Gestern Abend sah ich eine Sendung bei Phoenix,
die zwei der aktuell bei uns auftretenden Formen des Extremismus beschrieb. Die
Sendung beschränkte sich auf rechten und linken Extremismus und ließ den
islamischen Extremismus unerwähnt. Sie verglich Ziele und Erscheinungsformen.
Ziele und Erscheinungsformen des Extremismus
Die Linken berufen sich auf Marx, Lenin und Mao Zedong. Sie
fordern die Abschaffung des Privateigentums und streben eine klassenlose
Gesellschaft an. Sie wollen Nationalstaaten abschaffen und die Weltgemeinschaft
an ihre Stelle setzen. Die Rechten träumen von der reinen Rasse und wollen alle
Ausländer des Landes verweisen. Ihr Gesellschaftsideal ist der zentral
gesteuerte Führerstaat. Die Islamisten wollen alles dem Weltbild des Propheten
Allah unterordnen und keine anderen Gesellschaftsformen zulassen.
Politische Extremisten zeichnen sich dadurch aus, dass ihnen fast
jedes Mittel recht ist, solange es zum Ziel führt. Die Benutzung von Gewalt wird
nicht ausgeschlossen. Die demokratische Grundordnung Deutschlands steht ihren
Zielen im Wege und ist daher zu beseitigen. Nur die Rechten spielen heute eine
Rolle bei Wahlen (NPD, AfD), die linken Aktivisten machen sich bei Aktionen wie
im Hambacher Forst bemerkbar. Islamisten provozieren den Westen, indem sie
theatralisch organisierte Anschläge durchführen wie in Paris oder Brüssel.
Der Bericht des Verfassungsschutzes gibt jährlich Zahlen zu den
drei Gruppen. Für 2018 lauten sie: Linke
32.000 (davon 9.000 gewaltbereit), Rechte 24.000 (12.000); Islamisten 26.000.
Mord an Walter Lübcke
Am 2. Juni 2019, kurz nach Mitternacht, wurde der Kasseler Regierungspräsident
Walter Lübcke (CDU) auf der Veranda seines
Wohnhauses mit einem Pistolenschuss aus nächster Nähe getötet. Am 15. Juni 2019
wurde der aus Wiesbaden stammende Rechtsextremist Stephan Ernst festgenommen.
Am 25. Juni legte er ein Geständnis ab, das er am 2. Juli jedoch widerrief. Die
Tat begründete er mit Äußerungen Lübckes während der Flüchtlingskrise 2015.
Lübcke hatte sich damals für die Aufnahme von Flüchtlingen eingesetzt und war
der Hetze gegen diese von Seiten des Kasseler Ablegers der Pegida
bei einer Bürgerversammlung in Lohfelden im Oktober 2015 öffentlich entgegengetreten.
Dabei sagte er, wer die Werte der Verfassung ablehne, dem stehe es jederzeit
frei, Deutschland zu verlassen. Anschließend haben Besucher der Veranstaltung diese
Aussage als Videoausschnitt im Internet verbreitet. Lübcke war daraufhin Anfeindungen
und Morddrohungen ausgesetzt.
Der Täter wohnte damals in Kassel rund einen Kilometer von der
2015 eingerichteten Erstaufnahmeeinrichtung entfernt, zwei Kilometer vom
Bürgerhaus Lohfelden. Laut Ermittlern empörte er sich in einem Chat über Lübcke
und nannte ihn einen Volksverräter. In seinen Handydaten fanden die
Ermittler zahlreiche Hasskommentare
und Drohungen („Entweder diese Regierung dankt in kürze ab oder es wird Tote
geben“; „Schluss mit Reden es gibt tausend Gründe zu handeln und nur noch einen
'nichts' zu tun, Feigheit“). Bei der ersten Vernehmung gab Ernst zu, dass er
bei jener Bürgerversammlung im Oktober 2015 in Lohfelden war und Lübckes Aussage
ein wesentlicher Grund seiner Tat gewesen sei. Die Aussage habe ihn „die ganze
Zeit“ beschäftigt. Er sah darin einen Beweis, dass das deutsche Volk durch
Ausländer ersetzt werden sollte.
