Freitag, 27. September 2019

Rangordnung deutscher und ausländischer Universitäten

Unter meinen akademischen Freunden und Kollegen gibt es kaum ein Thema, das sie schneller und mehr in Rage bringt, als wenn über die Rangordnung von Universitäten gesprochen wird. Fast tun sie so, als ob jemand etwas Unanständiges täte. Je nachdem, wer es tut, fällt der Bannstrahl umso heftiger, ja vernichtender aus. ‚Das geht gar nicht. Man kann bestenfalls Vergleiche innerhalb von Fachgebieten anstellen‘ so lautet die Kritik. In der Öffentlichkeit hat sich diese Diskussion ziemlich versachlicht. Verantwortlich dafür sind Organisationen und Unternehmen, die diese Vergleiche professionell durchführen.

Professionelle Bewertungen

Die DAAD Analyse von Febuar 2018 enthält einen Vergleich und eine Bewertung der heute gängigen Verfahren des Hochschul-Rankings. Am bekanntesten ist die von der Jian Tong Universität in Shanghai ab 1999 entwickelte Methode. Sie nennt sich Akademisches Ranking der Weltuniversitäten (engl.: Academic Ranking of World Universities, Abk. ARWU), Seit 2009 wird das ARWU von der ausgegründeten Firma namens Shanghai Ranking Consultancy publiziert, und ist damit zu einem kommerziellen Ranking geworden. Verglichen werden über 1.300 Hochschulen weltweit. Besonders berücksichtigt werden Hochschulen, an denen Nobelpreisträger lehren. Das große Interesse Chinas an den Rankings hat zwei Gründe: Einmal will China den vielen jungen Leuten, die im Ausland studieren wollen, eine Handreichung geben. Andererseits hoffen chinesische Universitäten, die bisher im Ausland nicht bekannt waren, so bald wie möglich auf diese Listen zu kommen. Ich bin sicher, in 10 Jahren werden sie es geschafft haben.

Das QS World University Rankings ist ein weltweites Hochschulranking, das von einer amerikanische Firma seit dem Jahr 2004 durchführt wird. Sie  heißt QS, was für zwei Namen von Leuten steht, die diese Firma gründeten (Quacquarelli, Symonds). Die Firma hat 160 Mitarbeiter in acht Lokationen. Ihre Ergebnisse werden seit 2004 von Zeitungen und Magazinen übernommen, so als erster von US News and World Report.. Eine andere, oft zitierte Rangfolge wird von einem Ableger der Zeitung Times in London veröffentlicht. Sie unterscheidet sich von den beiden andern Listen vor allem dadurch, dass die beiden britischen Universitäten Oxford und Cambridge konstant die beiden ersten Plätze belegen. Eine mögliche Erklärung: Vielleicht gab es auch für Amerikaner Minuspunkte wegen schlechter Beherrschung der englischen Sprache.


Ersteller von Rankings und deren Gewichtung

Die drei genannten Firmen bewerten Universitäten nach unterschiedlichen Kriterien. Deshalb sind ihre Ergebnisse auch so verschieden. In der obigen Tabelle ist das Gewicht in Prozent angegeben, mit dem unterschiedliche Kriterien angewandt werden. Sowohl Times wie QS bieten auch Rankings „By Faculty“ oder bei „By Subject“ an, womit einem der Haupteinwände begegnet wird. Trotz heftiger Kritik werden die Zahlen jedes Jahr fortgeschrieben und neu veröffentlicht. Es ist nicht so, dass diese Firmen nur einen Markt für sich entdeckt haben. Sie scheinen auch ein echtes Bedürfnis zu erfüllen.

Weltweite Rangordnungen

Die wohl am häufigste  gestellte Frage, ist wohl die nach den besten Universitäten der Welt. Seit Anbeginn des Rankings liegen hier die angelsächsischen Universitäten vorne. Warum dies so ist hat verschiedene Gründe. Dabei spielt die englische Sprache eine herausragende Rolle. Sie ist bekanntlich die Lingua franca der gesamten akademischen Welt. Mit dem Bekanntheitsgrad einer Universität steigt auch ihre Reputation und umgekehrt.




Führende Universitäten der Welt (nach QS)

Dass unter den ersten 16 Universitäten bereits zwei aus Singapur rangieren, deutet auf die zu erwartende chinesische Rolle hin. Aus England fanden immerhin vier Universitäten Beachtung. Der deutschsprachige Teil Europas ist durch die ETH Zürich würdig vertreten.

Nationale Spitzenreiter

Jemand hat sich die Mühe gemacht, aus der QS-Liste von 1000 Universitäten die 25 besten deutschen Universtäten herauszuziehen. Will man diese Liste kritisieren, muss man sich die Kriterien näher ansehen, nach denen gewertet wurde. Für jemanden, der mit der TU München zu tun hatte, kann ich mir diese Mühe jedoch sparen. Ich habe nichts am Ergebnis auszusetzen. Bemerken möchte ich nur – und zwar aus eigener Erfahrung – dass die Aufmerksamkeit, welche die Münchner Universitäten vom bayrischen Staat erhalten, in Deutschland kaum überboten wird. An der TU München trug außerdem das langjährige Wirken eines sehr engagierten Rektors besondere Früchte.



