Am 14.9.2012 schrieb Alice Endres, eine besorgte Bäuerin aus Meckel in der Eifel:
Bin vor vier Stunden von Berlin zurück, war
auf einer öffentlichen Konferenz zur Gentechnik und deren Auswirkungen. Habe
zwei Frauen aus Argentinien kennengelernt, Sofia Gatica und Maria del Milagro,
organisiert bei "Mütter von Ituzaingo", die über die Ausbringung von Glyphosat in den ländlichen Regionen in Verbindung mit dem
Zusatzstoff Tallowamine berichteten.
Dieser Zusatzstoff ist bei uns mittlerweile verboten, weil er nachgewiesenermaßen
karzinogen ist. Die beiden Frauen haben ihre Kinder durch Krebs verloren, und
haben ermittelt, dass über 33% der Bevölkerung durch Tumore sterben und 80% der
Bevölkerung dieses Totalherbizid im Blut und/oder Urin haben.
Diese Totalherbizide werden zunehmend
bei von Gentechnik veränderten Aussaaten eingesetzt. In Argentinien wurden 1996
mit 3,2 Liter pro Hektar, 2011 mit 12 Liter pro Hektar ausgebracht mit einem
Flugzeug, flächendeckend. Bei uns verwenden die Bauern Glyphosat mit 200 Gramm
pro Hektar. Es wird aber auch leider mit staatlicher Empfehlung zur Abreife des
Getreides empfohlen. Frankreich hat erstmals eigene Studien zum Glyphosat
gemacht, und dies dann verboten.
Für mich gibt es aber einen Unterschied
zwischen Gentechnik allgemein und Grüner Gentechnik, die nur seitens Monsanto dazu entwickelt worden ist, um für das
Totalherbizid Roundup Ready
für Mais und Soja wirtschaftliche Vorteile zu erzielen und um dadurch das
Monopol für das Hybridsaatgut Soja und Mais zu erhalten. Die Bauern
dürfen/können ihr eigenes erzeugtes Saatgut nicht mehr anbauen, müssen für jede
Aussaat neues zertifiziertes Saatgut von Monsanto, Bayer oder Syngenta
einkaufen. Das ist laut Tradition der Bauern nicht rechtens, und wirtschaftlich
nicht verträglich. Die grüne Gentechnik verfolgt leider nur wirtschaftliche
Interessen, die für die Bauern nicht von Vorteil sein können.
Es gibt aber auch die Rote und Weiße
Gentechnik. Diese ist eine Weiterentwicklung in der Humanmedizin. Diese kann
ich persönlich durchweg befürworten. Diese hilft Genkrankheiten entgegenzutreten.
Die Politik denkt nur Schwarz oder Weiß, das Leben befindet sich aber im grauen
Bereich. Wie kann man das politisch bewerkstelligen?
Worüber die beiden Argentinierinnen in Berlin berichteten, waren
Krebserkrankungen, die von Pflanzenschutzmitteln, den so genannten Pestiziden, verursacht wurden.
Hierüber gibt es bereits seit Jahrzehnten zuverlässige Daten, die zu konkreten
nationalen und EU-Richtlinien Anlass gaben. Das war also eigentlich Schnee von
gestern, sofern es um die Sensibilisierung der Öffentlichkeit geht.
Anders ist es bei dem Thema der durch Gentechnik veränderten
Lebensmittel. Hier ist die Diskussion voll im Gange. Da ich mich bisher damit nicht
befasst hatte, habe ich mit der Überschrift dieses Beitrags gegoogelt. Man
findet sehr schnell eine Vielfalt von Meinungen. Hier einige Fundstücke, die
sich teils überlappen, teils ergänzen:
Bei Bionet,
einem Projekt von acht europäischen Museen und Science Centern, heißt es:
Sind gentechnisch veränderte
Lebensmittel gefährlich, oder haben die Menschen einfach nur Angst vor etwas
Neuem?
Über die langfristigen Risiken der gentechnischen Veränderung von Lebensmitteln kann bisher nur wenig ausgesagt werden. Vielleicht bringt die gentechnische Modifikation von Lebensmitteln auf lange Sicht Veränderungen mit sich, die unerwünscht oder auch direkt gefährlich sind. Menschen könnten erkranken oder unfruchtbar werden. Die genetische Vielfalt der Natur könnte gefährdet werden. Mit absoluter Sicherheit kann man das heute nicht sagen.
