Die Gesellschaft für Informatik e.V. (GI) hat diese Woche den Innovations- und Entrepreneurpreis für das Jahr 2011 ausgelobt. Der Preis ist mit 5.000 Euro dotiert und wird auf der GI-Jahrestagung im Oktober 2011 in Berlin vergeben. Es sollen „informatikbezogene Erfindungen, Innovationen und einschlägige Unternehmens-gründungen ausgezeichnet werden“, so heißt es in der Ausschreibung, die per E-Mail an alle Mitglieder ging. „Der Informatikbezug ist weit gefasst und bezieht Hardware, Software sowie Anwendungen und Plattformen gleichermaßen mit ein. Ein zugehöriges Patent kann beantragt oder erteilt sein, dies ist aber nicht Bedingung.“ Einsendeschluss ist der 31. Juli 2011.
Der Preis knüpft an den bisherigen Innovationspreis an, der seit 2005 fünf Mal vergeben wurde. Alle bisherigen Träger dieses Preises sind auf der Homepage der GI vorgestellt, zusammen mit einer kurzen Beschreibung der ausgezeichneten Innovation. Im Jahre 2010 fand keine Ausschreibung statt. Obwohl darüber nicht berichtet wurde, fand im letzten Jahr anscheinend innerhalb des Vorstands oder des Präsidiums der GI eine Evaluierung der fünf früheren Preisverleihungen statt. Als Konsequenz daraus wurde dem Preis das französische Wort ‚Entrepreneur‘, das auch im Englischen benutzt wird, angefügt. Ich kann diese Entscheidung sehr gut nachvollziehen.
Bei Innovationen denken die meisten Menschen an technische Neuerungen, die sich in Produkten oder Prozessen niederschlagen. Manchmal werden Innovationen auch mit Erfindungen gleichgesetzt, was aber nicht richtig ist. Erfindungen können zu Innovationen führen, müssen aber nicht. Erfindungen haben den großen Vorteil, dass es für sie einen klaren, in der gesamten Welt anerkannten Maßstab gibt, nämlich die Patentierbarkeit. Bei Informatik-Erfindungen bedeutet dies in der Regel, dass ein Mitarbeiter eines Patentamtes, der meist nicht Informatiker ist, den Neuigkeitsgrad und die wirtschaftliche Relevanz beurteilt. Außerdem muss der Erfinder selbst von dem Wert seiner Idee überzeugt sein, ehe er diesen Weg geht. Wie in einem früheren Beitrag über die Software-Branche in diesem Blog nachgewiesen, profiliert sich die Software-Industrie immer stärker als Patentanmelder. Dennoch hat sich die GI entschlossen, diesem Kriterium nur geringes Gewicht beizumessen.
Durch die Hinzufügung des Worts ‚Entrepreneur‘ wird der unternehmerische oder nicht-technische Aspekt einer Innovation als weiteres Kriterium klar benannt. Jede Unternehmensgründung setzt ein Geschäftsmodell voraus. Vereinfacht ausgedrückt, es muss eine Vorstellung dafür vorhanden sein, wie das eingesetzte Kapital verzinst wird. Die Praxis vieler Internet-Firmen, die wussten wie man möglichst viel Geld ‚verbrennt‘, fällt nicht darunter, noch die eher sozial denkenden Unternehmen, die sich darauf beschränken, Geschenke zu verteilen. Eine technische Idee kann noch so schön sein, ohne tragfähiges Geschäftsmodell sollte man sie schnellstens vergessen.
Auch für die in der Lehre tätigen Kolleginnen und Kollegen ist ein Hinweis auf die Rolle des Unternehmers in unserer Branche sehr nützlich. Eine auf die Zukunft ausgerichtete Qualifizierung des Nachwuchses muss über die heute vorhandenen Tätigkeiten und Arbeitsplätze hinausdenken. „Es genügt nicht, die Eliten von Morgen in den Methoden und Techniken von heute und deren theoretischen Grundlagen – sofern es sie gibt – auszubilden. Sie sollten vielmehr lernen, neue geschäftliche Chancen zu erkennen und zielgerichtet zu ergreifen. ‚Entrepreneurship‘ ist wichtiger als ‚employability‘, um es neudeutsch zu sagen.“ So schrieb ich in einem früheren Eintrag in diesem Blog. Diese Preisausschreibung bietet eine weitere Chance, Vorbilder für junge Menschen sichtbar zu machen. Sie leistet damit einen pädagogisch sehr wichtigen Beitrag.
Es wäre von Vorteil, wenn die Geschäftsführung der GI sich dazu entschließen könnte, die für die Preisverleihung angewandten Kriterien in einem Fragebogen für Antragsteller zusammenzufassen. Für die Ernennung zum GI Fellow gibt es einen derartigen Fragebogen schon länger, obwohl die Ernennung zum Fellow die GI weniger Geld kostet als der Innovationspreis.
Ich wünsche dem Preis ein hohes Maß an Aufmerksamkeit und viele gute Bewerbungen. Das ist nämlich die Voraussetzung dafür, dass die Jury eine echte Wahlmöglichkeit bekommt. Überzeugende Preisideen wiederum regen andere Innovatoren an, sich ebenfalls anzustrengen. Ich freue mich sehr, dass mit der Wiederbelebung dieses Preises die GI zum Ausdruck bringt, dass sie auch an die Belange der Praxis denkt, und sich nicht nur der Wissenschaft sondern auch der Wirtschaft verpflichtet fühlt.
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