Beste deutsche Universitäten (nach QS)

Deutsche Exzellenz-Initiative

So zu tun, als wäre das alles eine angelsächsische Spinnerei, wird der Sache nicht gerecht. Seit einigen Jahren gibt es in Deutschland starke Bestrebungen, den im Ausland so populären Rankings etwas entgegenzusetzen. Es lief unter der Bezeichnung Exzellenz-Initiative. Beginnend in 2005 wurden so genannte Exzellenzcluster und Graduiertenkollegs an vielen Universitäten gefördert und somit eine breite Exzellenzbildung in bestimmten Schwerpunktbereichen gefördert. Zwischen 2006 und 2012 kamen neun ausgewählte Universitäten in den Genuss, zunächst auf fünf Jahre beschränkt, jeweils zusätzliche Fördermittel in dreistelliger Millionenhöhe für ihr gesamtuniversitäres Zukunftskonzept zur Verfügung gestellt zu bekommen. In einer weiteren Förderperiode von 2012 bis 2017 werden insgesamt elf Universitäten auf diese Weise gefördert. Sechs von diesen schafften es, in beiden Förderrunden berücksichtigt zu werden. Damit wird beabsichtigt, eine Ausweitung international exzellenter Spitzenforschung zu begünstigen und ferner die Ausstrahlungskraft des deutschen Universitätssystems als Ganzes zu erhöhen.



Zweite Runde der Exzellenz-Initiative

Mich überraschten in dieser Liste lediglich zwei Unis: Bremen und Konstanz. Vielleicht haben dort einige stille Blümlein sich in letzter Zeit zu mächtigen Bäumen oder Sträuchern entwickelt.

Bei uns waren bisher die Universitäten grundsätzlich dazu verpflichtet, jedem Inhaber der Allgemeinen Hochschulreife den Zugang zum Erststudium zu gewähren. Dies führt dazu, dass eine leistungsabhängige Auswahl der Studierenden nur dann möglich ist, wenn die Anzahl der Bewerber auf einen bestimmten Studiengang die Anzahl der verfügbaren Studienplätze übersteigt (Numerus-Clausus-Fach). Neuerdings haben die Universitäten, bedingt durch die Einführung der Bachelor- und Masterstudiengänge, die Möglichkeit für alle Masterstudiengänge eigene Zulassungsverfahren einzurichten und somit die Selektion nach Leistung weiter zu steigern. Die Verpflichtung, freie Studienplätze leistungsunabhängig aufzufüllen, gilt nur für das Erststudium (Bachelorstudium). Somit wird deutschen Universitäten die Möglichkeit eröffnet, eine Leistungselitenbildung auf Postgraduiertenniveau, unabhängig vom jeweiligen Studienfach und der Bewerberanzahl, in Zukunft zu verwirklichen.

Ergänzung aus zusätzlichen Quellen (An-Institute)

Zudem trifft der Begriff der Exzellenzausbildung im Sinne einer Leistungselite in Deutschland teilweise auch auf die außeruniversitäre Forschung zu, die in Ländern mit etablierten Eliteuniversitäten weit weniger ausgeprägt ist. Hierzu zählen vor allem die Max-Planck-Gesellschaft, die Leibniz-Gemeinschaft, die Fraunhofer-Gesellschaft und die Helmholtz-Gemeinschaft, welche sich stark in der Förderung einer Wissenschaftselite engagieren, regelmäßig mit Universitäten assoziiert sind und oftmals in der Ausbildung der Studenten mitwirken, etwa durch die Zurverfügungstellung von Lehrpersonal, der Mitarbeit an der Konzeption von Studiengängen, aber auch durch gemeinschaftlich betriebene Graduiertenkollegs. Daneben trägt die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) mit ihren Sonderforschungsbereichen (SFBs) und Schwerpunktprogrammen und der Förderung universitärer Graduiertenkollegs maßgeblich zur Begünstigung der Exzellenzbildung in Forschung und Ausbildung bei.

Sonntag, 22. September 2019

Klimawandel zwischen Überzeugungsproblem und Aktionsdilemma

Für lange Zeit richtete ich mich nach Bill Clintons Wahlspruch ‘It‘s the economy, stupid!‘ Deshalb hatten ökonomische Themen stets Hochkonjunktur auch in diesem Blog. Diese Woche verkündete der ARD-Deutschland-Trend, dass zum ersten Mal das Thema Klima das Thema Wirtschaft ‚toppt‘. Außerdem hat die Groko gerade ihr Klimapaket vorgelegt. Ich halte daher die Zeit für gekommen, dass auch das Thema Klima Eingang in diesen Blog findet.

Zur Faktenlage

Klima ist kein rein-deutsches Problem, sondern ein Weltproblem. Die Rolle, die Deutschland spielt, wird aus der nachfolgenden Tabelle ersichtlich. Die ersten drei Spalten stammen von SPIEGEL-Online 2017. Ich habe zwei Spalten hinzugefügt. Nach beiden Betrachtungsweisen gehören wir Deutsche zu den aktivsten Weltverschmutzern.

Der Spalte 1 dieser Tabelle liegt eine Berechnungsmethode zugrunde, die international einheitlich ist. Sie heißt Treibhausgasprotokoll (engl. greenhouse gas protocol, Abk. GHG). Danach können Unternehmen und Gebietskörperschaften (Städte, Länder) ihre CO2-Emissionen selbst berechnen. Erfasst werden (a) alle direkten Emissionen aus Quellen innerhalb der Gebietsgrenzen stammend, (b) alle indirekten Emissionen aus außerhalb erzeugtem und eingekauftem Strom, Dampf, Wärme und Kälte, sowie (c) alle sonstigen Emissionen, darunter die aus der Herstellung und dem Transport eingekaufter Güter oder der Verteilung und Nutzung der eigenen Produkte oder der Entsorgung von Abfällen. Ganz entscheidend ist, dass es hier nicht um gemessene Werte geht, sondern um von den Verursachern abgegebene Schätzungen.



