Freitag, 27. Dezember 2019

Opas weihnachtliche Gedanken zur Wirtschaft

Nach der weihnachtlichen Bescherung von Kindern und Enkelkindern durfte der Großvater dieses Jahr eine kurze belehrende Ansprache für die Familie halten. Um der Gelegenheit gerecht zu werden, musste er sich kurz fassen. Hier die vollständige Version.

Rolle des Geldes

Geld ist nicht nur das, was einem täglich begegnet. Münzen sind gerade dabei auszusterben. Papiergeld ist als Nächstes dran. Was uns bleibt, ist Buchgeld. Bezahlen wird man nur noch digital. Das dafür wichtigste Gerät ist das Smartphone. Es ist nicht nur Uhr, Navi, Radio oder Fernseher. Es ist auch Portemonnaie. Andere Computer lassen sich für diesen Zweck auch verwenden – allerdings meist nur mit Einschränkungen. Eine ist, dass man sie nicht in der Hosentasche herumtragen kann. Es kann aber auch sein, dass bestimmte Fähigkeiten fehlen, wie etwa ein QR- oder Barcode-Scanner.

Ein geringer Teil des auf Konten verfügbaren Geldes ist außerhalb von Banken entstanden. Die Banken schaffen laufend neues Geld, und zwar durch die Vergabe von Krediten. Sobald ein Kredit zugeteilt ist, ist der Unterschied zu andern Geldquellen nicht mehr sichtbar. Jeder Kredit hat eine beschränkte Laufzeit. Es können dies 50-100 Jahre sein. Danach kann er aber durch einen neuen Kredit abgelöst werden. Die Kredite, die normale Banken ausgeben, lassen diese sich durch Güter der Realwirtschaft decken, d.h. absichern. Dennoch kann das durch Kredite geschaffene Geld den Wert aller Güter der Realwirtschaft überschreiten.

Zinspolitik der Währungsbanken

Die für uns maßgebenden Währungsbanken (Fed, EZB) haben die Aufgabe, den Wert ihrer jeweiligen Währung (US-Dollar, Euro) zu schützen. Ihre Hauptsorge ist eine Deflation. Das ist ein Zustand fallender Preise. Dann hat die Realwirtschaft keine Motivation zu investieren. Dieses Risiko wird abgewendet, indem man 2% Inflation zulässt. Früher glaubten die Währungsbanken, dass sie das im Umlauf befindliche Geld in Grenzen halten müssten. Bei Buchgeld besteht diese Notwendigkeit nicht. Das Anwachsen der Geldmengen ist keine Inflation.

Die Währungsbanken erteilen den Geschäftsbanken ihrerseits Kredite, ohne dass dafür Kosten anfallen. Anstatt früherer 5-6% zahlen die Geschäftsbanken jetzt 0% Zinsen (Lombardzinsen genannt) an die Zentralbank. Im Extremfalle werden sogar negative Zinsen erhoben, d.h. die Zentralbank bestraft das Horten von Geld. Geschäftsbanken gehen in derselben Weise mit ihren Kunden um, also den Unternehmen und den Privatpersonen. Geld ist ein Schmiermittel der Wirtschaft. Nur das zählt, sonst nichts. Schmiermittel zu horten, ist von Übel.

Im Gegensatz zu dem, was oft in der Presse verlautet, ist die Nullzinspolitik der Banken das Beste, was Sparern passieren kann. Man sollte Mario Draghi in Frankfurt ein Denkmal setzen, anstatt ihn zu beschimpfen. In einem früheren Blog-Beitrag schrieb ich dazu:

Durch die Politik des billigen Geldes werden Leute, die sich bisher keine Gedanken darüber machten, wo man Geld nützlich verwenden könnte, plötzlich gezwungen selbst nachzudenken oder sich klug zu machen.

Es erscheint mir schon merkwürdig, wenn namhafte Autoren und Wissenschaftler dafür argumentieren, dass es gut sei, wenn man ihr Publikum dumm halte.