Ernst war Mitglied des Schützenclubs Sandershausen bei Kassel,
hatte dort aber nach Angaben des Vereinsvorsitzenden keinen Zugang zu
Schusswaffen. In Ernsts Wohnung fand die Polizei eine Schreckschusspistole und
Unterlagen, wonach er eine Erlaubnis zum legalen Waffenbesitz anstrebte. Die
Polizei fand in einem Erddepot auf dem Firmengelände seines Arbeitgebers fünf
Schusswaffen, darunter die Tatwaffe, die später zweifelsfrei identifiziert
wurde, sowie eine Pumpgun und eine Maschinenpistole vom Typ Uzi mit Munition.
Wer wie Ernst sich vier Jahre lang mit Mordgedanken trägt, der
handelt nicht im Affekt. Er habe Lübckes Wohnanschrift gegoogelt und sei 2017
und 2018 mit einer Pistole in der Tasche dorthin gefahren, aber jedes Mal froh
gewesen, die Tat nicht ausgeführt zu haben. Sein Tötungsplan sei durch die Kölner
Silvesternacht 2015/16, den islamistischen Anschlag
in Nizza 2016, Videos von weiteren islamistischen Anschlägen und
schließlich die Ermordung von zwei nordeuropäischen Frauen in Marokko
gewachsen. Für all das habe er Lübcke Mitschuld gegeben, aber mit niemandem
darüber geredet. Schließlich habe er dann Lübcke wortlos erschossen.
Wirkung des Attentats und Rolle der Brandstifter
Die Problematik dieses Attentats ist, dass dadurch viele Menschen
verunsichert werden. Zwei Fragen drängen sich auf (1) Kann dieser Staat seine
Politiker und Verantwortungsträger überhaupt schützen? (2) Wäre es manchmal besser,
anstatt seine Meinung zu sagen, den Mund zu halten? Ich verkneife es mir, hier
eine Antwort zu versuchen.
Sollte Alexander Gauland von der AfD nicht seine Wortwahl
überdenken, wenn er sagt, man müsse Angela Merkel davon jagen wegen ihrer Flüchtlingspolitik.
Oder Erika Steinbach, wenn sie Leute wie Walter Lübcke des Landesverrats
bezichtigt und mit einem Galgen bedroht.
Viele Leute glauben, dass das Internet die Dinge sehr oft verschlimmert.
Es brächte Leute auf Gedanken, auf die sie sonst nicht kämen oder nicht
gebracht würden. Ich bin davon überzeugt, dass erst durch das Internet auch Dinge ans
Licht kommen, von denen man sonst nie hören würde. Können nicht auch Gedanken existieren, von denen die Welt nie erfahren würde,
dass es sie gibt, würde nicht das Internet so leicht zum Plaudern verführen,
wie es das tut? Wovon das Herz voll ist, läuft ja manchmal der Mund über. Das
gilt auch, wenn das was da sprudelt, eher einer Jauchegrube entstammt als
einer Goldader.
Klaus Küspert aus St. Leon-Rot schrieb: Das stimmt. Und hoffen wir mal, dass nicht die andere „Außenseite“ auch mal wieder derart mörderisch aktiv wird wie nun vor über zwei Jahrzehnten
AntwortenLöschenNach dem Anschlag auf den Berliner Weihnachtsmarkt 2016 hat Deutschland etwa 90 so genannnte islamistische Gefährder in ihre Heimatländer abgeschoben. Dabei liegen Nordrhein-Westfalen (29) Baden-Württemberg (16) und Berlin (10) an der Spitze. In Rheinland-Pfalz und im Saarland liegt die die Zahl bei Null. Insgesamt laufen 225 Verfahren, davon 40% gegen Syrer.
AntwortenLöschenBei Rechten wie Linken gab ich - wenn auch sehr vereinfachend - die Motive an, die meines Erachtens eine Rolle spielen. Bei Islamisten mute ich mir dies nicht zu. Da fehlt mir der gedankliche Zugriff. Abschreckende Attentate werben doch nicht für eine Religion. Oder rächt man sich für frühere Repressalien, etwa während der Kreuzugszeit?
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