Im Food-Info.net
unter Fragen & Antworten zur Biotechnologie heißt es:
Können gentechnisch veränderte
Lebensmittel Krebs verursachen?
Veröffentlichungen zum Thema Toxizität
gentechnisch veränderter Lebensmittel sind bisher nur gering vorhanden,
beschränkt auf wenige Tierversuche. De facto existieren keine klinischen
Studien, die den Effekt von GVO-Lebensmitteln auf die menschliche Gesundheit
untersuchen. Tierversuche mit Ratten haben gezeigt, dass GVO-Lebensmittel
negative Auswirkungen haben können, so kann zum Beispiel die Wirksamkeit
einiger Antibiotika eingeschränkt sein, Allergien können auftreten sowie die
Verdauungstätigkeit eingeschränkt werden. Trotz allem konnte bisher nicht
nachgewiesen werden, dass gentechnisch veränderte Lebensmittel Krebs
verursachen können
Bei den 100 Fragen der Krebs-Hilfe
Wien heißt es zur Frage 30:
Sind gentechnisch veränderte
Lebensmittel bedenklich?
Die Diskussion um gentechnisch
veränderte Lebensmittel wird sehr kontrovers und emotional geführt. Die für den
Handel zugelassenen gentechnisch veränderte Lebensmittel sind streng
kontrolliert und stellen für den Konsumenten kein gesundheitliches Risiko dar.
In Zusammenhang mit dem Krebsrisiko verhalten sie sich im Übrigen nicht anders
als konventionelle Lebensmittel.
Bei Greenpeace,
der Initiative zum Schutz der Umwelt, steht zu lesen:
Fremde
Gene, künstlich eingebracht in Lebens- oder Futtermitteln, können neue
Inhaltsstoffe verursachen und so zu Allergien, Immunschwächen oder anderen
Krankheiten bei Menschen oder Tieren führen. Deshalb ist die Gentechnik eine
Risikotechnologie, die Gefahren für unsere Gesundheit und die Umwelt birgt!
Offensichtlich
ist in der Medizin die Frage, was Krebs verursacht, alles andere als geklärt. Es
ist auch keine einfache Frage, da es viele verschiedene Arten von Krebserkrankungen
gibt. Unter dem Stichwort karzinogen (d.h. krebserzeugend) werden in Wikipedia u.a.
folgende Klassen gebildet und mit Beispielen belegt: natürliche oder chemische
Stoffe, Viren und Bestrahlungen. Die Liste ist sehr lang und wird immer länger.
Nun zu
den gentechnisch veränderten Lebensmitteln: Es ist für einen Laien wie mich
schwer, der Sache auf den Grund zu gehen. Das sollte normalerweise auch nicht
erforderlich sein. Das ist auf andern Gebieten ähnlich. Die Materie ist zu
komplex, als dass der Mann oder die Frau auf der Straße sie beurteilen können.
Daher ist eine Arbeitsteilung bzw. eine Aufteilung der Verantwortungen dringend
nötig.
Die
einschlägige Wissenschaft muss klären, welche Zusammenhänge tatsächlich
bestehen und was als Vorbeugung gegen Erkrankungen getan werden kann. Da vermutlich
einige Jahre, wenn nicht Jahrzehnte vergehen, bis dass alle Fragen verlässlich
geklärt sind, – und außerdem laufend neue Fragen aufkommen – muss die Politik
dafür sorgen, dass die Bevölkerung vor möglichen Schäden geschützt wird. Es
sind auch vorbeugende Maßnahmen sinnvoll für all die Fälle, die noch nicht
wissenschaftlich geklärt sind. Deshalb muss die staatliche
Lebensmittelkontrolle oder die Agraraufsicht sich zu einer Stellungnahme
durchringen und diese verkünden – und das konkret und abgewogen zugleich. Es
ist nicht Sache einer einzelnen politischen Partei, dies zu tun. Je nachdem wer
es gerade tut, hört nämlich der Rest der Bevölkerung automatisch weg. Tun es
die Piraten, beträgt der Rest immerhin noch 80% der Bevölkerung. Außerdem kann
dies nicht nur einmal geschehen, sondern muss alle zwei bis drei Jahre erneut
erfolgen, um den Fortschritt in der wissenschaftlichen Erkenntnis und in den Therapie-Methoden
zu berücksichtigen.
Die
Politik ist auch gefordert, wann immer öffentliche Mittel für die Forschung beantragt
werden. Leider hat die Krebsforschung bereits Milliarden-Summen verschlungen.