Anlage in guten Firmen

Es ist eine beliebte Form der Volksverdummung, wenn man die Mär verbreitet, dass Geld ‚arbeitet‘. Weder Münzen, noch Scheine, noch Buchgeld tun etwas. Auch dann nicht, wenn es bei Banken auf einem Sparbuch-Konto liegt. Geld arbeitet nur, wenn es von guten Firmen aus der Realwirtschaft genutzt wird. Banken könnten dabei helfen, diese Firmen zu finden. Sie tun dies aber immer weniger. Der Grund: Sie haben den Kontakt verloren.

Kriterien für gute Firmen sollte jedes Kind kennen. Die zwei wichtigsten seien hier genannt. Nummer Eins heißt: Der Gewinn der Firma muss ausreichen, um seine Schulden zu bezahlen. Im Fach-Jargon: EBITA (Gewinn vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen, engl.: earnings before interest, taxes and amortization) muss positiv sein, und das über mehrere Jahre hinweg. Nummer Zwei heißt: Das Geschäftsmodell muss Sinn machen, d.h. die Firma sollte etwas anbieten, was Kunden gebrauchen können und was ethisch oder moralisch einwandfrei ist.

Vier besonders gute Beispiele

Im Folgenden seien kurz vier Firmen aus der Informatik-Branche erwähnt, einer Branche, die ich zufällig recht gut kenne. Es gibt gute Firmen in vielen Branchen, große und kleine Firmen, alte und neue.

  • IBM: Für große Rechner erschloss man außer technisch/wissenschaftlichen auch kommerzielle Anwendungen. Dann erfand man den PC und Programme als Produkte. Beides überließ man anderen. Damit verlor die IBM-Aktie schnell ihre Attraktivität.  
  • Apple: Steve Jobs sah im Telefon einen Computer und packte beide zusammen. Er nahm stolze Preise, so wie einst IBM. Dann begann er damit, Musik online zu verkaufen. IBM war sich zu schade dafür.
  • Google: Die zwei Stanford-Studenten Jerry Page und Serge Brin machten aus ihrer Dissertation ein Produkt, die beste Suchmaschine der Welt. Sie verkauften Werbeplatz in der Nachbarschaft von Suchbegriffen. Sie versteigerten sozusagen unsere Sprachen. Außerdem können sie sagen, welche Werbung gelesen wird – was kein klassischer Werbeträger kann − und lassen sich das bezahlen. Sie rechnen dafür Bruchteile von Pennies ab. Erst die Masse macht dann – wie so oft − das Geschäft.
  • Amazon: Jeff Bezos war an der Wall Street tätig, als das Internet aufkam. Da er seinen Chef vom Potential desselben nicht überzeugen konnte, machte er sich selbständig. Zuerst verkaufte er Bücher, danach Alles, was sich online verkaufen lässt. Das Internet schlägt den ortsgebundenen Einzelhandel haushoch durch bessere Information und besseren Service. Bezos konzentrierte sich immer nur auf Marktanteile. Rendite war ihm sekundär.

Ich habe über diese Firmen ausführlich in diesem Blog geschrieben. Ich selbst hatte bzw. habe Aktien aller dieser Firmen. Sie haben mir sehr viel Freude gemacht. Hier eine Übersicht über die Jahresschlusskurse:



Zwei recht gute deutsche Firmen

Bei der Aktie der Firma Allianz konnte man in fünf Jahren bescheidene 300% Kurssteigerung mitnehmen. Bei den Volks- und Raiffeisenbanken gibt es keine Aktien, sondern nur Genossenschaftsanteile. Hätte man Nicht-Genossen reingelassen, wären die Genossen möglicherweise zu schnell reich geworden und damit untreu.

Nicht so gute Firmen

Wo es gute Firmen gibt, gibt es auch schlechte. Wenn der Staat einschreitet, um zu helfen, ist es meist recht schlimm oder schon zu spät. Ein Beispiel aus der Bankenbranche heißt Commerzbank. Und wer gibt noch einen Pfennig für die einst so berühmte Deutsche Bank?

In unserer Branche sehe ich die Firma Facebook als ein Übel an. Diese Firma hat ein Geschäftsmodell, das man als unethisch bezeichnen darf. Sie verdient ihr Geld mit der persönlichen Information, die Nutzer ihr über sich selbst geben oder gegeben haben. Auch darüber habe ich in diesem Blog ausführlich geschrieben.

