Nach New York City verschlug es mich wieder in die amerikanische
Provinz. Der nördliche Teil des Staates New York, auch Upstate genannt, hat
gewisse Ähnlichkeit mit dem Mittleren Westen. Die Kleinstadt Poughkeepsie wurde meine
Heimat von Juli 1964 bis Mai 1965. Der Name der Stadt ist indianischen
Ursprungs und bedeutet ‚Hütte am Fluss‘. Die Indianer, die früher hier wohnten,
waren die Wapani (Leute des östlichen Landes). Sie gehörten zur Sprachgruppe
der Mohawks, im Deutschen auch als Mohikaner bekannt. Es gibt mehrere
Indianer-Reservate in der Nähe der Niagara-Fälle, der bekanntesten
Sehenswürdigkeit des Staates New York.
Poughkeepsie und IBM
Poughkeepsie
liegt etwa 130 km (80 Meilen) nördlich von New York City, am Ostufer des Hudson
River. Hier hatte die Firma IBM damals eine ihrer größten Fertigungsstätten.
Hier wurden die Großsysteme der Firma hergestellt. Das angeschlossene
Entwicklungslabor gehörte zu den größten der Firma und war verantwortlich für
die Entwicklung von Hardware und Software. Die Software-Entwicklung hatte die
weltweite Verantwortung für das Betriebssystem OS/360, an dessen Entwicklung
etwa ein Dutzend andere Labors beteiligt waren. Ich sollte die Verbindung
wahrnehmen für das deutsche IBM Labor in Böblingen.
Die IBM in
Poughkeepsie war kaum vergleichbar mit der IBM-Gruppe in New York. Während in
New York kaum mehr als 100 Mitarbeiter in gemieteten Räumen tätig waren,
umfasste das IBM-Gelände in Pougkeepsie einen ganzen Stadtteil. Das mehrere
Hektar große Terrain erstreckte sich zwischen Hudson und der Bundesstraße 9 (US
9). Einige Tausend Mitarbeiter waren hier tätig, was die IBM zum größten
Arbeitgeber der Region machte. Die Mitarbeiter wohnten in einem Umkreis von
etwa 30 km, und zwar auf beiden Seiten des Hudson. Das
Entwicklungslabor belegte einige Gebäude im nördlichen Teil des Geländes. Neben
der Hardware-Entwicklung gab es eine sehr leistungsstarke Software-Gruppe, die
mehrere Hundert Mitarbeiter umfasste. Sie war in zwei Gebäuden (704 und 705)
untergebracht.
IBM-Werksgelände
in Poughkeepsie (Foto IBM)
Die Kollegen in Poughkeepsie waren ein anderes Völkchen als die in New York. Teils stammten sie aus der unmittelbaren Umgebung, teils kamen sie aus allen Teilen der USA. Für kaum jemanden war es wichtig, dass er gerade hier arbeitete. Entscheidend war das Projekt, also die Aufgabe. War die Aufgabe interessant, ging man auch anderswo hin. Dabei spielte es schon eine Rolle, ob man im Großsystembereich arbeiten konnte, oder an den kleineren Systemen.Das führte schon mal zu Rivalitäten und kleinen Nicklichkeiten. Für die Kleinsysteme war damals das Labor im etwa 400 km entfernten Endicott, NY, zuständig. Aus Sicht von Poughkeepsie schaute man auf Endicott herab. Die Kollegen aus Endicott hielten die Kollegen aus Poughkeepsie für hochnäsig und realitätsfremd. Ich selbst geriet schon mal zwischen diese Fronten, da ich Kontakte zu beiden Gruppen pflegte. Meine konkrete Aufgabe hatte zur Folge, dass ich sehr viele Geschäftsreisen nach Endicott unternahm. Hin und wieder traf man sich auf halbem Wege, so dass beide den Tagungsort per Auto erreichen konnten. Meistens benutzte ich aber die Direktflüge zwischen Endicott und Poughkeepsie, die eine lokale Fluggesellschaft (Mohawk Airlines) anbot. Dann brachte mich meine Frau morgens zum nahen Flugplatz und holte mich abends wieder ab.
Labor-Gebäude
705 (Foto IBM)
Nie
zuvor war IBM ein größeres Risiko eingegangen und hatte mehr Geld investiert
als bei der Entwicklung und Einführung des System/360. Die verschiedenen, zwischen einander nicht
verträglichen Rechnerfamilien sollten zu einer einzigen Linie vereinigt werden.
