Gerade schickt uns ein
Freund (Manfred Roux), der Venedig besucht, per Facebook herrliche Stimmungsbilder aus der
winterlichen Lagunenstadt. Das veranlasst mich, nochmals in mein reiches
Material an Reiseberichten zu greifen, wissend, dass diese Art von Beiträgen
von meinen Lesern nicht verschmäht wird. Beide beschriebenen Städte besuchten
meine Frau und ich im Sommer 2004. Wir ließen das Auto zuhause in der Garage
stehen und fuhren per Bahn bequem (im Cisalpino) von Stuttgart über Zürich und
Mailand.
In der Universitätsstadt Bologna
Die Gründung der Universität Bologna wurde im 19. Jahrhundert auf das Jahr 1188 festgelegt. Eine Ausbildung von Medizinern oder Juristen (kanonisches und ziviles Recht) gab es dort und an anderen Orten Italiens (z. B. in Salerno) schon früher. Da die Gründung der Universität Paris erst im Jahre 1205 erfolgte, gilt Bologna als die älteste Universität Europas, ja der Welt. Entscheidend ist, dass zuerst in Bologna das Wort „Universität“ auftaucht. Es ist hier von der Gemeinschaft aller Studenten (lat. universitas scholarum) die Rede, die sich zusammenschloss (inkorporierte), um Professoren anzustellen und sie zu verpflichten, gewisse Regeln einzuhalten. Diese bezogen sich auf die zeitliche Regelung und die Qualität der Vorlesungen. Allmählich schaltete sich die Stadtverwaltung von Bologna ein und erwarb von den deutschen Kaisern (namentlich von Friedrich Barbarossa) das Monopol der Professorenbesoldung. Als Verhandlungspartner der Universität schälte sich damit die Stadtverwaltung Bolognas heraus. Die Struktur der Pariser Universität war von Anfang an eine andere. Hier schlossen sich Professoren und Studenten zusammen, um die Ausbildung auf solidere Füße zu stellen.
Die Studenten in Bologna organisierten sich im
Mittelalter in Landsmannschaften. In Bologna sind insgesamt 20 von ihnen
nachgewiesen. Auch in Paris und später in Prag gab es so genannte Nationen,
aber in erheblich geringerer Zahl. Die Studenten einer Nation wohnten oft in
eigenen Häusern (Kollegien genannt) oder im selben Stadtviertel. Im Stadtbild
von Bologna ist heute noch das Haus der spanischen Studenten als solches
ausgewiesen. Bologna hatte etwa 300 Jahre lang eine besonders große
Anziehungskraft für den süddeutschen Raum. Da der Hausmeister (Provost) des
deutschen Hauses genau Buch führte, sind uns heute noch etwa 3200 Namen von
deutschen Studenten bekannt, die zwischen 1289 und 1499 in Bologna Jura
studierten. Die große Mehrzahl von ihnen waren Theologen, die sich für
kanonisches Recht interessierten. Meist besaßen sie bereits eine Anstellung
(Pfründe) durch die Kirche, die ihnen die finanzielle Grundlage für die Studien
lieferte. Die Nicht-Theologen waren meist Söhne deutscher Adeliger.
Bologna errang seinen Ruf für die juristische
Ausbildung vor allem dadurch, dass die Überlieferung juristischen Wissens und
juristischer Texte aus dem alten Rom teilweise über den Weg
Konstantinopel-Ravenna erfolgte. So wurden in Bologna der Zivilrechtskodex (lat.
codex juris civilis) des oströmischen Kaisers Justitian nicht nur
vervielfältigt, sondern auch kommentiert und für den Gebrauch in der
Rechtspraxis überarbeitet. Als Basis des Kirchenrechts (lat. codex juris
canonicus) wurden Erlässe der Päpste gesammelt und aufbereitet. Kennzeichnend
für die damalige Rechtspraxis war, dass man nur dann als Rechtsanwalt und Notar
zugelassen wurde, wenn man die entsprechenden Texte besaß.
