Dienstag, 25. Juni 2019

José Encarnação über Computergrafik morgen und sein weltweites fachliches Engagement

José Luis Moreira da Encarnação (*1941) ist seit 2009 emeritierter Professor für Informatik der Technischen Universität Darmstadt. Er ist der Nestor der deutschen Computergraphik und wurde in Portugal geboren. Seinen Werdegang hatte ich anlässlich eines früheren Interviews wiedergegeben. Encarnação ist heute als Technologie- und Innovations-Berater für Regierungen, multinationale Firmen, Forschungsinstitutionen und Stiftungen tätig. Er ist ebenso beteiligt an der Konzeption und der Entwicklung von Forschungsvorhaben und Innovationsstrategien zur sozio-ökonomischen Entwicklung von Schwellenländern. Er war weltweit an der Gründung von mehr als 15 Spin-offs des Darmstädter Instituts für Grafische Datenverarbeitung beteiligt. Unter seiner Leitung wurde das INI-GraphicsNet (International Network of Institutions …) als Netzwerk aufgebaut, das heute aus Technologie-Transfer betreibenden Institutionen in Deutschland, Panama, Portugal und Spanien besteht. Es firmiert jetzt unter dem Namen „GraphicsMedia.net GmbH“. Encarnação ist Mitglied der Deutschen Akademie der Technikwissenschaften (acatech) und der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften (BBAW). Er ist gewähltes Mitglied der SIGGRAPH-Akademie der Association for Computing Machinery (ACM). Er trägt unter anderem das Große Bundesverdienstkreuz sowie die Konrad-Zuse-Medaille und die Fraunhofer-Medaille. Er ist fünffacher Ehrendoktor (TU Lissabon, Uni Rostock, Uni Minho/Portugal, Nanayang University Singapore, TU Berlin) und vierfacher Ehrenprofessor (Lissabon, Hangzhou/China, Campinas/ Brasilien, Maribor/Slovenien).


Bertal Dresen (BD): Wie ich von Ihnen erfahren habe, ist Ihr Ruhestand alles andere als beschaulich und auf Südhessen beschränkt. Für welche Ihrer vielen Tätigkeiten spendieren Sie heute die meiste Zeit und Energie? Wo glauben Sie, dass Sie am meisten bewirken können und warum?

José Encarnação (JE): Meine Haupttätigkeiten – als „Informatik-Rentner“ –  liegen zurzeit in der Beratung und Unterstützung bei der Konzeption, der Entwicklung und der Umsetzung von Forschungsvorhaben und Innovationsstrategien zur sozio-ökonomischen Entwicklung, hauptsächlich von Schwellenländern wie z.B. Brasilien und Süd-Afrika, aber auch für mein eigenes Geburtsland Portugal.

Innovation wird für die Zukunft immer stärker das Fundament und der Haupt-Treiber für die sozio-ökonomische Entwicklung und damit auch für den Wohlstand und für das friedliche soziale Miteinander in einem Land. Innovation setzt aber auch riesige Investitionen, gezielte Strategien und entsprechende Forschungs-Infrastrukturen voraus. Wie können dann - und bei solchen hohen Kosten - Schwellen-Länder (wie z.B. Brasilien und Südafrika) und kleine Länder in Europa (wie z. B. Portugal) gegen große, sehr potente Länder, in welcher Form auch immer, mithalten und im weltweiten, globalen Innovations-Wettbewerb partizipieren, um davon auch zu profitieren und dadurch ihre eigene Zukunft einschließlich eigenem Wohlstand ebenso zu sichern, wie die eigene gesellschaftliche und sozio-ökonomische Entwicklung positiv zu gestalten? Diese Fragen beschäftigen und treiben mich sehr. Ich würde sehr gern versuchen, einen Beitrag zu ihrer Beantwortung zu leisten. Dies ist meine Hauptmotivation für einige meiner aktuellen Beratertätigkeiten, die auf meine mehr als 40-jährige Erfahrung in führender, leitender Funktion und Verantwortung für Forschung und Innovation, u.a. in der Fraunhofer-Gesellschaft, basieren.

BD: Das Fachgebiet Computergrafik, auf das wir am Schluss noch eingehen, hat sich dynamisch weiterentwickelt. Ihre Ausstrahlungskraft scheint geografisch keine Grenzen zu kennen. Bei welchen Lokationen oder Institutionen haben Sie die stärkste Wirkung hinterlassen? Was verbindet z. B. Rhode Island mit Panama und Singapur? Wie weit ist die internationale Kooperation von den gerade aktiven Personen abhängig?