Basierend auf den Vorarbeiten von Fred Brooks, Gerry Blaauw und Gene Amdahl war eine
einheitliche Rechnerarchitektur entstanden. Beginnend im April 1964 wurden sechs
Systeme angekündigt, die gleichzeitig in vier Labors (Böblingen, Endicott,
Hursley und Poughkeepsie) entwickelt wurden. Sie umfassten Hauptspeichergrößen
zwischen 8 kB und 512 kB.
Mit
der Leitung der Software-Entwicklung wurde Fred Brooks beauftragt, allerdings
erst kurz vor der Ankündigung des Systems. Brooks‘ erste Aufgabe bestand darin,
den Entwurf und die Spezifikation für das Software-System OS/360 zu
erstellen, das parallel in mehreren Labors entwickelt werden sollte. Nach
intensiver Diskussion hatte Brooks sich dafür entschieden, diese Aufgabe nicht seiner
Stabsabteilung zu übertragen, sondern denjenigen, die auch für die
Implementierung verantwortlich sein würden. Die Stabsabteilung, der ich
zugeordnet war, hatte nur noch die Aufgabe, die Spezifikationen zu begutachten
und zu genehmigen (engl. to review, to approve). Ob diese Entscheidung richtig
war und wieweit sie das Ergebnis beeinflusste, ist eine Frage, die Jahrzehnte
später noch die Fachwelt beschäftigte.
Brooks‘
Stab umfasste etwa 20 Mitarbeiter, die alle wesentlich erfahrener waren als
ich. Sie kamen teilweise von der Federal Systems Division (FSD) in
Gaithersburg, MD, teilweise aus den andern Produktlabors (Endicott, Hursley,
Kingston, San Jose, Time/Life). Die Arbeitsweise war extrem fordernd, gab es doch
fast täglich Ergänzungen bzw. Änderungen zu den Spezifikationen, die schließlich
einige Tausend Seiten umfassten. Sie wurden nachts in Loseblattform verteilt.
Eine rein elektronische Verteilung, die damals eventuell schon möglich gewesen
werde, hätte nur das manuelle Einordnen erspart. Das Problem, den Inhalt
gedanklich zu verarbeiten, wäre bestehen geblieben. Wegen meiner Vorkenntnisse
und meiner Herkunft befasste ich mich sehr stark mit Programmiersprachen und
den Fragen der Internationalisierung.
OS/360
hat mit seinen Funktionen und Eigenschaften neue Maßstäbe für die Branche
gesetzt. Vor allem die Datenverwaltungs- und Kommunikationsfähigkeiten waren
richtungsweisend. Seine Sicherheit und Zuverlässigkeit, aber auch seine Form
der Geräteunabhängigkeit, veranlassten Kunden immer mehr unternehmenskritische
Anwendungen zu automatisieren. Der Preis waren Komplexität und Speicherbedarf.
Erst für Maschinen mit mehr als 64 kB Speicher war es einsetzbar. Als Folge
davon mussten für kleinere Systeme andere Lösungen entwickelt werden. Das
resultierte in zwei weiteren Betriebssystemen BOS/360 und DOS/360, die in
Endicott unter Earl Wheeler entstanden. In den 1970er Jahren wechselte die Verantwortung
für DOS/360 zuerst ins holländische Labor nach Uithoorn und danach nach
Böblingen.
Fred
Brooks verließ kurz vor Ende meines Aufenthalts die IBM und ging als Professor
für Informatik (engl. computer science) an die University of North Carolina.
Sein Nachfolger wurde Fritz Trapnell aus Hursley. Ich hatte in späteren Jahren
immer wieder Kontakt zu Brooks, aber auch zu mehreren Mitarbeitern seines
Stabes (u. a. Lucian Endicott, Jack Henry, Jim Kessler und Tony Peacock). Brooks
hat 1975, also 10 Jahre nach seinem Ausscheiden, mit dem Buch The Mythical Man-Month über seine Erfahrungen
bei OS/360 reflektiert. Das Buch wurde als Fachbuch ein Bestseller (etwa 300.000
verkaufte Kopien). Auch einige spätere Veröffentlichungen Brooks‘ fanden große
Beachtung.
Leben im Dutchess County
Der Stadtkern
von Poughkeepsie war nach dem zweiten Weltkrieg sehr heruntergekommen, war aber
inzwischen weitgehend saniert. Es gab ein verkehrsfreies Einkaufszentrum und
restaurierte Stadthäuser. Dennoch wohnte die Mittelstandsbevölkerung entweder
am Stadtrand oder in benachbarten Orten. Hier gab es endlose, gartenartig
angelegte Wohnsiedlungen, die sehr locker mit Einfamilienhäusern bebaut waren.
