Mittwoch, 25. März 2020

Stresstest für gute Digitalisierung in Corona-Zeiten (Teil 1)

Die durch den Corona-Virus ausgelösten Turbulenzen haben zweifellos negative Folgen für die Wirtschaft und die Gesellschaft. Man kann dies aber auch anders sehen. Nichts wirkt nämlich besser als Stresstest dafür, ob eine Digitalisierungsstrategie erfolgreich war oder nicht, als die Art und Weise wie die durch die Virus-Pandemie verhängten Einschränkungen sich kritisch oder weniger kritisch auswirkten bzw. bemerkbar machten.

Vorteile der Digitalisierung in normalen Zeiten

Über die Vor und Nachteile der Digitalisierung habe ich des Öftern geschrieben. Ein Beitrag vom Januar 2016 befasst sich mit den wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Auswirkungen allgemein. In Januar 2017 beschrieb ich sehr konkret die Auswirkungen für Autoren und Leser. Hier spielen die Vorteile die mit Abstand dominierende Rolle. Es sind 17 Vorteile, die ich im Einzelnen diskutiere. Sie sollen hier nur in Form einer Tabelle gelistet werden. Auf die Nachteile einzugehen, das erspar ich mir. Diese Liste sollte man nicht ignorieren, obwohl sie kürzer ist als die der Vorteile.

 
Tab, 1: Vorteile der Digitalisierung

Wirtschaftliche Einschränkungen während der Corona-Krise

Zurzeit ergreift jedes Land der Erde Maßnahmen, die dazu dienen sollen, die Ausbreitung des SARS-CoV-2-Virus − kurz Corona-Virus genannt – und die damit verbundene Atemwegerkrankung Covid-19 zu bremsen. In Deutschland veröffentlicht das Robert-Koch-Institut (RKI) in Berlin die entsprechenden Hinweise und Fallzahlen.

Bundesweit wurden folgende Maßnahmen beschlossen (Stand: 22.03.2020 20:28 Uhr). Sie gelten zunächst für zwei Wochen. Nichtbefolgen wird bestraft.
  • Bürgerinnen und Bürger werden angehalten, die sozialen Kontakte so weit wie möglich zu reduzieren
  • Mindestabstand im öffentlichen Raum von 1,50 Metern. Besser zwei Meter
  • Aufenthalt im öffentlichen Raum ist nur alleine oder mit einer weiteren Person oder im Kreis der Angehörigen des eigenen Hausstands gestattet
  • Der Weg zur Arbeit, zur Notbetreuung, Teilnahme an erforderlichen Terminen, individueller Sport und Bewegung an der frischen Luft bleiben weiter möglich
  • Gruppen feiernder Menschen - auch im Privaten - sind inakzeptabel
  • Gastronomiebetriebe werden geschlossen, nur die Mitnahme von Speisen und Getränken ist gestattet
  • Dienstleistungsbetriebe im Bereich der Körperpflege werden geschlossen - Ausnahmen gelten nur für medizinisch notwendige Dienste.
Der Effekt dieser Maßnahmen zeigt sich darin, dass die Straßen und Plätze der Städte leer gefegt sind. Busse und Müllautos fahren wie immer.

Kompensation durch Digitalisierung

Wem immer die Notwendigkeit der Digitalisierung am Herzen lag, für den stellen die oben angegebenen Einschränkungen eine einmalige Chance dar, der Digitalisierung neue Schubkraft zu verleihen. Es ist eine Chance, mit der kaum jemand gerechnet hatte. Sie auszunutzen ist das Gebot der Stunde. Im Folgenden seien Beispiele gelistet:

  • Soziale Kontakte lassen sich per Telefon, Videokonferenzen, E-Mails und Chats sehr gut pflegen.
  • Das Home Office, d.h. die Arbeit von der eigenen Wohnung aus, kann eine echte Alternative werden. Die gerätemäßige Ausstattung, die Software und die Abläufe müssen jetzt den Praxistest bestehen.
  • Firmen, die das Internet als Vertriebsweg schon länger erschlossen hatten, stehen plötzlich als stärkste Mitbewerber da. Weder das Einkaufszentrum am Stadtrand noch der Laden um die Ecke können mithalten. Diese müssen ihre Flaggen strecken. Dass Amazon gerade dem letzten Krauter ans Fell geht, ist keine Überraschung.
  • Behörden oder Kanzleien, die mit ihrer Kundschaft elektronisch kommunizieren, können dies weiter tun.
  • Ärzte, Therapeuten und Berater, die bereit sind, telefonisch zu agieren, können dies weiter tun.
  • Schüler und Studenten können praktisch austesten, wie weit sich die seit Jahren versprochenen digitalen Lehrangebote bewähren.

Die Liste lässt sich noch fortsetzen. Jeder Leser wird weitere Ausprägungen erfahren.

Welt nach der Krise

Es gibt kaum einen Kommentator, der nicht verkündet, dass sich die Welt mal gerade wieder verändert. Es darf wirklich gefragt werden, ob es Sinn macht, per Auto zum Einkauf von Lebensmitteln und Haushaltsartikeln zu fahren. Wie viele Fahrten fielen in der Vergangenheit an, um eine einzelne Tomate oder eine Spule Zwirn zu holen? Bessere Lösungen sind überfällig.

Viele Menschen werden auch ihre sozialen Kontakte neu denken. Besuche sind möglich, auch ohne in ein Auto oder einen Zug zu steigen. Außer Verbrennungsmotoren gibt es auch noch andere Technologien, die zur Kommunikation zwischen entfernt lebenden Menschen genutzt werden können. Neben den Ex-Kollegen in Grasse und Ridgefield, CT belebt ein ehemaliger Kollege im niederländischen Noordwijk neuerdings meinen Blog.