JE: Ich bin mit 18 Jahren, also direkt nach dem Abitur in Portugal, nach Deutschland gekommen und bin in diesem Land in jeder Hinsicht „groß und alt“ geworden. Ich habe hier studiert, promoviert und beruflich Karriere gemacht, … aber auch eine Familie gegründet (inzwischen drei Kinder und neun Enkel!); man kann schon sagen, dass ich vollständig und erfolgreich integriert bin und mich in Deutschland sehr wohl fühle. Ich bin Deutschland auch sehr dankbar für alles, was es mir angeboten und ermöglicht hat. ABER ich weiß auch aus eigener Erfahrung, dass Fleiß, Intelligenz, Kreativität und Innovationsfähigkeit keine Nationalitäten kennen und auch keinen Reisepass besitzen …

Von dieser Überzeugung getragen war ich immer in meinen Forschungs- und Innovations-Aktivitäten sehr international orientiert und global agierend. Ich wollte mit den weltweit besten Forschern  in den interessantesten Projekten zusammenarbeiten, zu dem gemeinsamen  Erfolg beitragen und mit den dabei erzielten Ergebnissen auch mein Institut in Darmstadt (das Fraunhofer-Institut für Graphische Datenverarbeitung − das IGD) vorantreiben, profilieren, finanziell sichern und zu einem weltweit führenden Institut auf unserem Fachgebiet machen. Ich glaube, dass mir das gelungen ist.

Ich wusste schon sehr früh und sehr wohl, dass es dabei weder möglich, noch sinnvoll, noch angebracht wäre zu versuchen, möglichst vieles nach Darmstadt zu holen oder zu versuchen in Darmstadt alles allein zu machen was an Forschung und Innovation in meinem Fachgebiet anstand und zur weiteren Entwicklung des Fachgebietes notwendig war. Ich war davon überzeugt, dass man stattdessen dafür ein internationales und globales Forschungs- und Innovations-Netzwerk für das eigene Fachgebiet aufbauen und pro-aktiv betreiben müsste. Alle, die Teil von bzw. als Partner in diesem Netzwerk werden sollten bzw. wollten, sollten zuerst lokal, d.h. in ihrem jeweiligen Land fachlich führend sein und sie sollten es auch als ihre primäre Aufgabe sehen – auch um die eigene Finanzierung über lokale Möglichkeiten und Programme zu sichern − die Themen, Probleme und Anwendungen, die lokal als wichtig und prioritär angesehen wurden, bestmöglich zu erforschen bzw. zu lösen.

Die dabei gewonnenen Erkenntnisse und erzielten Ergebnisse sollten dann, in einem zweiten Schritt, im Rahmen eines Technologie-Transfers innerhalb des Netzwerkes alle Mitglieder in einer abgestimmten und vertraglich geregelten Form zur Verfügung stehen und zu Gute kommen. Die Vision war es, einen eigenen Markt, so eine Art globale „Economy of Scale“ für die Forschung und Innovation im Gebiet der Graphischen Datenverarbeitung zu schaffen; davon sollte dann auch das Fraunhofer IGD profitieren und dabei eine führende und gestaltende Rolle übernehmen.

BD: Wie findet der Technologietransfer am effektivsten statt? Welche Bedeutung haben eigene Schüler, gemeinsame Projekte oder gegenseitige Besuche? Welche Erfahrungen genereller Art haben Sie gemacht?

JE:  Um den Technologietransfer nach und von Darmstadt aus effektiver zu machen und um für das eigene Institut, das Fraunhofer IGD, eine eigene, solide  „Economy of Scale„ für das eigene Fachgebiet zu schaffen, habe ich seinerzeit das INI-Graphics.net aufgebaut (INI = International Network of Institutions). Ich gründete weltweit und im Laufe der Zeit mit lokalen, prominenten Universitäten verschiedene Partnerschaften und z.T. auch neue  Einrichtungen für Research & Innovation (R&I) in Computer Graphics in USA, Panama, Korea, Singapur, Italien, Spanien und Portugal. Sie waren alle, jede für sich, unabhängige und selbstständige R&I-Einrichtungen in Computer Graphics, die ein sehr starkes, lokal geprägtes R&I auf dem Gebiet der Graphischen Datenverarbeitung betrieben haben, um dann, in einem zweiten Folgeschritt, mit den erzielten Ergebnisse und IPRs „über und in der Familie“, das INI-Graphics.net, international (global) zu agieren, zu vermarkten und zu vertreiben. Im Netzwerk wurde teilweise Forschungspersonal ausgetauscht und gemeinsame Projekte durchgeführt, um auch intern ein Know-How Transfer zu realisieren.