Was dem Stadtkern fast noch mehr zu schaffen machte als das Wegziehen der
kaufkraftstarken Bevölkerung, war das pilzartige Hervorsprießen großer
Einkaufszentren außerhalb der Stadt auf der grünen Wiese. Mit riesigen
Parkplätzen und Geschäftszeiten bis spät in die Nacht lockten diese unzählige
Menschen an. Hier erledigte man nicht nur seine Einkäufe und verlud sie anschließend
im Kofferraum des Straßenkreuzers, hier trafen sich auch junge Leute, nur um zu
bummeln oder um ins Kino zu gehen.
Die
Wohnungssuche in Poughkeepsie und dem umgrenzenden Dutchess County unterschied
sich sehr von der in New York. Es gab hier praktisch keine möblierten
Wohnungen. Am einfachsten wäre es gewesen, ein Haus zu kaufen. Der dafür
aufzuwendende Kapitalbetrag lag bei etwa 10-15% des Kaufpreises. Der Rest ließ
sich finanzieren. Die Kaufpreise betrugen etwa ein Viertel dessen, was
entsprechende Wohnflächen in Deutschland kosteten. Wäre ich gleich am Anfang
meiner Abordnung nach Poughkeepsie gegangen, hätte ich vermutlich ein Haus
gekauft. Die zwei oder drei möblierten Häuser, die wir uns ansahen, schreckten
uns ab. Hier war meist gerade die Oma gestorben, die hier die letzten Jahre
ihres Lebens allein gelebt hatte. Da der IBM diese Situation bekannt war, hatte
sie in Wappinger Falls, etwa 4-5 km vom Werk Poughkeepsie entfernt, von einer
Wohnungsbaugesellschaft eine Wohnanlage (Riverside Appartments) bauen lassen,
bestehend aus ebenerdigen Mehrfamilienhäusern. Wir waren in der glücklichen
Lage, hier einziehen zu dürfen. Alle andern Bewohner waren IBMer, die ebenfalls
wie wir auf einer Abordnung in Poughkeepsie waren. Sie stammten aus Frankreich,
England oder Italien, oder aus anderen Gegenden der USA. Es waren auch mehrere
deutsche Familien dort.
Die Lage und der
Charakter der Wohnung hatten Vor- und Nachteile. Zu den Vorteilen gehörte, dass
die Bewohner alle sehr aufgeschlossen waren und auf einander zugingen. So wurde
meine Frau sofort nach unserem Einzug in die Wohnung zu einer täglichen
Frühstücksrunde der Frauen eingeladen. Auch gab es hin und wieder gemeinsame
Grillabende (Barbeques). Eine besondere Attraktion für Familien mit Kindern
bildete das Gelände des nahe gelegenen IBM Clubs. Hier lockte vor allem das
Freibad. Die Umgebung der Wohnung bestand aus einem größeren Waldgelände.
Soweit dieses nicht bereits durch Einfamilienhäuser zersiedelt war, war der
Wald in einem urwaldähnlichen Zustand. Dass im Wald Bäume in Reihe und Glied
stünden, das gäbe es nur in Deutschland, hieß es. Als wir meinten, dass man hier
schöne Wanderungen und Spaziergänge machen könnte, wurden wir aufgeklärt. So
etwas tut man hier nicht. Ausgenommen sind Jogger, aber die laufen nicht durch
einen Wald. Wenn man irgendwo hin will, fährt man Auto. In Wälder hineinzugehen
ist außerdem gefährlich. Dort gibt es überall giftige Efeuranken (Poisen Ivy).
Berührt man sie, entsteht an Armen oder Beinen ein schmerzhafter Ausschlag.
Wenn man sich damit nicht auskennt, bleibt man am besten draußen. Das gilt vor
allem für Kinder. Wie bei allen privaten Wohnungen der Gegend, so war auch bei
unserer Wohnanlage im Grunde erforderlich, dass die Familie über zwei Autos
verfügt. Da ich täglich mit meinem Oldsmobile zur Arbeit fuhr, war meine Frau
tagsüber ans Haus gebunden. Der nächste Laden war etwa 3 km entfernt. Alle
Einkäufe wurden also abends oder am Wochenende vorgenommen.
