiziert hat. Sie verstehen sogar die Irreversibilität, mit der wir es in der Klimafrage zu tun haben. Und sie mögen es daher nicht, wenn sie von Politikern gemaßregelt werden, die in den o.a. Fächern schlecht waren und dann das geworden sind, was sie sind

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  6. Hartmut Wedekind schrieb: Es geht ... nicht um jung oder alt, es geht um Relevanz oder Erheblichkeit. Denn an Relevanz sind beide gebunden, jung wie alt. Irrelevantes wollen beide nicht. Bloß welche Relevanz, das ist die Frage? Und dann: Wie kommt man in einem Relevanzkonflikt zu einem Ausgleich?

    Und das herauszuarbeiten, das ist gar nicht so einfach. ... Denn: Unerhebliches will niemand, es sei denn er ist vergnügungssüchtig, wie auch viele Jugendliche. Dann sucht er Vergnügungs-Erheblichkeiten, und die gibt es im Internet in Hülle und Fülle, mit Knopf im Ohr sogar in der Straßenbahn und im Bett.

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  7. Mindestens zwei Mal habe ich die Problematik Internet und Urheberrecht in diesem Blog angesprochen. Im Juli 2011 gab eine Enquete-Kommission des deutschen Bundestages. Ich hatte kein Problem mit den Mehrheitsempfehlungen. Sie lauteten unter anderem: Bewusstsein für den Wert geistigen Eigentums fördern, Regelung für die Privatkopie an die Herausforderungen des Internet anpassen, Zurückhaltung bei regulatorischen Eingriffen üben, individuelle Lizenzierungsmodelle statt pauschaler Vergütung stärken, und Open Access für Wissenschaft und Forschung stärken.

    http://bertalsblog.blogspot.com/2011/07/urheberrechtsempfehlungen-der-enquete.html

    Das zweite Mal war im Jahr 2014, als Jaron Lanier den Buchpreis des deutschen Börsenvereins erhielt. Lanier plädierte dafür, dass die Schöpfer von Information stärkere Anerkennung und Vergütung finden. Dies richtete sich außer gegen die großen Aggregatoren wie Google auch gegen kleine Verlage, die ihre Autoren kaum vergüten. Einige Verlage nehmen heute sogar Geld von ihren Autoren.

    http://bertalsblog.blogspot.com/2014/10/jaron-lanier-der-informatiker-den-der.html

    Es ist leider nicht zu verkennen, dass es die Verleger sind, die dem Europäischen Parlament die ‚Einflüsterer‘ stellten. Eine Stärkung der Autoren ist auch in der neuen europäischen Richtlinie nicht zu festzustellen.

    À propos, Jung gegen Alt. Mit meinen 86 Jahren fühle ich, was das Internet betrifft, fast wie ein Jugendlicher. Seit gut 30 Jahren diskutiere ich mit Verlegern, dass es Zeit sei, sich von gewissen überlieferten Vorstellungen zu befreien. Wenn jemand bei uns die Nutzung des Internets, also die Digitalisierung, vehement bremst, dann sind es Verleger von Büchern, Zeitschriften und Zeitungen.

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  8. Zumindest die Demo am 23.3. vor dem Adenauer-Haus in Berlin hatte Wirkung. Wie Generalsekretär Paul Zimiak von der CDU gestern in einer Fernseh-Sendung berichtete, haben seine Mitarbeiter eine richtlinien-konforme Lösung gefunden, wie YouTube ohne Upload-Filter auskommt. Die SPD müsse noch zustimmen. Offen ist auch, ob die Lösung auch für alle anderen Plattformen gilt.

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