Mittwoch, 5. August 2020

Roboter und Technik in der Gastronomie, der Pflege und der Medizin

Robotertechnik ist ungeeignet für Menschen, die auf menschliche Hilfe angewiesen sind. – aus welchem Grund auch immer.' So schreibt es Peter Hiemann in seinem Blog-Beitrag vom 25.7.2020. Schon immer wunderte es mich, dass Asiaten eine völlig andere Einstellung diesem Thema gegenüber haben als wir Europäer. Eine aufklärende Untersuchung ist mir nicht bekannt. In einem Kommentar zu Hiemanns Beitrag führte ich aus: 

Asiaten − speziell Japaner − haben angeblich keine Bedenken, sich von einem Roboter beim Essen bedienen oder bei der Gymnastik helfen zu lassen. Offensichtlich spielen zwei Aspekte eine Rolle. Ein Mensch, der einen anderen pflegt, müsse sich selbst erniedrigen. Derjenige, der auf Dienste einer Maschine im sehr persönlichen Bereich angewiesen ist, sei menschlich verlassen. Gegen solche Fehlschlüsse müsste man eigentlich angehen - würde ein klarer Kopf die Situation bestimmen.

Bei beidem scheinen mir historisch bedingte Vorurteile eine Rolle zu spielen. Logisch durchdacht ist es nicht. Ich selbst finde eine Maschine, die einen Menschen rasiert oder wäscht akzeptabler als wenn ein anderer Mensch (oder gar ein Hund) dies tut. Ich finde eine Maschine als Sport- und Sparrings-Partner völlig in Ordnung. Mir tut der Mensch leid, der sich dafür hergeben muss.

Bertal Dresen (BD): Es schloss sich eine Diskussion an darüber, ob Technik, die Leute davon abhält sich unmittelbar um Mitmenschen zu kümmern, gute Technik ist. Ein eklatantes Beispiel ist der Einsatz von Robotern in der Krankenpflege. Hiemann meinte, es dürfe dafür kein Geld ausgegeben werden. Ich meine, wenn dadurch Leiden reduziert wird, ist es etwas Gutes. 

Durch Technik wurden nachgewiesenermaßen Leistungen aller Sinne ersetzt, obwohl diese vorher durch "persönlich notwendige menschliche Hilfe" abgelöst worden waren. Das begann mit dem Blindenführer und Vorleser/Vorbeter und endete mit dem Abstrahieren oder simultanen Übersetzen von Texten. Mir scheint das technisch Mögliche das bestimmende Kriterium zu sei, nicht so sehr, wer es ist, der vorher dafür Hilfestellung leistete und evtl. an die Seite gedrängt wird.

Peter Hiemann (PH): Die Japan Robot Association unterscheidet Manual Manipulator, Fixed Sequence Robot, Variable Sequence Robot, Playback Robot, Numerical Control Robot und Intelligent Robot. Ein Intelligent Robot verfügt über verschiedene Sensoren und ist damit in der Lage, den Programmablauf selbsttätig den Veränderungen des Werkstücks und der Umwelt anzupassen.

Hier steht zur Diskussion: Ist ein Roboter denkbar, der sich an eine Person (z.B. Stephen Hawking) anpasst, die auf Hilfe angewiesen ist? Kann ein Intelligent Robot persönliche Pflegedienste ersetzen? Ich habe die Aussage „Robotertechnik ist ungeeignet für Menschen, die auf menschliche Hilfe angewiesen sind. – aus welchem Grund auch immer“ ergänzt, um Missverständnis auszuschließen: Technik hilft, Pflegedienste zu erleichtern, Technik kann aber nicht persönliche, notwendige menschliche Hilfe ersetzen. Bertal Dresens Aussagen verdeutlichen mehr oder weniger eine konventionelle Sichtweise.

BD: Darf man Aussagen, die sich nicht an ˋkonventionelle Sichtweisen´ halten, alles glauben?

PH: Jeder entscheidet für sich, was er glaubt und wie er gedenkt zu agieren. Es geht nicht um Vergleiche, was besser ist, sondern dass jeder sich dafûr entscheidet, was er in einer gegebenen Situation für angebracht hält: Einerseits...Andererseits.....

Persönliche Pflegedienste aus ökonomischen Gründen einzuschränken, wird nicht mehr toleriert. Diese Meinung scheint sich immer mehr zu verbreiten. Persönliches, empathisches Verhalten ist keine Frage der Logik, sondern die Fähigkeit, sich in die Lage einer anderen Person hineinversetzen zu können

Es sei noch hinzugefügt, dass derzeit der Einsatz von Automatisierung, Robotik und KI-Anwendungen in der Gastronomie versucht wird. Es ist gut möglich, dass mit  automatisierten Restaurants diejenigen mehr Erfolg haben werden, in denen die Kunden von Kellnern und Köchen auf persönliche Weise bedient werden. (Quelle)

BD: Dieser Tage ließ ich mich zum ersten Mal von einem mechanischen Heber aus der vorher eingenommenen Sitzposition hochheben, weil die therapeutische Fachkraft sich überfordert fühlte. Von dort ist es ein kleiner Schritt zu einem elektronisch gesteuerten Roboter.

Der Lifter, den ich nutzte und fotografierte, heißt Sabina 200 und stammt von der Firma Liko aus Luleå in Schweden. Skandinavische Wertarbeit, möchte ich dazu sagen. Mein Pfleger, der mich am Tag zuvor mit großer Mühe vom Topfroller auf meinen Rollstuhl zurückbugsiert hatte, bedauerte sehr, dass an dem Tage beide Personenlifter, über die das Pflegeheim verfügt, mal wieder kaputt seien. Er hofft, dass sie alsbald wieder zur Verfügung stehen.
 

 


 



Personenlifter Sabina 200 der Firma Liko

Enkelin Kathrin: Ich stimme BD (meinem Opa) zu. Der menschliche Kontakt sollte aber nicht darunter leiden. Ich bin ein großer Fan von Technik, insofern sie Menschen im Alltag und auch insbesondere bei schwereren Aufgaben wie z.B. beim "Personen aus dem Bett heben" unterstützt. Ein Personenlifter schließt den persönlichen Kontakt ja nicht aus, meistens werden die noch manuell durch einen Pfleger bedient.

Ich bin der Meinung, dass das mehr an Technik mehr qualitative Zeit für das Zwischenmenschliche ermöglicht. Wenn Pfleger und Roboter zusammenarbeiten und so Routineaufgaben beschleunigt oder erleichtert werden, bleibt mehr Zeit, sich genauer mit den Patienten auseinanderzusetzen. Zusätzlich würde das auch mehr Menschen ermöglichen, von zuhause aus mobil unterstützt zu werden und so nicht bei den Pflegern sondern bei der Familie zu sein.




1 Kommentar:

  1. Peter Hiemann schrieb: Ich habe eine soziologische Analyse gefunden, die spezielle Eigenschaften der japanischen Gesellschaft bechreibt.

    Die Analyse liefert auch Hinweise, warum Asiaten eine tolerierendere Einstellung zu technische Themen haben könnten als wir Europäer. Japaner und Chinesen sind äuserst konservativ und nicht dafür bekannt, dass sie viel Empathie für ihre Mitmenschen aufbringen.

    (Quelle: https://www.prokla.de/index.php/PROKLA/article/view/1350/1286)

    PS. Ich hatte im IBM WTSC (World Trade System Center) Gelegenheit, mit Japanern zusammenzuarbeiten. Das Arbeitsklima im WTSC war für sie eine andere Welt, in der vor allem Eigeninitiative zählte. Sie wollten diese Welt nicht mehr vermissen.

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