Nach der Erklärung der Herkunft dieser Zahlen wird es auch verständlich, wieso diese Angaben oft eklatante, nicht erklärbare Unterschiede aufweisen. So liegen bei den Pro-Kopf-Emissionen Saudi-Arabien an der Spitze, vor den USA und Australien, gefolgt von Kanada, Südkorea und Russland. Auf die Fläche bezogen führt Südkorea vor Japan, Deutschland, Großbritannien, Italien und China. Wieso Frankreich bei beiden Sichtweisen doppelt so gut ist wie Deutschland kann nicht allein am verstärkten Einsatz der Atomenergie liegen. Vielleicht denken Frankreichs Statistiker mal wieder anders als ihre Kollegen in Deutschland [eine analoge Aussage machte vor Jahrzehnten ein französischer Informatiker mir gegenüber].

Inzwischen gibt es erste punktuelle Messergebnisse, die die langfristige Veränderung der Atmosphäre bestätigen. Von der Messstation Mauna Loa auf Hawai wurde 2015 eine mittlere CO2-Konzentration in der Erdatmosphäre von über 400 ppm gemessen. Vor der Industrialisierung hatte sie bei etwa 280 ppm gelegen.

Treibhaus-Effekt und globale Erwärmung

Der Treibhaus-Effekt bewirkt eine Temperaturerhöhung auf Planetenoberflächen, so auch auf der Erde. Der Effekt entsteht dadurch, dass die Atmosphäre weitgehend transparent ist für die von der Sonne ankommende kurzwellige Strahlung, jedoch wenig transparent für die langwellige Infrarotstrahlung, die von der warmen Erdoberfläche und von der erwärmten Luft emittiert wird. Die wichtigsten auf der Erde heute für den Treibhauseffekt verantwortlichen Treibhausgase sind Wasserdampf (H2O) gefolgt von Kohlenstoffdioxid (CO2). Der jeweilige Anteil beträgt 62 bzw. 22 %. Der durch menschliche Eingriffe wie vor allem die Emission langlebiger Treibhausgase (Kohlendioxid, Methan und Stickoxide) aus Verbrennungsprozessen bewirkte Anteil am atmosphärischen Treibhauseffekt wird anthropogener Treibhauseffekt genannt.

Die globale Erwärmung seit der vorindustriellen Zeit bis zum Jahr 2017 betrug nach Angaben des Weltklimarates (IPCC) etwa 1° Celsius. 2016 war das wärmste Jahr seit Beginn der systematischen Messungen im Jahr 1880. So warm war es nach aktuellen Forschungsergebnissen zuletzt am Ende der Eem-Warmzeit vor 115.000 Jahren. Der Weltklimarat ist eine Einrichtung der UNO. Ihm gehören 190 Staaten an. Er nennt sich Zwischenstaatlicher Ausschuss für Klimaveränderungen (engl. Intergovernmental Panel on Climate Change, Abk. IPCC),

Beobachtete Folgen

Zu den laut Klimaforschung erwarteten und teils bereits beobachteten Folgen der globalen Erwärmung gehören je nach Erdregion: Meereis- und Gletscherschmelze, ein Meeresspiegelanstieg, das Auftauen von Permafrostböden, wachsende Dürrezonen und zunehmende Wetter-Extreme mit entsprechenden Rückwirkungen auf die Lebens- und Überlebenssituation von Menschen und Tieren (Artensterben). Das Ausmaß der Folgen ist abhängig von der Höhe und Dauer der Erwärmung. Einige Folgen können zudem irreversibel sein. Einige dieser Folgen wirken zudem als Kippelemente im Erdsystem, die die globale Erwärmung ihrerseits wieder beschleunigen, etwa die Freisetzung des Treibhausgases Methan aus den aufgetauten Permafrostböden.

Verursacher und Leugner

Ursache für die Erwärmung ist die andauernde anthropogene Anreicherung der Erdatmosphäre mit Treibhausgasen, insbesondere Kohlenstoffdioxid (CO2) und Methan, die vor allem durch die Nutzung fossiler Energie (Brennstoffe), durch weltumfassende Entwaldung sowie Land- und insbesondere Viehwirtschaft freigesetzt werden. Hierdurch erhöht sich das Rückhaltevermögen für infrarote Wärmestrahlung in der Troposphäre. Wichtigstes Treibhausgas bei der derzeitigen globalen Erwärmung ist Kohlenstoffdioxid. Seit etwa Anfang der 1990er Jahre besteht ein wissenschaftlicher Konsens, dass die gegenwärtige globale Erwärmung vom Menschen verursacht wird.

Mit der AfD ist in dieser Wahlperiode eine Partei im Bundestag vertreten, die sagt, dass der Klimawandel nicht von Menschen verursacht sei. Im Vergleich zu andern Themen ist hier ihre geistige Entwicklung nicht schon 1944, sondern erst um 1990 zum Stehen gekommen. Fast 30 Jahre lang hat man sich neueren Einsichten gegenüber verschlossen. Es ist dies kein Grund zum Aufregen. Die USA leisten sich derzeit sogar einen Präsidenten, der sagt, dass das Problem des Klimawandels von den Chinesen erfunden sei, nur um den Westen zu ärgern.

