Donnerstag, 7. November 2013

Andreas Arning über die Praxis des Erfindens und die Patentierung von Software-Erfindungen

Andreas Arning (Jahrgang 1958) ist Leitender Spezialist im IBM Entwicklungslabor Böblingen. Er war u.a. in den Bereichen Unix, Data Mining und Workflow-Entwicklung tätig. Er hatte an der Universität Stuttgart Informatik studiert und hat später an der Universität Osnabrück promoviert. Als Interview-Partner vertritt Andreas Arning eine jüngere Generation als alle seine Vorgänger. Vor 30 Jahren hätte dieses Thema in dieser Form überhaupt noch nicht diskutiert werden können. Über Teilaspekte hätten nur Hardware-Kollegen Auskunft geben können.



Bertal Dresen (BD): Wir haben uns um 1982, also vor nunmehr 30 Jahren, in meiner Vorlesung "Entwurf großer Systeme" an der Universität Stuttgart kennen gelernt. Sie waren Student der Informatik und ich externer Lehrbeauftragter. Ich durfte Ihnen das Diplomarbeitsthema stellen und ihre Diplomarbeit beurteilen. Nach Beendigung des Studiums übernahmen Sie 1985 eine Stelle im Entwicklungsbereich der IBM. Können Sie kurz Ihren Werdegang bei IBM beschreiben. Welches waren die technisch interessantesten Aufgaben, an denen Sie mitwirkten?

Andreas Arning (AA): Die erste Herausforderung bestand darin, Unix Version V mit dem IBM System/370-Großrechner zu verheiraten. Damals prallten hier noch Welten aufeinander. Heute ist das Linux-System auf der unerschütterlichen Großrechner-Hardware der IBM ein wichtiger Beitrag zur IT-Welt. Dann bekam ich die Chance, in einem Grundlagenforschungsprojekt mitzuwirken. Dort durften wir in einem frühen Stadium wissenschaftliche Spitzenforschung betreiben: das inhaltliche Verstehen von natürlich-sprachlichem Text durch einen Computer mit linguistischen und logischen Methoden (Projekt LiLog). Wenn man so will, haben wir dort einen erster Vorläufer des heutigen Watson-Systems gebaut, zusammen mit fünf deutschen Universitäten, und ich durfte die Implementierung leiten.

Als Nächstes holten meine Kollegen und ich einen Data-Mining-Prototypen aus dem IBM Forschungslabor Almaden in Kalifornien nach Deutschland, um ihn in kurzer Zeit zur Produktreife zu bringen. Aktuell arbeite ich in der Entwicklung des WebSphere Application Servers, wo wir es geschafft haben, die Entwicklungsverantwortung für wichtige Komponenten dieses erfolgreichen Produktes nach Deutschland zu holen.

BD: Wie ich erfahren habe, haben Sie zwischen 1992 und 1996 an der Universität Osnabrück promoviert. Was war Ihr Thema und wie kamen Sie auf Osnabrück? In welcher Beziehung stand das Thema zu Ihrer Arbeit bei IBM?

AA: Als Belohnung für die erfolgreich verlaufene Arbeit im Forschungsprojekt LiLog durfte ich für einige Monate ein Forschungsthema meiner Wahl bearbeiten, an einer Universität meiner Wahl. Ich hatte mich schon länger für Methoden der künstlichen Intelligenz interessiert, war allerdings immer wieder verwundert, warum in diesem Forschungsfeld eine entscheidende Trumpfkarte des Computers so hartnäckig nicht ausgespielt wurde: die Fähigkeit, gigantische Datenmengen zu verarbeiten. Es war stattdessen gängige Praxis, den Computer aus einer Handvoll Beispiele etwas lernen zu lassen. Darüber hinaus wollte ich an etwas für die Praxis Nützlichem arbeiten; so kam ich zu dem Thema meiner Doktorarbeit „Fehlersuche in großen Datenmengen unter Verwendung der in den Daten vorhandenen Redundanz“. Und weil ich zuvor schon mit 15 Professoren zusammengearbeitet hatte, konnte ich mir auch noch den Lehrstuhl aussuchen, der besonderes Interesse an diesem Thema hatte. Ich entschied mich für Osnabrück. Das Thema hatte auch in meiner weiteren Arbeit einige Überlappung mit dem Gebiet „Data Mining“. Heute kennt man dies auch unter dem Namen „Big Data“. 