Im Streit zwischen den politischen Instanzen dieser
Zeit, z.B. zwischen Kaiser und Papst oder zwischen Städten und den
Territorialherrschaften, erwiesen sich in Bologna ausgebildete Juristen
zunehmend als hilfreich. Nicht nur sprach man dieselbe Sprache, nämlich Latein,
sondern kannte auch dieselben Quellen und Kommentare. Verhandlungen zwischen
Juristen sollen schon mal einen Kriegszug erübrigt haben. Als eine Gruppe von
Professoren sich nicht mehr mit der Stadtverwaltung von Bologna einigen konnte,
zog sie aus und gründete die Universität Padua. Als Staatsuniversität der
Republik Venedig errang sie den Ruf großer geistiger Unabhängigkeit. Dies und
die geschäftlichen Beziehungen, die zwischen den beiden Städten bestanden,
veranlasste die Stadt Nürnberg später, ihre Juristen nur noch in Padua
ausbilden zu lassen.
Wer heute Bologna besucht, spürt den Charakter einer
Universitätsstadt auf Schritt und Tritt. Am nächsten zum Hauptplatz der Stadt
(der Piazza Maggiore) liegt das Archiginnasio. In diesem Wort stecken zwei uns
geläufige Begriffe, „Archi“ wie in Architektur und „Ginnasio“ wie in Gymnasium.
Es ist dies der im 15. Jahrhundert errichtete Zentralbau der Universität, der
entstand, als Bologna zum Kirchenstaat, also zum Besitztum der Päpste, gehörte.
In diesem Gebäude ist heute die zentrale Bibliothek der Stadt untergebracht. Zu
den Räumen, die man heute ohne Bibliotheksausweis besichtigen kann, gehört das
sehr bekannte und nach der Bombardierung im Jahre 1943 wiederhergestellte, so
genannte anatomische Theater. Dieser Raum ist ganz in Holz eingekleidet. Er
besitzt in der Mitte einen Tisch mit Marmorplatte, auf dem Leichen seziert
wurden. Die Bänke der Studenten sind an drei Wänden wie in einem Theater
aufsteigend angeordnet. Das Podium des Professors, der die Sezierung vermutlich
nur erläuterte, aber nicht selbst vornahm, ist erhöht über den Studenten an der
vierten Seite. Rechts und links vom Professor und an der Decke finden sich
Körpermodelle (die gehäuteten), an denen sich einzelne innere Organe des
Menschen zeigen lassen.
Außerdem findet man in diesem Raum die Büsten bekannter medizinischer Koryphäen (wie Hippokrates und Galen). Die Korridore des Archiginnasio sind mit bunten Deckengemälden geschmückt. Besonders eindrucksvoll sind die in der Form eines Wappenschildes geformten Erinnerungsplaketten früherer Studenten. Sie decken oft die ganze Wand von oben bis unten ab. Einige der Beispiele deutscher Studenten stammen aus dem 17. und 18. Jahrhundert. Im Innenhof des Archiginnasio veranstaltet die Stadt Bologna Konzerte und Dichterlesungen. Als wir an einem Abend vorbeischauten, trug jemand die Dialoge des Sokrates in feierlicher Sprechweise auf italienisch vor. Etwa 200 Zuhören waren davon sehr angeregt und spendeten begeisterten Beifall.
Außerdem findet man in diesem Raum die Büsten bekannter medizinischer Koryphäen (wie Hippokrates und Galen). Die Korridore des Archiginnasio sind mit bunten Deckengemälden geschmückt. Besonders eindrucksvoll sind die in der Form eines Wappenschildes geformten Erinnerungsplaketten früherer Studenten. Sie decken oft die ganze Wand von oben bis unten ab. Einige der Beispiele deutscher Studenten stammen aus dem 17. und 18. Jahrhundert. Im Innenhof des Archiginnasio veranstaltet die Stadt Bologna Konzerte und Dichterlesungen. Als wir an einem Abend vorbeischauten, trug jemand die Dialoge des Sokrates in feierlicher Sprechweise auf italienisch vor. Etwa 200 Zuhören waren davon sehr angeregt und spendeten begeisterten Beifall.
