Für lange Zeit richtete ich mich nach Bill Clintons Wahlspruch ‘It‘s
the economy, stupid!‘ Deshalb hatten ökonomische Themen stets Hochkonjunktur
auch in diesem Blog. Diese Woche verkündete der ARD-Deutschland-Trend,
dass zum ersten Mal das Thema Klima das Thema Wirtschaft ‚toppt‘. Außerdem hat
die Groko gerade ihr Klimapaket vorgelegt. Ich halte daher die Zeit für
gekommen, dass auch das Thema Klima Eingang in diesen Blog findet.
Zur Faktenlage
Klima ist kein rein-deutsches Problem, sondern ein Weltproblem.
Die Rolle, die Deutschland spielt, wird aus der nachfolgenden Tabelle
ersichtlich. Die ersten drei Spalten stammen von SPIEGEL-Online
2017. Ich habe zwei Spalten hinzugefügt. Nach beiden Betrachtungsweisen
gehören wir Deutsche zu den aktivsten Weltverschmutzern.
Der Spalte 1 dieser Tabelle liegt eine Berechnungsmethode zugrunde,
die international einheitlich ist. Sie heißt Treibhausgasprotokoll
(engl. greenhouse gas protocol, Abk. GHG).
Danach können Unternehmen und Gebietskörperschaften (Städte, Länder) ihre
CO2-Emissionen selbst berechnen. Erfasst werden (a) alle direkten Emissionen aus
Quellen innerhalb der Gebietsgrenzen stammend, (b) alle indirekten Emissionen
aus außerhalb erzeugtem und eingekauftem Strom, Dampf, Wärme und Kälte, sowie
(c) alle sonstigen Emissionen, darunter die aus der Herstellung und dem
Transport eingekaufter Güter oder der Verteilung und Nutzung der eigenen Produkte
oder der Entsorgung von Abfällen. Ganz entscheidend ist, dass es hier nicht um
gemessene Werte geht, sondern um von den Verursachern abgegebene Schätzungen.
Nach der Erklärung der Herkunft dieser Zahlen wird es auch
verständlich, wieso diese Angaben oft eklatante, nicht erklärbare Unterschiede
aufweisen. So liegen bei den Pro-Kopf-Emissionen Saudi-Arabien an der Spitze,
vor den USA und Australien, gefolgt von Kanada, Südkorea und Russland. Auf die
Fläche bezogen führt Südkorea vor Japan, Deutschland, Großbritannien, Italien
und China. Wieso Frankreich bei beiden Sichtweisen doppelt so gut ist wie
Deutschland kann nicht allein am verstärkten Einsatz der Atomenergie liegen.
Vielleicht denken Frankreichs Statistiker mal wieder anders als ihre Kollegen
in Deutschland [eine analoge Aussage machte vor Jahrzehnten ein französischer
Informatiker mir gegenüber].
Inzwischen gibt es erste punktuelle Messergebnisse, die die
langfristige Veränderung der Atmosphäre bestätigen. Von der Messstation Mauna
Loa auf Hawai wurde 2015 eine mittlere CO2-Konzentration in der
Erdatmosphäre von über 400 ppm gemessen. Vor der Industrialisierung hatte sie
bei etwa 280 ppm gelegen.
Treibhaus-Effekt und globale Erwärmung
Der Treibhaus-Effekt
bewirkt eine Temperaturerhöhung auf Planetenoberflächen, so auch auf der Erde.
Der Effekt entsteht dadurch, dass die Atmosphäre weitgehend transparent ist für
die von der Sonne ankommende kurzwellige Strahlung, jedoch wenig transparent
für die langwellige Infrarotstrahlung, die von der warmen Erdoberfläche und von
der erwärmten Luft emittiert wird. Die wichtigsten auf der Erde heute für den
Treibhauseffekt verantwortlichen Treibhausgase sind Wasserdampf (H2O) gefolgt
von Kohlenstoffdioxid (CO2). Der jeweilige Anteil beträgt 62 bzw. 22 %. Der
durch menschliche Eingriffe wie vor allem die Emission langlebiger
Treibhausgase (Kohlendioxid, Methan und Stickoxide) aus Verbrennungsprozessen
bewirkte Anteil am atmosphärischen Treibhauseffekt wird anthropogener Treibhauseffekt
genannt.