BD: In Ihrem Profileintrag im sozialen Netz ‚LinkedIn fielen mir die 17 erteilten Patente auf, die Sie alle einzeln auflisten. Weitere 11 sind eingereicht. Die Anmeldungen erstrecken sich über die Zeit von 1986 bis 2010. Einige stammen von Ihnen allein; die meisten von mehreren Erfindern. Was hat Sie bewogen, so offen über Ihre Erfindungen zu reden? Gab es außer mir noch Leute, die Sie direkt darauf ansprachen.

AA: Ja, im Laufe der Zeit hat sich da so einiges angesammelt. Das Patentwesen in unserer Firma ist gut organisiert: die Erfinder dürfen sich auf das Darstellen der Kernidee konzentrieren, die Prior-Art-Suche und das Übertragen in Juristensprache und natürlich die Anmeldungskosten werden von der IBM übernommen. Und wir werden explizit ermutigt, eine Erfindung mit Kollegen zu diskutieren – wenn ein Kollege in so einer Diskussion die Erfindung verbessern hilft und dadurch zum  Miterfinder wird, bedeutet dies beispielsweise bei den Prämien in der Regel keine Einbußen. Deshalb gibt es so oft Erfindergemeinschaften. Man darf eine Person aber nur dann als Miterfinder benennen, wenn sie auch etwas beigetragen hat.

In unserer Firma gibt es einen Titel „Master Inventor“, der nach strengen Regeln verliehen wird und außer der eigenen erfinderischen Tätigkeit vor allem das ‚Mentoring honoriert. Diesen Titel muss man sich alle drei Jahre neu erwerben, und ich darf ihn aktuell wieder für drei Jahre in meiner elektronischen Visitenkarte führen. Da werde ich natürlich auch gelegentlich drauf angesprochen. Kurzum, IBM ist ein guter Platz für Erfinder. Man wird hervorragend unterstützt.

BD: Wie Sie sicher wissen, ist die Idee der Patentierung von Software nicht ganz unumstritten. Ich selbst hatte mich in den 1980er Jahren dafür engagiert, Kollegen innerhalb und außerhalb der IBM für diese vorher nur den Hardware-Kollegen vertraute Denkweise zu gewinnen. Was hat Sie und ihre Kollegen dazu bewogen, sich mit den Mühen der Patentierung zu belasten? Welche Aspekte machten die meisten Schwierigkeiten? Ist es der ‚juristische Kram‘, wie z.B. das Abstecken der Ansprüche (Claims)?

AA: Ja, es gibt zu dem Thema Patentierung von Software ganz verschiedene Ansichten, an einem Ende des Spektrums „Software ist für alle da“ (und sollte ohne Einschränkung für jeden gratis sein), auf der anderen Seite schlagzeilenträchtige juristische Patentstreitigkeiten großer Firmen. Die Firma IBM geht da einen ganz pragmatischen Weg. Wir versuchen einfach, viele unserer Ideen durch Patente abzusichern, um unsere Handlungsfreiheit zu behalten. Ein großes Patent-Portfolio gibt uns da einige Sicherheit, und gleichzeitig sind wir bemüht, in beiden Richtungen eine faire Lizenzpolitik zu betreiben sowohl gegenüber größeren Firmen aber gerade auch gegenüber kleinen Firmen.

Zu den Mühen der Patentierung: Es gibt in der Tat eine Hemmschwelle, denn die Ausarbeitung einer Patentschrift in der eigenen juristischen Sprache hat sehr wenig Verwandtschaft mit Software-Entwicklung. Aber Erfinder werden   ̶  wie schon erwähnt   ̶  bei uns sehr gut unterstützt, und den ersten Schubs geben dann manchmal die Master-Inventoren, nicht als Miterfinder, sondern als Mentor.