6 Kommentare:

  1. Peter Hiemann aus Grasse schrieb: Aufgrund der instabilen Weltsituationen am Beginn des 21. Jahrhunderts werden “fröhliche Weihnachtslieder“ von nachfolgenden Generation zunehmend skeptisch aufgenommen.

    Es hat sich herumgesprochen, dass traditionelle Wirtschaftsmodelle einer hedonistischen menschlichen Denkweise entsprechen und mit demokratischer Meinungsbildung wenig zu tun haben. Im Gegenteil neigen traditionelle Wirtschaftsmodelle dazu, autokratische Prinzipien zu bevorzugen.

    Es hat sich auch herumgesprochen, dass die traditionellen Rufe nach Freiheit, Gleichheit ud Brüderlichkeit nichts beitragen, Polarisierungen, auch gewaltbereiter Bevölkerungen zu befrieden.

    Ich vermute, dass die große Bewährungsprobe demokratischer Denk- und Verhaltensweisen noch bevorsteht. Wer die Durchdringung der derzeitigen Welt lediglich unter einem ökonomischen und technischen Blickwinkel betrachtet, dem könnte der Hinweis auf folgende Spiegel- Kolumne vielleicht auf die Sprünge helfen:

    https://www.spiegel.de/netzwelt/web/2010er-warum-man-sie-als-dekade-des-digitalen-durchbruchs-betrachten-muss-a-1302759.html

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  2. Gerhard Schimpf aus Pforzheim schrieb: Ich kann der Sichtweise von Peter Hiemann nur zustimmen. Gerade auch unter dem Aspekt der Klimabewegung sind die eigentlichen Romantiker jene, die, um der Komplexität der Lage zu entgehen, an der Pardieserzählung vom immerwährenden Wachstum festhalten, das niemandem weh tut.

    Unter diesem Aspekt ist auch Greta Thunberg keine Klimaromantikerin, wie der Bayerische Rundfunk berichtet.

    https://t.co/6WINnyLaMB?amp=1

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  3. Hier die zwei letzten Strophen eines an Weihnachten vorgetragenen Familienepos:

    Euch möchte ich erklären, dass seit der Nibelungenzeit.
    Das Leben ist voller Abenteuer, so früher und auch heut.
    Es hat gar viele Strophen, mal traurige und mal heitere.
    Drum werdet nicht rammdösig und genießet alles Weitere.

    Ihr aber beachtet, was wir Euch an Genüssen hinterließen.
    Schwaden von Plastik und Müll in die Ozeane fließen,
    zig Gigatonnen CO2 belastet das Klima schwer,
    so wie Afrikaner als Migranten die Küsten zum Mittelmeer.

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  4. Auch SPIEGEL Plus war sehr deutlich: Die Zentralbanken haben durch die Geldflut den Zins auf Erspartes quasi abgeschafft. Und er wird so schnell nicht wiederkommen. ... Anleger müssen nun dafür zahlen, wenn sie dem Bund Geld leihen.

    https://www.spiegel.de/plus/so-vermehren-sie-ihr-geld-trotz-niedrigzinsen-a-807fd1fb-870c-469a-8f6d-d0d9c38ebe67

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  5. Peter Hiemann aus Grasse

    Prosit Neujahr!

    Selbstvertrauen, Phantasie und Verhältnismâssigkeit

    vermittels sich öffnen, sich wundern, Verhältnisse einschätzen


    trotz menschlicher Natur: geschlossen denken, wie gewohnt verhalten, Verhältnisse nicht ändern.

    Auf ein erkenntnisreiches Jahr 2020 !




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  6. Auf eine deutsche Firma mit erstaunlicher Leistung weist SPIEGEL 2/2020 hin: Adidas. Kursverlauf 12/2014: 56 Euro, 12/2019: 291 Euro. Adidas liegt auf Platz 10 der innovativsten Firmen der Welt, direkt hinter IBM, Facebook und Tesla. Angeführt wird diese Liste von Alphabet (Google), Amazon und Apple.

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