In diesem
Teil des Staates New York war der Anteil deutscher und holländischer
Einwanderer einmal ziemlich hoch gewesen. Ortsnamen wie Germantown, New
Hamburg, Rhinebeck und Staatsburg beweisen dies. Heute noch ist Poughkeepsie
besonders stolz darauf, einige deutsche Bäcker und Metzger zu haben. So war
Karl Ehmers Metzgerei, die über mehrere Filialen in der Umgebung verfügte, auch
ein Anziehungspunkt für uns.
Der
nördliche Nachbarort von Poughkeepsie ist in ganz Amerika sehr bekannt. Es ist Hyde Park. Es war der Geburtsort
und Wohnsitz von Präsident Franklin D. Roosevelt. Das feudale Herrenhaus der
Familie ist heute eine Art Pilgerstätte für Amerikaner. Fast ebenso berühmt ist
eine zweite, ebenfalls direkt am Hudson gelegene Villa. Es ist das Haus der
Familie Vanderbilt.
Auch hier
gibt es einige Episoden, die meiner Frau und mir einfallen, wenn wir an diese
Zeit zurückdenken. Höhepunkte des Familienlebens stellten die Kindergeburtstage
dar. Bei lauter jungen Familien, die in unserer Wohnanlage lebten, gab es schon
mal mehrere pro Woche. Alle etwa gleichaltrigen Kinder mit ihren Müttern nahmen
teil. Sie fanden meist am frühen Nachmittag statt. Entscheidend war, dass sie
pünktlich gegen 17 Uhr endeten. Bis der Ehemann nach Hause kam, musste nämlich
die Wohnung wieder geputzt und in aufgeräumtem Zustand sein. Für
Amerikanerinnen, die den ganzen Tag über mit Lockenwicklern in den Haaren herum
liefen, war dies auch der Zeitpunkt, ihre Frisuren in Ordnung zu bringen.
Eine unserer
Nachbarsfamilien stammte aus Frankreich. Ihre Tochter war im gleichen Alter wie
unsere Tochter. Beide waren gerade dabei, ihr Sprachvokabular aufzubauen. Es
überraschte uns, als wir feststellten, dass sie die Welt zwar beide mit
denselben Begriffen belegten, diese aber aus zwei Sprachen stammten. Für beide
war ein Mantel ein Pantélon, ein Vogel aber ein Vogel.
In
Wappinger Falls
Wie bereits
angedeutet, wohnten die Kollegen nicht in der Stadt Poughkeepsie, sondern weit
verstreut in den vorwiegend bewaldeten Regionen des Umkreises. Es waren oft
einsam gelegene Häuser mit großem Areal, aber auch sehr gepflegte moderne
Siedlungen. Wie bereits angedeutet, leistete uns unser Oldsmobile in
Poughkeepsie gute Dienste. Ich fuhr täglich zur Firma damit und benutzte es
auch immer dann, wenn wir uns von unserer Wohnung entfernten, sei es zum
Einkaufen oder um Freunde und Kollegen zu besuchen. Einmal brachte es mich sehr
in Verlegenheit. Als ich die Post aus dem an der Straße liegenden Briefkasten
nehmen wollte, fuhr er im Tempo von 10-15 Stundenkilometer seelenruhig weiter.
Ich musste einen Spurt einlegen, um ihn wieder einzuholen.
Catskill Mountains und Niagara-Fälle
Westlich von
Poughkeepsie, auf der rechten Seite des Hudson, erstreckt sich eine
Mittelgebirgskette mit dem Namen Catskill Mountains. Es ist das Erholungsgebiet
der Bürger aus der Stadt New York und von Naturparks und Ausflugszentren
durchzogen. In den lokalen Zeitungen werben Hotels jeder Preisklasse mit ihren
Wochenend-Paketen. Einmal wollten wir uns auch ein solches prächtiges Wochenende
gönnen, mit allen Wohltaten inklusive. Wir wählten ein Hotel mittlerer
Preisklasse aus. Natürlich hatten wir Vollpension gebucht.
An
den Niagara-Fällen
Leider erwies
sich unsere Buchung als Fehlspekulation. Wir trafen auf ein Haus, das total
ausgebucht war, aber nur von älteren Leuten im Durchschnittsalter von 70
Jahren. Mit unsern 30 Jahren waren wir regelrechte Exoten. Bei der Verpflegung
fiel uns eine weitere Besonderheit auf. Es gab nur jüdische Gerichte. Einige
Gerichte hatten zwar deutsch klingende Namen, sie ähnelten jedoch nicht
irgendwelchen Gerichten, die wir kannten. Meine Frau versuchte alles. Ich ging
lieber abends hungrig ins Bett. Wir machten einige Spaziergänge in den schönen
Parkanlagen des Hotels, waren aber froh, als das Wochenende vorbei war.