Das wird sich auch so schnell nicht ändern, es sei denn, es kommt zu einem
echten Durchbruch der Erkenntnisse. Wenn Ratten, die genetisch verändertes
Futter erhielten, häufiger Krebs bildeten als andere, ist dies zwar ein Indiz,
aber noch sehr pauschal. Nicht alle Lebensmittel wirken in gleicher Weise auf
das menschliche Immunsystem; außerdem gibt es Tausende von Möglichkeiten eine
bestimmte Nahrungspflanze zu verändern [Siehe Nachtrag].
Generell verfügt die Gentechnik über ein riesiges Potenzial, sowohl im Guten wie im Bösen. Es ist derzeit eines der interessantesten Forschungsgebiete in der Biologie, wenn nicht in der gesamten Naturwissenschaft. Wer heute Biologie studieren will, kann sich diesem Thema gegenüber nicht verschließen. Nicht nur in der Medizin macht man sich Hoffnungen, viele bisher als unheilbar erscheinende Krankheiten heilen zu können. Fast genauso wichtig sind die Aussichten, die sich mit ihr verbinden, um andere große Menschheitsprobleme zu lösen, zum Beispiel die Ernährung, die Energieversorgung und den Umweltschutz. Man muss wirklich fragen, ob die Welternährung bei dem anhaltend rapiden Zuwachs der Erdbevölkerung ohne moderne wissenschaftlich betriebene Landnutzung, etwa durch Hydrokulturen oder neues Saatgut, nicht zusammenbricht. Auf die denkbare Ölgewinnung und den Kohlendioxydabbau durch Algen (oder ähnliche Organismen) wurde in einem früheren Beitrag bereits kurz hingewiesen. Alle diese Beispiele kommen zwar noch ohne Gentechnik aus, sind aber mindestens so revolutionär. Durch Gentechnik wird ihr Nutzen gesteigert; die Erträge werden möglicherweise vervielfacht.
Es gibt
keine Technik, deren Anwendung keine Gefahren in sich birgt, so der Auto- und
Flugverkehr, die Schifffahrt und der Bergbau, und nicht zuletzt die Computertechnik.
Erst seit wenigen Wochen kennen wir im Deutschen den Begriff der digitalen Demenz und haben ihn in diesem Blog
diskutiert. An eine pauschale Verdammung dieser Techniken denkt niemand. Wie
jede neue Technik, die wir bisher benutzten, konfrontiert uns auch die
Gentechnik mit ganz neuen und eigenen Risiken. Das gilt nicht nur für ihren
Einsatz im Agrarbereich. So wie man in der Medizin gelernt hat, mit den Nebenwirkungen
chemischer Arzneimittel umzugehen, müssen auch für die Gentechnik die richtigen
Abwägungen getroffen und Balancen gefunden werden. Dafür wird allerdings einige
Zeit benötigt. Genauso wenig wie wir auf die moderne Medizin und die andern
modernen Techniken völlig verzichten können oder wollen, genauso müssen wir die
Potenziale der Gentechnik ins richtige Verhältnis bringen. Nehmen wir uns doch
die dafür erforderliche Zeit. Das sind nicht Wahlperioden, sondern
Generationen.
Meine
Schlussfolgerung als Nicht-Fachmann: Größtmögliche Sorgfalt im Einsatz
genveränderter Nahrungspflanzen ist unerlässlich. Verteufelung und Angstmachen jedoch
ist unseriös. Damit schadet man mehr als man nützt!
Nachtrag am 26.9.2012:
Es handelt sich hier um eine Studie der französischen Universität Caen. Danach führt
die Fütterung mit dem Gentech-Mais der Sorte NK603 der Firma Monsanto zu
erhöhten Sterberaten bei Ratten. Dieser Mais ist in Europa seit 2005 als
Lebens- und Futtermittel zugelassen.
Nachtrag am 30.1.2013:
In Spektrum der Wissenschaft, Heft 2/13 (Anhang S.18-21), warnte die Schweizer Agrarökologin Angelika Hilbeck vor gentechnisch veränderten Pflanzen. Bisher wurde davon ausgegangen, dass nur die im DNA codierte Information eine Rolle spielt. Heute weiß man, dass es auch auf Einflüsse außerhalb des Gens (so genannte epigenetische
Faktoren) ankommt. Im Falle gentechnisch veränderter Pflanzen ist deren Wirkung noch völlig unerforscht.
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