Das INI-Graphics.net sollte also die Basis und der Träger sein für eine starke, internationale, global agierende „Economy of Scale“ in R&I für die Graphische Datenverarbeitung, mit einem gewissen Führungs- und Gestaltungsanspruch des Fraunhofer-Instituts IGD in Darmstadt.

Das war damals die Grundidee, die Vision, und sie war wohl nicht ganz falsch, denn sie hat bis zu meiner Pensionierung sehr gut geklappt und erfolgreich Früchte getragen. Sie lebt sogar noch heute weiter, wenn auch in der neuen Form einer „GraphicsMedia.net GmbH“ und mit geänderter Besetzung und Führung, nämlich mit Gruppen in China (Beijing), Deutschland (Berlin, Kaiserslautern , Spanien (San Sebastian), Panama und Portugal (Guimarães). Sicherlich muss man aus der Erfahrung in der Vergangenheit lernen und es gibt selbstverständlich noch viel Raum für Verbesserungen und Optimierungen, aber die  Idee eines lokalen, starken und fokussierten Agierens und Betreibens von R&I, mit einem dann folgenden, globalen Vertreiben und Vermarkten der gewonnenen Erkenntnisse und der in Projekten erzielten Ergebnisse über ein eigenes Netzwerk, „die Familie“, scheint als solche richtig und ein erfolgversprechendes Modell für die Zukunft dieser Art von R&I Aktivitäten  zu sein.

Aber das hat auch nur deswegen ganz gut geklappt, weil die „richtigen Champions“ für die lokale Führung der einzelnen Gruppen gewonnen werden konnten. An jedem Standort wurde die Führung immer nach demselben Muster aufgebaut, nämlich eine doppelte „Führungs-Spitze“ mit einer starken, lokalen Forscherpersönlichkeit und mit einer zweiten Forscherpersönlichkeit mit starker Bindung an Darmstadt (ein Schüler von mir, ein ehemaliger Doktorand oder Visiting Professor, o.ä.). Wo die doppelte Führungs-Spitze gut funktioniert hat, war die Gruppe im Netzwerk sehr aktiv und sehr erfolgreich, wenn nicht, dann hat das z.T. sogar zur Auflösung und Aufgabe der jeweiligen Gruppe geführt. Aber auch hier zeigte sich … „Menschen“ machen es!

BD: Im Falle Ihres Heimatlandes Portugal geht Ihr Engagement offensichtlich weit über das rein fachliche hinaus. Mir scheint, als ob die Idee des CoLABS darauf abzielt, eine Forschungsstruktur aufzubauen, die eine Brückenfunktion enthält zwischen Grundlagen und Anwendung. Gilt hier die Fraunhofer-Gesellschaft als Modell? Wie weit ließ sich dieses Konzept bisher realisieren?

JE: Ein CoLAB (für Co-operatives Laboratorium) ist eine selbständige und unabhängige, neugegründete Forschungseinrichtung, die für ein aktuelles, für Portugal und seine Wirtschaft sehr wichtiges und sehr relevantes Thema fortschrittliche Forschung und Innovation (R&I) neu betreibt. Die an diesem Thema interessierte Industrie (Hersteller, Anwender, Nutzer, Betreiber, Verbände, etc., etc., die konkret einen Bezug und eigene Interessen bei diesem Thema haben; muss nicht nur nationale Industrie sein) muss sich am Gründungskonsortium für das CoLAB verbindlich und finanziell (cash!) beteiligen. Die für das Thema relevanten und notwendigen Partner aus dem akademischen Bereich (Unis, Forschungseinrichtungen, etc.) sollen andererseits auch Mitglieder im Gründungskonsortium des CoLABS werden; die Industrie soll aber im „Drivers‘ Seat“ des CoLABS sitzen, d. h. das „Sagen“ haben, aber nicht über das CoLAB allein bestimmen können.