Anfang des 19. Jahrhunderts wurden neue Gebäude für die Universität am Stadtrand errichtet (an der Porta S. Donato). Im Hauptgebäude, dem Palazzo Pocci, unterhält die Universität mehrere sehenswerte Ausstellungen. Interessant sind die medizinischen Exponate (Körpermodelle, chirurgische Werkzeuge), Kriegstechnik (Befestigungsanlagen, Kanonen) und Astronomie (Fernrohre, Astrolabien). Dass einige der astronomischen Geräte als Hersteller Namen wie Steinheil, Reichenbach und Utzschneider tragen, prägte sich besonders ein. Vom Turm der Sternwarte aus gibt es einen einmaligen Blick über die gesamte Stadt Bologna. Nicht übersehen lassen sich die vielen heutigen Studenten, die das Viertel um die neue Universität herum bevölkern. Bei sommerlichem Wetter trifft man sie auch in Straßenkaffees oder vor der Mensa. Dabei fallen hin und wieder Absolventen oder Absolventinnen ins Auge, die mit einem Lorbeerkranz gekränzt ein gerade bestandenes Examen feiern, sei es im Kreis anderer Studierender oder mit Familienangehörigen.
Für Schwaben besitzt Bologna noch einen besonderen historischen Reiz. Hier liegt Enzo, ein Sohn Friedrichs II. von Hohenstaufen begraben. Enzo (außerhalb Bolognas auch Enzio genannt, auf deutsch Heinrich oder Heinz) war eines von vier unehelichen Kindern des großen Stauferkaisers. Seine Mutter soll eine süddeutsche Adlige gewesen sein, was Historiker unter anderem daraus schließen, dass Enzo seine Jugend im schwäbisch-elsässischen Raum verbrachte. Der Kaiser nahm ihn mit 19 Jahren in sein Gefolge auf, und zwar durch die Schwertleite (den Ritterschlag). Im politischen Wettstreit zwischen Kaiser und Papst um die Insel Sardinien, heiratete Enzo die Witwe eines Fürsten, zu dessen Lehensgebiet der nördliche Teil Sardiniens gehörte. Enzo verbrachte allerdings nur ein Jahr auf Sardinien, da der Kaiser ihn mit der Aufgabe eines Legaten (Königsboten) für Italien betraute. In dieser Zeit leitete er die meist kriegerischen Operationen des Kaisers gegen den Papst oder gegen italienische Städte. Als er der kaisertreuen Stadt Modena wegen eines Angriffs von Bologna, das damals zur welfischen, also der kaiserfeindlichen Seite gehörte, zu Hilfe kommen wollte, geriet er 1249 in die Hände der Bologneser. Diese wollten den Gefangenen zunächst als Verhandlungsobjekt gegenüber dem Kaiser einsetzen. Das scheiterte daran, dass der Kaiser ein Jahr nach der Gefangenennahme starb, und dass seine Nachfolger kein Interesse an Verhandlungen hatten, oder wegen des schnellen Machtverfalls der Staufer auch für Bologna uninteressant geworden waren.
Bologna baute im Zentrum der Stadt einen vorhandenen
Palast zu einem königlichen Gefängnis um und hielt darin Enzo für 23 Jahre
gefangen. In der Lokalgeschichte Bolognas wurde Enzo der Titel König von
Sardinien verliehen, den er nie besaß. Bologna konnte sich damit als einzige
Stadt Italiens damit brüsten, einen König gefangen zu halten. In den Urkunden
der Stadt sind heute noch Verordnungen erhalten, die seine Bewachung regelten.
Die Bedingungen waren nur in den ersten Jahren wirklich streng, später durfte
er Besucher empfangen und sich in mehreren Räumen und im Hof des Gefängnisses
bewegen. Was über Fluchtversuche Enzos berichtet wird, sind eher Legenden. So
soll er einmal einen Weinhändler dazu gebracht haben, ihn in einem leeren
Weinfass aus dem Gefängnis zu entführen. Auf der Piazza Maggiore, über die das
Fass transportiert wurde, fiel einer Marktfrau auf, dass aus dem Fass blonde
Haare heraushingen. Sie informierte die Stadtwache und der Gefangene wurde
zurückgebracht.