Die meisten Schwierigkeiten macht es erfahrungsgemäß, eine patentwürdige Lösung als solche zu erkennen. Wenn man ein – scheinbar unlösbares – Problem irgendwann einmal bezwungen hat, scheint einem die Lösung rückblickend manchmal geradezu trivial. Um diesen Unterschied zu verdeutlichen, mag die Erfindung „Reißverschluss“ helfen. Das Prinzip des Reißverschlusses könnte ich gut genug erklären und niederschreiben, so dass ihn jemand nach meinen Vorgaben produzieren könnte. Ich könnte mir also den Reißverschluss rückblickend auch selbst ausdenken, da bin ich zuversichtlich. Aber ich bin schon mit Reißschlüssen aufgewachsen, deshalb gilt das nicht! Erst wenn ich mir dann – mit viel Mühe – eine Welt mit allen technischen Errungenschaften nur eben ohne jeden Reißverschluss ausgemalt habe, wird mir allmählich klar: nein, diese Erfindung wäre mir nicht eingefallen, sondern ich wäre wie alle anderen mit Knöpfen und Klettverschlüssen zufrieden gewesen. Konkret: es braucht einige Erfahrung und Respekt für erfinderische Leistungen anderer, eine rückblickend gesehen einfache Lösung (eventuell patentierbar) von einer naheliegenden Lösung (nicht patentierbar) zu unterscheiden. Auch hier helfen bei uns die Master-Inventoren.

Schwierig ist weiterhin, die Patentansprüche so zu formulieren, dass die nicht zu allgemein sind (und damit durch den Stand der Technik schon vorweggenommen), aber auch nicht zu speziell (d.h. mit leichter Änderung umgehbar und damit wertlos). Aber auch hierbei wird der Erfinder nicht allein gelassen.

BD: Ihre Erfindungen sind – so scheint es mir  ̶  alle software-bezogen. Können Sie anhand eines ihrer Patente erklären, worin die so genannte Erfindungshöhe besteht.

AA: Das US Patent 5715469, erteilt im Februar 1998, beschreibt ein Verfahren zur Rechtschreibprüfung, das ohne Lexikon auskommt. Der erfinderische Schritt besteht darin, einen (vorzugsweise langen) Text mit seiner Redundanz als Lexikon-Ersatz zu verwenden, während es Schreibfehler in demselben Text sucht. Gleichzeitig geht dieses Verfahren die Problemstellung „Schreibfehler finden“ von einer unkonventionellen Richtung an: Statt „Finde alle Schreibfehler“ verfolgt das Verfahren ein unsinnig oder zumindest exotisch erscheinendes Ziel, nämlich „Finde nur einen einzigen Schreibfehler, der aber mit größter Sicherheit auch wirklich ein Fehler ist“. Dazu nimmt das Verfahren die langen, besonders häufig vorkommenden Wörter aus dem Text her, baut in diese künstlich Fehler ein, nach den üblicherweise vorkommenden Fehlermustern, und sucht alle diese Variationen im Text. Den so ermittelten Kandidaten kann man dann eine Wahrscheinlichkeit zuordnen, die ausdrückt, ob wir eher einen wirklichen Fehler vorliegen haben oder eher einen falschen Alarm.

Natürlich muss man sich dabei nicht auf den einen wahrscheinlichsten Fehlerkandidaten beschränken, sondern man kann auch eine längere Liste erzeugen, in der sich dann allerdings, je weiter man in der Liste von oben nach unten navigiert, zunehmend falsche Alarme finden. Auf diese Weise kommt man dem sinnvolleren Ziel „Finde alle Schreibfehler“ dann doch wieder näher. Das Verfahren funktioniert übrigens tatsächlich: angewendet auf Ihren kompletten Blog sieht die Top 10 der Ergebnisse so aus:


Dabei habe ich die tatsächlichen Fehler mit '+' markiert, die ‚false alarms‘ durch '-'. Um dies zu entscheiden, habe ich die links stehenden Zeichenketten im Text gesucht und den Kontext berücksichtigt. In der äußeren rechten Spalte ist die Wahrscheinlichkeit des Zutreffens angegeben. Das Verfahren findet ansonsten noch die weiter unten angegebenen Fälle. Die ‚false alarms‘, die weiter unten immer häufiger werden, habe ich dabei weggelassen.


Dieses Patent ist übrigens inzwischen abgelaufen. Die Idee ist damit Allgemeingut und jeder darf diese Idee implementieren und nutzen.

Eine Eigenschaft dieser Erfindung ist charakteristisch für software-bezogene Erfindungen: rückblickend kann man sie ohne Einarbeitung in Elektronik oder Mechanik verstehen. Es können also viele mitreden. Und wenn nun einer dabei ist, der den kurzen Moment der Verblüffung vergessen hat („Rechtschreibprüfung ohne Lexikon – wie kann das jemals funktionieren?“), kann wie beim Reißverschluss wieder die Verwechslung zwischen „rückblickend einfach“ und „naheliegend“ passieren. Die Konsequenz ist, dass Zweifel an der Patentwürdigkeit laut werden. Aber mit diesem Risiko müssen alle Erfindungen, nicht nur die software-bezogenen,  nun einmal leben.