Die globale
Erwärmung seit der vorindustriellen Zeit bis zum Jahr 2017 betrug nach
Angaben des Weltklimarates (IPCC) etwa 1° Celsius. 2016 war das wärmste Jahr
seit Beginn der systematischen Messungen im Jahr 1880. So warm war es nach
aktuellen Forschungsergebnissen zuletzt am Ende der Eem-Warmzeit vor 115.000
Jahren. Der Weltklimarat ist eine Einrichtung der UNO. Ihm gehören 190 Staaten an. Er nennt sich Zwischenstaatlicher Ausschuss für Klimaveränderungen (engl. Intergovernmental Panel on Climate Change, Abk. IPCC),
Beobachtete Folgen
Zu den laut Klimaforschung erwarteten und teils bereits
beobachteten Folgen der globalen Erwärmung gehören je nach Erdregion: Meereis-
und Gletscherschmelze, ein Meeresspiegelanstieg, das Auftauen von
Permafrostböden, wachsende Dürrezonen und zunehmende Wetter-Extreme mit
entsprechenden Rückwirkungen auf die Lebens- und Überlebenssituation von
Menschen und Tieren (Artensterben). Das Ausmaß der Folgen ist abhängig von der
Höhe und Dauer der Erwärmung. Einige Folgen können zudem irreversibel sein.
Einige dieser Folgen wirken zudem als Kippelemente im Erdsystem, die die
globale Erwärmung ihrerseits wieder beschleunigen, etwa die Freisetzung des
Treibhausgases Methan aus den aufgetauten Permafrostböden.
Verursacher und Leugner
Ursache für die Erwärmung ist die andauernde anthropogene
Anreicherung der Erdatmosphäre mit Treibhausgasen, insbesondere
Kohlenstoffdioxid (CO2) und Methan, die vor allem durch die Nutzung fossiler
Energie (Brennstoffe), durch weltumfassende Entwaldung sowie Land- und
insbesondere Viehwirtschaft freigesetzt werden. Hierdurch erhöht sich das
Rückhaltevermögen für infrarote Wärmestrahlung in der Troposphäre. Wichtigstes
Treibhausgas bei der derzeitigen globalen Erwärmung ist Kohlenstoffdioxid. Seit
etwa Anfang der 1990er Jahre besteht ein wissenschaftlicher Konsens, dass die
gegenwärtige globale Erwärmung vom Menschen verursacht wird.
Mit der AfD ist in dieser Wahlperiode eine Partei im Bundestag
vertreten, die sagt, dass der Klimawandel nicht von Menschen verursacht sei. Im
Vergleich zu andern Themen ist hier ihre geistige Entwicklung nicht schon 1944, sondern erst um 1990 zum Stehen
gekommen. Fast 30 Jahre lang hat man sich neueren Einsichten gegenüber
verschlossen. Es ist dies kein Grund zum Aufregen. Die USA leisten sich derzeit
sogar einen Präsidenten, der sagt, dass das Problem des Klimawandels von den
Chinesen erfunden sei, nur um den Westen zu ärgern.
Gegenmaßnahmen
Um die Folgen der globalen Erwärmung für Mensch und Umwelt
abzumildern, zielen nationale und internationale Klimapolitik sowohl auf das
Stoppen des Klimawandels durch Klimaschutz als auch auf eine Anpassung an die
bereits erfolgte Erwärmung. Um die menschengemachte globale Erwärmung aufhalten
zu können, müssen einerseits weitere energiebedingte Treibhausgasemissionen
vollständig vermieden werden und andererseits die seit dem Beginn der
Industrialisierung in der Atmosphäre eingebrachten Emissionen sowie fortan
nicht vermeidbare Emissionen mittels geeigneter Technologien rückgängig gemacht
werden.
Mit Stand 2016 war bereits etwa 2⁄3 des CO2-Budgets der maximal
möglichen Emissionen für das im Übereinkommen von Paris vereinbarten
Zwei-Grad-Ziel aufgebraucht, sodass die weltweiten Emissionen schnell gesenkt
werden müssten, wenn das Ziel noch erreicht werden soll. Es kann jedoch nicht
ausgeschlossen werden, dass das Zwei-Grad-Ziel nicht ambitioniert genug ist, um
langfristig einen als Treibhaus Erde bezeichneten Zustand des Klimasystems zu
verhindern.