Ein CoLAB ist also eine Art gemeinnützige Einrichtung, die in Deutschland als eine Mischung aus einem FhG- und einem DFKI-Institut verstanden werden kann. Für die ersten fünf Jahre gibt es eine Grundfinanzierung vom Staat; das Gründungskonsortium muss diese aber „matchen“ (ca. 50/50). Ziel eines  CoLABs ist es auch eine bestimmte Anzahl von „neuen“, für das jeweilige Thema wichtigen wissenschaftlichen Jobs zu schaffen; die Höhe der Grundfinanzierung ist auch von dieser Zahl abhängig. Geplant ist es, dass nach fünf Jahren ein CoLAB in der Regel eine sichere, eigene Finanzierung hat.

Die Thema X soll bzw. die Themen XY sollen für das Land, für seine sozio-ökonomische Situation und für seine wirtschaftliche Zukunft sehr relevant sein. Zur Lösung der Probleme oder zur Realisierung der Anwendungen die das Thema selbst impliziert, werden neue Technologien, neue Systeme und neue Innovationen gebraucht werden, die dann Gegenstand vom R&I des CoLABS sind. Wenn die vom CoLAB in der Behandlung des Themas entwickelten und erfundenen Innovationen wirklich neu und sehr innovativ sind, ein gutes Preis-Leistungs-Verhältnis haben  und sich gut übertragen lassen, dann werden sie auch im globalen Innovationsmarkt ihren Platz und ihre Kunden finden; sie werden dann zu einem Geschäft für die bei ihrer Entwicklung im CoLAB beteiligte Industrie. Portugal wird dadurch und damit zu einem „Player“ im globalen Innovationsmarkt, mit allen Vorteilen, die das für seine Wirtschaft und sozio-ökonomische Entwicklung impliziert.

Wenn nicht, dann sind mindestens die Probleme gelöst oder die Anwendungen realisiert worden, die im Thema selbst impliziert waren. Man hat dann für Portugal zumindest das Thema fortschrittlich und innovativ erledigt und die dafür getätigten Ausgaben und Investitionen sind nicht „versenkt“ worden, d. h. sie sind nicht umsonst gewesen. Beispiele von solchen Themen sind u.v.a.: Digitalisierung der portugiesischen Produktions-Industrie; Digitalisierung der portugiesischen Weinindustrie; Integriertes und  intelligentes Brandmanagement und Feuerbekämpfung; R&I for the Atlantic; Green Ocean Technologies and Products; Sustainable CO2 Economy; Innovation in the Food Industry; Cyberphysical Systems and Cybersecurity; Smart Energy Services Innovation; Energy Storage; Future Built Environments; etc. etc.; etc..

Es wurde ein unabhängiges “International Panel for the Assessment and Evaluation of CoLAB Proposals” mit sieben Experten aus sechs Ländern vom portugiesischen Forschungsministerium (MCTES) ins Leben gerufen und von der portugiesischen Forschungsstiftung (FCT) gemanagt; ich bin der Chairman dieses Panels. Inzwischen sind in drei Evaluierungsrunden insgesamt 26 CoLABS genehmigt worden; wir reden immerhin - bei einer „Bootsstrapping“-Phase von fünf Jahren- über 5 x 26 = 130 Mio. EUR Base Funding in diesen 5 Jahren + 130 Mio. EUR der zugehörigen Industriekonsortien als Matching Fund, das bedeutet eine Gesamtfinanzierung dieser Initiative mit 260 Mio. EUR in 5 Jahren ... und das ist schon etwas! Da das vorgesehene und seitens des Staates vorhandene Finanzierungsgeld aber immer weniger wird und langsam ausgeht, werden wohl nicht mehr viele CoLABS noch dazu kommen.

Wenn 2/3 der CoLABS nach 5 Jahren immer noch überleben und sich stabil konsolidieren lassen, dann werden um die 20 CoLABS übrig bleiben und voll funktionsfähig sein. Diese werden die Innovationskraft von Portugal sehr wesentlich und sehr zielorientiert stärken, und das Land in der neuen digitalen und globalen Weltwirtschaft gut voranbringen und für Portugal einen Platz im globalen Innovationswettbewerb der Länder schaffen. Insofern könnte diese Konzeption und diese Strategie mit den CoLABS für Portugal zu einer Erfolgstory werden ... mal sehen! Die Zukunft wird es zeigen.