Enzo starb im Jahre 1272 und soll in der Kirche des
Dominikanerklosters begraben sein. Im Laufe der Zeit ging das ursprüngliche
Grab verloren. Heute gibt es in der Kirche noch eine Erinnerungstafel mit
Halbplastik aus dem 18. Jahrhundert. Das ehemalige Gefängnis heißt heute Palast
des Königs Enzo. Er wurde gerade renoviert, so dass wir sein Inneres nicht
besuchen konnten. Dafür gab es in der gegenüberliegenden Bibliothek, der so
genannten Burse, ein 20 mal 6 Meter großes Bild des berühmtesten Malers der
Stadt zu sehen. Es hat den Titel „Ariadne auf Naxos“ und stammt von Guido Reni.
Bologna erhebt mit Recht den Anspruch, eine der Hochburgen der europäischen
Kultur zu sein. Die Stadt verfügt über gute Hotels, ein dichtes Netz
öffentlicher Verkehrsmittel, und ist bei Hitze und Regen besonders leicht zu
ertragen, da im Stadtzentrum sehr viele Straßen mit Arkaden ausgestattet sind.
Zum Erlöserfest nach Venedig
Die Handelsstadt Venedig wurde im Mittelalter öfters
von Seuchen heimgesucht. Bei einer Seuche im 16. Jahrhundert gelobte die
Stadtverwaltung, bei Abflauen derselben eine neue Kirche zu bauen. Sie
beauftragte den bekannten Architekten Andrea Palladio aus Vincenza mit der
Planung und Ausführung. Dieser führte den Bau bis 1592 durch. Es entstand die
Erlöserkirche (ital. Chiesa del Redentore) im Stadtteil Giudecca. Neben der
Kirche S. Giorgio Maggiore auf der Insel S. Giorgio gilt sie als eines von
Palladios Vorzeigeprojekten. Bei seinem Aufenthalt in Venedig im Jahre 1786
entdeckte Goethe an diesen beiden Bauten Palladios zum ersten Mal seine
Begeisterung für die Formenwelt der Klassik. Palladio, der auch Bücher über
seine Architekturvorstellungen geschrieben hat, begründete, was man heute als
Klassizismus, also die Übernahme (Rezeption) antiker Ausdrucksmittel,
bezeichnet. Nach Fertigstellung des Bauwerks beschloss der Stadtrat von Venedig
ein jährlich wiederkehrendes Fest, und als Teil davon eine Prozession zur
Erlöserkirche. Das Fest (ital. Festa del Redentore) findet auch heute noch am
dritten Wochenende im Juli statt.
Das Fest beginnt am Samstagabend. Bereits während des
Nachmittags hatten alle an der Lagune gelegenen Restaurants zusätzliche Tische
und Stühle zum Ufer hin aufgestellt. Vor einigen Gebäuden, die gar keine
Restaurants sind, hatten Vereine das Vorfeld mit Tischen und Stühlen besetzt.
Als der Abend anbrach, trafen von allen Enden der Stadt und vom Lido her Boote
ein, die sich in der Lagune vor dem Markusplatz versammelten. Als es dunkel
wurde, leuchteten an allen Booten Lichterketten auf. Bei den Häusern am Ufer
waren es bunte Lampions. Nach einem Begrüßungstrunk begann vor unserem Hotel
etwa um 21:30 Uhr das Abendessen. Was das Menü betraf hatten wir keine Wahl,
oder anders gesagt, wir brauchten uns nicht zu entscheiden. Es wurde uns
einfach ein Gang nach dem anderen vorgesetzt. Zuerst gab es Spaghetti mit Reis,
kalt, als Vorspeise gedacht. Dann kam das erste Fischgericht. Es bestand aus
mehren Sorten Fisch und Krustentieren, die wir nur teilweise identifizieren
konnten. Nach ein längeren Pause kam ein zweiter Teller mit Fisch. Hier waren
Anchovien dabei, Tintenfische und ein mit Mayonnaise aufbereiteter gekochter
Fisch. Als wir damit fertig waren, kam ein kleinerer Teller voll mit
Meeresschnecken. Zu allem gab es Brot und Wein. Den vorläufigen Abschluss
bildete ein großes Stück Wassermelone. Danach kamen noch Eis und Kaffee.