Gegenmaßnahmen

Um die Folgen der globalen Erwärmung für Mensch und Umwelt abzumildern, zielen nationale und internationale Klimapolitik sowohl auf das Stoppen des Klimawandels durch Klimaschutz als auch auf eine Anpassung an die bereits erfolgte Erwärmung. Um die menschengemachte globale Erwärmung aufhalten zu können, müssen einerseits weitere energiebedingte Treibhausgasemissionen vollständig vermieden werden und andererseits die seit dem Beginn der Industrialisierung in der Atmosphäre eingebrachten Emissionen sowie fortan nicht vermeidbare Emissionen mittels geeigneter Technologien rückgängig gemacht werden.

Mit Stand 2016 war bereits etwa 2⁄3 des CO2-Budgets der maximal möglichen Emissionen für das im Übereinkommen von Paris vereinbarten Zwei-Grad-Ziel aufgebraucht, sodass die weltweiten Emissionen schnell gesenkt werden müssten, wenn das Ziel noch erreicht werden soll. Es kann jedoch nicht ausgeschlossen werden, dass das Zwei-Grad-Ziel nicht ambitioniert genug ist, um langfristig einen als Treibhaus Erde bezeichneten Zustand des Klimasystems zu verhindern.

Klimapaket der Groko

Die junge Schwedin Greta Thunberg rüttelte das politische Establishment auf der ganzen Welt auf. Auch die ehemals als Klima-Kanzlerin bezeichnete Angela Merkel gibt zu, von Thunberg beeinflusst worden zu sein. Die Regierung Merkel IV, allgemein nur Groko genannt, legte deshalb vorigen Freitag ihr neuestes Klimapaket vor. Es war nicht zu erwarten, dass dies alle Klima-Aktivisten befriedigen würde.

Sehr scharf ins Gericht mit dem Klimapaket der Groko ging der mir bisher unbekannte Berliner Experte Volker Quaschning. Er meint, das Paket hätte weder Logik noch Sachverstand. Im Vergleich zu Ländern wie Norwegen, Schweden und Schweiz seien viele Maßnahmen zu spät und zu zögerlich. Wollen wir bis 2050 klimaneutral werden, müssten wir die Maßnahmen verfünffachen. 

Angeblich grenzt sich die Politik von der Wissenschaft dadurch ab, dass sie sich nicht nur um ein Problem allein kümmern kann. Sie muss gleichzeitig an alle offenen Probleme denken und versuchen alle Wählergruppen mitzunehmen. Nur so ist zu verstehen, dass der Benzinpreis erhöht wird, aber mit ihm auch die Pendlerpauschale.

Peter Hiemann aus Grasse schrieb:

Volker Quaschnings Einschätzungen der Regierungsarbeit sind einleuchtend. Ich vermisse aber klare Worte, die sich mit dem Verhalten der frei global agierenden Unternehmen auseinandersetzen.

Dass SPD und CDU/CSU ein völlig unzureichendes Programm für den Klimaschutz im Rahmen des existierenden Regierungssystems vorstellen, ist verständlich. Sowohl SPD als auch CDU/CSU fehlt der Mut, am derzeitigen demokratisch regelnden Regierungssystem etwas grundlegend ändern zu wollen. Insbesondere hoffen sie, dass die 'Normalsterblichen' ihr Verhalten ändern. Die Hauptursache der existierenden Klimasituation ist jedoch das Verhalten frei global agierender Unternehmen. Sie sind nicht gehalten, gesellschaftlich relevante Umweltschäden in Produktpreisen zu berücksichtigen. Dazu kommt, dass global agierende Investmentunternehmen zunehmend Einfluss nehmen auf Unternehmen und Regierungen, um Aktiengewinne zu erzielen.

Eine 'elitäre' Vorstellung ist mit ein Grund für eher defensive Regierungspolitik. Danach gilt als erwiesen, dass Homo sapiens von Natur aus unbeschränktes Wachstum anstrebt, und nur wirtschaftlich frei agierendes Unternehmertum diesem Streben gerecht wird. Staatliche Wirtschaftsplanung wird grundlegend verworfen. Diese Vorstellung wird sich früher oder später als Irrtum herausstellen. Chinas Regierung scheint ein sehr effektives Planungssystem zu verwenden, das Chinas technischen und wirtschaftlichen Erfolg ermöglicht. Chinas Einsatz von KI-Technologie, um die Bevölkerung zu kontrollieren, ist für demokratisch regelnde Regierungssysteme nicht akzeptabel.

Donnerstag, 19. September 2019

Wirtschaft und Politik aus der Sicht von Sahra Wagenknecht

Gestern hörte ich ein Youtupe-Interview mit Sahra Wagenknecht bei Mission Money. Dabei wurde mir klar, dass zumindest einige ihrer Ansichten gut überlegt sind und nicht allen ihre Sinnhaftigkeit abzusprechen ist. Ob sie politisch konsensfähig sind, darf bezweifelt werden. Offensichtlich hat Wagenknecht selbst einen gewissen Reifeprozess durchlaufen. Sie galt lange Zeit als Sprachrohr einer Kommunistischen Denkschule. Im Folgenden greife ich einige ihrer im Interview vertretenen Thesen heraus. Sie sind in Themenkreisen zusammengefasst, um die Diskussion und Bewertung entsprechend zu gliedern.