BD: Worin liegen für Sie persönlich der Reiz und der Wert des Erfindens? Gibt es finanzielle Vergütungen? Welche Rolle spielt heute das deutsche Arbeitnehmererfindergesetz? Treibt es kreative Firmen aus Deutschland weg?

AA: Schon als Kind habe ich große Ehrfurcht für berühmte Erfinder empfunden, und am liebsten wollte ich auch einer von denen werden. Nun ja, eine bahnbrechende Erfindung, die vielen Menschen nützt, ist nicht jedem vergönnt, aber die Romantik schwingt auch bei kleinen Erfindungen mit. Immerhin bekommt man von amtlicher Seite mit einiger Zuverlässigkeit bescheinigt, dass man mit einer Idee der erste war. Außerdem gibt es in unserer Firma schon für das Einreichen von Patenten eine Belohnung. Das ist besser für die Erfinder, denn ob ein Anspruch nach dem  Arbeitnehmererfindergesetz überhaupt besteht, entscheidet sich oft erst Jahre später – wenn es wirklich zu einer Erteilung kommt.

Das Arbeitnehmererfindergesetz schreibt vor, den/die Erfinder angemessen an dem kommerziellen Erfolg der Erfindung zu beteiligen. Der Gesetzgeber mutet den Unternehmen hier aber nur einen sehr überschaubaren Betrag für die Erfindervergütung zu. Nach meiner Einschätzung überwiegt der Anreiz für die Erfinder, kreativ zu sein, die Kosten für die gesetzliche Erfindervergütung. Mit anderen Worten ausgedrückt, würde ich folgendes vermuten: bevor dieses Gesetz eine Firma aus dem Land vertreibt, weckt es vielleicht noch eher in einer Firma die schlummernde Kreativität. Aber belastbare Zahlen habe ich für diese Vermutung nicht.

BD: Was wissen Sie über den Wert oder die Wirkung Ihrer Erfindungen für die Firma? Wie wird Erfolg gemessen? Ist es nur die Nutzung innerhalb der Firma IBM oder spielt auch der Wert für Lizenznehmer eine Rolle?

AA: Da sprechen Sie einen sehr interessanten Aspekt an. Der individuelle Beitrag eines Patentes zum Geschäftserfolg eines großen Produktes ist naturgemäß sehr schwierig zu erfassen. Man findet sich unmittelbar in Fragestellungen wie „welches Umsatzplus hat diese neu eingebaute, patentierte Lösung dem Produkt beschert?“ Zwar kann man Umsatz oder Umsatzplus noch leicht ermitteln, aber das Herunterbrechen auf eine von vielen Neuerungen ist naturgemäß nicht einfach.

Dennoch nehmen wir genau diese Frage sehr ernst, und betrachten im Expertengremium jedes Patent im Detail und entscheiden für jedes Patent seinen relativen Wert im Produkt sowie sein Potential für etwaige Lizenznehmer. Und bei diesen Entscheidungen gilt grundsätzlich: im Zweifel für den Erfinder. Allerdings ist auch zu bedenken, dass ein Produkt, das vielleicht eine dreistellige Anzahl von Patenten beinhaltet, nicht jeweils 10% seines Umsatzes an jeden beteiligten Erfinder weitergeben kann. Auch hier hat man als Mentor eine Aufgabe, nämlich unrealistische Vorstellungen von Erfindern zu dämpfen. Und wenn es zu Lizenzübertragungen an andere Firmen kommt, stellen sich ähnliche Probleme, denn oft werden gleich mehrere Patente auf einmal gehandelt, so dass es auch hier schwerfällt, den individuellen Anteil eines einzelnen Patentes zu ermitteln. Aber die Firma ist stets darauf bedacht, eine gerechte Lösung zu finden.

BD: Gab es Kommentare oder gar Anfechtungen (engl. litigations) für Ihre Patente? Wie sehr werden einzelne Erfindungen in der Fachwelt diskutiert?