Klimapaket der Groko
Die junge Schwedin Greta Thunberg rüttelte das politische
Establishment auf der ganzen Welt auf. Auch die ehemals als Klima-Kanzlerin bezeichnete
Angela Merkel gibt zu, von Thunberg beeinflusst worden zu sein. Die Regierung
Merkel IV, allgemein nur Groko genannt, legte deshalb vorigen Freitag ihr
neuestes Klimapaket vor. Es war nicht zu erwarten, dass dies alle
Klima-Aktivisten befriedigen würde.
Sehr scharf ins Gericht mit dem Klimapaket der Groko ging der mir
bisher unbekannte Berliner Experte Volker
Quaschning. Er meint, das Paket hätte weder Logik noch Sachverstand. Im Vergleich zu Ländern wie Norwegen, Schweden und Schweiz seien viele Maßnahmen zu spät und zu zögerlich. Wollen wir bis 2050 klimaneutral werden, müssten wir die Maßnahmen verfünffachen.
Angeblich grenzt sich die Politik von der Wissenschaft dadurch ab, dass sie sich nicht nur um ein Problem allein kümmern kann. Sie muss gleichzeitig an alle offenen Probleme denken und versuchen alle Wählergruppen mitzunehmen. Nur so ist zu verstehen, dass der Benzinpreis erhöht wird, aber mit ihm auch die Pendlerpauschale.
Angeblich grenzt sich die Politik von der Wissenschaft dadurch ab, dass sie sich nicht nur um ein Problem allein kümmern kann. Sie muss gleichzeitig an alle offenen Probleme denken und versuchen alle Wählergruppen mitzunehmen. Nur so ist zu verstehen, dass der Benzinpreis erhöht wird, aber mit ihm auch die Pendlerpauschale.
Peter Hiemann aus Grasse schrieb:
Volker Quaschnings Einschätzungen der Regierungsarbeit sind
einleuchtend. Ich vermisse aber klare Worte, die sich mit dem Verhalten der
frei global agierenden Unternehmen auseinandersetzen.
Dass SPD und CDU/CSU ein völlig unzureichendes Programm für den
Klimaschutz im Rahmen des existierenden Regierungssystems vorstellen, ist
verständlich. Sowohl SPD als auch CDU/CSU fehlt der Mut, am derzeitigen
demokratisch regelnden Regierungssystem etwas grundlegend ändern zu wollen.
Insbesondere hoffen sie, dass die 'Normalsterblichen' ihr Verhalten ändern. Die
Hauptursache der existierenden Klimasituation ist jedoch das Verhalten frei
global agierender Unternehmen. Sie sind nicht gehalten, gesellschaftlich
relevante Umweltschäden in Produktpreisen zu berücksichtigen. Dazu kommt, dass
global agierende Investmentunternehmen zunehmend Einfluss nehmen auf
Unternehmen und Regierungen, um Aktiengewinne zu erzielen.
Eine 'elitäre' Vorstellung ist mit ein Grund für eher defensive
Regierungspolitik. Danach gilt als erwiesen, dass Homo sapiens von Natur aus
unbeschränktes Wachstum anstrebt, und nur wirtschaftlich frei agierendes
Unternehmertum diesem Streben gerecht wird. Staatliche Wirtschaftsplanung wird
grundlegend verworfen. Diese Vorstellung wird sich früher oder später als
Irrtum herausstellen. Chinas Regierung scheint ein sehr effektives
Planungssystem zu verwenden, das Chinas technischen und wirtschaftlichen Erfolg
ermöglicht. Chinas Einsatz von KI-Technologie, um die Bevölkerung zu
kontrollieren, ist für demokratisch regelnde Regierungssysteme nicht
akzeptabel.
Ungeachtet des Geheuls deutscher Klimaaktivisten konnte Angela Merkel mit ihrem Klimapaket bei der UNO im New York punkten. Sogar Donald Trump kam vorbei, um Merkels Vortrag zu hören. Vorher musste er die Wutrede von Greta Thunberg über sich ergehen lassen. Ob er jetzt wohl eine Lernphase einlegt?
AntwortenLöschenAnlässlich des UN-Klimagipfels haben 66 Staaten zugesagt bis 2050 klimaneutral zu werden. Deutschland gehört dazu. Eine entsprechende Zusage gibt es von 10 Regionen, 102 Städten und 93 Konzernen.
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