Unternehmensstruktur

Sahra Wagenknecht (SW): Wir brauchen Unternehmer, die aktiv ihre Unternehmen entwickeln. Mitarbeiter müssen beteiligt werden. Wir brauchen keine Aktionäre, die nichts tun. Wir brauchen keine Rentiers, die nur Geld abschöpfen. Eine Stiftung ist die ideale Unternehmensform. Sie gehört allen Mitarbeitern; kann nicht übernommen werden; kann nicht vererbt werden. Das wäre Verantwortungseigentum. Familienbetriebe sind ok, nur solange die Erben beim Fach bleiben.

Diskussion: Viele erfolgreiche Unternehmensgründungen der letzten 30 Jahre verdanken ihre Existenz technischen oder kaufmännischen Innovatoren. War es bei Google die vom Larry Page und Sergej Brin erfundene Ranking-Methode für Suchergebnisse, waren es bei Amazon die von Jeff Bezos konzipierten Liefermodalitäten für klassische Papierbücher. Beide Unternehmen konnten nur deshalb so schnell wachsen und den Weltmarkt erobern, weil ihr Wachstum von Dritten finanziert wurde, die selbst nicht im Unternehmen arbeiteten. Im Falle von Google gaben Andreas von Bechtolsheim und andere beträchtliches Startgeld, das ihnen später einen hohen Gewinn einbrachte. Ebenso erging es vielen der frühen Aktionäre. Es ist eine Illusion anzunehmen, dass der Markt solange geduldig wartet, bis der Unternehmensgründer sein Wachsen aus eigenen Mitteln finanzieren kann. Noch unsinniger wäre es, vom Staat zu erwarten, dass er den Finanzbedarf aller Unternehmen abdecken kann.

Stiftungen dienen primär dazu vorhandenes Vermögen zu sichern. Sie versagen, wenn es darum geht, kurzfristig neues Kapital zu sammeln oder sich einem sich ändernden Markt anzupassen. Familienunternehmen profitieren oft davon, dass mehrere Familienmitglieder ihre Arbeitskraft zu günstigen Bedingungen zur Verfügung stellen und dass das Engagement überdurchschnittlich ist. Familienmitglieder zu enteignen, die sich nicht.engagieren, schwächt nicht nur den Begriff des Eigentums, sondern entzieht der Wirtschaft Mittel, die sie benötigt.

Private und öffentliche Aufgaben

SW: Wohnungen sollten nicht vom Markt angeboten werden, sondern nur von Kommunen. Dasselbe gilt für Pflege und Bildung. Firmen, die eigene Aktien zurückkaufen, fehlen Ideen, wie sie wachsen können. Sie agieren nicht nachhaltig. Wir brauchen eine Wirtschaft, die neue und nachhaltige Produkte erzeugt. Wenn Private dies nicht leisten, muss der Staat helfen. In den USA half der Staat immer wieder. Eine staatliche Planwirtschaft jedoch kann dies nicht, selbst bei den Chinesen nicht, abgesehen davon, dass man dort individuelle Freiheiten mit Füssen tritt.

Diskussion: Sieht man von kommunalen Angestellten ab, so haben die am Ort ansässigen Firmen ein natürliches Bedürfnis für ihre Mitarbeiter bezahlbaren Wohnraum zu schaffen. Das geschieht auch. Wird Wohnraum, der mit privaten Mitteln geschaffen wurde, dem Markt entzogen, wenn der Ersteller wegzieht oder verstirbt, so ist das eine starke Einschränkung des Angebots, aber auch eine weitere Einschränkung des Eigentumsbegriffs.

Wenn Firmen eigene Aktien zurückkauften, hatte ich immer das Gefühl, dass dort die Buchhalter das Sagen hatten. Als Techniker wollte ich nicht in solchen Unternehmen arbeiten.

Immerhin erkennt Sahra Wagenknecht an, dass neue und nachhaltige Produkte und Dienste am ehesten von privat agierenden Wirtschaftsunternehmen angeboten werden. Wie wir wissen, besteht keinerlei Garantie, dass sie besser werden, wenn der Staat hierzu Vorgaben macht. Dass der Staat Personen und Firmen unterstützt, die sich in politischer oder gesellschaftlicher Hinsicht wohl verhalten, wird gerne gesehen. Das darf aber nicht Überhand nehmen.

Rentensystem und Altersvorsorge

SW: Ein Rentensystem wie in Österreich wäre besser als unseres. Alle zahlen ein. Die Renten sind wesentlich höher als bei uns. Sahra Wagenknecht hat ihre Ersparnisse auf dem Sparbuch. Sie hat keine Lust, das Auf und Ab des Aktienmarkts zu verfolgen. Amerikaner, die ihre Altersversorgung auf Aktien aufbauten, stehen oft dumm da.

Diskussion: Österreich besitzt gegenüber Deutschland in einigen Punkten eine stärkere sozialistische Tradition. So zum Beispiel bei der Schaffung von Mietwohnungen. Wer heute noch das Sparbuch als beste Anlageform ansieht, disqualifiziert sich. Ich habe einen eigenen Blog-Beitrag zu diesem Thema geschrieben. Zu sagen, es macht zu viel Arbeit den Aktienmarkt zu verfolgen, dem helfen gerne Fondmanager der verschiedensten Art.

Euro und Steuern

SW: Der Euro ist für Deutschland gut, aber für Europa schlecht. Italiener und Griechen haben immer ihre Währung dazu benutzt, um wieder konkurrenzfähig zu werden. Irgendwann werden sie den Euro verlassen. Dass Amazon nur in Irland geringe Steuern zahlt, ist ein Skandal. Firmen wie Amazon müssten auch in Deutschland mehr Steuern zahlen. Die Finanztransaktionsteuer wurde von Emmanuel Macron verwässert. Die Banken haben erreicht, dass Derivate nicht besteuert werden. Daher trifft sie nur den Kleinaktionär.