Das Begleiten, das Monitoring und die Kontrolle der 26 genehmigten CoLABS in der jetzt laufenden „Bootstrapping“- und Implementierungs-Phase wird z. Z. von der portugiesischen Innovationsagentur (ANI) wahrgenommen. Ob am Ende dieses Prozesses alle CoLABS gebündelt und zu einer eigenen Organisation werden (z.B. nach dem Muster der Fraunhofer-Gesellschaft in Deutschland oder der Catapult Labs in UK oder in einer anderen, für Portugal geeigneteren Form) ist noch nicht abschließend diskutiert und auch nicht politisch entschieden worden. Es könnte aber Sinn machen und die Position und Rolle der CoLABS im Land stärken und ihre Vertretung als Gruppe einfacher, stärker und effizienter machen. Das wird aber Gegenstand einer späteren Entscheidung in Portugal sein.

BD :  Der Weinbau am Douro oder der Algensalat von der Algarve mögen zwar für die Ernährung der Bevölkerung Europas große Perspektiven eröffnen, für uns Informatiker scheint die Digitalisierung der Themenbereich zu sein, wo unsere Kompetenz eine große Rolle spielt. Wie beurteilen Sie Portugals Bemühungen auf diesem Gebiet? Gibt es Dinge, die wir von Portugal lernen können?

JE :  Digitalisierung ist eine „Transformation“, also ein Prozess, der überall dort stattfindet, wo man Daten und Funktionen von „analog“ zu „digital“ transformiert. Das passiert z. Z. fast überall, bei praktisch allen heute bereits existierenden Technologien, Systemen, Anwendungen, Dienstleistungen, etc., etc. und dies in allen Gesellschafts- und Lebensbereichen: Diese „Transformation“ ermöglicht aber auch selbst neue Technologien, Systeme, Anwendungen, Dienstleistungen, etc., etc. an die man vorher nicht gedacht hatte oder die vorher nicht möglich waren.  „Digitalisierung“ ist dadurch auch ein „enabling“ Prozess. Die Gesellschaft wird damit in allen ihren Bereichen vollständig verändert. Es liegt jetzt an uns sie entsprechend zu gestalten.

Deswegen ist bei der Konzeption der CoLABS und bei der Evaluierung der Anträge, die dafür vorgelegt wurden, sehr viel Wert darauf gelegt worden, dass die neuesten IKT-Technologien und Informatik-Methoden bei der Erarbeitung der angestrebten und für die jeweiligen Ziele der CoLABS notwendigen Innovationen eingesetzt bzw. genutzt werden. Es wird dadurch erwartet, dass IKT und Informatik nicht nur als Werkzeuge, sondern auch zu „Enabler“ für die neuen Technologien, Systeme, Problemlösungen und Anwendungen zu dem jeweiligen, vom CoLAB bearbeiteten Thema werden. Damit wird „eine Digitalisierung“ dieses Themenbereiches realisiert und umgesetzt; durch die Menge der durch die 26 CoLABS insgesamt bearbeiteten Themen wird somit auch eine Digitalisierung „in der Breite“ erreicht. Ich glaube, dass das eine gute Strategie ist, um bei dem „Digitalisierungsprozess“ in einem Land wie Portugal gut und zügig in allen für das Land wichtigen Bereiche voranzukommen.

BD : Ihr eigentliches Fachgebiet, die moderne Computergraphik, ist heute geprägt von Visualisierung, Visual Computing, Digitale Medien, Virtual und Augmented Reality, Simulationen und Animationen, Games und vieles mehr. Mich würde daher zum Schluss interessieren, wie Sie die Zukunft Ihres Fachgebiet und zugehöriger Anwendungen in unserer, in Zukunft praktisch fast vollständig digitalen Gesellschaft sehen.

JE: Die heutige Generation der „unter 20 Jahre„ wächst und lebt in einer sich immer stärker digitalisierenden Gesellschaft, mit sozialen, digitalen Medien, mit Cybertechnologien (Virtual Realities – VR;  Augmented Realities – AR; Mixed Realities - MR), mit computer-generierten Simulationen und Animationen, mit Computer-Games, etc., etc.. Diese sind aber auch alles Techniken und Technologien der heutigen, modernen Computergraphik im weitesten Sinne.

Diese Generation von Menschen leben, handeln und akzeptieren ihre Art mit „digital media platforms“ wie YouTube, Facebook, Twitter, Google und Apple  zu leben. Sie bildet die wichtigste Kundenbasis von einigen der heute größten Firmen der Welt und sie haben auch keine Probleme in Akzeptanz und Benutzung der Cybertechnologien (VR, AR, MR), die sie von heutigen Simulations- und Animations-Anwendungen und auch von Computer-Games schon gut kennen und mit denen sie schon viele Erfahrungen gesammelt haben.

