Dieses
älteste Epos der Weltliteratur erzählt die Sage von einem König von Uruk. Uruk (heute Warka) lag im Zweistromland, dem
heutigen Irak, und gilt als die älteste Stadt der Welt. Dieser König soll um 3500
oder 4000 vor Chr. die Stadtmauer von Uruk errichtet haben. Ein Blick auf
dieses Meisterwerk der Frühgeschichte mag etwas vom Tagesgeschehen ablenken.
Sageninhalt
Gilgamesch
war zu Dreiviertel Gott, ein Viertel Mensch. Er war schön und stark. Er trieb
es mit jungen Männern und Frauen. Vor allem hinderte er sie daran zu heiraten.
Darauf baten diese die Stadtgöttin Ischtar um Abhilfe. Ischtar formte aus Lehm
ein menschliches Wesen, Enkidu genannt, das ebenfalls über ungewöhnliche
Körperkräfte verfügte. Er wuchs mit den Tieren der Steppe auf und ernährte sich
von Gras und Früchten. Als er dann in die Stadt kam, lernte er Brot und Bier zu
genießen. Er forderte Gilgamesch zum Kämpfen heraus. Da keiner den anderen
besiegen konnte, wurden sie schließlich Freunde. Gemeinsam unternahmen sie
aufsehenerregende Heldentaten. Nach einiger Zeit machten sich beide zusammen
auf den Weg, um Humbaba aufzusuchen, den Wächter des Zedernwaldes im Libanon.
Sie töteten ihn und seine Löwen und andere Tiere. Darauf beschlossen die Götter, sie zu bestrafen.
Enkidu wurde von einer fieberhaften Krankheit befallen und starb. Gilgamesch betrauerte
ihn, bis dass ‚Würmer aus der Nase des Freundes fielen‘. Er bekam Angst, dass
ihn dasselbe Schicksal treffen könnte, dass er nämlich irgendwann sterben
müsste.
Er
begab sich daraufhin auf die Suche nach Uta Napischti, dem assyrischen Noah,
der die Menschheit aus der Sintflut gerettet hatte und dafür mit einem ewigem
Leben belohnt worden war. Er fand ihn, nachdem er Tage und Wochen lang dem Weg
der Sonne gefolgt war. Uta Napischti ließ sich schließlich auf ein Gespräch ein.
Darin machte er Gilgamesch klar, dass er keine Chance auf Unsterblichkeit habe. Er solle aber sein Volk und seine Stadt zur Kultur und zur Verehrung der Götter
führen, so wie es vor der Sintflut war. Er entschloss sich, diesen Rat
anzunehmen.
Entstehung
des Sageninhalts und der Aufzeichnungen
Die
Sage entstand vermutlich im dritten Jahrtausend vor Chr. im
assyrisch-babylonischen Sprachraum, d. h. im Gebiet der Flüsse Euphrat und
Tigris. Ein Dammbruch des Euphrats in dieser Zeit kann der Überlieferung von
der Sintflut als Grundlage gedient haben. Neuere Theorien verlegen dieses
Ereignis in das Gebiet des Schwarzen Meeres als Folge der Hebung des
Mittelmeerspiegels nach der letzten Eiszeit.
Ähnlich
der Ilias und Odyssee wurde diese Sage jahrhundertelang mündlich überliefert,
ehe sie einen schriftlichen Niederschlag fand. Die ersten Verschriftungen
stammen aus den 12. und 15. Jahrhundert vor Chr. Das ist etwa 700 Jahre vor
Homers Geburt.
Wiederauffinden
des Textes
Das
erste Textfragment wurde 1872 von dem Engländer George Smith auf dem
Schutthaufen des Palastes von Assurbanipal (668-627 vor Chr.) in Ninive gefunden.
Es handelte sich um Lehmtafeln in assyrischer Keilschrift. Ninive ist ein
Stadtteil der heutigen Stadt Mossul. In den Jahren danach wurden an mehreren
Orten im Irak und Syrien diverse Fragmente gefunden. Die meisten von ihnen
fanden eine Heimat in London, im British Museum.
Name des Gilgamesch
in akkadischer Keilschrift
Im
Jahre 2003 fasste der Engländer Andrew George über 100 Funde zusammen und
veröffentlichte sie. Alle jüngeren Veröffentlichungen basieren auf der Arbeit
von George. Der Text umfasst 12 Tontafeln mit rund 3000 Versen. Zum Vergleich:
Das Nibelungenlied umfasst etwa 350 Blätter und 2400 Verse. Sechs der Tafeln
sind heute vollständig lesbar, auf vier von ihnen fehlen einzelne Zeilen.
Neuere
deutsche Text-Ausgaben
Gleich
zwei Ausgaben stehen als eBuch zur Verfügung, beide aus demselben Verlag.
- Maul, S.M.: Gilgamesch (2016, 128 S.), C.H.Beck: ISBN 978-3-406-69287-1. Der Autor ist Assyriologe in Heidelberg.
- Sallaberger, W.: Das Gilgamesch-Epos (2008, 128 S.), C.H.Beck: ISBN 978-3-406-56243-3. Der Autor ist Assyriologe an der LMU München.
Die
erste Veröffentlichung bemüht sich, den Text möglichst vollständig
wiederzugeben. Sie listet auch alle Stellen, für die es keine lesbare Fassung
gibt. Das zweite Buch ist nicht bestrebt vollständig zu sein, fügt aber
Erläuterungen ein, die das Geschehen erklären und deuten. Es wird auch
versucht, den historischen König Gilgamesch (oder Bilgamesch) in den
Königslisten der Sumerer nachzuweisen.
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