Diskussion: Wer Italien und Griechenland nahelegt, den Euro zu verlassen, macht sich offensichtlich wenig Sorgen, was das ökonomische Schicksal dieser Länder anbetrifft. Aussagen wie ‚Sie haben es ja so gewollt‘ oder ‚Das sind sie selbst Schuld‘ erlauben es, die Hände in Unschuld zu waschen. Die Erfahrung mit dem Brexit regt vielleicht dazu an, Fragen wie diese etwas gründlicher zu überdenken.

Es ist sehr beliebt, die Besteuerung ausländischer Firmen zu verlangen, die bei uns erhebliche Umsätze haben. Man vergisst dabei leicht, was es bedeutet, wenn das Gleiche von deutschen Firmen verlangt wird, für die der Export einen signifikanten Anteil ihres Geschäfts darstellt.

Die Finanztransaktionssteuer wird seit Jahrzehnten diskutiert. Ihre Befürworter hoffen mit ihrer Hilfe den rein spekulativen Teil des Wertpapiergeschäfts zu reduzieren. Neun von 27 EU-Ländern beabsichtigen sie irgendwann einzuführen. Dies war mit ein Grund, warum das Vereinigte Königreich die EU verließ. Auch Luxemburg und die Niederlande sind strikt dagegen.

Eingeführt wurde die Steuer 2012 in Frankreich und 2013 in Italien. In Frankreich wird der Erwerb der Aktien französischer Firmen ab einer gewissen Größe mit 0,3% besteuert, sowie gewisse Formen des Hochfrequenzhandels. In Italien beträgt der Steuersatz 0,12%. Die Einführung in Deutschland ist derzeit offen. Alle Parteien außer AfD und FDP sind inzwischen dafür. Laut Koalitionsvertrag soll ein ‚substanzieller Teil‘ noch während der laufenden Wahlperiode eingeführt werden.

Schlussbemerkung

Die Positionen, die Sahra Wagenknecht in dem Interview vertritt, lassen aufhorchen. Der Wandel von einer strenggläubigen Kommunistin ist durchaus beachtlich. Immerhin ist sie ja mehr als 40 Jahre alt [1]. Ob sie mit einigen Positionen Schwierigkeiten innerhalb ihrer Partei, der Linken, bekommt, kann ich nicht abschätzen. Es kann ja sein, dass auch die Partei, sich ändert. Ich halte dies jedoch für wenig wahrscheinlich.

Anmerkung

1. Die Aussage, dass manche Menschen mit 40 Jahren ihre jugendlichen Spinnereien aufgeben und vernünftig werden, gibt es in mehr als einer Form. Ein Satz der Form 'Wer mit 20 Jahren nicht Sozialist ist, der hat kein Herz, wer es mit 40 Jahren noch ist, hat kein Hirn' wird sowohl George Clemenceau wie Winston Churchill angedichtet.

Sonntag, 15. September 2019

Volkwirtschaftslehre (VWL) per Bierdeckel

Seit Paul Kirchhof und Friedrich Merz forderten, dass man seine Steuern auf einem Bierdeckel ausrechnen können müsste, ist der Bierdeckel zu einer Maßeinheit geworden für eine dem Normalbürger zumutbare Ausformulierung eines alltäglichen Konzepts. Hier geht es um den Begriff der National- oder Volkswirtschaftslehre. Ich möchte versuchen, das Wesentliche dieses Konzepts in knappen Worten zu formulieren.

Welt- und Volkswirtschaft

Unabhängig davon was Lehrbücher sagen, ist eine Volkswirtschaft (VW) derjenige Teil der Weltwirtschaft, der eigene Ressourcen, Regeln und Ziele besitzt. Typische Ressourcen sind Rohstoffe, Güter, Produzenten, Konsumenten und Märkte. Der Welthandel begann, sobald Güter und Leistungen über Familiengrenzen hinweg ausgetauscht wurden. Das ungleiche Vorkommen der Rohstoffe und die unterschiedlichen Begabungen der Menschen verursachten den Austausch.

Währung und Preisstabilität

Um den Handel zu erleichtern, wurden Währungen eingeführt. Ausgehend von seltenen Metallen oder Muscheln wurden Verhältniszahlen vereinbart, die es erlauben alle Güter oder Leistungen zu bewerten. Diese so genannten Preise sind abhängig vom Interesse des Nutzers.

Ein wichtiges Ziel einer Währung heißt Preisstabilität. Sie schafft Vertrauen und fördert den Austausch von Gütern und Leistungen. Instabile Währungen schwanken oder werden umgangen. Um fallende Preise (Deflation) zu verhindern, werden 2% Inflation angesteuert. Geldmengen werden gesteuert, und zwar auf verschiedenen Ebenen. Während viele Ressourcen einer VW auf natürliche Weise limitiert sind, ist dies beim Geld nicht der Fall.

Währungsraum Euro

Der Währungsraum des Euro zerfällt in mehrere VWs, da die Staaten sich bei der Festlegung von Regeln unterscheiden. Das betrifft Steuern, Lebenshaltungskosten und staatliche Beihilfen. Ein Fortschreiten der Harmonisierung kann, muss aber nicht erfolgen.