AA: Mir sind keine Kommentare oder Anfechtungen für meine bestehenden Patente bekannt, dabei wäre eine Anfechtung ja eher ein gutes Zeichen – zeigt sie doch, dass man eine relevante Lösung aufgezeigt hat, die andere ohne Lizenznahme auch gerne verwenden wollen. Anfechtungen vor Ablauf eines Patentverfahrens dagegen kenne ich besser. Es passiert gelegentlich, dass ein Patentverfahren es nicht bis zur Erteilung schafft, weil doch noch „Prior Art“ aufgetaucht ist, von denen wir zur Zeit des Patentantrages keine Kenntnis hatten oder keine Kenntnis haben konnten; das ist mir auch schon passiert.

BD: Wie Sie vielleicht wissen, war ich 15 Jahre lang Hauptherausgeber einer deutschsprachigen Fachzeitschrift für Informatik.

AA: … die Zeitschrift „Informatik - Forschung und Entwicklung“. Das habe ich in der Laudatio zu Ihrer Ernennung zum GI-Fellow gelesen …

BD: Deshalb möchte ich Sie fragen: Was halten Sie von der weitverbreiteten Meinung, dass Informatiker mehr ans Publizieren in Fachzeitschriften denken sollten als ans Patentieren? Wie viele Zeitschriften-Publikationen haben Sie? Welche Fachzeitschriften lesen Sie regelmäßig? Wie glauben Sie herauszufinden, was geschützt ist?

AA: Eine Patentanmeldung ist eine gut sichtbare Form der Publikation, mit einem wohldefinierten Review-Prozess. Und durch die zusätzliche Schutzwirkung eignet sie sich auch für Themen, bei denen ohne diese Schutzwirkung Fortschritte geheim bleiben müssten – weil die Wettbewerbsfähigkeit einer Firma auf dem Spiel steht. Aber auch für Universitäten kann sich eine Patentanmeldung lohnen. Dafür gibt es beeindruckende Beispiele.

Jede Patentschrift wird übrigens nach 18 Monaten von Patentamt veröffentlicht, auch wenn das Verfahren dann noch nicht abgeschlossen ist. Diese so genannten „Offenlegungsschriften“ bekommt man über das DEPATISnet. Sie dienen dazu, Fortschritte der Öffentlichkeit zugänglich zu machen, und man kann sie wie andere Publikationen zitieren und auf den Ergebnissen aufbauen.

Ich selbst habe in meiner aktuellen Position vorwiegend mit technischen Detailfragen zu tun, wo die Überlappung mit Themen in Fachzeitschriften nicht besonders hoch ist. Demzufolge habe ich auch keine eigenen Publikationen in Fachzeitschriften. Aber ich lese Fachzeitschriften gerne und regelmäßíg, speziell das „Informatik Spektrum“. Und gelegentlich die Zeitschrift „Künstliche Intelligenz“.

Übrigens gibt es noch eine interessante Art von Publikation, zu der ich auch beitrage. Gelegentlich publizieren wir Erfindungen, für die wir keinen Patentschutz anstreben, aber die wir trotzdem nutzen können wollen. Diese Ideen stellen wir der Welt einfach so zur Verfügung, z.B. auf dem IBM-unabhängigen Portal ip.com. Durch die Veröffentlichung werden diese Ideen zur „Prior Art“, und im Gegenzug können wir sicher sein, dass niemand anders ein Schutzrecht für unsere Ideen bekommt und dann gegen uns verwendet.

Damit sind wir schon wieder bei dem Thema „Prior Art“ gelandet. In der Tat mache ich für jede potentielle Patentidee eine erste Recherche selbst. Hier spielen ja nicht nur andere Patenteinreichungen eine Rolle, sondern es sind alle Veröffentlichungen relevant. Diese Recherche mache ich immer mit etwas Herzklopfen und dem inständigen Wunsch, nichts zu finden. Aber diesen Schritt, so unangenehm er ist, darf man einfach nicht weglassen. Denn je später im Verlauf eines Patentverfahrens sich herausstellt, dass eine Idee nicht neu ist, umso mehr unnötige Arbeit hat man geleistet – die man besser in eine andere Idee investiert hätte.

BD: Vielen Dank für die ausführlichen Auskünfte! Vielleicht hilft dies angehenden Informatikern und ihren Lehrern dieses Thema etwas anders anzugehen als in der Vergangenheit.

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