Mit diesen Worten lässt sich
der Inhalt eines Buches zusammenfassen, auf das Hans Diel in einem der letzten Beiträge zu diesem Blog verwies. Es geht um das Buch mit dem Titel "Unsere einsame Erde"
von P.D. Ward und D. Brownlee. Die englische Version erschien im Jahre 2000. Ich habe es inzwischen auch gelesen. Was
meine bisherigen Vorstellungen des Phänomens Leben betrifft, hat das Buch einige
Dinge etwas zurechtgerückt. Es gibt nicht das
Leben, sondern eine Unzahl von Lebensformen. Man muss zumindest zwei Gruppen
klar unterscheiden. Der Einfachheit halber nennt man sie die primitiven und die
höheren Formen. Genauso gut könnte man sagen Leben 1 (L1) und Leben 2 (L2).
Zu L1 gehören vor allem Bakterien und Viren. Das eine ist pflanzliches, das andere tierisches Leben. Beide sind enorm widerstandsfähig. Sie können monate-, wenn nicht jahrelang ohne Stoffwechsel auskommen. Sie sind immun gegen Kälte und Hitze, innerhalb sehr großer Grenzen. Sie benötigen keinen Sauerstoff zum Leben. Auch hohen Druck oder Bestrahlung aus dem Kosmos halten sie aus. Es gäbe keinen Grund anzunehmen, dass es L1 nicht überall im Weltall gibt. Dass es auch so ist, daran darf noch gezweifelt werden.
Einzelliges L1 gab es schon sehr früh auf der Erde, etwa nach 400 Mio.
Jahren nach ihrer Entstehung. Es basiert auch auf dem Kopieren von DNA-Strängen.
Nur liegen diese ungeschützt in der Zelle herum. Darüber wie die DNA entstand,
wird immer noch gerätselt. Die Vermehrung ist ungeschlechtlich. Ein sehr interessanter
Stamm sind die Archaeen. Sie
leben auf so genannten Schwarzen
Rauchern. Das sind Thermalquellen in der Tiefsee. Mikroorganismen, auch Mikroben genannt, gibt
es millionenfach in jedem Klumpen Erde, mehrere Kilometer tief.
Meteorit ALH84001 ̶ Mikroskop-Ausschnitt
Jährlich landen etwa ein halbes Dutzend Brocken schwerer als 500 Gramm
auf der Erde, die vom Mars
stammen. Man glaubt, versteinerte Formen von L1 auf ihnen entdeckt zu haben,
ist sich aber nicht ganz sicher. Den ersten solchen Brocken (ALH84001), der
1996 auf dem Grönlandeis gefunden wurde, habe ich im Smithsonian Museum in
Washington, DC, gesehen.
Die Form L2, also höheres Leben, gäbe es nur auf der Erde. Davon sind
die Autoren überzeugt. Wir Menschen und die Geschöpfe um uns herum seien einmalig
im Universum! Man kann dies als neo-ptolemäische, geozentrische Weltsicht
auffassen. Bei Claudius
Ptolemäus war die Erde das physikalische Zentrum der Welt. Dieser Teil der
Theorie ist wesentlich gewagter. Er ist auch am wenigsten durchdacht.
L2 entstand auf der Erde erst nach 3,4 Mrd. Jahren. Es benötigte
Sauerstoff, flüssiges Wasser und passable Temperaturen. Sauerstoff gab es erst
nach 2 Mrd. Jahren in signifikanten Mengen auf der Erde, erzeugt von Lebewesen
der Form L1. Woher das viele Wasser kam, das auf der Erde ist, ist noch
ungeklärt. L2 startete mehrmals und wurde mehrfach zerstört. Man schätzt heute,
dass es in der Erdgeschichte 15 Katastrophen gab, die ein Massensterben zur
Folge hatten. Am bekanntes sind das Perm-Trias- und das
Kreide-Tertiär-Ereignis, abgekürzt P/T-
bzw. K/T- Ereignis.
Den Durchbruch erhielt das L2 durch die so genannte Kambrische Explosion
vor 600 Mio. Jahren. Was alles dabei eine Rolle spielte, ist noch unbekannt.