Bargeld und Buchgeld

Bargeld ist die primitivere Form einer Währung. Es ist greifbar und anonym. Es wird immer mehr von Buchgeld verdrängt. Erst die Digitalisierung erlaubt die massenhafte Nutzung von Buchgeld im Alltag.

Da die Erzeugung von Buchgeld keine nennenswerten Kosten verursacht, kann es auch frei zur Verfügung gestellt werden, und zwar in Form zinsloser Darlehen. Das geht aus von den Notenbanken, umfasst jedoch das gesamte Geldsystem. Nur die im Umlauf befindliche Geldmenge muss kontrolliert werden.

Konsum und Kapital

Der Großteil des Geldes einer Wirtschaft wird für tägliche Bedürfnisse und Vergnügungen, den Konsum, verbraucht. Als Kapital bezeichnet man Ressourcen, die für Produktion und Handel direkt nutzbar sind, also dem Konsum entzogen wurden. Dieses Kapital können Geldmittel, Rohstoffe, Güter oder Fabrikanlagen sein. Indirekt gehören auch die Fähigkeiten der Belegschaft, die Vertriebswege und das Kundeninteresse dazu. Zu Kundeninteresse gehört Bekanntheit der Marke und Loyalität der Nutzer. Produktion umfasst das Anbieten von Gütern und Dienstleistungen.

Planwirtschaft und freie Wirtschaft

In einer Planwirtschaft werden die Entscheidungen, was produziert wird und was zu welchen Preisen zur Verfügung gestellt wird, zentral getroffen. Das macht meist die Regierung. In einer freien Wirtschaft sind alle Bürger frei darin, was sie konsumieren. Sie bestimmen damit, was produziert oder von außen beschafft (importiert) wird. Sie ermöglichen dadurch den Handel und beeinflussen das relative Einkommen anderer Bürger.

Kostenloses Geld

Dass Geld kostenlos zur Verfügung steht, ist ein Phänomen neueren Datums. Es ist zum Teil noch nicht ganz durchdacht. Bei einigen Ressourcen sind ähnliche Trends zu erkennen, etwa bei der Erfassung, Speicherung und Verarbeitung von Daten. In früheren VWs war Geld oft mit Kosten verbunden. Bei Bargeld konnten es Materialkosten sein, bei Buchgeld Kredit- oder Lombardzinsen. Die früher übliche Ansicht, dass es Geld nur gegen Zinsen gibt, war auch damit begründet, dass der Geldgeber Konsumverzicht leistet.

Kernstück jeder Wirtschaft ist heute der Handel, d.h. der Güter- und Leistungsaustausch. Durch das Bereitstellen von Geld wird Kaufkraft generiert. Dazu dient auch ein Bedingungsloses Grundeinkommen (BGE), das ohne eigene Wertschöpfung oder Arbeitsleistung gewährt wird. Im Gegensatz zu einem zinslosen Darlehen muss ein BGE nicht zurückgezahlt werden.

Volkswirtschaft und Betriebswirtschaft

Die VW ist der Rahmen, der das betriebswirtschaftliche Verhalten der Marktteilnehmer bestimmt. Die Art einer VW legt fest, ob, wie und welche Betriebe oder Unternehmen gegründet werden. Jedes Unternehmen muss ein Alleinstellungsmerkmal haben. Das können seine Produkte und Dienste sein, aber auch deren Kosten, Qualität oder schnelle Verfügbarkeit.

Donnerstag, 12. September 2019

Lebensablauf im betreuten Alterswohnsitz

Seit über einem Jahr bin ich Witwer. War vorher mein Leben durch die Zweisamkeit bestimmt, wo jeder seine Aufgaben hatte, so bin ich jetzt für alles selbst zuständig. Ich wohne, wie bisher, in einer süddeutschen Kleinstadt. Zum Glück fand ich eine Haushaltshilfe, die mir sehr viel Arbeit abnimmt. Ihre Tätigkeit wird vor allem dadurch bestimmt, dass ich gehbehindert bin, und dass dadurch mein Wirkungsraum auf das Erdgeschoss des Hauses beschränkt ist. Keller, Speicher und Garage sind für mich nicht erreichbar.

Inzwischen hat sich mein Leben eingependelt. Es läuft mehr oder weniger nach einem festen Schema ab. Es gibt Zeiten und Termine, die größtenteils vorgegeben sind. Ich will den Ablauf im Folgenden kurz beschreiben, wobei ich zwischen Tages-, Wochen- und Monatszyklen unterscheide. Vorweg stelle ich zwei Maßnahmen vor, die Ausstattung des Wohnsitzes betreffend. Zu bemerken ist noch, dass ich in Waldesnähe und nicht weit weg von einer katholischen Kirche wohne. Zu mehreren Nachbarn pflege ich telefonisch Kontakt. Wir sehen uns nur äußerst selten.

Zusätzliche Ausstattungen

Mein Gejammer, dass mir das Aufstehen Schwierigkeiten bereitet, führte dazu, dass mein altes Bett durch ein Pflegebett ersetzt wurde. Jetzt gleite ich in Höhe des Rollators in das Bett und heraus. Das Bett wurde mir von meiner Versicherung zur Verfügung gestellt.

Schon lange hatten wir an der Straßenseite des Hauses einen Bewegungsmelder. Näherte sich jemand, schaltet sich eine Lampe ein. Einige Vorfälle in der Nachbarschaft bewogen uns dazu, an der Gartenseite des Hauses zusätzlich eine moderne Videoüberwachung zu installieren. Diese meldet sowohl Tiere wie Personen, die sich dort aufhalten. Bei Personen wird ein akustisches Signal ausgelöst.