Es war 23:45 Uhr – wir waren noch nicht ganz mit
unserem Essen fertig –, als das Feuerwerk losbrach. Teilweise verließen die
Gäste ihre Tische und strömten zum Ufer oder auf Kanalbrücken, um eine
besseren Sicht zu erlangen. Das Feuerwerk ging von der östlichen Spitze der
Insel Giudecca hoch. Alle Boote, die vorher in buntes Lichtermeer darstellten,
waren abgedunkelt worden. Nach jedem besonders eindrucksvollen Schuss spendeten
die Zuschauer Beifall. Um 0:30 Uhr war das Spektakel vorüber. Die Zuschauer
begaben sich wieder an ihre Esstische, tranken ihren Espresso und
verabschiedeten sich. Auch die Boote verließen nach und nach die Bucht.
Am Sonntagmorgen suchten wir die Erlöserkirche auf.
Wir fuhren zwar per Boot, mussten aber eine kleine Schleife mehr machen. Für
diesen Tag war nämlich zwischen dem Stadtteil Dorsoduro (in Venedig sagt man
nicht Stadtviertel sondern –sechstel) und der Insel Giudecca eine Pontonbrücke
angelegt, so dass Fußgänger direkt zur Erlöserkirche gehen konnten. Für Boote
war in der Mitte der Pontonbrücke eine Durchfahrt vorgesehen. In der gut
besetzten Kirche fand ein Festgottesdienst statt. Das Erlöserfest bestimmte
zwar den Termin unseres Besuches. Man kann natürlich nicht nur für einen Tag in
diese Stadt fahren. Wahrscheinlich benötigt man 3-4 Wochen, um alle Sehenswürdigkeiten
aufzusuchen. Da es unser dritter Besuch war, hatten wir zwar für jeden der
geplanten sieben Tage einen Plan, hielten uns aber nicht daran.
Da uns unser Hotelinhaber im Voraus erklärt hatte, wie
hoch die Parkgebühren für ein Auto am Stadtrand seien, hatten wir die Anfahrt
per Bahn gewählt. Vor Ort erwies sich das Dreitages-Touristen-Ticket für die
Linienboote (ital. Vaporettos) als ideal, natürlich je eines für die erste und
die zweite Wochenhälfte. Da man fast jeden Punkt der Stadt mit Linienbooten
schneller erreichen kann als zu Fuß, gerieten wir kaum in die Versuchung, lange
Fußmärsche zu unternehmen. Wir nahmen uns jeden Tag zwischen 2-4
Sehenswürdigkeiten vor. Sie mussten nicht einmal benachbart sein. Saß man
einmal im Boot der Linie 1 konnte man genau so gut am Rialto aussteigen, an der
Accadenia, am Markusplatz oder bis zum Lido durchfahren. Dass man nach Murano
und Burano einmal umsteigen muss, lernten wir schnell. Um nach Torcello zu
gelangen, wechselt man das Boot sogar zweimal. Hatten wir einmal mehr Lust auf
Seeluft fuhren wir einfach weiter hinaus. Ansonsten kreuzten wir zwischen
unserem Hotel (an der Haltestelle Arsenale gelegen) und dem Bahnhof hin und
her.
Ein typisches Tagesprogramm war das an dem Tag, an dem
wir drei am Canale Grande gelegene Paläste besuchten. Wir begannen mit der
Ca’d’Oro (dem goldenen Haus, Ca’ ist Abkürzung für Casa). Der Palast enthält
eine Sammlung alter Kunst (Franchetti-Ausstellung). Auf jedem der beiden
Obergeschosse gibt es eine Loggia zum Canale Grande hinaus. Jede ist mit
gotischem Maßwerk ausgeführt, mit unterschiedlichen Mustern. Schräg gegenüber
(in Richtung Bahnhof) liegt der Palazzo Pesaro. Es beherbergt eine Sammlung
moderner Gemälde. Chagall, Miró, Kadinsky, Klimt und andere sind vertreten. Der
dritte Palast an diesem Tage war die Ca’ Rezzonico. Er liegt von der
Rialto-Brücke aus in Richtung Markusplatz, kurz vor der Accademia. Hier gibt es
wieder viele Gemälde bekannter venezianischer Maler des 17. und 18.