Obwohl ich
schon bei meinem ersten Amerika-Aufenthalt bei den Niagara-Fällen war, konnte
ich jetzt nicht umhin, auch meiner Familie dieses Naturwunder zu zeigen. Wir
nahmen bei diesem Besuch auch an der Tour teil, bei der man in Ölkleidung
geschützt unter dem amerikanischen Teil des Falles hindurch geht. Eine
Bootsfahrt, bei der man vom Wasser her bis an die Fälle heranfährt, ersparten
wir uns.
Abstecher nach Florida
Im September
des Jahres 1964 entschlossen wir uns, einen Kurzurlaub in Florida zu
verbringen. Ein Direktflug brachte uns von La Guardia nach Miami. Ein Strandhotel
hatten wir in Miami Beach reserviert. Als wir dort ankamen, wunderten wir uns,
dass überall umgestürzte Palmen lagen, und dass einige Fenster des Hotels mit
Brettern vernagelt waren. Wir hatten gerade einen Wirbelsturm, hieß es.
In
Miami Beach
Es war in
diesem Hotel in Miami Beach, wo unsere damals noch nicht zwei Jahre alte
Tochter ihr erstes Geld verdiente. Sie fühlte sich durch die Hintergrundmusik
zu unserem Abendessen dazu angeregt, einen kleinen Tanz aufzuführen. Ein
anderer Gast gab ihr daraufhin einen US-Quarter. Hier kamen wir auch ins
Gespräch mit jüdischen Gästen. Als sie erfuhren, wo wir herkamen, meinten sie.
„Das macht nichts. Mit Ihnen reden wir, denn Sie sind jung. Mit Ihren Eltern
hätten wir es nicht getan.“
Familienzuwachs und Rückkehr nach Deutschland
Ich war
gerade auf einer mehrtägigen Dienstreise in Endicott, als meine Frau anrief,
und mir mitteilte, dass sie noch am selben Tag ins Krankenhaus müsse, weil sich
die Geburt unseres zweiten Kindes ankündigte. Mohawk brachte mich pünktlich
nach Poughkeepsie zurück. Ich brachte meine Frau per Auto ins nahe Vassar
Hospital und harrte der Dinge, die da kommen würden. Noch ein werdender Vater
und ich durften Fernsehen, bis dass spät in der Nacht unsere Kinder geboren
wurden.
Neugeborener
Amerikaner
Unser Sohn
wurde auf diese Art amerikanischer Bürger (engl. native born citizen). Er wurde
in der katholischen Pfarrkirche von Wappinger Falls getauft, und zwar in
Abwesenheit beider deutscher Taufpaten. Als wir seinen Pass beantragten, musste
ich die Frage nach dem Grund seiner Reise beantworten. Ich schrieb: „Begleitet
seine Eltern in deren Heimatland“. Die Übersiedlung erfolgte im Frühjahr 1965,
sobald unser Sohn zwei Monate alt war. Er überquerte den Atlantic zwar per
Flugzeug, aber in einer Pappschachtel. Es war dies dieselbe Schachtel, in die
er nach seiner Geburt im Krankenhaus gelegt worden war.
Mit
diesem Eintrag enden meine Berichte über meine Wanderjahre. Von 1965 bis 1992
blieben wir im Raum Böblingen/Sindelfingen sesshaft. Die Zeit im Böblinger Labor
wurde im Jahre 2001 auf Anregung von Karl Ganzhorn als Band 2 seiner ‚Blauen
Reihe‘ dokumentiert. Er hat den Titel ‚Die
IBM Laboratorien Böblingen: System-Software-Entwicklung. Die gedruckte
Version gibt es nur noch in Archiv-Bibliotheken (wie der Württembergischen
Landesbibliothek in Stuttgart oder der Deutschen Nationalbibliothek in
Frankfurt), eine elektronische Version ist jedoch weiterhin verfügbar im Verlag
Digiprimo in
Heidelberg. Erst mit dem Eintritt in den Ruhestand gab es wieder einige Ortswechsel.
Sie führten zuerst in die Neuen Bundesländer nach Rostock und dann nach
München. Vielleicht berichte ich später auch darüber.
It would be interesting to hear a comparison of operations and social interactions between an IBM lab in USA versus Germany.
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