Tageszyklus 

Vor 7 Uhr: Feststellen, welche Nachtbesucher da waren, ob Fuchs und/oder nur Katzen. Tagsüber können auch Eichhörnchen und große Vögel auftauchen.

7 Uhr: Geläut der Kirchenglocken, Aufstehen, Erster Besuch des Klo; Teekochen (mit Ostfriesen-Beutel), Frühstück mit Orangensaft und einem Honig- und zwei Quarkbroten; zwei Tassen Tee. Prüfen der Blog-Statistiken, Stöbern bei Google News, Süddeutscher Zeitung, FAZ, SPIEGEL Online, NTV; 4 von 6 Pillen einnehmen. Rasieren, Waschen (außer Montag).

Ab 8:30: Wuselei (nach Jakob Grimm: wimmelnde Geschäftigkeit) an iPad und PC: Online-Zeitungen + Blogs durchstöbern; SPIEGEL + eBücher lesen; Videos auf YouTube konsumieren; eMails + Blog-Beiträge schreiben; Rechnungen per Online-banking bezahlen.

Etwa 10 Uhr: Essen auf Rädern wird geliefert.

12 Uhr: Geläut der Kirchenglocken; Essen aufwärmen; Wecker stellen auf 45 Minuten.

12:45 Uhr: Mittagessen mit Coca Cola; anschließend Mittagsruhe.

Ab 14:30 Wuselei (Fortsetzung).

15 Uhr: Besuche empfangen oder Fruchtsaft/Apfelwein (Viez) trinken.

18 Uhr: Geläut der Kirchenglocken, Umzug ins Wohnzimmer; Abendnachrichten im Fernsehen (auf iPad) anhören. Danach Doku-Sendung ansehen oder eBook/SPIEGEL lesen.

Etwa 19:30 Uhr Abendbrot (1 Scheibe Schwarzbrot mit Wurst + Käse) mit einem Glas Rotwein; 2 von 6 Pillen einnehmen.

Etwa 22:15 Uhr: Schlafen gehen in Pflegebett.

[Geschätzte Mediennutzung pro Tag: 

                Gerät        Häufigkeit           Dauer in Stunden

                iPads              6                             8
                iPhone          15                             2
                Desktop          2                            0,5
                TV  + Print      0                             0


Bei meinem iPhone kann ich auch die Häufigkeit der Anwendungen feststellen. Die heutige Reihenfolge war Safari, ntv, SPON, Google, Evernote, Dropbox, WhatsApp]

Wochenzyklus

Montag (1) Haushaltshilfe: Einkaufen für Kühlschrank + Keller/Garage, Obst besorgen; Putzen, Spülen, Wäsche + Betten machen; Getränke aus Keller oder Garage holen; Mülltonnen bewegen; (2) Pflegedienst: Baden mit Wannenlift, Cremen, Rasieren.

Dienstag Telefonieren mit jüngster Tochter; Essen für nächste Woche auswählen anhand des Speiseplans.

Mittwoch: Haushaltshilfe (s.o.).

Donnerstag Telefonieren mit Schwiegertochter.

Freitag  Haushaltshilfe (s.o.); 18 Uhr SPIEGEL erscheint; Vollständig gelesen bis Sonntagabend.

Samstag Telefonieren mit ältester Tochter.

Sonntag Telefonieren mit Bruder und ältester Schwester;  Pillen für die Woche nachfüllen.

[Für viele der hier angegebenen Tätigkeiten sind feste Uhrzeiten vereinbart. Sie sind aus Sicherheitsgründen hier weggelassen]

Monatszyklus

Überweisung an Sozialstation für Haushaltshilfe + Pflegedienst; Abbuchungen für Essen auf Rädern, Telefon, SPIEGEL, Krankenkasse,  Stadtwerke (Müll, Strom, Wasser).

Unregelmäßig

Schwiegersöhne: Störungen beseitigen bei Haushaltsgeräten oder Computern, Gartenarbeiten ausführen.

Töchter: Kleingeld (10er + 20er Scheine) mitbringen, Klopapier, Honig + Marmelade kaufen (je 10 Gläser).

Jährlich wiederkehrend

Abonnement für Örtliche Zeitung bezahlen; TV-Gebühren; Fachvereine; Grundsteuer, usw.

Zusammenfassung

Mein Leben läuft vollkommen in sicheren Bahnen ab. Die Tatsache, dass der Kühlschrank sich automatisch füllt, entspricht einer bekannten Utopie. Rechne ich Keller und Garage noch hinzu, so ist dies eine Form des Schlaraffenlandes.

Dass mir dadurch Freiheiten verloren gehen, kann ich sehr gut verkraften. Sorgen mache ich mir, dass meine Muskeln immer mehr an Kraft verlieren. Wie weit die medizinische Wissenschaft auch dieses Problem im Griff hat, weiß ich nicht. Außer in Andeutungen meinem Hausarzt gegenüber, habe ich dieses Problem bisher noch nicht ernsthaft thematisiert.

Der Vergleich mit einem externen Altersheim ist mir bisher erspart geblieben. Dass ich dieser Alternative nicht entgehen kann, sollte der Stand meiner Gesundheit dies erforderlich machen, ist mir klar. Das Gleiche gilt für einen Aufenthalt im Krankenhaus, mit dem Unterschied, dass ich dort über reichliche Erfahrungen verfüge.