Freitag, 12. April 2019

Wert-orientierte und erkenntnis-orientierte Vorstellungen (von Peter Hiemann)

In vielen politischen und gesellschaften Diskussionen treffen oft die so genannten wert-orientierten Positionen auf die mehr erkenntnis-orientierten. Es tut sich dann meist ein fundamentaler Gegensatz auf. Fast alle Angehörige einer Religionsgemeinschaft beanpruchen, dass sie wert-orientiert argumentieren.

In seinem heutigen Essay vertritt Peter Hiemann den Standpunkt, dass der Gegensatz nicht zwangsläufig oder inhärent ist. Umfassende Erkenntnisse erlauben umfassende Wertschätzungen, oberflächliche Erkenntnisse verursachen oberflächliche Wertschätzungen.

Interessant finde ich, dass Hiemann uns Informatiker besonders in die Pflicht nimmt. Kollegen von uns erhalten beträchtliche Forschungsmittel, um die Wirkungsweise des menschlichen Gehirn zu erforschen. Das geschieht einerseits im Human Brain Projekt (HBP) der EU, andererseits im Brain Activity Map Project  (Project BRAIN) der NSF. Die erhofften Erkenntnisse sollten Vieles zurechtrücken, über das heute meist noch spekuliert wird. Außerdem fand Hiemann relevant, was über die Veranstaltung des German Chapters der ACM anläßlich ihres 50-jährigen Bestehens berichtet wurde.

Wie immer gelangen Sie zu seinem Essay,  indem Sie hier klicken.

2 Kommentare:

  1. Hartmut Wedekind aus Darmstadt schrieb: Schau ich in die Enzyklopädie von Mittelstraß, so finde ich im Beitrag „Wertethik“ von Oswald Schwemmer die Bemerkung, dass „Werte“ mit ihrer Ethik erst mit der Wertphilosophie eines Franz Brentano (1838-1917) aufkamen und sich dann vehement fortsetzte bis in unsere Tage. Man sah den großen Moralphilosophen Immanuel Kant (1727-1804) mit seinen vier bedeutenden Werken zum Thema und wollte halt etwas anderes machen, ohne an ihn heranzukommen. Kant war für die Romantiker nur ein Pflichtethiker, gegenüber dem sie sich als Wertethiker fühlten, obwohl sie dem großen Mann aus Königsberg nicht das Wasser reichen konnten. So kommt es, dass, wenn heute inflationär auch im Politischen von „Werte“ geredet wird, ich für mich den Ausdruck „Wert“ klassisch in den Ausdruck „Tugend“ (wortgeschichtlich ableitbar von „Tüchtigkeit“) übersetze. Das klappt wunderbar nicht nur im Hinblick auf die klassischen Kardinaltugenden ( Mut, Klugheit, Gerechtigkeit, Gelassenheit), sondern auch im Hinblick auf die christlichen Tugenden um den Begriff „ der Nächste“ herum. Wir landen mit „Tugend“ oder „Tüchtigkeit“ sofort beim Kantischen „Sollen impliziert Können“, und es stellt sich heraus, das „Können“ und nicht das ominöse Wort „Wert“ die zentrale ethische Vokabel ist. Denn: Wer in Umkehrung nichts kann, der ist auch zu nichts verpflichtet („ultra posse nemo obligatur“, seit alters her) und steht außerhalb eines ethischen Handelns. Er ist Empfänger. Mit dem Wort „Werte“ wird das alles zugekleistert und bis ins „motherhood und apple pie“, d.h. in Plattitüden hinein gesteigert. Kant war schon eine Klasse besser als seine Nachfolger bis heute. Man muss nur versuchen, ihn zu verstehen.

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  2. Peter Hiemann schrieb: Der Philosoph Emanuel Kant (1724-1804) hinterließ philosophische Werke, welche die Diskussion bis ins 21. Jahrhundert maßgeblich beeinflussten. Kant versuchte mit seinen Arbeiten, allgemeine Gesetze menschlicher Denk- und Verhaltensweisen zu finden. Herausragende Arbeiten Kants sind Überlegungen über Erkenntnistheorie und Metaphysik ('Kritik der reinen Vernunft'), Überlegungen zur Ethik ('Kritik der praktischen Vernunft') und Vorstellungen von Ästhetik ('Kritik der Urteilskraft'). Zudem verfasste Kant bedeutende Schriften zur Religions-, Rechts- und Geschichtsphilosophie. Kants Überlegungen beziehen sich auf absolut wirksame individuelle Eigenschaften bzw. individuelle Wertvorstellungen, ohne die Einflüsse komplexer Strukturen und Funktionen eines Gesellschaftssystems zu berücksichtigen.

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