Die Anzahl der Arten, Familien und Stämme hat sich seither eher verkleinert als
vergrößert. Ein Beispiel einer im Kambrium allgegenwärtigen, aber danach
verschwundenen Klasse von Lebewesen sind die Triboliten. Den Dinosauriern
und Säbeltigern ging es bei dem K/T-Ereignis an den Kragen. Nur kleine Tiere
blieben übrig, darunter die Säugetiere. Man stellt sich heute das Ereignis als
Einschlag eines Asteroiden auf der Halbinsel Yukatan vor. Er muss
einen Durchmesser von mehreren Kilometern gehabt haben und traf die Erde vor
etwa 65 Mio. Jahren. Das aufgeworfene Material umkreiste mehrmals die Erde und
kam monatelang in der Form von Meteoriten herunter. Der Himmel war verdunkelt,
die Temperaturen sanken. Dass L2 heute existiert, sei reine Glückssache.
Die Evolution kann zu komplexen Lebensformen führen, muss aber nicht.
Auf jeden Fall wirkt sie ungleichmäßig und in Sprüngen. Die Entwicklung von
Schalen, Skeletten und Kiefern aus Kalk erwies sich für L 2 vorteilhaft. [Ich
bin geneigt hinzufügen: Ob die Hervorbringung
von Intelligenz diesen Effekt aus Sicht der Erde auch hat, muss sich noch
herausstellen]
Um L2 zu ermöglichen, verfügt die Erde über besonders günstige Bedingungen. Sie ist nicht zu kalt und nicht zu warm. Die tödlichen Bombardements haben aufgehört. Die kosmische Strahlung hält sich im Rahmen. Das Verhältnis von Ozeanen zu Landmassen schafft ein stabiles irdisches Klima. Als einziger uns bekannter Himmelskörper verfügt nur die Erde über eine nennenswerte Plattentektonik. Diese fördert neues Material nach oben und begünstigt die Entstehung der Artenvielfalt (Diversität). Dadurch verbessern sich die Überlebenschancen für L2. Wir Menschen stellen in dieser Hinsicht eine Gefahr dar. Nicht nur verschlechtern wir die Lebensbedingungen für einige Arten. Wir haben sogar schon einige eliminiert und treiben es weiter. L1 zu eliminieren, dazu haben wir keine Chance. Es könnte jederzeit aus dem Weltall zurückkehren.
Der von Frank Drake
1961 angegebenen Formel für die Wahrscheinlichkeit von Zivilisationen im
Weltall wird eine verbesserte Formel gegenübergestellt. Da die Autoren der
Meinung sind, dass es kein L2 außerhalb der Erde gibt, ist das Ganze etwas
witzlos. Obwohl zugestanden wird, dass sowohl L1 wie L2 anderswo ganz andere
Eigenschaften haben könnten als auf der Erde, werden nur die Bedingungen als
relevant angesehen, die auf der Erde eine Rolle gespielt haben mögen. Oder
anders gesagt: Da wir nicht wissen, welche Formen von Leben möglich sind, wieso
können wir angeben, welche Bedingungen zu seiner Entstehung beitragen oder
nicht? Diese Ungewissheit verfolgte mich während des ganzen Buches.
Nach Ansicht der Autoren zielten neuere Untersuchungen und
Weltraumprojekte darauf, die beiden Theorien des Buches (L1 überall, L2 nur auf
der Erde) zu bestätigen oder zu widerlegen. Das Projekt
SETI sucht seit 1990 nach Nachrichten von intelligenten Wesen (also L2) im
Weltall. Es wurden bisher keine Signale festgestellt, also auch kein
Widerspruch zur Theorie. Die Mondgesteine, die Apollo 11 zur Erde brachte,
waren steril. Die Viking-Sonden
auf Mars fanden auch nichts, nicht einmal Mikroben. Außer Mond und Mars gibt es
noch viele zu untersuchende Himmelskörper. Es darf also weiter spekuliert
werden.
Außer den beiden erwähnten Theorien müsste noch eine dritte Möglichkeit
in Betracht gezogen werden. Sie wird von den Autoren im Schlusskapitel
angedeutet. Vertreter von außerirdischem L2 könnten die Erde entdeckt haben.
Sie fanden sie so einmalig, dass sie beschlossen, sie wie einen Zoo zu
behandeln. Sie halten nicht nur sich selbst versteckt, sondern sorgen auch
dafür, dass kein fremdes L1 oder L2 zu uns gelangt. Diese Theorie ist nur dann
widerlegbar, wenn den Außerirdischen ein Fehler unterlaufen würde. Auf den
Absturz eines UFOs wartet man schon lange.
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