Jahrhundert zu bewundern. Tage vorher hatten wir natürlich bereits die
bedeutendste Gemälde-Galerie der Stadt, die Accademia, besucht. Dieses Gebäude
war früher einmal ein Kloster. Ein Teil der Gemälde hängt im früheren
Kirchenraum. Es gibt keine Stadt, in der mehr berühmte Maler wirkten, als in
Venedig. Die bekanntesten davon sind Bellini, Canaletto, Carpaccio, Giorgone,
Tiepolo, Tintoretto, Tizian und Veronese. Der Dogenpalast, aber auch fast jede
Kirche der Stadt, verfügt über Gemälde, mal von einem, mal von mehreren dieser
Namen. Von einem der Deckengemälde von Tiepolo, in der Kirche S. Maria della
Pietà, wird berichtet, das er es malte, unmittelbar nachdem er seine Arbeit in
Würzburg abgeschlossen hatte.
Wir wollten ursprünglich zu einer Opern-Aufführung ins
Teatro Fenice (dem Phönix-Theater). Unser Hotelier sagte uns, dass die
Bauarbeiten noch bis November 2004 dauern würden. Deshalb schlug er uns eine
Alternative vor. Es war ein Opernkonzert in der Scuola Grande di S. Giovanni
Evangelista. Wir wurden nicht enttäuscht, im Gegenteil. Bei diesem Gebäude
handelt es sich um das Vereinsheim der Bruderschaft des hl. Johannes des Evangelisten.
Diese Bruderschaft existiert seit dem Mittelalter. Auf einem bekannten Bild (in
der Accademia) von Gentile Bellini, der von 1429 bis 1507 lebte, marschieren
Vertreter dieser Bruderschaft ganz vorne im Bild. Das heutige Gebäude stammt
aus der Barockzeit. Der Festsaal ist an drei Wänden mit Gemälden bis zur Decke
behangen. An der Stirnseite steht eine Marienstatue. Unser Konzert bestand aus
einer Folge von Opernarien, dargeboten von einem in barockes Gewand gehülltem
Tenor und einer Sopranistin. Bei einigen Stücken stand eine Ballerina im
Vordergrund. Das besondere an diesem Konzert waren jedoch die Musiker. Auch sie
trugen barocke Kostüme, dazu venezianische Masken. Das Konzert war erstklassig.
Die Zuhörer gingen begeistert mit. Nach der Pause drängten einige von ihnen
weiter nach vorne vor und ließen sich auf Bänken an den Seitenwänden des Raumes
nieder. Nachdem das aus Puccini, Rossini und Verdi-Melodien bestehende Programm
beendet war, gab es noch mehrere Zugaben.
Nach sieben Tagen hatten wir auf der Liste der
Sehenswürdigkeiten etwa die ersten 20 Positionen abgearbeitet. Dabei hatten wir
den Canale Grande zu jeder Tages- und Nachtzeit befahren, in beiden Richtungen.
Wir umkreisten mehrmals die ganze Stadt. Wir fuhren zum Lido und durch die
nördliche Lagune zu den Inseln Murano, Burano und Torcello. Sollten wir noch
einmal nach Venedig kommen, machen wir weiter bei den Punkten, die wir dieses
Mal ausließen. Ins Caffé Florian, das es bereits seit 1720 am Markusplatz gibt,
werden wir vermutlich wieder gehen. Hier werden wir dann auch wieder an seine
früheren Besucher denken, an Lord Byron, Casanova, Goethe, Proust, Thomas Mann
und andere.
Am 14.2.2014 schrieb Otto Buchegger aus Tübingen:
Am 14.2.2014 schrieb Otto Buchegger aus Tübingen:
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