Diese Generation der „unter 20 Jahre“ wird aber auch der Kern der Menschen in unserer zukünftigen „Digitalen Gesellschaft“ sein und dort die Masse der arbeitenden Menschen bilden. Diese kommende Generation wird mit neuen Formen der Interaktion, der Sozialisation, der digitalen Dienstleistungen und der digitalen Anwendungen in unserer auf IKT-Technologien basierenden und von IKT-Technologien getriebenen „Digitale Gesellschaft“ leben, arbeiten und sozial agieren. Diese Generation ist daher vorbereitet und bereit, aber auch besser ausgebildet und besser „mentalisiert“ um sich auf solche Dienste und Anwendungen zu verlassen und sie zu nutzen. Sie fragen nicht „Warum?“ oder “Wieso?“, sondern eher „Für was?“ und „Wie?“; wir können sie die „Digital Natives“ nennen.

Gleichzeitig gibt es schon Firmen überall in der Welt, die an einer „Augmented Reality (AR) Revolution“ arbeiten, in dem sie AR Plattformen für das „Mergen“ von reellen und virtuellen Inhalten erfinden und entwickeln; diese digitale Inhalte (2D und 3D) werden kontext-abhängig miteinander verflochten und mit intelligenten Schnittstellen zur Nutzung durch die „Digital Natives“ zur Verfügung gestellt. Hierbei werden folgende Geräte und Methoden eine Verwendung finden: spezielle Brillen, Methoden von Computer Vision für Tracking, Lokalisierung und Rekonstruktion, aber auch Methoden des maschinellen Lernens und „deep neural networks“ für „natural language interfaces für diese „computer-generierte Realitäten“. Dadurch werden vielfältige Arten und Typen von neuen, intelligenten Schnittstellen, wie z.B. „digitale virtuelle Assistenten“ und „digitale Charaktere“ für die verschiedensten Zwecke und Anwendungen realisiert und zur Nutzung durch die „Digital Natives“ breit angeboten werden können.

Diese neue Formen von digitalen Diensten und digitalen Anwendungen werden eine optimale Überlagerung von realer Welt mit virtuellen Welten (Mixed Realities) darstellen; sie werden über „Cyberspace Umgebungen“ (Cyberspace Environments − CE) für die „Digital Natives“ entwickelt und angeboten werden. Es wird „CEs“ geben, speziell und optimiert für zu Hause, für den Arbeitsplatz, für die Schule, für das Krankenhaus, für Sport und Entertainment und für vieles mehr. Die „CEs“ werden miteinander verbunden, vernetzt und „interoperable“ sein; sie werden auf große Datenbanken zugreifen, Daten miteinander teilen und Mobilitätsmöglichkeiten ermöglichen. Das Ergebnis dieser „Innovationswelle“ werden neue Formen und Typen von Produkten und Systemen für neue Konzepte und Ziele für digitale, graphisch-interaktive und multimediale Dienstleistungen und Anwendungen in diesen „CEs“ für die „neue digitale Gesellschaft“ sein.

Dies wird neue Firmen, neue Märkte und neue Arbeitsplätze zur Folge haben, die sich in einer Art von „nach YouTube, Facebook, Twitter, Google und Apple - Ära“ fest etablieren werden. Es werden neue Märkte und neue Business Models entstehen. Wenn Europa dabei sein will und davon profitieren möchte, auch um ihre eigene sozio-ökonomische Entwicklung und ihren Wohlstand zu sichern, dann muss es sich an die Erforschung, Entwicklung und Realisierung solcher „CEs“, zugehörige Plattformen, Dienste und Anwendungen schnellstens heran machen. Andernfalls läuft Europa die große Gefahr die nächste „Digitale Revolution „( wieder?!) zu verpassen.

BD : Haben Sie vielen Dank, Herr Encarnao! Bei der Beantwortung meiner Fragen haben Sie uns Ihre Sichten und Erfahrungen zu Themen wie „Technologie Transfer“, „Rolle und Möglichkeiten der Schwellenländer im globalen Innovationswettbewerb“ und die „portugiesische CoLAB Initiative“ vermittelt und erläutert. Auch wagten Sie einen Blick in die Zukunft Ihres Fachgebiets, der Computergrafik.

1 Kommentar:

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