Noch scheinen diejenigen Medien einen Vorteil zu haben, die eine Kommunikation 1 zu n unterstützen. Einer redet und viele hören zu. Das Telefon wirkte dem entgegen, jetzt kann dies auch eine Videokamera sein. Sowohl vor wie hinter meinem Haus verfolge ich in letzter Zeit das Geschehen genauestens. Die Katzen und der Fuchs in meinem Garten sind inzwischen zu Vertrauten geworden.

In der Welt nach der Krise dürfen und werden wir wieder sozial interagieren. Diejenigen, die dafür physikalische Kontakte benötigen, können darauf zurückgreifen. Auch sie werden gelernt haben, dass es auf sie allein nicht ankommt. Es gibt Alternativen. Nutzen wir sie doch ruhig etwas intensiver!

PS: Die Erläuterung der in der Krise einsetzbaren Software-Lösungen wird in einem späteren Blog fortgesetzt.

2 Kommentare:

  1. Peter Hiemann aus Grasse schrieb: Auch ich betrachte die derzeitige Virus-Pandemie unter dem Aspekt eines Stresstests, jedoch für alle gesellschaftlichen Funktionssyteme. Ich komme zu dem Schluss, dass Regierungen der modernen Welt (in Amerika, Europa, Asien, etc.) vor Erscheidungen stehen, ob sie lediglich Korrekturen an existierenden Gesellschaftsystemen anbringen wollen, oder ob sie nicht umhinkommen werden, grundlegende Denk- und Verhalteweisen neu zu erwägen, und zwar zunächst jede nationale Regierung auf ihre Weise.

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  2. Ich kann über die digitale Lehrangebote etwas sagen, und zwar aus eigene Erfahrung:
    Laut Umfrage von Heute in Spiegel-Online sind Jugendliche in Deutschland unzufrieden mit den digitalen Lernmöglichkeiten an ihren Schulen.
    Nun wie sieht es aus mit der Online-Lernplattformen? Was gibt es da an Strategie, technologische Möglichkeiten, Infrastruktur und Werkzeuge?
    Am 13. Februar schickte mir ein Freund aus Hanoi dieses Bild: ( https://www.facebook.com/ngoc.duong.1800/posts/4062673373746670 ) mit dem Kommentar, dass seine Tochter in Klasse 2 gerade von ihrer Lehrerin für das Lernen von zu hause über viber, zalo, drive, dropbox... die Materialien bekommen hat und er wünscht sich ein "Training platform".

    Im Frühjahr 2018, habe ich meine Kursen alles in Cloud gehalten, wir brauchten nur ein Browser. Fullstop. Von da haben wie alle Zugriffe (nach Anmeldung und Registrierung) zu ein Mainframe-Cluster in Poughkeepsie über "Skytap Cloud" von IBM, und so konnten die Teilnehmer alle seine eigene z/VM- und z/Linux-Systeme installieren und konfigurieren wie im Lernprogramm vorgegeben ist. Auch die Host-Terminals sind in diesem Cloud. Ich brauchte nur ein Beamer um die Folien anzuzeigen und dazu ein paar Flipcharts zum Handnotieren.

    Nun zwei Jahre später, machen alle Kinder in der Niederlande auch "Distance Learning". Jeder braucht ein Laptop mit Videokamera und eine Internet-Leitung. (Unser Haus hat eine Kupfer-Leitung mit 200 Mbit/s von Ziggo und ein inaktivierter Glasfaser-Kabel von KPN, somit können viele iPads, iPhones und meine PCs unbeschränkt abdecken. -- bis zu 1 Gbit/s kann man hier in NL Vertrag abschließen ) Die Lehrerin steht nun alleine im Klassenzimmer vor ein "Digital whiteboard" (Marke: Samsung ;-),) sie kann ihr Windows-Desktop zeigen, ihr Powerpoint zeigen, mit dem Stift Handnotizen direkt auf diesem whiteboard machen, abspeichern und an die Kinder verteilen... Das geht über ... richtig ... über Google.Classroom. Google.classroom ist ein LMS (Learning Management System) von Google. Und laut Google, seit Anfang März verstärkt in Hongkong und Vietnam in Einsatz.
    Google.Classroom ist ein Teil von "G Suite for Education", ein anderer Komponente ist Google-Hangout, und weitere.
    Andere Alternative ist z.B. Canvas LMS, oder BigBlueButton (nun nicht von IBM :-( ), die kann an zumindest für Canvas LMS in in G-Suite integrieren. In dieser Corona-Zeit ist alles kostenlos. Mit dieser Stichwörter können Sie nun im Internet tagelang ausstöbern.

    Für Kommunikation vom zuhause mit Geschäftspartner (Home working) ist momentan Zoom (mehr bei Wikipedia) in aller Munde; Informationen teilt man per Memos. Online-Meeting ist nicht der Trend ("Online-meeting is boring"), sondern "conversations". Hier ist ein Hit dieser Woche aus dem Blog von den berühmten Seth Godin: "Conversations" ( https://seths.blog/2020/03/the-conversation/ )

    Also alles ist verfügbar und noch kostenlos. Es gibt kein Grund zum Klagen ! Wie sagt man IBM: "This is the opportunity" der Corona-Zeit --
    "Put a tiger in your tank" oder "Es gibt viel zu tun. Packen wir's an!"

    p.s. Ich, als armer Rentner, kann nur so was (als LMS) anbieten:
    http://www.damtp.cam.ac.uk/user/tong/sft.html

    p.p.s. Google.Classroom ist hervorragend für normale Schulsystem. Aber für Höhere Mathematik brauche ich noch Erweiterungen wie LaTeX

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